In der vorliegenden Arbeit soll zunächst die Beschreibung der Eule im "Physiologus" vorgestellt werden. Untersucht werden soll dabei insbesondere die frühmittelhochdeutsche Bearbeitung der Millstätter Handschrift. Anhand des Abschnitts des „Nahtram“ soll die Technik der Tierallegorese im "Physiologus" demonstriert werden.
Ein Text, der besonders gut die gängigen Klischees des ignoranten Mittelalters zu bestätigen scheint, ist der "Physiologus", ein im spätantiken Ägypten ursprünglich in griechischer Sprache verfasstes Lehrbuch, das naturkundliche Darstellung mit christlichen Glaubenswahrheiten verbindet. Obgleich seine Tradition bis in die Antike zurückreicht, kann der "Physiologus" aufgrund der reichhaltigen Überlieferung und Übersetzung in die Volkssprachen durch mittelalterliche Autoren sowie „die reiche Bandbreite der mittelalterlichen Rezeption von Wissenstraditionen des Physiologus“ als wichtiger Beleg für mittelalterliches Naturverständnis gelten.
Allerlei Fabelwesen, wie das Einhorn, der Hydrus oder der Phoenix, begegnen uns in dieser „Naturkunde“. Aber auch über reale Tiere wird Wundersames berichtet. Hirschen fressen Schlangen, Pelikane töten ihre Jungen, um sie danach wieder ins Leben zurück zu holen, Biber beißen ihre Hoden ab und so fort. Diese wundersamen Motive finden sich sowohl in zahlreichen mittelalterlichen Bestiarien wie in bildlichen Darstellungen wieder und scheinen das negative Bild des Mittelalters zu bestätigen.
Dabei wird leicht übersehen, dass bereits in der Antike und auch noch in der frühen Neuzeit allegorische Deutungen der Natur populär waren. Im Mittelalter selbst wiederum koexistierten unterschiedliche Naturkonzepte. Neben einer heilsgeschichtlich-allegoretischen Deutung, die in der vorliegenden Arbeit zunächst am Beispiel des Millstätter Physiologus vorgestellt werden soll, wird die Natur in der Tradition des Aristoteles als autochthoner Bereich, der seinen eigenen Gesetzen von Ursache und Wirkung folgt und der über Beobachtung und Erfahrung ergründbar ist, verstanden. Darüber hinaus finden wir ein technisch-zweckrationales Verständnis von Natur, welches konkret anwendbares Wissen, wie beispielsweise für die Jagd produziert.
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungen
- 1. Einleitung
- 2. Allegorische Darstellungen der Natur
- 2.1. Der Millstätter Physiologus
- 2.2. Zwei-Bücher-Lehre und Allegorese
- 2.3. Der Nahtram im Millstätter Physiologus
- 2.4. Enzyklopädische Dichtung
- 3. Primat der Empirie
- 3.1. Albertus Magnus - Empirie und Quellenkritik
- 3.2. Das Falkenbuch Friedrich II.
- 4. Schluss
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit „Naturkundliche Darstellungen im Mittelalter – ein Überblick anhand des Beispiels der Eule“ beleuchtet die verschiedenen Ansätze zur Darstellung der Natur im Mittelalter. Sie untersucht die Rolle des Physiologus als Quelle für naturkundliches Wissen und analysiert die Koexistenz allegorischer und empirischer Ansätze in der mittelalterlichen Tierkunde.
- Die Bedeutung des Physiologus für die mittelalterliche Naturkunde
- Die Unterscheidung zwischen allegorischen und empirischen Naturkonzepten
- Die Rolle von Beobachtung und Erfahrung im mittelalterlichen Naturverständnis
- Die unterschiedlichen Deutungen der Eule in der mittelalterlichen Literatur und Kunst
- Der Wandel des Naturverständnisses vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit
Zusammenfassung der Kapitel
- 1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Naturkunde im Mittelalter ein und diskutiert den Begriff des „Dunklen Zeitalters“ im Kontext des mittelalterlichen Wissens. Der Physiologus wird als ein wichtiges Zeugnis für das mittelalterliche Naturverständnis vorgestellt.
- 2. Allegorische Darstellungen der Natur: Dieses Kapitel analysiert den Physiologus als Quelle für allegorische Deutungen der Natur. Es werden die Zwei-Bücher-Lehre und die Bedeutung der Allegorese im Physiologus sowie die Rolle des Nahtram im Text erörtert.
- 3. Primat der Empirie: Das Kapitel widmet sich dem empirischen Ansatz in der mittelalterlichen Naturkunde. Es werden die Werke von Albertus Magnus und Friedrich II. beleuchtet und die Bedeutung von Beobachtung und Erfahrung für die naturwissenschaftliche Erkenntnis im Mittelalter hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Mittelalter, Naturkunde, Physiologus, Allegorese, Empirie, Beobachtung, Erfahrung, Eule, Tierkunde, Wissensgeschichte, Kunstgeschichte
- Arbeit zitieren
- Stefan Lippert (Autor:in), 2014, Naturkundliche Darstellungen im Mittelalter. Ein Überblick anhand der Eule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337557