Exekutive Funktionen und Alter. Erfassung exekutiver Funktionen durch zwei neuropsychologische Tests


Diplomarbeit, 2014

81 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagungen

Zusammenfassung

Abstract

Glossar und Abkürzungen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Exekutive Funktionen
1.1.1 Begriffsdefinition
1.1.2 Subkomponenten der exekutiven Funktionen
1.1.3 Anatomie des Frontallappens
1.1.4 Theoretische Modelle exekutiver Funktionen
1.1.5 Das dysexekutive Syndrom
1.2 Kognitive Alterseffekte
1.2.1 Definition Kognition und kognitive Psychologie
1.2.2 Kognitives Altern
1.2.3 Kognitives Altern und exekutive Funktionen

2 Zielsetzung und Studienhypothese

3 ProbandInnen und Methoden
3.1 Studienaufbau
3.1.1 Einschlusskriterien
3.1.2 Ausschlusskriterien
3.1.3 ProbandInnen
3.2 Untersuchungsmethoden der Studie
3.2.1 Turm von London (TL-D) - Deutsche Version des Tower of London (ToL)
3.2.2 Behavioural Assessment of the Dysexecutive Syndrome (BADS)

4 Ergebnisse - Resultate
4.1 Ergebnisse der Stichprobenbeschreibung
4.2 Ergebnisse des „Turm von London“ (TL-D)
4.2.1 Klassifikation der TL-D Testergebnisse
4.2.2 Anzahl der gelösten Züge
4.2.3 Durchschnittliche Bearbeitungszeiten
4.2.4 Anzahl der Pausen
4.3 Ergebnisse des „Behavioural Assessment of the Dysexecutive Syndrome“ (BADS)
4.3.1 Klassifikation der BADS-Testergebnisse
4.3.2 Profilwerte
4.4 Ergebnisse des Dysexecutive Questionnaire (DEX-Selbstbeurteilungs-Fragebogen)
4.5 Korrelationen der Gruppe der 18- bis 30-Jährigen
4.5.1 Turm von London
4.5.2 BADS-Test
4.6 Korrelationen der älteren Altersgruppe
4.6.1 Turm von London
4.6.2 BADS-Test
4.7 Korrelationen zwischen der DEX-Summe und des BADS-Tests beider Altersgruppen

5 Diskussion
5.1 Diskussion der ToL-Ergebnisse
5.2 Diskussion der BADS-Ergebnisse
5.3 Diskussion der DEX-Beurteilungen
5.4 Schlussfolgerungen

6 Literaturverzeichnis

Glossar und Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Gliederung des frontalen Kortex

Abb. 2: Vereinfachte Darstellung des Modells von Norman & Shallice

Abb. 3: Das Arbeitsgedächtnis-Modell nach Baddeley und Hitch

Abb. 4: Topographische Lage des VMPFC und des DLPFC

Abb. 5: Streudiagramme und lineare Regressionen von regionalem Gehirnvolumen durch höheres Alter

Abb. 6: Neuronendichte-Abnahme im Bereich des oberen frontalen Gyrus und des CA1 des Hippocampus im Vergleich zwischen zwei Altersgruppen

Abb. 7: Beispiel für ein 2-Zug-Probebeispiel des ToL-Tests

Abb. 8: Testaufbau und Gegenstände der Handlungsaufgabe

Abb. 9: Aufteilung der Klassifikation der Gesamtstichprobe und im Gruppenvergleich

Abb. 10: Anzahl der durchschnittlich gelösten Probleme (3-Zug, 4-Zug, 5-Zug, 6-Zug) im Gruppenvergleich

Abb. 11: Durchschnittliche Bearbeitungszeiten (s) im Gruppenvergleich (3-Zug-, 4-Zug-, 5-Zug-, 6-Zug-Probleme)

Abb. 12: BADS-Klassifikation im Gruppenvergleich

Abb. 13: Durchschnittliche Profilwerte der einzelnen BADS-Untertests im Gruppenvergleich

Abb. 14: Durchschnittliche DEX-Gesamtscores im Gruppenvergleich

Abb. 15: Durchschnittliche DEX-Item-Selbstbeurteilungen unterteilt in die drei Faktoren im Gruppenvergleich

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Symptome des dysexekutiven Syndroms

Tab. 2: Demographische Variablen der Studienpopulation unterteilt in die beiden Altersgruppen

Tab. 3: Klassifikation der TL-D-Testergebnisse der Gesamtstichprobe sowie im Gruppenvergleich

Tab. 4: Anzahl der gelösten Probleme des TL-D-Tests im Gruppenvergleich

Tab. 5: Durchschnittliche Bearbeitungszeiten (s) im Gruppenvergleich (3-Zug-, 4-Zug-, 5-Zug-, 6-Zug-Probleme)

Tab. 6: Durchschnittliche Anzahl der Pausen im Gruppenvergleich (3-Zug, 4-Zug, 5-Zug, 6-Zug)

Tab. 7: Klassifikation der BADS-Testergebnisse in der Gesamtpopulation sowie im Gruppenvergleich

Tab. 8: Durchschnittliche BADS-Gesamtprofilwerte und durchschnittliche Ergebnisse der sechs Untertests im Gruppenvergleich

Tab. 9: Ergebnisse des DEX-Fragebogens: Durchschnittliche Gesamtscores sowie durchschnittliche Scores der drei verschiedenen Faktoren

Tab. 10: Durchschnittliche DEX-Werte pro Item

Tab. 11: Signifikante Korrelationen der jüngeren Altersgruppe für den ToL-Test

Tab. 12: Signifikante Korrelationen der jüngeren Altersgruppe für den BADS-Test

Tab. 13: Signifikante Korrelationen der jüngeren Altersgruppe für den DEX-Fragebogen

Tab. 14: Signifikante Korrelationen der älteren Altersgruppe für den ToL-Test

Tab. 15: Signifikante Korrelationen der älteren Altersgruppe für den BADS-Test

Tab. 16: Signifikante Korrelationen der älteren Altersgruppe für den DEX-Fragebogen

Danksagungen

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meiner Diplomarbeitsbetreuerin, Priv.-Doz.in Dr.in med. univ. et. scient. Anna Holl, für die Bereitstellung dieses äußerst spannenden Themas sowie für die besonders freundliche und tatkräftige Unterstützung beim Verfassen dieser Arbeit bedanken.

