Homosexualität und Right-Wing-Authoritarianism. Vorurteile gegenüber Homosexuellen als überdauernde Einstellung oder als Reaktion?


Seminararbeit, 2015

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Zusammenfassung

Ereignis

Theorie des Autoritarismus

Theoretische Erklärung der Vorurteile gegen Homosexuelle

Diskussion/Fazit

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit beschäftige ich mich angesichts der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA mit dem Intergruppenkonflikt zwischen Homosexuellen und autoritären Personen. Schwule und Lesben sind weltweit Diskriminierung und der Verweigerung einer Gleichbehandlung ausgesetzt.

Dieses Verhalten kann über den Right-Wing-Authoritarianism (RWA) nach Altemeyer erklärt werden. Dabei gehe ich zunächst grundlegend auf das Konzept dieses Personenmerkmals und auch auf die autoritäre Reaktion nach Oesterreich ein. Anschließend beschreibe ich, warum gerade Homosexuelle Vorurteile hervorrufen. Diese sind vermutlich auf scheinbare Werteverletzungen und auf die negativen Einstellungen von Autoritäten, die autoritäre Personen übernehmen, zurückzuführen.

Im Anschluss stelle ich ein eigenes Forschungsdesign vor, um die gemeinsamen Auswirkungen der Salienz familiärer Werte und RWA auf Vorurteile zu untersuchen.

Am Ende wird kurz auf die Beschränkung persönlichkeitsorientierter Ansätze sowie auf die mögliche positive Rolle von Autoritäten bei der Reduktion von Vorurteilen eingegangen.

Trotz einer gesellschaftlichen Betonung der Wichtigkeit von gegenseitiger Toleranz kommt es immer wieder zu Diskriminierung und Anfeindungen zwischen Gruppen. Aktuelle Beispiele für den Konflikt zwischen Homosexuellen und Autoritären werden vorgestellt und sozialpsychologisch erklärt.

Ereignis

Freitag, der 26. Juni 2015, war der Tag einer historischen Entscheidung für Homosexuelle.

Das oberste US-Gericht, der Supreme Court, legalisierte die gleichgeschlechtliche Ehe, sodass diese landesweit für rechtens erklärt wurde (Schulz & Hendrik, 2015). Nachdem 2004 Massachusetts als erster Bundesstaat die sogenannte „Homo-Ehe“ ermöglichte, sind in den vergangenen Jahren mehr als 30 US-Bundesstaaten dem Beispiel gefolgt. Die Ent­scheidung fiel mit fünf zu vier Stimmen, wobei einer der fünf konservativen Richter, Anthony Kennedy, sich den vier linksliberalen Richtern anschloss. Während der derzeitige US-Präsi­dent Barack Obama das Urteil auf Twitter als „big step in our march toward equality“ be­zeichnet, gibt es auch viele Kontermeinungen. Im April 2015 demonstrierten beispielsweise Tausende in Washington gegen die „Homo-Ehe“, darunter zahlreiche Mitglieder verschiede­ner christlicher Gemeinschaften (Paulwitz, 2015).

Dabei beschränkt sich das Phänomen des Widerstands nicht nur auf Amerika. 76 Staa­ten besitzen heutzutage noch ein homophobes Strafrecht, sechs davon bestrafen diese Form der Liebe mit dem Tod. In Europa wird mit dem Thema liberaler umgegangen. Zwölf EU-Länder erlauben die gleichgeschlechtliche Ehe und stellen sie auf eine Stufe mit der Ehe hetero­sexueller Partner. Homosexuelle Paare in Deutschland können zwar nicht heiraten, aber ihre Beziehungen als eingetragene Lebenspartnerschaften rechtlich absichern lassen (Schulz & Hendrik, 2015).

Doch auch hier sind negative Einstellungen zu finden. Einzelne Politiker wie Jörg Meu­then (Bundessprecher der AfD), Helmut Brandt (CDU) und Annegret Kramp-Karren­bauer (Saarlands Ministerpräsidentin) sprechen sich aktiv gegen die „Homo-Ehe“ aus. In Stutt­gart fand die fünfte „Demo für alle“ mit dem Motto „Ehe bleibt Ehe“ statt, die sich gegen die Öffnung der Zivilehe für Homosexuelle, „Gender-Ideologie“ und „Kinder-Früh­sexuali­sierung“, d.h. unter anderem gegen die Thematisierung der Sexualität in der Schule, aussprach. Politiker der AfD, CDU/CSU sowie der Stuttgarter Weihbischof Thomas Maria Renz hielten Ansprachen und meinten „Ehe und Familie sind in großer Gefahr“. Im Mitglie­der­votum der Berliner CDU stimmten am 24. Juli 2015 45% gegen die Ehe für alle (Paulwitz, 2015).

