Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. „NAKBA“ – das Hauptproblem in Nahost
2. Ursachen der „NAKBA“
2.1. Territorialkonflikt Palästina
2.2. Interessen – und Wertekonflikt
3. Auswirkungen der „NAKBA“ für die Palästinenser
3.1. Flüchtlingsproblematik
3.2. Palästinenser in Libanon
3.3. Situation auf heutigem palästinensischen Territorium
4. Schlussbetrachtung
5. Anhang
Literaturverzeichnis
Anmerkungen
1. „NAKBA“ – das Hauptproblem in Nahost
Heutzutage gibt es kaum ein historisches Ereignis, welches sich nachhaltig über nun schon mehr als 52 Jahre auswirkt und dermaßen kontrovers diskutiert wird. Beide Seiten dieses Ereignisses vertreten glaubhaft und nachvollziehbar ihre Standpunkte, welche gegensätzlicher kaum sein können und bewirken, dass ein unvorstellbarer Krisenherd die gesamte Region Nahost verunsichert.
Dieser Krisenherd ist begründet in mehreren zusammenhängenden Konflikten, in dessen Zentrum der israelisch- palästinensische, sprich jüdisch - arabische Grundkonflikt seht. Dieser Grundkonflikt ist zum einen ein Territorialkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern, der sich auch auf die arabischen Nachbar ausweitete. Zum anderen stellt dieser Konflikt einen Interessen- und Wertekonflikt zwischen beiden Völkern dar1.
Mit der Gründung Israels im Jahre 1948 brach dieser Konflikt offen aus und begründete die „NAKBA“ der Palästinenser. Für Israel ist das nächste Jubiläum seiner Gründung wieder ein glücklicher Tag, für die palästinensische Bevölkerung jährt sich dagegen die „NAKBA“, die Katastrophe von 1948.
Hinter dem Begriff „NAKBA“ versteckt sich die Vertreibung großer Teile des palästinensischen Volkes und ist zu definieren als :“ The catastrophe which befell the Palestinian people in 1948, as Zionist gangs massacred innocent men, women, and children, pillaged their homes, and destroyed their villages and towns. Thus, the creation of the State of Israel over usurped Palestinian land led to the dual injustice of the dispossession and exile of the majority of the Palestinian people and the languishing of the rest under occupation.”2. Diese Definition entspricht nicht dem israelischen Standpunkt, beschreibt aber treffend ein Ereignis in der Wahrnehmung eines Außenstehenden.
Als Palästinenser werden heute gewöhnlich die Arabisch sprechenden Bewohner des ehemaligen britischen Mandatsgebietes Palästina und ihre Nachkommen, die nach Gründung Israels zum größten Teil das Land als Flüchtlinge verlassen haben, bezeichnet. Die Palästinenser sind Nachkommen arabischer Eroberer, die ab 637 ins Land kamen und sich über die Zeit mit der ansässigen Bevölkerung der Philister, Amoriter und Kanaaniter vermischt haben3. Somit ist festzustellen, dass die Palästinenser ähnlichen wie die Israelis Nachkommen von Eroberern sind, welche das Land gewaltsam unter ihren Besitz nahmen und somit einen vergleichbaren Ausgangspunkt im Anspruch auf einen eigenen Staat im Rahmen des Territorialkonfliktes einnehmen. Beide Völker können auf Zeiträume zurückblicken, in denen sie Besitzer des Landes waren. Einziger Unterschied sind die Zeitpunkte der territorialen Inbesitznahme. Somit kann die wechselvolle Geschichte des Landes keinen Alleinanspruch eines Volkes begründen4.
Im Rahmen dieser Seminararbeit sollen soziale Auswirkungen der „NAKBA“ für die Palästinenser anhand ausgewählter, vergleichbarer Beispiele aufgezeigt werden. Diese Beispiele beruhen im wesentlichen auf Daten der Vereinten Nationen. Es kann jedoch gelegentlich nicht auf Beispiele der jeweiligen, meist palästinensischen Seite verzichtet werden. Nicht betrachtet und analysiert wird die Situation der 1948 in Israel verbliebenen Palästinenser, da dies in einer separaten Arbeit behandelt wird.
