Ziel dieser Arbeit ist es zu klären, ob und wie sich die Bevormundeten durch die Berufung auf ihre grundrechtlichen Freiheiten gegen staatlichen Interventionen wehren können. Dazu wird im Anschluss an eine kurze Begriffserklärung untersucht, ob die Konzeption eines umfassenden Abwehrgrundrechts gegen Rechtspaternalismus möglich und notwendig ist, oder ob bereits die jeweils einschlägigen Spezialgrundrechte hinreichenden Schutz bieten. Anschließend wird themenbezogen auf die Problematiken der Schutzpflichtendoktrin und der objektiven Dimension der Grundrechte eingegangen, ehe die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst werden.
Die Bundesrepublik Deutschland versteht sich als liberalen Rechtsstaat. Geprägt von den aufklärerischen Staatsidealen ist es deshalb ein zentrales Anliegen der deutschen Rechtsordnung, dem Einzelnen die größtmögliche Freiheit zu gewähren, die er zur Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer pluralistischen Gesellschaft bedarf. Nichtsdestotrotz darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass jeder Freiheitssphäre Grenzen gesetzt sein müssen, da ungeordneter Freiheitsgebrauch zwangsläufig zu Konflikten zwischen den einzelnen Freiheitsträgern führt. Folglich besteht breiter gesellschaftlicher Konsens, dass die eigenen Handlungsfreiheiten dort beschränkt sein müssen, wo sie überragenden Gemeinschaftsinteressen, wichtigen Kollektivgütern oder den berechtigten Interessen anderer zuwiderlaufen.
Weitaus problematischer ist erfahrungsgemäß aber die Bereitschaft, staatliche Freiheitseingriffe auch dann zu billigen, wenn es deren Zweck ist, die Rechtsunterworfenen vor den Folgen ihrer eigenen Selbstbestimmtheit zu schützen, und zwar ohne deren Willen oder Einvernehmen. Man spricht hier von einem rechtspaternalistischen Eingriff. Indem der Staat die Entscheidungsmöglichkeit seiner Bürger beschränkt oder gar aufhebt, drängt er ihre Autonomie zurück. Da dabei immer die Freiheit der Bürger, namentlich ihre Entscheidungsfreiheit betroffen ist, muss sich ein solcher Eingriff am Maßstab der Grundrechte messen lassen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einordnung der Problematik und Begriffsklärung.
- I. Autonomiebeschränkung und Liberalismus..
- II. Paternalismus und seine Formen
- 1. Reiner und unreiner Paternalismus..
- 2. Direkter und indirekter Paternalismus..
- 3. Harter und weicher Paternalismus..
- 4. Folgerungen für den Fortgang der Arbeit...
- B. Grundrechtliche Grenzen des harten Paternalismus.
- I. Schutzgutbestimmung....
- II. Spezialgrundrechtlicher Schutz vor hartem Paternalismus.
- 1. Schutz der Autonomie durch subjektive Rechtsmacht..
- 2. Rechtfertigbarkeit rechtspaternalistischer Eingriffe..
- a) Verfassungsrechtliche Legitimität des Eingriffszwecks.........
- (1) Rechtfertigungsalternative: Individuelle Dritt- und Allge-
- meininteressen......
- (2) Schutz von Langzeitpräferenzen..\li>
- (3) Freiheitsmaximierung.….....
- (4) Weitere Eingriffsmotive..\li>
- b) Geeignetheit des Mittels.......
- c) Notwendigkeit des Mittels oder das Prinzip des schonendsten
- Paternalismus......
- (1) Entbehrlichkeit staatlichen Handelns..\li>
- (2) Wahl des notwendigen Mittels........
- d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.
- 3. Defizite des spezialgrundrechtlichen Schutzes......
- III. Paternalismusschutz durch die allgemeine Handlungsfreiheit?.
- 1. Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit...
- 2. Schrankenregelungen des Art. 2 I GG...
- 3. Hinreichender Schutz vor Paternalismus?..\li>
- IV. Rückgriff auf die Menschenwürdegarantie?...
- 1. Schutzbereich der Menschenwürdegarantie..\li>
- 2. Stellungnahme…......
- V. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Paternalismus-Abwehrrecht........
- 1. Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.........
- 2. Schranken des allgemeinen Persönlichkeitsrechts........
- 3. Abwehrtauglichkeit.......
- VI. Grundrechtlicher Abwehrmechanismus gegen harten Rechtspaternalis-
- mus.
- C. Exkurs: Grundrechtsverzichtsproblematik und grundrechtliche Schutz-
- pflichtendimension im Kontext des harten Paternalismus..\li>
- I. Die Rolle des Grundrechtsverzichts in der Paternalismusdebatte...\li>
- II. Vorläufige Stellungnahme.....
- III. Grundrechtliche Schutzpflichten als staatliche Pflicht zu Paternalismus?.
- D. Zusammenfassende Thesen..\li>
- Autonomiebeschränkung und Liberalismus
- Grundrechtlicher Schutz vor hartem Paternalismus
- Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Paternalismus-Abwehrrecht
- Grundrechtsverzichtsproblematik im Kontext des harten Paternalismus
- Grundrechtliche Schutzpflichten als staatliche Pflicht zu Paternalismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit den grundrechtlichen Grenzen des „harten“ Rechtspaternalismus. Dabei werden die verschiedenen Formen des Paternalismus erläutert und die grundrechtlichen Schutzmechanismen gegen staatliche Eingriffe in die Autonomie des Einzelnen untersucht.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A behandelt die Einordnung der Problematik und Begriffsklärung des „harten“ Rechtspaternalismus. Es werden verschiedene Formen des Paternalismus erläutert, insbesondere der Unterschied zwischen „hartem“ und „weichem“ Paternalismus. Kapitel B untersucht die grundrechtlichen Grenzen des harten Paternalismus. Es werden verschiedene Schutzmechanismen wie die allgemeine Handlungsfreiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürdegarantie analysiert. Kapitel C behandelt die Problematik des Grundrechtsverzichts und die Frage, ob es eine staatliche Pflicht zu Paternalismus gibt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Paternalismus, Autonomie, Grundrechte, Rechtspaternalismus, Handlungsfreiheit, Menschenwürde, Persönlichkeitsrecht, Grundrechtsverzicht und staatliche Schutzpflichten.
- Arbeit zitieren
- Johannes Miehling (Autor:in), 2016, Grundrechtliche Grenzen des harten Rechtspaternalismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316240
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