Was ist dabei den Opponenten gemein? Wenn man einen Blick auf die Gegenargumente wirft, bemerkt man zentrale Themen wie „Sünde“, „Tradition“, „traditionelle Ehe und Familie“ und „Unnatürlichkeit“. In extremen Fällen werden schwule und lesbische Paare als Bedrohung für die Gesellschaft bezeichnet. Auffällig ist ebenso, dass diese homophoben Ansichten von Mitgliedern religiöser oder rechtspopulistischer Gemeinschaften präsentiert werden.

Nun stellt sich die Frage, warum gerade diese Gruppen diskriminierendes Verhalten zeigen, indem sie homosexuellen Paaren eine Gleichbehandlung verweigern, und wodurch bzw. in welcher Art sie sich bedroht fühlen.

Theorie des Autoritarismus

Eine mögliche Erklärung für dieses negative Verhalten ist, dass diese Personen Vorurteile gegenüber Schwulen und Lesben besitzen. Allgemein sind Vorurteile als negative Einstellungen gegenüber Gruppen zu verstehen, die begleitet werden von Kognitionen (z.B. Stereotype), Affekten (Antipathie) & Verhalten (Diskriminierung) (Zon Hing & Zanna, 2010). Doch wie entstehen diese Vorurteile? Einer der bekanntesten und einflussreichsten Versuche, Vorurteile mithilfe der Persönlichkeit zu erklären, kam 1950 von Adorno et al. (Brown, 1998). Sie entwickelten das Konzept des autoritären Charakters, um damit den Aufstieg des Faschismus zu erklären. Dieses besteht aus neun Charaktereigenschaften, wobei einzelne Dimensionen hypothetisch mit Vorurteilen zusammenhängen. Gemessen wurden diese individuellen Eigenschaften über die F-Skala. Zahlreiche Belege in den verschiedensten Kulturen zeigten auch empirisch Zusammenhänge, z.B. Korrelationen zwischen .4 und .6 zwischen der F-Skala und Vorurteilen gegenüber Schwarzen (vgl. Brown, 1998). Nachdem die Popularität des Konzepts aus verschiedenen Gründen sank (Whitley & Kite, 2010, nach Childs, 2011), griff Altemeyer 1981 auf die Idee zurück und baute das Konstrukt neu auf. Er sah Autoritarismus nicht als Persönlichkeitsmerkmal mit neun kovariierenden Komponenten, sondern als Einstellungscluster aus drei Elementen: autoritäre Aggression (entspricht einer generellen Aggressivität, welche gegen Gruppen gerichtet ist, die von akzeptierten Autoritäten sanktioniert werden), autoritäre Unterwerfung (unter etablierte Autoritäten) und Konventionalismus (starres Festhalten an Konventionen, die von der Gesellschaft und anerkannten Autoritäten aufgestellt wurden). Da die relativ stabilen Persönlichkeitsmerkmale, die durch Lernerfahrungen in der Jugend entwickelt werden, häufig Bestandteil rechtspopulistischer Gruppen sind, benannte Altemeyer das Konzept in Right-Wing-Authoritarianism (RWA) um (Altemeyer, 1996).

RWA, gemessen mit der Right-Wing-Authoritarianism-Scale (RWA Scale), sagt explizite Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten, Frauen, behinderten Menschen, Abweichlern und insbesondere Schwulen vorher (Whiteley, 1999). Diese Vorurteile korrelieren über Gruppen hinweg miteinander. Bei Personen, die einen hohen Score in expliziten Messungen von Vorurteilen gegenüber verschiedenen Gruppen aufweisen, scheint RWA nicht nur ein Erklärungsfaktor für Vorurteile gegenüber spezifischen Gruppen zu sein, sondern ein Prädiktor für Fremdenfeindlichkeit an sich. Man spricht dabei auch von generalisierten Vorurteilen, die in jedem Kontext gegenüber von der Autorität sanktionierten Gruppen auftreten (Altemeyer, 1998, Zick & Henry, 2009).