Ein ganz besonderer Dank gilt dem Vertrauen und der Geduld meiner lieben Probandinnen und Probanden, die sich die Zeit nahmen, an dieser Studie teilzunehmen und mir somit diese Arbeit erst ermöglichten.

Von ganzem Herzen danke ich meinen Eltern, die mich einfach immer unterstützt haben und immer hinter mir gestanden sind.

Zusammenfassung

EINLEITUNG: Exekutive Funktionen sind für das Alltagsleben jedes Menschen von Bedeutung. Defizite im Bereich der exekutiven Funktionen können u. a. durch Störungen des abstrakten Denkens und der planerischen Fähigkeiten zu Beeinträchtigungen im täglichen Leben führen. Das Ziel der vorliegenden Studie war, herauszufinden, ob es in Bezug auf exekutive Funktionen altersabhängige Unterschiede gibt.

METHODEN: 60 gesunde ProbandInnen zweier altersunterschiedlicher Gruppen (18-30 Jahre (n = 30) bzw. 50-80 Jahre (n = 30)) wurden mit zwei neuropsychologischen Testverfahren für exekutive Funktionen auf kognitive Alterseffekte getestet. Die beiden verwendeten Testbatterien waren: der „Turm-von-London (TL-D)“-Test und der „BADS - Behavioural Assessment of the Dysexecutive Syndrome“-Test.

ERGEBNISSE: Es zeigten sich sowohl beim TL-D- als auch beim BADS-Test signifikante Unterschiede zwischen den beiden Altersgruppen. Die ProbandInnen der älteren Gruppe erzielten bei den komplexen Problemlösebeispielen des TL-D-Tests signifikant schlechtere Ergebnisse (5-Zug-Beispiele (p = 0,008), 6-Zug-Beispiele (p = 0,034)) als die jüngere Vergleichsgruppe. Beim BADS-Test war der durchschnittlich erreichte Gesamtprofilwert der älteren Gruppe signifikant niedriger (p = 0,004) als der der jüngeren ProbandInnen. Auch bei einem Subtest des BADS-Tests, der die Fähigkeit der Strategieentwicklung prüft, bestand ein signifikanter Unterschied (p = 0,006) zu Gunsten der jüngeren Testpersonen.

DISKUSSION: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass es bei gesunden Menschen zu kognitiven Alterseffekten im Bereich der exekutiven Funktionen kommt. Diese Effekte sind vor allem bei komplexen Aufgaben, die die menschliche Planungsfähigkeit überprüfen, ersichtlich.

Abstract

BACKGROUND: Executive functions play an important role in every person’s everyday life. Deficits in the area of executive functioning can lead to impairment in daily living, through, among others, dysfunctions of abstract thinking as well as of planning skills. The aim of this study was to examine whether there are agerelated differences concerning executive functioning.

METHODS: Two neuropsychological testbatteries were used to examine possible cognitive age-effects in executive functioning of two different age groups including 60 healthy subjects (18-30 years (n = 30) and 50-80 years (n = 30)). The both used testbatteries constituted the “Tower of London (ToL)”-test and the “BADS - Behavioural Assessment of the Dysexecutive Syndrome”-test.

RESULTS: The results show significant differences between the two age groups in scores of the ToL- as well as of the BADS-test. The older age group’s participants achieved significant poorer results in the complex ToL-problem- solving-samples than their younger comparison group (5-move-problems (p = 0,008), 6-move-problems (p = 0,034)). In the BADS-test the average achieved total test score was significant lower in the older age group (p = 0,004) than in the younger group. One BADS-subtest that tests the ability to plan a strategy also showed a significant difference (p = 0,006) in favour of the younger test participants.

DISCUSSION: This study’s results show that cognitive age-effects in the area of executive functioning do occur in healthy adults. These effects are especially apparent during complex tasks that test the human planning abilities.

1 Einleitung

1.1 Exekutive Funktionen

Exekutive Funktionen sind eine wichtige Voraussetzung für das Meistern von Situationen im persönlichen, täglichen Leben und haben in jedem Alter eine sehr große Bedeutung. Das Planen der Durchführung von Tätigkeiten, das Lösen von Problemen - eventuell beeinträchtigt durch das fehlende Erkennen der Problemsituation oder durch Ablenkung - und das Anpassen des persönlichen Verhaltens an spezifische Situationsänderungen stellen verschiedene Aufgaben der exekutiven Funktionen dar. Einbußen in Bezug auf die exekutiven Funktionen können das Alltagsleben jedes Menschen gravierend verschlechtern und beeinträchtigen. Das sogenannte „Dysexekutive Syndrom“ ist durch Auffälligkeiten wie Störungen des abstrakten Denkens und der planerischen Fähigkeiten gekennzeichnet und zeigt, wie wichtig die exekutiven Funktionen im Alltagsleben sind.

1.1.1 Begriffsdefinition

Exekutive Funktionen stellen höhere kognitive Kontrollprozesse dar und werden vor allem in komplexen Situationen, wenn automatisiertes Handeln zur Ausführung von Aufgaben nicht mehr ausreicht, benötigt (1). Für den Begriff der exekutiven Funktionen liegt keine einheitliche und allgemeine Begriffsdefinition vor, obwohl sie schon seit Jahren ein gefragtes Forschungsgebiet der Neuropsychologie sind.

