Die Mohammed-Karikaturen. Hintergründe und Entwicklung


Hausarbeit, 2014

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Hintergründe und Chronologie des Karikaturenstreits

3. Bilderverbot im Islam

4. Instrumentalisierung der Karikaturen
4.1. Instrumentalisierung durch islamischen Vertreter
4.2. Instrumentalisierung durch westliche Vertreter

5. Islambild der deutschen Presse im Karikaturenstreit
5.1. Der Karikaturenstreit in den deutschen Printmedien
5.2. Zusammenfassung

6. Bedeutung der Stereotypen im Karikaturenstreit
6.1. Einfluss des Islam auf Europa
6.2. Entwicklung der Stereotype
6.3. Die „Türkengefahr“ (15. bis 17. Jahrhundert)
6.4. Islambild zur Zeit der Aufklärung
6.5. Islambild im Imperialismus und Orientalismus

7. Stereotypen in Bezug auf den Karikaturenstreit

8. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Seminararbeit soll das Thema der sog. „Mohammed-Karikaturen“ behandeln, die 2005 von der dänischen Tageszeitung „Jyllands-Posten“ veröffentlicht wurden. Sie soll versuchen zu erläutern warum diese Karikaturen es geschafft haben ein weltweites Politikum zu werden. Es sollen die Hintergründe und Folgen des Karikaturen- Streits für das Verhältnis des sog. Westen und dem Islam besprochen werden. Im ersten Teil soll der chronologische Ablauf und die Entwicklung des Streits dokumentiert werden. Im zweiten Teil soll auf den religiösen Aspekt eingegangen werden, genauer das Bilderverbot im Islam um danach zu zeigen wie und von wem dieser Karikaturenstreit nach und nach instrumentalisiert wurde. Die beiden letzten Abschnitte sollen einen kritischen Blick auf die mediale Berichterstattung in Deutschland werfen um danach die Bedeutung der sog. Stereotype und die daraus resultierende Unfähigkeit einer sachlichen, differenzierten Beurteilung des Islams aus Sicht von Nicht- Muslimen.

2. Hintergründe und Chronologie des Karikaturenstreits

Alles begann mit einem Kinderbuch. Der Autor Kåre Bluitgen suchte für sein Kinderbuch „Der Koran und das Leben des Propheten Mohammed“ (Originaltitel: Koranen og profeten Muhammeds liv) Zeichner für die Illustrationen seines Buches. Nachdem keiner der Angeschriebenen Mohammed-Zeichnungen in seinem eigenen Namen veröffentlichten wollte, wurde die größte dänische Tageszeitung „Jyllands- Posten“ darauf aufmerksam. Die Tageszeitung schrieb 40 Karikaturisten an mit der Bitte eine Karikatur zu erstellen wie sie Mohammed sehen würden. Am 30. September 2006 veröffentlichte sie 12 Karikaturen mit dem Titel „Die Gesichter Mohammeds“ von 12 verschiedenen Karikaturisten auf denen Mohammed jeweils unterschiedlich dargestellt wurde. Grund für diese Veröffentlichung war, dass man die „Selbstzensur“ in den dänischen Medien und der Gesellschaft testen wollte, so der damalige Chefredakteur des „Jyllands-Posten“, Carsten Juste.

Nachdem die erwarteten Reaktionen aus Politik, Medien und der islamischen Gesellschaft ausblieben, schickte man die Karikaturen an die verschiedenen islamischen Organisationen in Dänemark und bat um Kommentierung der Zeichnungen. Des Weiteren befragte man den für seine radikale Haltung bekannten Imam Raed Hlayhe zu den Karikaturen. Dieser forderte, wie erwartet, dass die Zeitung die Zeichnungen „zurücknehmen“ und sich bei allen Muslimen entschuldigen solle. Das nahm die „Jyllands-Posten“ natürlich dankend an und wenige Tage später veröffentlichte sie die Stellungnahme mit der Überschrift: „Moslems: sagt

Entschuldigung!" Die Antwort von Chefredakteur Carsten Juste: "Nicht im Traum!“. Auch die angeschriebenen islamischen Organisationen antworteten mit Protesten, allerdings nicht in der Schärfe wie etwa Raed Hlayhe.

Wenige Tage später baten 11 Botschafter verschiedener muslimischer Staaten um eine Stellungnahme des damaligen Regierungschefs Rasmussen bezüglich der Karikaturen. Rasmussen lehnte dies mit der Begründung ab, dass er keinen Einfluss auf die Medien habe und ihnen nicht vorschreiben kann, was veröffentlicht wird und was nicht, verwies aber darauf, dass man rechtliche Schritte gegen den „Jyllands-Posten“ einleiten könne, sollte man sich angegriffen fühlen, er wies jedoch auch darauf hin, dass es in Dänemark ein verbrieftes Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit gibt.