Befunde über Korrelationen zwischen ökonomische Gegebenheiten, die eine Bedrohung für die Gesellschaft und die Privatperson an sich darstellen, und sozialen Indikatoren wie Autoritarismus ließen jedoch dieses Postulat der Situationsunabhängigkeit infrage stellen. Oesterreich definierte daraufhin 1996 den Autoritarismus als autoritäre Reaktion, die durch eine angsterzeugende Situation hervorgerufen werde und dazu führe, dass autoritäre Personen in die Sicherheit von Autoritäten flüchten. Währenddessen entwickeln sie positive emotionale Bindungen zu den (vermeintlich) Schutzgebenden und verinnerlichen deren Normen und Werte (Petersen, 2008). Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass die Varianz von RWA durch die Furcht vor einer bedrohlichen Welt signifikant aufgeklärt wird (Altemeyer, 1998).

Somit gibt es aktuell zwei unterschiedliche Ansätze. Einmal wird RWA als Personenmerkmal aufgefasst, das Vorurteile bestimmt. Auf der anderen Seite wird davon ge­sprochen, dass der Zusammenhang zwischen Autoritarismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit als Reaktionen auf gesellschaftliche Krisen entsteht, was bedeutet, dass lediglich die Situation Autoritarismus hervorruft und verantwortlich für Vorurteile und diskriminierendes Verhalten ist (Zick & Henry, 2009).

Theoretische Erklärung der Vorurteile gegen Homosexuelle

Doch warum richten sich die Vorurteile gerade gegen Lesben und Schwule? Laut Umfrageergebnissen von 662 Personen, die via Internet erhoben wurden, wurden 50 % schon einmal aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verbal belästigt, rund 20 % waren schon einmal kriminellen Taten gegenüber Person oder Eigentum, über 10 % sind Diskriminierung zuhause oder auf Arbeit ausgesetzt und 55 % fühlen sich stigmatisiert. (Herek, 2009). Dieses Anti-Homosexuellen-Verhalten, das auf der Gruppenzugehörigkeit des Ziels basiert, korreliert um .61 mit RWA (Altemeyer, 1998).

Homosexuelle werden dadurch abgewertet, dass sie für autoritäre Personen, die ihre Weltansichten stark in in- und out-groups organisieren, eine out-group darstellen und damit bereits andere Werte verkörpern. Hinzukommt, dass sie Gruppenwerte bedrohen, in dem sie im Widerspruch zu traditionellen sozialen Normen stehen (Childs, 2011): Schwule und lesbische Paare entsprechen nicht dem typischen Rollenbild von Mann und Frau. Aus christlicher Sicht stellt die „Homo-Ehe“ etwas dar, das von Gott, der höchsten Autorität, nicht gewollt wurde und damit als unnatürlich und offiziell als sündhaft erklärt wird. Ebenso unvereinbar scheint die Homosexualität mit dem religiösen Anspruch, dass die Ehe dem Kinderkriegen dient, sowie mit der Idee, dass ein Kind von Mann und Frau erzogen werden sollte[1]. Diese Normverletzungen nehmen Autoritäre, die vorgeschriebene Sitten strikt einhalten, wahr und entwickeln Vorurteile.

Neben dem Konventionalismus ist auch die autoritäre Unterwerfung relevant.

Anti-Schwulen-Verhalten wird in der Gesellschaft relativ akzeptiert (Vescio & Biernat, 2003) und (politische und religiöse) Führungspersonen drücken ihre Antipathie öffentlich aus (siehe vorangegangene Beispiele). Autoritäre Personen neigen dazu, die Aussagen von etablierten Autoritäten, die öffentliche Redner aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung meist darstellen, unreflektiert zu akzeptieren. Sie sind der Ansicht, dass Funktionsträger wissen, was das Beste ist und verwehren sich der Kritik von außen. Das veranlasst die wahrscheinlichere Übernahme von Meinungen wie z.B. die von Helmut Brandt, dass „die klassische Ehe von Mann und Frau […] dazu führt, dass man sich fortpflanzt“, welche internalisiert und nach außen vertreten wird (Altemeyer, 1996).