Laut Levine, Stuss und Milberg könnte die Beurteilung der exekutiven Funktionen die schwierigste Aufgabe der Neuropsychologie darstellen (2). Baddeley beschreibt die exekutiven Prozesse als die komplexesten Aspekte der menschlichen Kognition. Er gehe nicht davon aus, dass sie in der nahen Zukunft komplett verstanden werden können (3). Laut Lezak ermöglichen exekutive Funktionen das selbstständige und zielstrebige Handeln (4). Um ein Ziel zu erreichen, findet die flexible Koordination von verschiedenen Subprozessen untereinander statt (5).

Exekutive Funktionen sind von großer Bedeutung im täglichen Leben jedes Menschen. Sehr viele von uns als nicht bewusst wahrgenommene, alltägliche Handlungen sind auf die exekutiven Funktionen zurückzuführen. Diese ermöglichen einer Person soziale Regeln und Normen einzuhalten und sich somit adäquat in Situationen zu verhalten. Personen mit beeinträchtigten exekutiven Funktionen leiden oft unter einer mangelnden Selbstbeherrschung, einer erhöhten Vergesslichkeit sowie unter einer erhöhten Ablenkbarkeit (6). Die Integration in ein soziales Umfeld, die Anerkennung und Akzeptanz und auch die Kommunikation mit Mitmenschen sind dann oft schwierig und das Lösen von Alltagsproblemen manchmal gar nicht möglich (6, 7). Das Telefonieren und gleichzeitige Notizführen stellt für solche Personen aufgrund der Schwächung des Arbeitsgedächtnisses eine nicht lösbare Aufgabe dar. Oft wird auch eine sich ihnen stellende von ihrer gewohnten Routine abweichende Problemsituation gar nicht erst als diese erkannt und somit ignoriert. Es wird die ihnen bekannte übliche Routinehandlung ausgeführt, auch wenn eine Änderung dieser und eine Anpassung an eine neue Situation erforderlich wären. Ebenso werden durch Haftenbleiben an einem möglichen Lösungsversuch für ein bestimmtes Problem alternative, vielleicht auch für die Situation besser passende Möglichkeiten gar nicht erst registriert. Des W eiteren werden langfristige Ziele von Personen mit dysexekutiven Störungen nicht mehr wahrgenommen und sie verlieren sich in Nebensächlichkeiten (6). Auch früher gerne ausgeführte Hobbies und Alltagsaufgaben werden oft nicht mehr ausgeführt. Das Verhalten von Personen mit dysexekutiven Beeinträchtigungen wird zunehmend selbstbezogener und die Gefühle und Bedürfnisse von ihren geliebten Mitmenschen werden oft nicht mehr wahrgenommen (7).

1.1.2 Subkomponenten der exekutiven Funktionen

In der Neuropsychologie gibt es mehrere Modelle, die die unterschiedlichen Subkomponenten der exekutiven Funktionen beschreiben. Smith und Jonides unterteilen die exekutiven Funktionen in folgende fünf Komponenten (8):

1.) „Attention and inhibition“ - Aufmerksamkeit und Inhibition:

Die Aufmerksamkeit gilt den relevanten Informationen und Prozessen. Irrelevante Informationen werden dagegen inhibiert.

2.) „Task management“ - Aufgabenkoordination:

Der Fokus der Aufmerksamkeit wird wechselnd auf verschiedene Aufgaben verlagert, um komplexe Aufgaben planen zu können.

3.) „Planning“ - Planung:

Planung von verschiedenen Subkomponenten um ein gewisses Ziel zu erreichen.

4.) „Monitoring“ - Überwachung:

Durch die Überwachung und Korrektur der Inhalte, die sich im Arbeitsgedächtnis befinden, wird der nächste Schritt einer sequentiellen Aufgabe ermittelt.

5.) „Coding“ - Kontextkodierung:

Im Arbeitsgedächtnis werden die Repräsentationen nach Ort und Zeit ihres Auftretens kodiert.

Nach Malloy et al. lassen sich dagegen sechs Komponenten unterscheiden (9):

1.) Ein Ziel wird unter Berücksichtigung der Langzeit-Konsequenzen definiert
2.) Es werden verschiedene Möglichkeiten und Alternativen zur Zielerreichung entwickelt
3.) Es kommt zur Auswahl und zur Initiierung des zielgerichteten Verhaltens
4.) Selbstkontrolle über die Korrektheit und Genauigkeit des eigenen Verhaltens findet statt
5.) Das Verhalten wird korrigiert und an sich ändernde Umstände angepasst
6.) Das Verhalten wird trotz eventueller Ablenkungen zielgerichtet fortgeführt

Zelazo et al. sehen die exekutiven Funktionen als ein einheitliches, funktionelles Konstrukt, das aus vier Teilprozessen besteht. Um ein Problem lösen zu können, sind folgende Schritte notwendig: Repräsentation des Problems, Planung, Durchführung und Evaluation des eigenen Ergebnisses. Zur Evalution zählen neben der Erkennung auch die Korrektur eventueller Fehler (10).

Nach Hayes gliedert sich das menschliche Problemlöseverhalten in folgende Subkomponenten (11):

- Problemerkennung
- Problemrepräsentation
- Lösungsplanung
- Durchführung eines Planes
- Planbewertung
- Lösungsbewertung

Ein neurobiologisches Modell von Braver und Cohen besagt, dass die Auswahl, die Aktualisierung und das Beibehalten eines Kontexts von Interaktionen zwischen dem präfrontalen Kortex und dem Dopamin, einem wichtigen Neurotransmitter des Gehirns, abhängig ist (12).