Selbst in der arabischen Welt gab es trotz der Veröffentlichung der Karikaturen durch die ägyptische Zeitung „Al-Fagr“ keine großen, oder gar gewalttätigen Proteste. Zwei Monate später jedoch erreichen die Karikaturen auch Pakistan, wo eine Studentenorganisation zum Mord an den jeweiligen Urhebern der Karikaturen auffordert. Ende November bereiste eine islamische Delegation aus Imamen und Vertretern der verschiedenen islamischen Organisationen mehrere islamische Länder und trafen dort einige hohe Repräsentanten der Arabischen Liga, Regierungsvertreter und Würdenträger, wie etwa den Großmufti von Ägypten Professor Dr. Ali Gum'a. Im Gepäck hatte die Delegation ein Dossier in dem die angebliche antiislamische Stimmung in Dänemark beschrieben wird. Zusätzlich zu der textlichen Ausarbeitung und den 12 vom „Jyllands-Posten“ veröffentlichten Karikaturen, enthielt dieses Dossier drei weitere Zeichnungen, die jedoch weitaus provokanter waren und Mohammed, beispielsweise, beim Geschlechtsverkehr mit einem Tier zeigten. Diese drei neuen Zeichnungen (bzw. Fotos) sind von der „Jyllands-Posten“ nie veröffentlicht worden und bis heute ist ihr Ursprung ungeklärt. Angeblich wurden diese Bilder empörten Muslimen anonym zugeschickt. Die damalige Delegation bemühte sich allerdings nicht die unbekannte Herkunft der Bilder zu erklären, was zu erheblichen Missverständnissen führte. Erst ab diesem Zeitpunkt gab es öffentlich wirksame Proteste. Als dann Mitte Januar die Zeitung „Magazinet“ die Bilder erneut veröffentlichte, eskalierte der Streit und führte zu den Ausschreitungen in der arabischen Welt. In der Folge gab es einige Anschläge auf die Botschaften Norwegens in Jakarta, Damaskus und Beirut, Übergriffe auf europäische Anstalten und Gebäude sowie zum Teil, staatlich geförderte Boykotte von dänischen und europäischen Waren. Die Proteste, Anschläge und Übergriffe forderten bis Ende 2008 ca. 150 Tote.

3. Bilderverbot im Islam

Wie von vielen im Zusammenhang mit den Karikaturen behauptet, gibt es heute im Islam kein grundlegendes, absolutes Bilderverbot. Die ersten Reaktionen in dieser Diskussion verurteilten, der Berichterstattung zufolge, die Karikaturen, weil sie das angebliche Bilderverbot des Islams verletzten. Fakt ist, dass es ein absolutes Bilderverbot für Gott gibt. Das sog. „generelle“ Bilderverbot entwickelte sich durch die Vorstellung, dass eine Darstellung von Menschen und Tieren die schöpferische Souveränität Gottes in Frage stellt und das ein Mensch, der Bildnisse von Lebewesen gestaltet demnach Gott versucht nachzueifern. Die Geistlichen und Theologen begründen ihre Auffassung mit dem Inhalt der Sure 59:25 und 64:4. Dort heißt es:

„Er ist Gott, der Schöpfer, der Bildner, der Gestalter. Sein sind die schönsten Namen. Alles, was in den Himmeln und auf Erden ist, preist Ihn, und Er ist der Allmächtige, der Allweise“; „Er erschuf die Himmel und die Erde in Weisheit und Er gestaltete euch und machte eure Gestalt schön, und zu Ihm ist die Heimkehr“.

Daraus folgte ein generelles Bilderverbot was sich allerdings ab dem 13. Jahrhundert änderte. War bis dahin selbst die Darstellung von Mohammed, seiner Frauen, anderen Propheten und Engeln verpönt, durch den Koran jedoch mit keinem Wort verboten, änderte sich dies mit dem Einfluss des Mongolenreiches und der damit einhergehenden liberalen Sichtweise der mongolischen Stämme. Nach und nach „weichte“ das so strikte Bilderverbot von Menschen und Tieren auf und selbst in vielen Palästen islamischer Herrscher fanden sich gemalte Alltags- und Jagdszenen. In religiösen Stätten oder an anderen religiösen Gegenständen wurde das Bilderverbot allerdings strikt eingehalten, auch wurde Mohammeds Gesicht selten gezeigt. Entweder wurde es mit einem Schleier verdeckt oder er wurde gesichtslos gemalt. Allerdings gibt es auch Bilder, vor allem auf Miniaturen, auf denen er mit kompletten Gesicht gezeigt wird. Zudem zeigen Schriftstücke, dass es auch davor schon Bildnisse von Mohammed gegeben haben muss (Abdullah 1995: 153 ff).

Durch die Entwicklung der Photografie sahen sich die Vertreter eines strikten Bilderverbots gezwungen einen Konsens zwischen dem von ihnen vertretenen Verbotes und der neuen Dominanz von Bildern in den Medien und der Gesellschaft zu finden. Dies ist auch den meisten Vertretern und religiösen Führern gelungen. Besonders die Vertreter des Wahabismus, einer sehr strengen Glaubensgemeinschaft im Islam, lehnen jedoch weiterhin die Verbildlichung von Mohammed gänzlich ab.

