Die Ehe und die zwischenmenschliche Bindung bilden eines der zentralen Themen bzw. Motiven in den Lustspielen Hofmannsthals und hat eine besondere Funktion. Die Arbeit soll zeigen, wie Hofmannsthal seine lebensphilosophische Ideen in dem Konzept der Ehe konkretisiert. In diesem Zusammenhang möchte ich näher auf Begriffe aus Hofmannsthals Selbstinterpretationen „Ad me ipsum“ und „Buch der Freude“ eingehen. Hofmannsthal bezeichnet seine Komödien als „das erreichte Soziale“. Die Lustspiele belehren: alle sind miteinander und einander bedürftig. Die Ehe löst zwei „Antinomien des Daseins“, von denen Hofmannstahl in „Ad me ipsum“ spricht: „die der vergehender Zeit und der Dauer – und die der Einsamkeit und der Gemeinschaft“. Die Ehe als soziale Form schlechthin löst die vorhandenen Antinomien, indem sie zwei Menschen verbindet. Der Ehebund verhilft dem Individuum, seine Einsamkeit zu überwinden und bringt ihn in die Gemeinschaft. Wie es in „Buch der Freude“ heißt, bedeutet „der Weg zum Sozialen“ auch „den Weg zu sich selbst“. Der „Weg zu sich selbst“ ist wiederum mit dem Begriff der „neuen Daseinstufe“ verbunden. Die Arbeit soll zeigen, wie Hofmannsthal das Konzept der „neuen Daseinstufe“ auf sein Konzept der Ehe überträgt. Im Sinne dieses Konzepts verkörpert die Ehe für Hofmannsthal die „höchstentwickelte“ Lebensform des Individuums, gerade deswegen, weil sie ihn ermöglichst, die Isolation zu überwinden und zum eigenen Selbst zu finden. Das Erreichen dieser Stufe setzt jedoch eine vorherige eine „Verwandlung“ des Individuums voraus.
Als letztes möchte ich zeigen, dass die Ehe von Hofmannsthal in seinen Komödien auch als Mittel zur Herstellung der „Ordnung“ verwendet wird. Der Dichter nimmt eine erzieherische Position ein, in dem er Wege zur Herstellung der „Ordnung“ zeigt. Den Abschluss der Arbeit bildet eine kurze Gegenüberstellung der hofmannsthalschen Ehekonzeption mit der von Arthur Schnitzler. Dabei stütze ich mich auf Beispiele aus der Tragikomödie „Das weite Land“. Dieser Vergleich scheint mir wichtig, weil Schnitzler eine grundsätzlich andere Einstellung zwischenmenschlicher Beziehung präsentiert. Sein Konzept beruht nicht auf Idealen; er stellt den Menschen mit seinen Trieben und Schwächen dar und zeigt das Chaos in den zwischenmenschlichen Beziehungen und die „dunklen Seiten“ der Ehe.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zielsetzung der Arbeit
- Zur Forschungsliteratur
- Hofmannsthals „Ehemetaphysik“
- Ehe als neue Daseinstufe / das „Zu-sich-selbst-Kommen“
- Die Verwandlung
- Die Verwandlung durch die Ehe: Voraussetzung für das Erreichen der „Existenz“
- Die Verwandlung in der Ehe
- Das Schicksalhafte der Ehe: Ehe als „höhere Notwendigkeit“
- Die „höhere Notwendigkeit“ als Instrument zur Herstellung der Ordnung
- Hofmannsthals Kritik an Ehe als Geschäft / Ehe auf Kommando
- Ehe als Spiegel der Gesellschaft: Ordnung versus Chaos
- Ehe und das Problem der Treue
- „Das weite Land“: Ehe als Abbildung des Chaos
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Bedeutung der Ehe in Hugo von Hofmannsthals Komödien. Sie analysiert, wie der Dichter seine lebensphilosophischen Ideen in das Konzept der Ehe integriert und die Ehe als eine „neue Daseinstufe“ darstellt, die dem Individuum hilft, die Isolation zu überwinden und zu seinem eigenen Selbst zu finden.
- Die Ehe als „neue Daseinstufe“ und ihre Bedeutung für das Individuum
- Die Rolle der „Verwandlung“ in Hofmannsthals Ehekonzept
- Die Ehe als „höhere Notwendigkeit“ und ihre Funktion in der gesellschaftlichen Ordnung
- Die Ehe als Spiegel der Gesellschaft: Ordnung versus Chaos
- Der Vergleich von Hofmannsthals Ehekonzeption mit der von Arthur Schnitzler in „Das weite Land“
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die Zielsetzung der Arbeit vor und gibt einen Überblick über die Forschungsliteratur. Das zweite Kapitel analysiert Hofmannsthals „Ehemetaphysik“ und untersucht die Ehe als „neue Daseinstufe“ und den Prozess der „Verwandlung“, der mit ihr verbunden ist. Das dritte Kapitel beleuchtet die Schicksalhafte der Ehe, die „höhere Notwendigkeit“ als Basis für dauerhafte Bindung und Hofmannsthals Kritik an der Ehe als Geschäft. Das vierte Kapitel betrachtet die Ehe als Spiegel der Gesellschaft, insbesondere die Themen Treue und Chaos, mit „Das weite Land“ als Beispiel. Der Abschluss der Arbeit soll die hofmannsthalsche Ehekonzeption mit der von Arthur Schnitzler vergleichen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen „Ehe“, „neue Daseinstufe“, „Verwandlung“, „höhere Notwendigkeit“, „Ordnung“, „Chaos“ und „gesellschaftliche Bindung“. Sie untersucht, wie diese Begriffe in Hofmannsthals Komödien konzipiert und dargestellt werden, wobei besondere Aufmerksamkeit auf die Verbindung von philosophischen und gesellschaftlichen Aspekten gelegt wird.
- Arbeit zitieren
- Elwira Zalewska (Autor:in), 2002, Konstruktionen der Ehe bei Hugo von Hofmannsthal und Arthurt Schnitzler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33081