Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Menschenbild Marx´
2.1 Konstante und relative Triebe
2.2 Menschliche Bedürfnisse und Fähigkeiten
2.3 Zusammenfassung
3. Das Konzept der menschlichen Arbeit
3.1 Menschliche Produktivität
3.2 Mensch, Natur und Arbeit
3.3 Kapitalismus und Arbeit
4. Zusammenfassung
5. Literaturangaben
6. Eidesstattliche Erklärung
1. Einleitung
Im Mittelpunkt aller Überlegungen und Theorien Marx´ steht sein Verständnis der menschlichen Arbeit und die Bedeutung, die Veränderungen in der Produktionsweise auf den Menschen haben. Diese zentrale Stellung der menschlichen Arbeit lässt sich schwer nachvollziehen, wenn man das Menschenbild Marx nicht kennt, und ein Verständnis ist nahezu unmöglich, wenn man das Menschenbild Marx mit dem der Realkommunisten verwechselt.
In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich also mit der Frage, ob sich anhand des Menschenbildes von Marx erkennen lässt, warum er die menschliche Arbeit als zentrale Kategorie in allen seinen Werken behandelt. Dabei werde ich zuerst das Menschenbild selbst erläutern und dabei speziell auf die konstanten und relativen Triebe des Menschen und die menschlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten eingehen. Danach werde ich mich Marx´ Konzept der Arbeit widmen und hierbei nach einer einführenden Begriffserläuterung das durch die Arbeit bestimmte Verhältnis des Menschen zur Natur und die Arbeit im kapitalistischen System darstellen.
2. Das Menschenbild Marx´
2.1 Konstante und relative Triebe
Bei der Frage danach, ob jeder Mensch mit bestimmten Eigenschaften geboren wird oder ob es gänzlich der Einfluss der Gesellschaft ist, der die Herausbildung dieser Eigenschaften determiniert, schließt sich Marx keiner der traditionellen Sichtweisen komplett an. Stattdessen übernimmt er Elemente aus beiden Theorien und fügt sie zu einer neuen Theorie zusammen. Marx unterscheidet so zwischen zwei Arten von Trieben, die den Charakter eines Menschen ausmachen. Auf der einen Seite stehen die konstanten Triebe, die unter allen Umständen vorhanden sind und die „von den sozialen Bedingungen nur in Form und Richtung verändert werden können" (Karl Marx, zitiert nach Fromm 1988: 26). Zu diesen Trieben zählt zum Beispiel das Bedürfnis des Menschen, mit anderen Artgenossen zusammen zu leben, und seine Fähigkeit, universell, also über seine unmittelbaren Bedürfnisse hinaus zu planen und zu produzieren. Er zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er selbstbestimmt, frei und bewusst handeln kann (vgl. Castellana 1993: 251 und Brockmeier 1983: 174). Außerdem besitzt der Mensch als primär soziales Wesen konstante soziale Eigenschaften, die Marx als „ursprüngliche Güte" bezeichnet (nach Petersen 1997: 69) und die Eigenschaften wie Rücksichtsnahme, Toleranz und Solidarität umfasst.
Auf der anderen Seite postuliert Marx das Vorhandensein von relativen Trieben, die von gesellschaftlichen und historischen Umständen geschaffen werden, die also „ihren Ursprung nur einem bestimmten Typ der sozialen Ordnung verdanken" (Karl Marx, nach Fromm 1988: 26). In diesem Sinne ist auch das oft beanspruchte Zitat Marx zu verstehen: „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt" (zitiert nach Petersen 1997: 24). Die relativen Triebe sind es auch, die den Menschen vom Tier unterscheiden (vgl. Petersen 1997: 23): So ist dem Menschen wie auch den meisten Tieren die Fähigkeit des Sehens als konstanter Trieb gegeben. Nur der Mensch ist jedoch in der Lage, diese Fähigkeit zu einer kreativen Tätigkeit zu nutzen, zum Beispiel dazu, einen Ausblick zu genießen.
Die relativen und konstanten Triebe machen so zwei Seiten des menschlichen Wesens aus, die Marx die „modifizierte Menschennatur" beziehungsweise die „menschliche Natur im allgemeinen" nennt (zitiert nach Fromm 1988: 27). Diese Sichtweise ähnelt der des Konstruktivismus, nach dem der Mensch zwar durchaus rational seine Bedürfnisse und Handlungsoptionen gegeneinander abwägt und aufgrund dieser Überlegungen entscheidet. Seine Bedürfnisse ebenso wie die Denkstrukturen, denen er sich dabei bedient, sind jedoch zum Teil gesellschaftlich bestimmt und somit den relativen Trieben zuzuordnen (vgl. Petersen 1997: 25 und Strawe 1986: 124).
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