1.1.3 Anatomie des Frontallappens

Anatomisch werden die den Frontallappen bildenden Flächen der frontalen Rinde als orbital, lateral und medial bezeichnet. Die orbitale Fläche stellt die Unterfläche, die laterale Fläche die Oberfläche und die mediale Fläche die Innenseite dar. Ebenso ist die Einteilung in einen primär-motorischen, einen prämotorischen sowie einen präfrontalen Kortex möglich. Diese Einteilung besteht aufgrund der Konnektivität der einzelnen Areale mit anderen. Die präfrontale Rinde wiederum lässt sich in den dorsolateralen und den orbitalen (= ventromedialen) Abschnitt unterteilen (6).

Abb. 1: Gliederung des frontalen Kortex (6)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.1.3.1 Der präfrontale Kortex

Der PFC weist eine Reihe von Verbindungen zu anderen Hirnarealen auf. Neben Verbindungen zu temporalen und parietalen Feldern ist der orbitale Anteil ebenso mit dem limbischen System verbunden. In den temporalen und parietalen Hirnarealen findet die Verarbeitung von visuellen, akustischen und taktilen Informationen statt. Der Aktivität präfrontaler Neuronen wird eventuell ein entscheidender Beitrag zur Informationsaufbewahrung im Arbeitsgedächtnis zugemessen (6). Die Aufgabe des PFC ist es, kognitive Prozesse zu kontrollieren, sodass eine angemessene Reaktion zur pass enden Zeit und am passenden Ort stattfindet (13).

1.1.3.2 Das limbische System

Das limbische System steuert vegetative Funktionen und emotionale Grundlagen der Motivation (6). Dieses System wurde erstmals von Broca im Jahre 1878 als „limbisches System“ (Limbus = lat. Saum, Kante) bezeichnet und es umfasst unter anderem folgende anatomische Strukturen: Hippokampusformation, Fornix, Corpus amygdaloideum, Corpus mammillare und Gyrus cinguli (14).

1.1.3.3 Motorische und prämotorische Rinde

Der prämotorische und der hinter diesem liegende, primär motorische Kortex bilden den hintersten Teil des Frontallappens. Den medial liegenden Anteil des prämotorischen Kortex nennt man auch „supplementär-motorischer Kortex“. Dieser „supplementär-motorische Kortex“ soll motorische Handlungen nur durch eigenen Antrieb und nicht durch Außenreize in Bewegung bringen (6).

1.1.3.4 Die mediale frontale Rinde

Im medialen Bereich der Hemisphäre treffen die supplementär-motorische Rinde und der PFC auf den Gyrus cinguli, ein dem limbischen System angehöriger Anteil des Gehirns. Kognitive Kontrolle, Motivation und motorische Aktion treffen hier zusammen und bilden eine mögliche Schnittstelle (6). Grundsätzlich ergänzen sich die rechte und die linke Hemisphäre. Die linke Hemisphäre ist sprachbezogener, die rechte spielt hingegen eine größere Rolle in nonverbalen Bewegungen wie Gesichtsausdrücken. Diese Theorie ist jedoch nur eine relative, denn Studien über Personen mit Frontalhirnläsionen zeigen, dass beide Frontalhirnhälften eine Rolle bei fast jeglichem Verhalten spielen (13). Eine Studie von Tulving et al. zeigte, dass die rechte und die linke Frontalhirnhälfte eine unterschiedliche Rolle in der Erinnerungsverarbeitung spielen könnten. Diese unterschiedliche Aktivierung der beiden frontalen Hemisphären liegt allerdings womöglich in der Variabilität der verwendeten Materialien und Methoden. Der linke PFC spiele eine größere Rolle für die Informationsübertragung ins Gedächtnis, wohingegen die rechte präfrontale Rinde eher für die Informationsabrufung zuständig sei (15).

1.1.4 Theoretische Modelle exekutiver Funktionen

1.1.4.1 Supervisorisches Aufmerksamkeitssystem „Supervisory Attentional System“

Ein Kontrollmechanismus der Kognition wird - vor allem wenn es sich um neue oder komplexe Aufgaben handelt - benötigt um Vorgänge zu lenken, zu koordinieren und zu aktualisieren (16).

Im Jahre 1980 wurde von Norman und Shallice ein Modell, das supervisorische Aufmerksamkeitssystem entwickelt. Dieses Modell bezieht sich speziell auf die Ansichten der frontalen Funktionen von Luria. Dieses System ist spezialisiert auf das Programmieren, die Regulation und die Verifikation von Prozessen (16). Laut Atkinson und Shiffrin lassen sich menschliche Handlungen in automatisierte und kontrollierte Handlungen unterteilen (17).

Norman und Shallice nahmen an, dass sowohl die Kognition als auch die Aktion bei Routinearbeiten eines laufenden hoch spezialisierten Routineschemas bedürfen. Jedes einzelne Schema führt zur Ausführung einer gewissen Aktion. Schemas werden auf unterschiedlichen Wegen aktiviert, zum Beispiel durch

Trigger, die durch die eigenen Wahrnehmungen entstehen und durch den Output

anderer Schemas. Gibt es nun mehrere Trigger, die jeweils zur gleichen Zeit eine andere Aktion auslösen wollen und somit untereinander in Konkurrenz stehen, gewinnt das Schema, das am stärksten durch Umweltstimuli oder festgelegte Prioritäten aktiviert wird. Hierbei ist das „Contention Scheduling“ aktiv (18).