Diese Autoritäten spielen auch eine Rolle bei der autoritären Aggression, für welche die vorgestellten Umfrageergebnisse von Herek (2009) ein Beleg sind. Dabei wird das aggressive Verhalten den Homosexuellen gegenüber gezeigt, gerade weil Autoritäten negative Meinungen direkt oder indirekt, wie beispielsweise die Unterstützung des „The Defense of Marriage Act“ als föderales Gesetz durch Bill und Hilary Clinton, ausdrücken. Personen mit hoher RWA-Ausprägung handeln dabei in dem Glauben, dass die Führungspersonen das Tun gutheißen und diese dadurch ihre Macht bewahren können.

Die drei Dimensionen Konventionalismus, autoritäre Aggression und Unterwerfung, erklären den Zusammenhang zwischen Homosexualität und Vorurteilen im Sinne einer Einstellung. Die Normen, gegen die Homosexuelle verstoßen, werden schon früh durch Erziehung internalisiert. Doch auch der situative Kontext spielt eine Rolle.

In den Jahren 1985 bis 1994 sind die Korrelationen zwischen RWA & Anti-Schwulen-Einstellungen vermutlich infolge der steigenden Salienz der Schwulenrechte als politisches Thema in der Öffentlichkeit (Childs, 2011) gestiegen, wobei die Stärkung der Rechte eine symbolische Bedrohung für Autoritäre darstellte. Was wiederum dazu führt, dass diese Schwule aktiv abwerten und sich weigern, die Gleichstellung anzuerkennen.

Forschungsdesign

Weiterhin offen ist die Frage, ob die Vorurteile als überdauernde Einstellung, die sich gegen die Homosexuellen aufgrund des Verstoßes gegen die Werte autoritärer Personen richtet, vorhanden sind oder durch den Kontext im Sinne einer autoritären Reaktion hervorgerufen werden. Ebenso plausibel wäre der Ansatz, dass sich die negative Einstellung gegenüber Schwulen und Lesben nur zeigt, wenn die Situation die Werte betont, die durch diese Gruppen verletzt werden.

Unter anderem haben sich Vescio & Biernat (2003) mit der Rolle zur Bestimmung individueller Unterschiede und als situative „Primes“ bei der Bewertung von Schwulen als stigmatisierte Gruppe beschäftigt. Die Studie konnte zeigen, dass sowohl individuelle Differ­enzen in der Unterstützung familiärer Werte als auch die situationalen Primes allein eine Abwertung eines schwulen Vaters bewirkten.

Mein Vorschlag für ein Forschungsdesign orientiert sich an deren methodischen Vorgehen, soll sich aber nicht auf die Bewertung einer individuellen homosexuellen Person sondern auf die Homosexuellen als Gruppe beziehen.

Davon ausgehend, dass, wie bereits berichtet, Vorurteile gegen Homosexualität und RWA miteinander korrelieren, wäre die Fragestellung meines Experiments, ob die Salienz tr-adi­tioneller familiärer Werte die Vorurteile von Personen mit einem hohen RWA-Score noch weiter verstärke und es somit eine Interaktion zwischen der Einstellung gegenüber Homo­sexuellen (RWA-Score) und Situation (Salienz der Werte) gebe.

Die Hypothesen, die sich aus der Fragestellung und vorangegangen Studien ergeben, wären:

H0: Haupteffekt für RWA: High-RWA haben stärkere Vorurteile als Low-RWA

H1: Haupteffekt für Situation: Salienz familiärer Werte erhöht die Vorurteile aller Gruppen gegenüber dem neutralen Priming ohne Betonung familiärer Werte

H2: Interaktion zwischen Situation & Einstellung: stärkerer Anstieg der Vorurteile bei High-RWA als bei Low-RWA

Gemessen würden die Vorurteile über die erprobte „Attitudes toward Homosexuals- (ATH) Scale“ nach Altemeyer (1996), die mittels zwölf Items die feindselige Einstellung erfassen soll. Diese Fragen sollten dabei in eine Coverstory eingekleidet werden, um die Einflüsse sozialer Erwünschtheit zu vermeiden. Anbieten würde sich dabei die angenommene Bewertung einer Nachrichtenwebsite im Rahmen von Persönlichkeits­merkmalen, bei der die Probanden darauf hingewiesen werden, dass sie eine eigene Stellung gegenüber den Nachrichteninhalten beziehen sollen. Einer der Artikel wäre ein neutraler Bericht über die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA, um das verdeckte Nachfragen zur Meinung gegenüber Schwulen und Lesben zu gewährleisten. Weiterhin ist die RWA-Ausprägung mittels der RWA-Scale von Altemeyer (1996) zu messen. Ebenso kann man, um an die Forschung von Vescio & Biernat (2003) anzuknüpfen, die Betonung familiärer und christlicher Werte erheben, wobei beides theoretisch mit einer hohen RWA-Ausprägung (und auch miteinander) zusammen hängen sollte, da die Dimension Konventionalismus das starke Orientieren an traditionellen Werten abdeckt.

