„Der Tod ist die Krönung des Genies“. Eine Untersuchung von Todesmotiven in der Untergattung der Künstlernovelle


Seminararbeit, 2015

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Der Künster und die Novelle
2.1. Der Begriff des Künstlers als Autor: Vom Genie zum Außenseiter
2.2 Der Tod in Thomas Manns „Tod in Venedig“
2.3 Der Tod in Maxim Billers „Im Kopf von Bruno Schulz“: Ein Vergleich

3. „Der Tod ist die Krönung des Genies“?

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Der Tod ist die Krönung des Genies“, schreibt der französische Schriftsteller Honoré de Balzac in seinem 1836 erschienenen Roman „Albert Savarus“[1]. Gemeint sind das physische Ableben des Künstlers und die gleichzeitig angestrebte Unsterblichkeit des Geistes durch das Schaffen eines großen Werkes, seiner Kunst. Diese soll noch lange nach dem Tod des Individuums der Welt im Gedächtnis bleiben und ihn und sein Talent vor der Vergessenheit bewahren.

Das Element Tod in Zusammenhang mit Kunst und Unsterblichkeit scheint seit jeher eine gewisse Faszination auf Künstler und Rezipienten ausgeübt zu haben. Besonders pointiert setzt sich die Gattung der Novelle (hier: die Untergattung der Künstlernovelle) mit diesem Motiv auseinander. Definierte Goethe sie bereits ihrem Wesen nach als nichts anderes als „eine sich ereignete unerhörte Begebenheit“, so bringt diese Gattung den Vorteil mit sich, Überlegungen des Autors zum Thema Tod und Künstler in kurzen, möglichst zugespitzten „Geschichten“ darzustellen.

In der vorliegenden Arbeit wird zunächst der Begriff des „Künstlers“ bzw. „Autors“ näher definiert. Dabei wird sich mit der Frage beschäftigt, inwiefern ein Wandel des Fremdbildes in der Gesellschaft und des Selbstbildes des Autors von den Anfängen der neuen deutschen Literatur in der Renaissance bis hin zu der völlig konträren These Roland Barthes zum „Tod des Autors“ stattgefunden hat. Schließlich werden zwei Beispiele aus der deutschsprachigen Literatur untersucht, deren Veröffentlichungen jeweils knapp einhundert Jahre auseinander liegen: Die im Forschungskanon seit einem Jahrhundert etablierte Novelle „Der Tod in Venedig“ von Nobelpreisträger Thomas Mann und die jüngst erschienene Angstnovelle „Im Kopf von Bruno Schulz“ des deutsch-polnischen Gegenwartsautors Maxim Biller. Verglichen werden sollen hier die Schicksale beider Protagonisten, des alternden Schriftstellers Gustav von Aschenbach, der kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges am Lido in Venedig der tödlichen Liebe zu einem polnischen Knaben verfällt, und des Schriftstellers und Erotikzeichners Bruno Schulz, der am Vorabend des Zweiten Weltkrieges in dem damals polnischen Ort Drohobycz einer surrealen Apokalypse entgegensteuert. Welches Bild vom Begriff „Künstler“ wird in beiden Novellen dargestellt und wie wird jeweils das Motiv „Tod“ verarbeitet? Welche Gemeinsamkeiten gibt es, welche Unterschiede? Und letztlich: Müssen beide Protagonisten am Ende sterben, und wenn ja: wieso?

Zum „Tod in Venedig“ wurde sich ein Jahrhundert lang ausgiebig in der Sekundärliteratur auseinandergesetzt, und dementsprechend werden sich relevante Forschungsansätze in dieser Arbeit wiederfinden. Anders verhält es sich mit Billers Novelle „Im Kopf von Bruno Schulz“. Diese, erst 2012 erschienen, findet explizit erst in einer Sekundärliteratur Erwähnung[2] ; demnach wird sich hier besonders auf Textarbeit mit der Novelle und den Vergleich mit der historischen Realität (der Person Bruno Schulz und seine zwischenkriegszeitliche Umgebung) gestützt.

2. Der Künster und die Novelle

2.1. Der Begriff des Künstlers als Autor: Vom Genie zum Außenseiter

Der literaturgeschichtliche Begriff des „Künstlers“ hat sich insbesondere in den letzten Jahrhunderten stark gewandelt. Unser heutiges Verständnis ist stark vom Bild des „geistig schaffenden Künstler-Philosophen“[3] geprägt, welches seine Wurzeln in der Renaissance hat. Nach damaliger Auffassung handelte es sich bei dem Künstler-Philosophen um einen mit besonderem Talent und Produktivität versehenen „Schöpfer“, der „seine Werke eigengesetzlich und losgelöst von ökonomischen Interessen erschafft“. Die philosophischen Idealvorstellungen des 14. und 15. Jahrhunderts – Individualität, Freiheit, Autonomie – hatten allerdings kaum etwas mit der realen Lebenssituation des Künstlers, der fest an das „Mäzenatentum“ seiner Zeit gebunden war, gemein.