Abb. 2: Vereinfachte Darstellung des Modells von Norman & Shallice, 1980 (18)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Norman und Shallice unterscheiden im kritischen Auswahlprozess zwei qualitativ verschiedene Prozesse (18):

- Das „Contention Scheduling“
- „Supervisory Attentional System“

Wenn das reine Agieren des CS nicht mehr ausreicht, bedarf es dem SAS, das dem CS übergeordnet ist und in den Selektionsprozess eingreift. Das SAS gewichtet die verschiedenen Trigger von kontrollierten Handlungen, indem es einen schwächeren Trigger zusätzlich verstärkt und die anderen Trigger hemmt. Auch stellt es ein Planungssystem auf. Die Auswahl durch das SAS ist nicht mehr, wie durch das CS schnell, nicht änderbar und von Routine behaftet, sondern sie wird nun langsam und flexibel. Kognitive Einbußen oder spezifische Defizite im Bereich des SAS führen zu Schwierigkeiten mit der Anpassung an neue Umstände und Veränderungen sowie mit der Planungsinitiative. Die Ausführung von Routinearbeiten wird dadurch jedoch nicht beeinträchtigt (18). Verschiedene Studien zeigen, dass Personen mit präfrontalen Läsionen Schwierigkeiten mit der Bewältigung von komplexen Planungsaufgaben haben. Ein Beispiel für einen Test der menschlichen Planungsfähigkeit stellt z. B. der Turm von London dar (19). In einer Studie von Shallice und McCarthy zeigten jedoch nur Personen mit links ventralen Läsionen spezifische deutliche Einbußen in ihrem Planungs- verhalten (18).

1.1.4.2 Das Arbeitsgedächtnis

Das Arbeitsgedächtnis stellt laut Baddeley ein System des menschlichen Gehirns dar, das als temporärer Informationsspeicher dient. Es ermöglicht den Umgang mit Informationen, die für komplexe kognitive Aufgaben benötigt werden. Es sind dies z. B. das Sprachverstehen, das Lernen oder das logische Denken. Die Definition des Arbeitsgedächtnisses entstand aus dem Konzept eines einheitlichen Kurzzeitgedächtnisses. Seit den sechziger Jahren stellt sich die Frage, ob das Gedächtnis als ein einzelnes einheitliches System gilt oder ob es in zwei oder mehr Subkomponenten unterteilt werden soll. Hier gingen die Meinungen weit auseinander (20). Shallice, Vallar und Baddeley versuchten das verbale Kurzzeitgedächtnis als ein mehrteiliges Komponentensystem zu erklären (21). Das Arbeitsgedächtnis muss die gleichzeitige Aufbewahrung sowie Verarbeitung von Informationen ermöglichen. Baddeley und Hitch entwickelten 1974 das Modell des Arbeitsgedächtnisses und erklärten es als dreiteiliges System. Es besteht aus der „central executive“ und zwei weiteren Subkomponenten. Das Arbeitsgedächtnis hat somit eine exekutive, kontrollierende Funktion (20).

Abb. 3: Das Arbeitsgedächtnis-Modell nach Baddeley und Hitch, 1974 (22)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Baddeley bezeichnet die zentrale Exekutive als einen fortlaufenden Versuch die Teilbereiche zu verstehen, die für die exekutive Kontrolle notwendig sind (23). Die beiden weiteren Subkomponenten, die von der zentralen Kontrolle überwacht werden (6), die sogenannten „Sklavensysteme“ stellen die „phonologische Schleife“ und der „visuell-räumliche Skizzenblock“ dar. Baddeley und Hitch nahmen an, dass die phonologische Schleife für die Aufbewahrung und Ausführung von sprachlich basierenden Informationen zuständig ist. Sie ist für den Sprachvokabel-Erwerb notwendig. Neben der Informationsaufbewahrung durch subvokale Wiederholungen im phonologischen Speicher ist es ihr möglich, visuell präsentiertes Material wie etwa Wörter oder benennbare Bilder zu registrieren. Der visuell-räumliche Skizzenblock stellt das Äquivalent zur phonologischen Schleife dar und dient als Speicher für visuelle Eindrücke und Reize (20). Die Gedächtnisspannen der beiden Subsysteme lassen sich durch die richtige Wiedergabe verschiedener Einheiten bestimmen und liegen für die phonologische Schleife bei etwa 7 und beim visuell-räumlichen Speicher bei zirka 5 (6). Neben dem PFC soll laut Cohen et al. auch die parietale Rinde eine Rolle in der Informationsaufbewahrung spielen (24).

1.1.5 Das dysexekutive Syndrom

Durch unterschiedliche Krankheiten kann es zu exekutiven Dysfunktionen kommen. Hierfür können neben pathologischen Mechanismen des Frontallappens auch Läsionen des Parietal- oder Temporallappens verantwortlich sein (5).

Exekutive Dysfunktionen werden traditionell mit einer Schädigung im Bereich des Frontallappens in Verbindung gebracht (6).

Das DES kann für das Vorliegen von großen Alltagsschwierigkeiten verantwortlich sein. Der Begriff des DES wurde von Baddeley im Jahre 1986 eingeführt (25). Dieses soll Läsionen nach ihrem Schädigungsmuster funktionell beschreiben (26) und hat den zuvor gängigen Begriff des „Frontalhirnsyndroms“ abgelöst (25). Die Bezeichnung „Frontalhirnsyndrom“ könnte zu einer Problematik führen, da es nicht korrekt wäre, ein Syndrom nach seiner Entstehungslokalisation zu benennen. Kognitive Besonderheiten ließen sich dadurch nicht so gut erfassen und verstehen. Personen mit Läsionen des Frontalhirns leiden häufig unter ähnlicher Beeinträchtigung, obwohl ihre Schädigungsmuster oft stark variieren (26).

1.1.5.1 Symptome der Frontalhirnläsionen

Da es - wie bereits zu Beginn dieser Arbeit erwähnt - keine einheitliche Definition und Einteilung der exekutiven Funktionen gibt, werden häufig auch die zu beobachteten Beeinträchtigungen durch Läsionen im Bereich des Frontalhirns genannt, um auf die Vielfalt der exekutiven Funktionen zu verweisen. Im folgenden Kapitel soll auf die Defekte, die durch Läsionen im Frontalhirn ausgelöst werden, eingegangen werden. Es werden jedoch nur Auswirkungen von Schädigungen im Bereich des PFC beschrieben, da diese für die exekutiven Funktionen verantwortlich sind.