2. Ursachen der „NAKBA“
2.1. Territorialkonflikt Palästina
Der Grundkonflikt ist etwas älter als 100 Jahre und begann als Konflikt der arabischen Palästinenser und der zionistischen Bewegung um den Besitz Palästinas. Anstoß war das Streben nach einem eigenen jüdischen Gemeinwesen und verbunden mit einer jüdischen Einwanderung nach Palästina, in ein angeblich menschenleeres Gebiet. Dieses Streben traf auf die Realitäten des Landes, welches entsprechend der damaligen Wirtschaftsweise dicht mit Arabern besiedelt war. Begonnen wurde mit der Verwirklichung dieser zionistischen Ziele gegen 1880, als Palästina Teil des Osmanischen Reiches war und dieses eine ablehnende Haltung gegen diese Ziele bezog. Im Zuge des ersten Weltkrieges und der Kontrolle Palästinas durch die Briten verbesserten sich die politischen Rahmenbedingungen. Dies kam insbesondere in der BALFOR - Erklärung 1917 zum Ausdruck, in welcher sich die britische Regierung für ein jüdisches Nationalheim in Palästina aussprach und dieses unterstützen wollte. In der gesamten Mandatszeit der Briten wurden die entscheidenden Schritte zum Aufbau eines jüdischen Nationalheims getan, welches die Gründung Israels 1948 ermöglichte. Festzustellen ist, dass die Verwirklichung dieser zionistischen Ideen durch vorherrschende antisemitische Rahmenbedingungen in Europa begünstigt wurden und eine vernünftige Alternative der europäischen Juden war. Einher ging dieser Prozess mit einer durch die Zionisten betriebenen ungehinderten jüdischen
Einwanderung und Landerwerb, gepaart mit verstärktem Streben um politisch dominante Positionen. Die Palästinenser fürchteten um ihre Existenz im Land und stellten sich verstärkt gegen diese zionistischen Ziele. Jüdische Einwanderung in klaren Grenzen hätte akzeptiert werden können, das Ziel der Umwandlung Palästinas zu einem jüdischen Staat wurde rigoros abgelehnt5.
Nicht unbeachtet bleiben darf die Stellung der arabischen Nachbarstaaten zum sich entwickelnden jüdischen Staat. Gleichbedeutend der Einwanderung von Juden in Palästina wuchs der arabische Widerstand gegen einen nicht arabischen Staat in dieser Region. Dies kam insbesondere in der Ablehnung des Teilungsvorschlages der Vereinten Nationen von 1947 zum Ausdruck und im der Gründung des Staates Israel folgenden Unabhängigkeitskrieg Israels 1948. In den Empfindungen der Araber ist der Staat Israel ein „Pfahl im Fleische“ der arabischen Nationen. Ein wichtiger Gesichtspunkt der Ablehnung ist das arabische Gefühl, für die Folgen der nationalsozialistischen Verbrechen an den europäischen Juden einstehen zu müssen6.
2.2. Interessen- und Wertekonflikt
Beim Israel – Palästina – Konflikt handelt es sich um einen existentiellen Konflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern, bei denen Lebensrechte und Formen nationaler Selbstbestimmung beider Völker massiv kollidieren. Der Konflikt wird durch materielle Interessen und eigenen Mentalitäten bestimmt. Er ist charakterisiert durch Kompromisslosigkeit bei der Herkunft, in religiösen Normen und kultureller Identität. Angesicht unüberbrückbarer Differenzen ist eine Kompromisslosigkeit gegeben. Hass wird mobilisiert, Feindschaft ideologisch aufgeladen und religiös verbrämt und der Ruf um eine militärische Lösung Automatismus. Eine gemeinsame Basis für eine Konfliktkonsolidierung im Rahmen der friedlichen Koexistenz beider Völker ist nur mit der Anerkennung von politischer Rechten und der Erfüllung des nationalen Traumes der Palästinenser möglich7.
Verschärfend wirkt der Einfluss der arabischen Nachbarländer und die Ausweitung des Konfliktpartners Palästinenser auf Araber.
[...]
1 Vgl. Schmid, Claudia „Frieden auf Raten“ in S+F 2/96 S. 70
2 Vgl. Darwish, Mahmoud „The Palestinian People´s appeal on the 50th
anniversary of the „NAKBA“ im Internet unter
http://www.planet.edu/NAKBA.htm vom 27.12.2000
3 Vgl. Autor unbekannt „Das Palästinenserproblem“ im Internet unter
http://www.kn.labor.de/ vom 27.12.2000
4 Vgl. Johannsen, Margret „Frieden für Palästina“ in Pädagogische Informationen
zur Friedensforschung und Sicherheitspolitik Ausgabe 4/ 1994, Hamburg
August 1994 S.3
5 Vgl. Prof. Dr. Flores, Alexander „Islam, Islamismus und Nationalismus im
Palästinakonflikt“ in Vortrag in Dokumentation zur Vorlesungsreihe Probleme
des Friedens im Nahen Osten am 31.10.2000
6 Vgl. Tophoven, Rolf „Die Geschichte des jüdischen Staates“ in Info PolBil Nr.
247 im Internet unter http://www.bpb.gekko.de/info-
franzis/html/body_i_247_1.html vom 27.12.2000
7 Vgl. Schmid, Claudia „Frieden auf Raten“ in S+F 2/96 S. 72