Die Erhöhung des Künstlers zum individuellen Schöpfer gipfelte schließlich in der „Genieästhetik“ des späten 18. Jahrhunderts, bezogen auf den Künstler als Autor literarischer Texte allen voran in der Epoche des „Sturm und Drang“. Der „Schöpfer“ wurde nun zum „Genie“ ernannt, das nicht mehr einfach Werke erschaffe, sondern „Kunstwerke“. Dies gelinge allein durch „individuelle Prägnanz“.[4] Die Vorstellung von der Autonomie des Autors und dessen individueller Begabung prägten also entscheidend dessen Selbst- und Fremdbild.

Rechtlich durch aufkommende Urheberrechtsreformen immer unabhängiger werdend, sah er sich jedoch nach und nach an den Rand der bürgerlichen Gesellschaft gedrängt. Plumpe spricht hierbei von einem „zeittypischen Kommunikationsparadox“.[5] Der Autor sah die vollkommene Ausreifung seiner „Genialität“ nur durch einen radikalen Rückzug aus der Gesellschaft auf eine abgeschiedene, ideelle Ebene gegeben. So definierte das „Genie“ seine Identität. Das Paradox nun besteht in der Kommunikation mit der Außenwelt. Auch der literarische Künstler lebe schließlich davon, dass seine Kunst vom Publikum rezipiert wird. Sobald er sich aber der Außenwelt durch Kommunikation mitteile, bestünde die Gefahr, das volle Ausmaß an Genialität durch das Verlassen des „sprachlosen“ Raumes zu verfehlen: „Wenn die Seele nicht mehr spricht, wenn sie spricht, dann könnte es besser sein zu schweigen. Der geniale Autor schweigt, weil er sich der Gesellschaft verfehlt; der beste Autor ist der, dessen Werk ungesagt bleibt.“[6]

Dieses stark romantisierte Bild des Künstlers als Genie brachte eine Veränderung seines gesellschaftlichen Standes hervor.

Im Bürgertum des 19. Jahrhunderts geriet der Autor immer weiter in eine gesonderte „Außenseiterrolle“, die ihn neben der Erhöhung zum Genie gleichzeitig isolierte. Mit ihm wurden immer häufiger Wahnsinn, physische wie psychische Schwäche und Melancholie assoziiert, was zum einen historische Ursachen hat, wie den raschen (negativen) gesellschaftlichen Wandel jener Zeit, als auch eine Mythisierung des Künstlers darstellt.[7]

Erst als Mitte der 1960er Jahre Michel Foucault und Roland Barthes den „Tod des Autors“ verkündeten, fand die Epoche der „Genieästhetik“ gänzlich ein Ende. Indem dem Autor jegliche Originalität abgesprochen und sein Schaffen literarischer Texte in den multidimensionalen Kontext von Kommunikation gestellt würde, könne eine „Entsakralisierung“ des Autors stattfinden. Somit rücke das eigentliche Werk in den Fokus der Betrachtung; der Künstler als Person hingegen verliere an Stellenwert.[8]

Letztere Sichtweise würde für den Begriff des Künstlers bzw. des Autors bedeuten, dass jegliche Sonderpositionierung innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft nicht viel mehr als ein kulturelles Konstrukt ist. Inwieweit dieses „Konstrukt“ das Selbstbild des Literaten prägt und welche Konsequenzen er daraus zu ziehen erwägt, wird im Folgenden an zwei prägnanten Beispielen der Novellistik untersucht.

2.2 Der Tod in Thomas Manns „Tod in Venedig“

Kaum ein Werk hat in der deutschen Literaturwissenschaft so viel Beachtung gefunden wie die im Oktober 1912 erstmals in der „Neuen Rundschau“ abgedruckte Novelle „Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann. Deren Entstehungskontext lässt sich auf eine vorjährige Reise des Autors nach Venedig zurückführen, welches für ihn die „Künstler-Stadt“ schlechthin darstellte.[9] Dort allerdings sah er sich mit zwei entscheidenden Ereignissen konfrontiert: Zum einen hatte er in jener Stadt die in seinem Werk thematisierte Choleraepidemie zum Glück unbeschadet miterlebt. Zum anderen erhielt er auf dieser Reise am 18. Mai 1911 die Nachricht vom Tode Gustav Mahlers, eines zeitgenössischen, österreichischen Komponisten, dessen Person und Werke Mann in hohem Maße schätzte. Die Namensähnlichkeit mit dem Protagonisten des zeitgleich entstandenen Werkes, Gustav von Aschenbach, ist also nicht verwunderlich.[10]