Tabelle 1 gliedert die Symptome des dysexekutiven Syndroms in fünf Gruppen: Schwächung der motorischen Funktionen, Verlust des divergenten Denkens, Umgebungsbedingte Kontrolle des Verhaltens, Schwächung des zeitlichen Gedächtnisses und andere Symptome (13).

Tab. 1: Symptome des dysexekutiven Syndroms (13)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Goldenberg gliedert die Symptome des dysexekutiven Syndroms dagegen in folgende fünf Bereiche (6):

1. Schwächung des Arbeitsgedächtnisses
2. Problemlösestörung
3. Störung des sozialen Verhaltens
4. Antriebslosigkeit und Apathie
5. Mangelnde Kontrolle der Motorik

Kolb und Milner testeten das Imitationsverhalten von Menschen nach lokalisierten, unilateralen, frontalen Lobektomien in Bezug auf Arm- und Gesichtsbewegungen. Es zeigte sich, dass Personen mit Läsionen, egal in welcher Hemisphäre, sowohl beim Nachahmen der Arm- als auch der Gesichtsbewegungen Defizite aufwiesen (27). Ein klarer Unterschied zwischen den Auswirkungen von parietalen, temporalen und frontalen Lappenläsionen entsteht bei Intelligenztests. Personen mit frontalen Hirnläsionen weisen im Vergleich zu denen mit posterioren Schädigungen keine Einbußen auf. Laut Guilford überprüft ein Intelligenztest die Fähigkeit des konvergenten Denkens. Konvergentes Denken bedeutet, dass es auf eine Frage oder Aufgabenstellung jeweils nur eine richtige Lösung gibt. Beim divergenten Denken hingegen ist viel mehr die Anzahl und Vielfältigkeit der Antworten ausschlaggebend. Frontalhirnläsionen führen zu Verschlechterungen beim divergenten Denken (13). Die Überprüfung einer verminderten Spontanität bei Frontalhirnschädigungen wurde von Jones-Gotman und Milner durchgeführt. In einer fest vorgegebenen Zeitspanne sollten so viele abstrakte Zeichnungen wie möglich gezeichnet werden. Dieser „Design Fluency Test“ stellt im Vergleich zu einem „Verbal Fluency Test“ einen nonverbalen Flüssigkeitstest dar. Die größten Beeinträchtigungen zeigten hier Menschen mit Schädigungen im Bereich des rechten Frontallappens. Jedoch wiesen ebenso Personen mit Läsionen im linken Frontallappen leichte Verschlechterungen auf. Daraus geht hervor, dass beide Hemisphären für die Absolvierung dieser Testung notwendig sind (28). Die Strategieentwicklungsschwäche geht auf Arbeiten von Shallice zurück (13). Ein möglicher Test zur Überprüfung dieser Schwäche stellt der „Modifizierte sechs-Elemente-Test dar“, der in Kapitel 3.2.2.2.6 genau erläutert wird (26). Eine besondere Risikobereitschaft zeigen laut Miller und Milner Personen mit linksfrontalen, aber auch mit linkstemporalen Lobektomien. In einer Studie sollten die ProbandInnen anhand von Hinweisen verschiedene Wörter erraten. Mit jedem weiteren Hinweis verringerte sich die zu erhaltene Punktanzahl für den/die Probanden/in. Wird falsch geraten, verliert der/die Proband/in hingegen alle Punkte. Personen mit Frontalhirn-Exzisionen gaben öfter gleich nach dem ersten Hinweis einen Tipp ab, machten jedoch auch mehr Fehler (29). Ebenso fällt es Personen mit Frontalhirnschädigungen schwer, Regeln einzuhalten (13). Regeln gilt es z. B. beim „Modifizierten sechs-Elemente-Test“ als auch bei der „Planungsaufgabe“ des BADS-Tests einzuhalten (26). Diese Testabläufe werden in Kapitel 3.2.2.2.6 und 3.2.2.2.5 beschrieben.

Über ein verändertes Entscheidungsverhalten verfügen laut Bechara, Tranel und Damasio Personen mit Läsionen des ventromedialen präfrontalen Kortex. Mit der Durchführung eines „Gambling-Tasks” wurde das Nicht-Bewusstsein dieser Personen über die Zukunftskonsequenzen ihrer Handlungen, unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ sind, festgestellt. Sie wiesen ein verändertes Entscheidungsverhalten auf (30). Petrides zeigte in einer Studie die starke assoziative Lernbeeinträchtigung bei Personen mit Läsionen im Bereich des lateralen frontalen Kortex (13). Die visuell-motorische Assoziation bestand hier zwischen Farben und Handbewegungen, die die ProbandInnen zuerst im Rahmen von Übungsbeispielen erlernten und anschließend abgeprüft wurden (31). Störungen im Bereich des sozialen Verhaltens sind schwer festzustellen, da von Grund auf jeder Mensch ein unterschiedliches Verhalten in gleichen Situationen zeigt. Eine Erfassung von Auffälligkeiten ist nur durch eine längere Beobachtung einer Person möglich. Ebenso hängt das soziale Verhalten vom Umfeld der Person ab, da dieses von der Kommunikation mit anderen Menschen geprägt ist (6).

Auch die „Theory of mind“ wird mit dem Frontallappen in Verbindung gebracht (32). Sie stellt das Bewusstsein einer Person über die möglichen und wahrscheinlichen Gedanken eines anderen Menschen dar (33). Eine Studie von Stuss, Gallup und Alexander zeigte, dass Personen mit inferior medialen Hirnschädigungen Schwierigkeiten beim Lösen von „Theory of mind“-Aufgaben haben, nicht jedoch Personen mit links dorsolateralen Läsionen (32).

