Die Rechtsgeschäftslehre ist eng mit der Privatautonomie verbunden. Die Privatautonomie ist die Freiheit des einzelnen, seine privaten Rechtsbeziehungen eigenverantwortlich und frei zu gestalten. Sie ist nach Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützt. Die wesentlichen Ausprägungen der Privatautonomie sind die Testierfreiheit und die Vertragsfreiheit. Die Vertragsfreiheit gestattet es selbst zu entscheiden, ob man einen Vertrag schließen will (Abschlussfreiheit), welche Regelungen der Vertrag enthalten soll (Gestaltungs- oder Inhaltsfreiheit) und in welcher Form (Formfreiheit) er geschlossen werden soll. Zum Schutz der schwächeren Marktteilnehmer erfährt die Vertragsfreiheit gesetzliche Einschränkungen wie z. B. durch das Verbraucherrecht oder die gesetzlichen Verbote (§ 134 BGB) und die Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). Verträge bilden zusammen mit Rechtsgeschäften und Willenserklärungen (§§ 104 bis 185 BGB) die Gesamtheit der Rechtsgeschäftslehre. Außerdem betreffen Allgemeine Geschäftsbedingungen Kernfragen der Rechtsgeschäftslehre.
Im Rahmen dieser Arbeit soll die Rechtsgeschäftslehre des BGB im Zusammenhang mit dem modernen Geschäftsverkehr im Internet dargestellt werden. Es wird untersucht, wie die besonderen Herausforderungen, welche sich durch den Einsatz des Internet bei privatrechtlichen Geschäften ergeben, durch die Rechtsgeschäftslehre gelöst werden. So hat sich z. B. mit den Online-Auktionen ein völlig neuer Vertriebsweg etabliert, der die Rechtsgeschäftslehre vor teilweise erhebliche Probleme stellt. Es werden zunächst die Begriffe Rechtsgeschäft und Willenserklärung dargestellt und dann die Willenserklärungen im Internet erörtert. Es wird untersucht, wie Abgabe und Zugang von Willenserklärungen im Internet erfolgen und ob ein Verkaufsangebot im Internet bereits ein verbindliches Angebot oder lediglich eine invitatio ad offerendum darstellt. Auch werden die besonderen Schwierigkeiten, welche sich durch Handeln unter fremdem Namen und der Anwendung des Stellvertreterrechts ergeben, dargestellt. Weiter werden Wirksamkeitshindernisse und Nichtigkeitsgründe von Rechtsgeschäften im Internet beschrieben sowie auch die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A. Das Rechtsgeschäft
- I. Begriff und Bedeutung
- II. Ein- und mehrseitige Rechtsgeschäfte
- III. Abgrenzungen
- 1. Geschäftsähnliche Handlungen
- 2. Realakte
- 3. Gefälligkeitshandlungen
- 4. Einwilligungen
- B. Die Willenserklärung
- I. Begriff und Tatbestand
- 1. Objektiver Tatbestand
- 2. Subjektiver Tatbestand
- a) Handlungswille
- b) Erklärungsbewusstsein/Erklärungswille
- c) Geschäftswille/Rechtsfolgewille
- d) Rechtsbindungswille
- e) Irrelevanz des subjektiven Tatbestands
- II. Die Willenserklärung im Internet
- 1. Die elektronisch übermittelte Willenserklärung
- a) Objektiver Tatbestand
- b) Subjektiver Tatbestand
- 2. Die Computererklärung
- a) Objektiver Tatbestand
- b) Subjektiver Tatbestand
- 1. Die elektronisch übermittelte Willenserklärung
- III. Ergebnis
- I. Begriff und Tatbestand
- C. Die Wirksamkeit von Willenserklärungen im Internet
- I. Grundsatz
- II. Die Abgabe der Willenserklärung
- 1. Abgabe der elektronisch übermittelte Willenserklärungen
- 2. Abgabe der Computererklärung
- III. Der Zugang der Willenserklärung
- 1. Allgemeines
- 2. Zugang unter Abwesenden
- a) Elektronisch übermittelte Erklärung
- (1) Gelangen in den Machtbereich
- (2) Möglichkeit der Kenntnisnahme
- b) Computererklärung
- a) Elektronisch übermittelte Erklärung
- 3. Zugang unter Anwesenden
- 4. Zugang bei Online-Auktionen
- 5. Zugangsstörungen
- 6. Zugangsbeweis
- IV. Der Widerruf elektronischer Willenserklärungen
- V. Konkludente Willenserklärung und Schweigen
- VI. Ergebnis
- D. Die Stellvertretung
- I. Handeln in fremdem Namen
- II. Handeln unter fremdem Namen
- 1. Duldungsvollmacht
- 2. Anscheinsvollmacht
- 3. Vertrauenstatbestand
- 4. Zurechnung
- 5. Rechtsschein gem. § 172 Abs. 1 BGB analog
- 6. Eigener Rechtsscheintatbestand bei Handeln unter fremdem Namen
- III. Ergebnis
- E. Vertragsschluss im Internet
- I. Antrag
- 1. Antrag oder invitatio ad offerendum
- 2. Offline-Geschäfte
- 3. Online-Geschäfte
- 4. Zwischenergebnis
- II. Annahme
- III. Entbehrlichkeit § 151 Satz 1 BGB
- IV. Automatisierte Bestellbestätigung
- V. Vertragsschluss durch autonome elektronische Agenten
- VI. Online-Auktionen
- 1. Angebot des Verkäufers bindend oder invitatio ad offerendum
- a) Einstellen als invitatio ad offerendum
- b) Preis-Vorschlagen-Option
- c) Eigene Bestimmung des Verkäufers
- d) Annahmemodell
- e) Angebotsmodell
- f) Sofort-Kaufen-Option
- 2. Vorzeitige Beendigung einer Auktion