Ursprünglich hatte Thomas Mann die Kernidee seiner Novelle in einem anderen Projekt unter dem Titel „Goethe in Marienbad“ verarbeiten wollen. Sein neues Projekt, inspiriert von der eigenen Venedigreise, sollte nun die „Geschichte eines Niedergangs, einer Auflösung von Ordnungsstrukturen und bürgerlichem Habitus“[11] thematisieren.

Der Protagonist, Gustav von Aschenbach, lässt sich als „historische, karikaturale Übersteigerung der großen Künstlerpersönlichkeit“[12] betrachten: Als gesellschaftlich anerkannter, alternder Schriftsteller gehöre er zu den „echte[n] Künstlern, die an ihrem Werk und dessen Entstehung leiden“.[13]

Sein literarisches Schaffen lässt sich in zwei „Etappen“ einteilen: Vor seiner letzte Reise in die „Künstler-Stadt“ Venedig hatte Aschenbach eine strenge, auf Selbstdisziplin ausgerichtete Arbeitshaltung inne, die gesellschaftlich renommierte Werke, wie beispielsweise seinen historischen Roman über Friedrich den Großen, hervorbrachte. Das Schreiben stellte während dieser Phase eine mühevolle Tätigkeit für den Schriftsteller dar, die zwar quantitativ äußerste Ausmaße erreichte, aber die spätere „Genialität“ vermissen ließ.[14] In der zweiten Etappe seines Schaffens ändert sich diese Arbeitshaltung grundlegend. Am Lido schreibt Aschenbach in einem regelrechten „Rauschzustand der Verliebtheit“[15], inspiriert durch scheinbar banale Anregung von außen. Quantitativ kann der gewohnte Standard nicht erreicht werden, allerdings erweist sich Aschenbachs letztes während der Verliebtheit am Strand erschaffenes Werk als qualitativ „genial“.

Schöll spricht im Zusammenhang mit Aschenbachs Charakterentwicklung von einer „sentimentalischen“ und einer „naiven“ Phase: Der Sentimentalismus des Künstlers ist durch ein von ihm empfundenes unerfüllbares Begehren gekennzeichnet und basiert auf der ideellen Vorstellung von Disharmonie des Selbst mit der Außenwelt. Diese Sichtweise passt zu dem sich selbst als Außenseiter der Gesellschaft betrachtenden „Künstlerphilosophen“. Die gegensätzliche „naive“ Sichtweise setzt die Harmonie von Mensch und Natur voraus; bei Eintritt in diese Erkenntnis gibt es für den Künstler kein Zurück mehr.

Ein hierzu referierender, in der Sekundärliteratur weit verbreiteter Begriff ist Aschenbachs Abwendung vom apollinischen Dichter, der auf Ästhetik bedacht, arbeitsam und intellektuell seine Kunst betreibt, und seine Zuwendung zum dionysischen Dichter, dem dunkle, triebhafte, ja, amoralische Charakterzüge attestiert werden[16] – also ein radikaler Wandel ins Gegenteilige. Es liegt die Vermutung nahe, dass bereits dieser Wandel Aschenbachs Wesen empfindlich aus dem Gleichgewicht gebracht haben muss, wodurch das „Ende“ seiner Existenz einen scheinbar unumgänglichen Charakter annimmt.

Quell der Inspiration und des unerfüllbaren Begehrens ist die Begegnung mit dem vierzehnjährigen Jüngling Tadzio, zu dem sich Aschenbach in homoerotischer Weise hingezogen fühlt.[17] In Bezug auf Aschenbachs Liebe zu dem Knaben und den daraus folgenden Veränderungen seiner selbst spielt die Zuwendung zu allen voran griechischer Mythologie in antiker Literatur eine nicht unbedeutende Rolle. So vergleicht Aschenbach Tadzio und sich selbst mit den Protagonisten einer berühmten Schrift Platos, Phaedrus und Sokrates.