1.2 Kognitive Alterseffekte

1.2.1 Definition Kognition und kognitive Psychologie

„kognitiv: die Erkenntnis betreffend, erkenntnismäßig (von lat.: cognoscere: erkennen, kennen lernen)“ (Der neue Brockhaus, 1985, S. 179 (34))

„Die Kognition berührt alle Bereiche von Wahrnehmungs-, Gedächtnis- und Denkprozessen und ist ein bedeutsames Merkmal aller Menschen“ (Solso, 2005, S. 4 (11))

„Die kognitive Psychologie beschäftigt sich mit der Untersuchung des Denkens“ (Solso, 2005, S. 4 (11))

Neben dem Gewinnen und Behalten sowie der Wahrnehmung und Speicherung von Informationen stellt auch das kognitive Problemlösen Untersuchungsbereiche des Forschungsgebietes der kognitiven Psychologie dar (11).

Die kognitive Psychologie, deren Hauptaufgabe darin besteht, die Funktionsweise des menschlichen Scharfsinns zu begreifen (35), beschäftigt sich mit folgenden Gebieten: „Kognitive Neurowissenschaft, Wahrnehmung, Mustererkennung, Aufmerksamkeit, Bewusstsein, Gedächtnis, Wissensrepräsentation, bildhafte Vorstellung, Sprache, Entwicklungspsychologie, Denken und Begriffsbildung und menschliche und künstliche Intelligenz“ (Solso, 2005, S. 9 (11)).

Die Kognition des Menschen stellt sich als zielgerichtet und alle kognitiven Aufgaben als Problemlöseaufgaben dar (35).

1.2.2 Kognitives Altern

Der Frage nach altersbezogenen Unterschieden in Bezug auf kognitive Funktionen des Menschen gehen seit vielen Jahren zahlreiche Forscherinnen und Forscher nach. Bis heute herrscht weiterhin Uneinigkeit darüber, wann sich die ersten kognitiven Veränderungen und Defizite bemerkbar machen zu scheinen. Diese Ungewissheit ist bedauerlich, denn dadurch ist der geeignete Zeitpunkt einer Intervention zur Vorbeugung dieser kognitiven Defizite nicht bekannt. Auch für die Forschung ist diese Frage von großer Bedeutung, denn sollten kognitive Veränderungen bereits im frühen Erwachsenenalter auftreten, ließen sich diese Defizite nicht mehr spezifischen Zuständen des höheren Alters - wie zum Beispiel der Pensionierung oder altersabhängigen Krankheiten - zuschreiben (36).

Die Überprüfung der menschlichen kognitiven Fähigkeiten gestaltet sich als äußerst schwer. Mithilfe von kognitiven Tests lässt sich zwar eine spezifische kognitive Fähigkeit objektiv evaluieren, allerdings schaffen es diese Tests nicht, alles für die Kognition Interessante zu beurteilen. Es liegt auch keine spezifische Evidenz vor, ob diese Tests in einem Bezug zum Alter stehen (37).

Laut Salthouse treten einige Aspekte von kognitiven Alterseinbußen bei gesunden, gebildeten Erwachsenen bereits im Lebensalter von 20 und 30 Jahren auf (36). Viele der sich im höheren Alter des Menschen bemerkbar machenden Veränderungen der kognitiven Funktionen dürften durch eine altersabhängige Reduktion der Geschwindigkeit bei der Ausführung relativ einfacher Verarbeitungsprozesse herbeigeführt werden (38).

1.2.3 Kognitives Altern und exekutive Funktionen

Aus bisherigen Studien liegen empirische Hinweise für eine altersbezogene Dysfunktion im Bereich der exekutiven Funktionen vor.

Laut Cahn-Weiner et al. könnten die im Laufe des gesunden Alterungsvorgangs auftretenden exekutiven Dysfunktionen den besten Prädiktor für die Abnahme der menschlichen funktionellen kognitiven Fähigkeiten darstellen (39).

In einer Studie von Andrés und Van der Linden zeigte sich eine Verbindung zwischen kognitiven Alterseffekten und exekutiven Funktionen. Besonders das Planungsverhalten, die Inhibition und die Abstraktion logischer Regeln wiesen hier Einbußen auf. Jedoch ist auch die Prozessiergeschwindigkeit nicht zu vernachlässigen, sie dient ebenso als Mediator zwischen Alter und kognitiver Performanz (40).

Auch Studien von Salthouse ergaben, dass, obwohl Schwächungen des Arbeitsgedächtnisses für zumindest manche der altersabhängigen Verschlechterungen der menschlichen kognitiven Leistungen verantwortlich zu sein scheinen, auch eine Redukton der Verarbeitungsgeschwindigkeit bei der Durchführung einfacher Aufgaben für viele der auftretenden Alterseffekte in Bezug auf das Arbeitsgedächtnis maßgeblich ist (38).

Laut Garden et al. schneiden ältere Erwachsene (53-64 Jahre) im Vergleich zu jüngeren Erwachsenen (30-46 Jahre) bei praktischen, exekutiven Tests, deren Ergebnisse von den Leistungen der präfrontalen Funktionen abhängig sind, schlechter ab (41).

Brennan, Welsh und Fisher verwendeten, um mögliche Veränderungen der exekutiven Fähigkeiten mit zunehmendem Alter aufzeigen zu können, den „Turm von Hanoi“-Test (Simon, 1975). Drei Altersgruppen mit einem durchschnittlichen Alter von 19, 65 und 75 Jahren bildeten die Vergleichsgruppen. Das Ergebnis zeigte, dass die jüngste Altersgruppe, als die Komplexität der Aufgaben stieg, im Durchschnitt bessere Leistungen ablieferte, als ihre beiden älteren Vergleichsgruppen (42).