Den situativen Kontext könnte man mithilfe eines Primings variieren, indem, während des Lesens auf der Website, Werbung für eine festgelegte Zeit angezeigt wird. Entweder würde ein Bild einer traditionellen Familie mit Mutter, Vater und drei Kindern oder ein neutrales Bild gezeigt werden, bspw. eine Gartenwerbung[2].

Alles in allem läge ein 2 (High-RWA vs. Low-RWA) x 2 (Priming familiärer Werte vs. Neutrales Priming) between-subjects-Design vor, um den Effekt vorhandener Einstellungen und des situativen Kontexts auf die Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen zu unter­suchen und damit auch die vorgestellten widerstreitenden Ansätze bei der Erklärung des Zustan­de­kommens von Vorurteilen zu verbinden.

Diskussion/Fazit

Die Integration beider Ansätze ist insofern wichtig, da die Erklärung von Vorurteilen über individuelle Differenzen limitiert ist. Dabei werden Aspekte der Situation in der Entwicklung von Einstellungen unterschätzt und die Generalisierung auf andere Kulturen ist nur eingeschränkt möglich. Ebenso sind solche Theorien ungeeignet, zu erläutern, wie diese Einstellungen zum Konsens in gewissen Gesellschaften werden und warum sie historischen Schwankungen unterliegen (Brown, 1998). Das Dual-Process Motivational Model von Duckitt (2001) ist ein vielversprechender Ansatz, um diese Beschränkungen zu umgehen[3].

Bisher habe ich die Rolle von Autoritäten beim Entstehen negativer Einstellungen gegen­über Homosexuellen aufgezeigt. Aber ebenso wichtig sind sie für den Abbau von Vorurteilen.

Einerseits dadurch, dass sie die Rechte von Homosexuellen öffentlich stärken und einen Einstellungswechsel demonstrieren. Vielversprechende Beispiele dafür sind Hilary Clinton mit ihrer emotionalen Kampagne für Gay-Rechte oder Barack Obama, der davon spricht, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und der auch im Ausland für mehr – auch gesetzliche - Akzeptanz wirbt . Autoritäre Personen übernehmen im besten Falle dann die neue Einstellung, wobei die öffentliche Positionierung positive Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft haben kann, weil auch nicht-autoritäre Personen mit einer Gegenmeinung konfrontiert werden und so zum Umdenken angeregt werden. Andererseits können mögliche Impulse zu aggressiven Handlungen bei Autoritären dadurch eingeschränkt werden, dass sie Sanktionen von Autoritäten erwarten (Altemeyer, 1998), was bei einer akzeptierenden Grundhaltung der Führungspersonen gegenüber Schwulen und Lesben wahrscheinlicher erscheint.

Mit meiner Arbeit habe ich aufgezeigt, wie und warum sich bei Personen, die eine hohe Ausprägung im Right-Wing-Authoritarianism haben, Vorurteile gegenüber Homosexuellen entwickeln. In erster Linie ist dies darauf zurückzuführen, dass Schwule und Lesben scheinbar Normen verletzen, die Autoritäre verinnerlicht haben. Eine weitere entscheidende Rolle spielen die Meinungen von etablierten Autoritäten. Dementsprechend ist es wichtig, dass Menschen schon von klein auf lernen, Meinungen von Autoritäten, Gruppenmitgliedern aber auch die eigenen kritisch zu hinterfragen und zu akzeptieren, dass andere Gruppen andere Werte vertreten, ohne sich symbolisch bedroht zu fühlen

Literaturverzeichnis

Altemeyer, B. (1996). The Authoritarian Specter. Cambridge: Harvard University Press.

Altemeyer, B. (1998). The Other "Authoritarian Personality". Advances in Experimental Social Psychology, 30, S. 48-90.