Man kann also festhalten, dass es seit knapp 800 Jahren kein striktes Bilderverbot im Islam gibt und der Zorn der Muslime sich nicht darauf richtete, dass Mohammed dargestellt wurde, sondern wie und von wem. Vor allem die Tatsache, dass die Karikaturen nicht von Moslems oder dem Islam nahe stehenden Personen gezeichnet wurden, wurde als Angriff und Beleidigung auf den Propheten gesehen (Naef 2007: 131 ff).

4. Instrumentalisierung der Karikaturen

4.1. Instrumentalisierung durch islamischen Vertreter

Einer der wichtigsten Punkte in diesem Karikaturenstreit ist die Instrumentalisierung dieser Zeichnungen von beiden Lagern. Auf der einen Seite durch die Vertreter des Islams und auf der anderen Seite durch die Vertreter von christlichen, westlichen Organisationen. In den islamisch geprägten Ländern versuchten besonders die radikalen Kräfte, aber auch Regierungen, aus dem angeblichen Angriff des Westens auf den Islam Kapital zu schlagen und von innenpolitischen oder organisationsinternen Problemen abzulenken. Die großen sozialen Probleme die in vielen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens und Südostasien herrschen konnten durch Fokussierung auf die angebliche westliche Überheblichkeit und Unempfindlichkeit gegenüber dem Islam kurzweilig ausgeblendet werden und gaben vor allen den radikalen, militanten Gruppierungen die Möglichkeit der Legitimation.

Es gab natürlich auch viele nicht-gewalttätige Formen des Protestes, friedliche Demonstrationen, Rückruf einiger Botschaft aus Dänemark, Boykott von dänischen und anderer europäischer Waren oder Abbruch von Wirtschaftsbeziehungen. Allerdings gab es auch gewalttätige Übergriffe und Anschläge auf Botschaften, internationale Einrichtungen und Personen. Angestiftet durch Hassreden und Kopfgelder für den Tod von nicht-muslimischen Journalisten, Verlegern und Karikaturisten durch muslimische Radikale, breitete sich die Gewalt weltweit aus (Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg).

Beispiele hierfür sind z. B. das Kopfgeld, dass der Minister der muslimischen Minderheit im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh auf die Ermordung der Karikaturisten aussetzte, die Aufforderung Bin-Ladens den „… Propheten Mohammed zu unterstützen und die Verantwortlichen für dieses schreckliche Verbrechen zu bestrafen, dass von einigen Kreuzfahrer-Journalisten begangen wurde…" und das Versprechen der Vereinigung der Goldschmiede in der pakistanischen Nordwest-Grenzprovinz Khyber Pakhtunkhwa, knapp eine Millionen Dollar für die Ermordung der dänischen Zeichner zu zahlen. Neben diesen „Protesten“ die natürlich zu verurteilen sind gab es auch viele Stimmen die die Muslime zur Ruhe und Besonnenheit aufriefen und die gewalttätigen Angriffe scharf verurteilten, so etwa der Mufti von Ägypten der daran erinnerte wie Mohammed jede Beleidigung stillschweigend erduldete und sie (die Muslime) ihn sich als Vorbild nehmen sollten.

Daneben entwickelte sich der Karikaturenstreit auch zu einem Politikum zwischen gemäßigten, säkularen Verbänden bzw. Parteien und ihren fundamentalistischen, islamischen Gegnern.

4.2. Instrumentalisierung durch westliche Vertreter

Auch in Europa und Amerika wurde der Karikaturenstreit zum Anlass genommen um Vorurteile zu schüren und die Angst vor dem Islam zu nutzen um ihn als Feind der christlichen Gesellschaft zu deklarieren. In Deutschland versuchte die rechtsextreme Partei „pro NRW“ unter der Berufung auf Meinungs- und Pressefreiheit durch das Zeigen der Karikaturen Muslime zu provozieren. Die provozierten Muslime spielten der „pro NRW“ natürlich in die Karten, die das teilweise aggressive Verhalten der Muslime als eine alltägliche, gegenwärtige Gefahr zu deklarieren versuchten die durch den Islam in Deutschland etabliert ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Mohammed-Karikaturen. Hintergründe und Entwicklung
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar „Das Bild des Anderen – Zur Konstruktion des Fremden in den Begegnungen zwischen dem Osmanischen Reich und Europa“
Note
2,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
16
Katalognummer
V339497
ISBN (eBook)
9783668295360
ISBN (Buch)
9783668295377
Dateigröße
800 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mohammed, Karikaturen, Islam, Konstruktivismus, Fremdbild, Identität
Arbeit zitieren
Rasmus Portmann (Autor:in), 2014, Die Mohammed-Karikaturen. Hintergründe und Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339497

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