Auf dem Rasen aber, der sanft abfiel, so, daß man im Liegen den Kopf hochhalten konnte, lagerten zwei, geborgen hier vor der Glut des Tages: ein Älterlicher und ein Junger, ein Häßlicher und ein Schöner, der Weise beim Liebenswürdigen. Und unter Artigkeiten und geistreich werbenden Scherzen belehrte Sokrates den Phaidros über Sehnsucht und Tugend.[18]

Aschenbach, der die dem Zeitgeist gemäße Psychologisierung gemäß Freud entschieden ablehnt, orientiert sich also stark an antiken Idealen und kulturellen Traditionen, und dies scheint seine Liebe zu Tadzio zu stärken.[19]

Des Weiteren sind, gerade dem auf Genderthemen konzentrierten Forschungsstand der letzten Jahre zufolge, im „Tod in Venedig“ auffällig viele „queere“ Charaktere zu finden. Neben spezifischem, möglicherweise auf den Leser (und Aschenbach) seltsam wirkendem Verhalten, grenzen sich diese Figuren schon rein äußerlich durch bizarre Kleidung und Make-up von den anderen ab. Als Beispiele lassen sich hier der geschminkte Greis auf dem Schiff[20] und der Gondoliere[21] aufführen. Ob sogar Tadzio u.a. durch sein androgynes Aussehen zu diesen „queer characters“ dazugezählt werden kann, bleibt umstritten.[22] Sicher ist aber, dass selbst Aschenbach, der ja noch bei Antritt seiner letzten Reise einen gewissen Ekel vor diesen Gestalten hegte, am Ende seines Aufenthaltes zu gerade solch einer wird.

Hierbei lässt sich ebenso ein Bezug zur antiken Mythologie herstellen. Jene Figuren lassen sich alle unter den Begriff des „Hermes Psychopompos“ zusammenfassen. Er ist in der griechischen Mythologie jener Bote der Götter, dessen Aufgabe es ist, die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits zu geleiten. Im „Tod in Venedig“ finden sich nun fünf, Tadzio nicht inbegriffen, dieser Todesboten, die „Aschenbachs symbolische Hardesfahrt“[23] begleiten:

Die noch vor Antritt der Reise geschilderte Begegnung Aschenbachs mit einem Mann auf dem Münchener Friedhof[24] kann trotz ihrer Flüchtigkeit als erstes „Zeichen“ gedeutet werden. Der seltsam wirkende Fremde mit Rucksack weckt in Aschenbach eine unbändige Reiselust und lenkt somit seine Gedanken und Begehren vom scheinbar sicheren Zuhause in die ungewisse Ferne.

Einen weiteren Hinweis dieser Art erbringt der Verkäufer der Fahrkarten auf dem Schiff nach Venedig, der bereits die gegenwärtigen Zustände dieser Stadt andeutet: „,Ein glücklich gewähltes Reiseziel!‘ schwatzte er unterdessen. ,Ah, Venedig! Eine herrliche Stadt! Eine Stadt von unwiderstehlicher Anziehungskraft für den Gebildeten, ihrer Geschichte sowohl wie ihrer gegenwärtigen Reize wegen!‘“[25]

Ein wesentlich markanterer Todesbote findet sich allerdings in dem skurrilen Greis, dem der sichtlich angeekelte Aschenbach auf seiner Schiffsüberfahrt nach Venedig begegnet:

Einer, in hellgelbem, übermodisch geschnittenem Sommeranzug, roter Krawatte und kühn aufgebogenem Panama, tat sich mit krähender Stimme an Aufgeräumtheit vor allen anderen hervor. Kaum aber hatte Aschenbach ihn ein wenig genauer ins Auge gefasst, als er mit einer Art von Entsetzen erkannte, daß der Jüngling falsch war. Er war alt, man konnte nicht zweifeln. Runzeln umgaben ihm Augen und Mund. Das matte Karmesin der Wangen war Schminke, das braune Haar unter dem farbig umwundenen Strohhut Perücke, sein Hals verfallen und sehnig, sein aufgesetztes Schnurrbärtchen und die Fliege am Kinn gefärbt, sein gelbes und vollzähliges Gebiß, das er lachend zeigte, ein billiger Ersatz, und seine Hände, mit Siegelringen an beiden Zeigefingern, waren die eines Greises.[26]

Die farbengewaltige Überzeichnung dieser Figur – sein nahezu absurdes Bestreben, sich durch Maskerade und nicht altersgemäßes Verhalten als Jüngling auszugeben – deutet schon den späteren Würdeverlust Aschenbachs voraus, der unbewusst einem ähnlichen Schicksal entgegensteuert.

Auch der Gondoliere, „ein Mann von ungefälliger, ja brutaler Physiognomie“[27] lässt sich als „Hermes Psychopompos“ bezeichnen. Sein weicher Gondelsitz, in dem Aschenbach bei der Überfahrt versinkt, kann mit dem Sinnbild eines Sarges verglichen werden und symbolisiert noch vor der Schicksalhaften Begegnung mit dem Jüngling Tadzio erste Auflösungserscheinungen des „alten“ Aschenbachs.