Brown, R. (1998). Prejudice: its social psychology. Oxford: Blackwell.

Childs, C. E. (2011). Right-Wing Authoritarianism and Prejudice: A Meta-Analysis (master thesis). Abgerufen unter

Duckitt, J., & Sibley, C. (2010). Personality, Ideology, Prejudice, and Politics: A Dual-Process Motivational Model. Journal of personality, 78 (6), S. 1861-1894.

Herek, G. M. (2009). Hate Crimes and Stigma-Related Experiences Among Sexual Minority Adults in the United States. Journal of Interpersonal Violence, 24 (1), S. 54-74.

Paulwitz, M. (21. Juni 2015). Von Junge Freiheit: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/widerstand-gegen-homo-ehe-waechst/ abgerufen

Petersen, L.-E. (2008). Autoritarismus und Diskriminierung. In L.-E. Petersen, & B. Six (Hrsg.), Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung. Theorien, Befunde und Interventionen (S. 163-171). Basel: Beltz Verlag.

Rydlink, K., Schurmann, S., & Ohdah, D. (28. Mai 2015). Von Spiegel Online: http://www.spiegel.de/politik/ausland/interaktive-europa-grafik-wo-ist-die-homo-ehe-erlaubt-a-1035589.html abgerufen

Schulz, B., & Hendrik, T. (26. Juni 2015). Von Spiegel Online: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/homo-ehe-in-usa-landesweit-legalisiert-a-1040687.html abgerufen

Son Hing, L., & Zanna, M. (2010). Individual Differences. In J. Dovidio, M. Hewstone, P. Glick, & V. Esses, The SAGE Handbook of Prejudice, Stereotyping and Discrimination (S. 163 - 174). London: SAGE Publications.

Vescio, T., & Biernat, M. (2003). Family Values and Antipathy Toward Gay Men. Journal of Applied Social Psychology, 33 (4), S. 833-847.

Whitley, B. E. (1999). Right-Wing Authoritarianism, Social Dominance Orientation, and Prejudice. Journal of Personality and Social Psychology, 77 (1)S. 126-134.

Zick, A., & Henry, P. J. (2009). Nach oben buckeln, nach unten treten. Der deutsch-deutsche Autoritarismus. In W. Heitmeyer (Hrsg.), Deutsche Zustände, Folge 7 (S. 190-204). Frankfurt am Main: Suhrkamp.

[...]


[1] In diesem Rahmen ist es nicht verwunderlich, dass RWA und religiöser Fundamentalismus um .65 miteinander korrelieren (Altemeyer, 1996)

[2] Vescio & Biernat (2003) konnten zeigen, dass ein Priming dieser Art bereits dazu führt, homosexuelle Individuen abzuwerten, ohne dass dabei individuelle Charakteristiken berücksichtigt werden. Die höhere Salienz von Familienwerten durch das Priming soll die Sensitivität der Personen für die sexuelle Orientierung erhöhen und damit zur Abwertung führen. Interessant wäre ebenso ein weiteres Priming mit der Abbildung eines glücklichen homosexuellen Paares ohne Kinder. Jedoch könnte ich mich bei der Vorhersage des Ergebnisses nicht auf Studienergebnisse stützen. Allerdings vermute ich einen Anstieg der Vorurteile bei High-RWA dadurch, dass die Existenz dieser Paare eine Verletzung christlicher Normen darstellen und diese wiederum mit RWA korrelieren.

[3] Aus Platzgründen kann ich auf das Modell, das die Personenmerkmale RWA und SDO beinhaltet, nicht weiter eingehen. Zur Lektüre empfiehlt sich Duckitt & Sibley (2010)

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Homosexualität und Right-Wing-Authoritarianism. Vorurteile gegenüber Homosexuellen als überdauernde Einstellung oder als Reaktion?
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Psychologie)
Veranstaltung
Seminar Intergruppenkonflikte
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V335161
ISBN (eBook)
9783668250802
ISBN (Buch)
9783668250819
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
homosexualität, right-wing-authoritarianism, vorurteile, homosexuellen, einstellung, reaktion
Arbeit zitieren
Daniela Eileen Lippoldt (Autor:in), 2015, Homosexualität und Right-Wing-Authoritarianism. Vorurteile gegenüber Homosexuellen als überdauernde Einstellung oder als Reaktion?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335161

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