Ebenso zeigte eine Studie von Salthouse et al. eine mäßige, negative Korrelation zwischen den exekutiven Funktionsleistungen und dem Alter. Mehrere neuropsychologische Testungen wurden von 259 Erwachsenen, die sich in subjektiv betrachtetem guten bis exzellenten Gesundheitszustand befanden und zwischen 19 und 94 Jahre alt waren, absolviert. Auch kognitive Funktionen, die vom Parietal- und Temporallappen gesteuert werden, zeigten hier mäßige, altersbedingte Rückgänge. Allerdings ergab diese Studie auch, dass altersabhängige kognitive Einbußen in vielen Fällen nicht nur einem bestimmten Areal im Gehirn zugeschrieben werden können und es nicht immer unabhängig vom Einfluss anderer Hirnareale zum Auftreten dieser Alterseffekte kommt (43).

Des Weiteren zeigen vorhandene bildgebende Studien, z. B. Raz et al. (44), bereits frühzeitige Veränderungen im Frontallappen und lassen von der Annahme ausgehen, dass exekutive Funktionen bereits in einer relativ frühen Lebensspanne erste Einbußen erfahren (41).

Laut Dempster soll der PFC das Hirnareal darstellen, das als erstes altersabhängige Veränderungen erfährt und die meisten wenn nicht alle übrigen zerebralen Areale in den Alterungsprozess einführt (45). Diese Annahme vertritt ebenso West. Die vom PFC beeinflussten kognitiven Funktionen sollen bereits in jüngerem Alter Beeinträchtigungen zeigen als die von anderen Hirnregionen gesteuerten Funktionen (46).

Im Bereich des frontalen Kortex soll von den kognitiven Altersdefiziten vor allem der dorsolaterale Kortex betroffen sein. Die ventromediale Rinde hingegen bleibt von kognitiven Alterseinbußen relativ verschont. Es sollte daher anstatt von einem globalen Frontallappen-Defizit viel eher von einem DL-Defizit ausgegangen werden (47). Der Altersdefizite aufweisende DL präfrontale Kortex gilt als Mediator für die exekutiven Funktionen und für das Arbeitsgedächtnis (48). Im Vergleich dazu zählen soziales Verhalten und emotionale Verarbeitung zu den verantwortlichen Steuerungen des VM Kortex (49). In einer Studie von Bechara et al. zeigten Personen mit Läsionen des ventromedialen PFC gegenüber gesunden Menschen ein verändertes, defizitäres Entscheidungsverhalten. Eine mögliche Ursache hiefür besteht in der Nichtwahrnehmung der Zukunftskonsequenzen ihrer Handlungen (50).

Die DLPFC-Theorie des Alterns von MacPherson et al. wurde durch Erhebung der Alterseffekte dreier Altersgruppen (20-38 Jahre, 40-59 Jahre, 61-80 Jahre) zu je 30 ProbandInnen aufgestellt. Die ProbandInnen mussten jeweils drei Testungen, die - wie angenommen wurde - nur auf Schwächung der exekutiven Funktionen und des Arbeitsgedächtnisses hindeuten sowie drei Testungen, die rein die vom VM präfrontalen Kortex abhängigen Dysfunktionen ermitteln, absolvieren. Alterseffekte wurden bei allen drei Testungen, die nur die vom DLPFC beeinflussten Dysfunktionen messen, gefunden. Die Tests, die die VM präfrontalen Dysfunktionen ermitteln sollten, wiesen hingegen keine negativen Alterseffekte auf. Dies führt zu der Annahme, dass DL präfrontale Funktionen sensibler auf gesundes Altern reagieren als VM präfrontale Funktionen. Eine Einschränkung dieser Annahme stellen jedoch Studien dar, die zeigen, dass Testungen der präfrontalen Funktionen zumeist sowohl den DL als auch den VMPFC betreffen und diese nicht isoliert voneinander gemessen werden können. Ebenso gilt es nicht zu vernachlässigen, dass auch nicht-frontale Hirnregionen mit dem DL Kortex vernetzt sind und auch diese einen Einfluss auf die entstehenden kognitiven exekutiven Dysfunktionen haben könnten (47).

Baena et al. konnten mit ihrer, in Anlehnung an die von MacPherson et al. durchgeführten Studie, auch kognitive Alterseffekte in Bezug auf den VMPFC feststellen (51).

Es liegen bislang nur wenige bildgebende Studien vor, die bei Ermittlung von Alterseffekten des PFC zwischen dem DLPFC und dem VMPFC unterscheiden (47). Abbildung 4 veranschaulicht die Lage des VMPFC und des DLPFC im Gehirn.

Abb. 4: Topographische Lage des VMPFC und des DLPFC (52)

(A) Rot: Lage des VMPFC

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(B) Blau: Lage des DLPFC

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Raz et al. untersuchten im Rahmen einer computerbasierten Maßanalyse von MRT-Bildern bei 148 gesunden ProbandInnen unterschliedlichsten Alters mögliche Volumenreduktionen der Gehirnmasse in verschiedenen Arealen. Der PFC zeigte eine größere Sensitivität auf das gesunde, menschliche Altern als die übrigen zerebralen Kortizes. Es zeigten sowohl der DLPFC als auch der VMPFC altersabhängige Volumenreduktionen. Abbildung 5 veranschaulicht anhand von Streudiagrammen die altersabhängige, lineare Regression des Volumens des DLPFC sowie des VMPFC (44).

[...]

Ende der Leseprobe aus 81 Seiten

Details

Titel
Exekutive Funktionen und Alter. Erfassung exekutiver Funktionen durch zwei neuropsychologische Tests
Hochschule
Medizinische Universität Graz  (Universitätsklinik für Psychiatrie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
81
Katalognummer
V312420
ISBN (eBook)
9783656983965
ISBN (Buch)
9783656983972
Dateigröße
2234 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
altersabhängige, unterschiede, funktionen, erfassung, tests, tl-d, bads
Arbeit zitieren
Claudia Blesl (Autor:in), 2014, Exekutive Funktionen und Alter. Erfassung exekutiver Funktionen durch zwei neuropsychologische Tests, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312420

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