Zuletzt sind es die Musikanten im Hotel, die Aschenbach bezüglich der Verbreitung der indischen Cholera eine „letzte Lüge“ auftischen. Ihr groteskes Auftreten, unterstützt von wilder, leidenschaftlicher Musik und Tanz, enthält eine bezeichnende Art des Humors – einen „Galgenhumor“.

Die muskulösen Züge des Possenreißers fielen in eine Grimasse komischer Ratlosigkeit. „Ein Übel? Aber was für ein Übel? Ist der Scirocco ein Übel? Ist vielleicht unsere Polizei ein Übel? Sie belieben zu scherzen! Ein Übel! Warum nicht gar! Eine vorbeugende Maßregel, verstehen Sie doch! Eine polizeiliche Anordnung gegen die Wirkungen der drückenden Witterung…“[28]

Wetterlagen, die als Stimmungsanzeichen die nahende Veränderung andeuten, sind ein weiteres novellentypisches Element der Vorausdeutung, dessen sich auch im „Tod in Venedig“ bedient wird.[29] Durch die Einteilung in fünf Phasen wird wieder die Nähe dieser Novelle zu seiner „kleinen Schwester“, dem klassischen Drama mit der Gliederung in fünf Akte, deutlich.

Noch vor Beginn der Reise wird ein für München nicht untypisch herrschendes Föhnwetter beschrieben.

[...]


[1] Vgl. De Balzac, Honoré: Albert Savarus. – In: Sämtliche Werke. Quedlinburg und Leipzig: Gottfried Basse 1843.

[2] Vgl. Eisenhuth: Identitätsexperimente.

[3] Feulner: Mythos Künstler, S. 12.

[4] Plumpe: Autor, S. 381. In Bezug auf das Thema dieser Arbeit wird im Folgenden schwerpunktmäßig vom Künstler als Autor die Rede sein.

[5] Ebd., S. 380.

[6] Ebd., S. 382.

[7] Vgl. Feulner: Mythos Künstler, S. 14.

[8] Ebd., S. 15f.

[9] Schöll: Einführung, S. 71.

[10] Vgl. Ebd. Gründe für die Wahl des Nachnamens „Aschenbach“ sind in der Forschung umstritten. Ein Bezug zu dem Maler Andreas Achenbach (1815-1905) ist möglich; die Änderung dessen Nachnamens zu „Aschenbach“ lässt auf ein weiteres, antikes Todessymbol der Novelle schließen.

[11] Ebd., S. 72.

[12] Böschenstein: Exzentrische Polarität, S. 91.

[13] Schöll, Einführung, S. 27.

[14] Vgl. Ebd., S. 73.

[15] Ebd., S. 74.

[16] Ebd. S. 75.

[17] Vgl. Robert: Queering, S. 70. Allerdings rückt gerade in der deutschsprachigen Forschung der „Eros“ in den Hintergrund. Kritisch dazu u.a. Gumbrecht: Scirocco, S. 299.

[18] Mann, Thomas: Frühe Erzählungen 1893-1912, S. 554.

[19] Vgl. Robert: Queering, S. 77.

[20] Vgl. Ebd., S. 72.

[21] Vgl. Ebd., S. 73.

[22] Vgl. Ebd., S. 74.

[23] Schöll: Einführung, S. 72.

[24] Vgl. Mann, Thomas: Frühe Erzählungen 1893-1912, S. 502f.

[25] Ebd., S. 517f.

[26] Ebd., S. 518f.

[27] Ebd., S. 524. Weitere Beschreibungen seines äußeren Erscheinungsbildes auf S. 525.

[28] Ebd., S. 574.

[29] Vgl. Gumbrecht: Scirocco, S. 300.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
„Der Tod ist die Krönung des Genies“. Eine Untersuchung von Todesmotiven in der Untergattung der Künstlernovelle
Hochschule
Universität zu Köln  (Idsl I)
Veranstaltung
Proseminar "Novelle und Didaktik"
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
22
Katalognummer
V335547
ISBN (eBook)
9783668254169
ISBN (Buch)
9783668254176
Dateigröße
715 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tod in Venedig, Thomas Mann, Bruno Schulz, Maxim Biller, Novelle, Künstlernovelle, Angstnovelle, Todesmotiv, Genieästhetik
Arbeit zitieren
Katrin Lindner (Autor:in), 2015, „Der Tod ist die Krönung des Genies“. Eine Untersuchung von Todesmotiven in der Untergattung der Künstlernovelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335547

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