- 3. Widerruf § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB
- 4. Shill Bidding
- 1. Angebot des Verkäufers bindend oder invitatio ad offerendum
- VII. Ergebnis
- I. Antrag
- F. Wirksamkeitshindernisse von Rechtsgeschäften im Internet
- I. Mängel in der Geschäftsfähigkeit
- 1. Bewirkung mit eigenen Mitteln § 110 BGB
- 2. Duldungs- und Anscheinsvollmacht
- II. Scheingeschäft § 117 BGB
- III. Nichtigkeit wegen Formmangel
- 1. Schriftform § 126 BGB
- a) Urkunde
- b) Verkörperung
- c) Wahrnehmbarkeit
- d) Eigenhändige Unterschrift
- e) Zwischenergebnis
- 2. Elektronische Form § 126 a BGB
- 3. Textform § 126 b BGB
- 4. Vereinbarte Form § 127 BGB
- 5. Die Button-Pflicht des § 312j Abs. 3, 4 BGB als Formvorschrift
- 6. Ergebnis
- 1. Schriftform § 126 BGB
- IV. Verstoß gegen gesetzliches Verbot § 134 BGB
- V. Verstoß gegen die guten Sitten § 138 BGB
- VI. Nichtigkeit wegen Anfechtung (§ 142 Abs. 1 BGB)
- 1. Vorrang der Auslegung
- 2. Anfechtung wegen Irrtum § 119 BGB
- a) Inhaltsirrtum § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB
- b) Erklärungsirrtum § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB
- (1) Eingabefehler
- (2) Datenmaterialfehler
- (3) Softwarefehler
- c) Fehlendes Erklärungsbewusstsein
- d) Eigenschaftsirrtum § 119 Abs. 2 BGB
- 3. Übermittlungsfehler § 120 BGB
- 4. Täuschung oder Drohung § 123 BGB
- 5. Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist
- 6. Rechtsfolgen
- VII. Der Dissens
- I. Mängel in der Geschäftsfähigkeit
- G. Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
- I. Grundlegendes
- II. Ausdrücklicher Hinweis
- III. Zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme
- IV. Einverständnis der anderen Vertragspartei
- V. Einbeziehung zwischen Unternehmern
- VI. Online-Auktionen
- 1. Unmittelbare Geltung im Marktverhältnis
- 2. Vorvertragliche Rahmenvereinbarung
- 3. Vertrag zu Gunsten Dritter
- 4. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte
- 5. Einbeziehung der Nutzungsbedingungen in den Kaufvertrag
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit befasst sich mit der Rechtsgeschäftslehre im Kontext des Internets. Sie analysiert, wie sich die digitalen Kommunikationsformen auf die Entstehung und Wirksamkeit von Rechtsgeschäften auswirken. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, wie die klassischen Rechtsgrundsätze der Willenserklärung, der Stellvertretung und des Vertragsschlusses im digitalen Raum Anwendung finden.
- Die Bedeutung von Willenserklärungen im Internet
- Die Herausforderungen der Abgabe und des Zugangs von Willenserklärungen im digitalen Raum
- Die rechtliche Regulierung von Vertragsschlüssen im Internet
- Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Online-Verträgen
- Die Auswirkungen von digitalen Technologien auf die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Masterarbeit vor und erläutert die Relevanz der Rechtsgeschäftslehre im Kontext des Internets. Kapitel A befasst sich mit dem Rechtsgeschäft im Allgemeinen und definiert dessen Begriff, Bedeutung und Abgrenzungen. Kapitel B analysiert die Willenserklärung im Internet, insbesondere die elektronisch übermittelte Willenserklärung und die Computererklärung. Kapitel C untersucht die Wirksamkeit von Willenserklärungen im Internet, wobei die Abgabe, der Zugang und der Widerruf von elektronischen Willenserklärungen im Fokus stehen. Kapitel D behandelt die Stellvertretung im Internet und beleuchtet die rechtlichen Besonderheiten des Handelns in fremdem Namen und unter fremdem Namen. Kapitel E befasst sich mit dem Vertragsschluss im Internet, wobei die Besonderheiten von Online-Auktionen und die Rolle von automatisierten Bestellbestätigungen und autonomen elektronischen Agenten beleuchtet werden. Kapitel F analysiert die Wirksamkeitshindernisse von Rechtsgeschäften im Internet, einschließlich Mängel in der Geschäftsfähigkeit, Scheingeschäfte, Formmängel, Verstöße gegen gesetzliche Verbote und gute Sitten, Anfechtung und Dissens. Kapitel G untersucht die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Online-Verträge, wobei die Besonderheiten von Online-Auktionen und die Einbeziehung von Nutzungsbedingungen in Kaufverträge im Fokus stehen.
Schlüsselwörter
Rechtsgeschäftslehre, Internet, Willenserklärung, Stellvertretung, Vertragsschluss, Online-Auktionen, Allgemeine Geschäftsbedingungen, digitale Technologien, Rechtswirksamkeit, elektronische Kommunikation, Datenschutz, E-Commerce.
- Arbeit zitieren
- Klaus Fenn (Autor:in), 2015, Rechtsgeschäftslehre und Internet. Rechtsgeschäfte, Willenserklärungen und Vertragsschluss im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322510