Die Sonderstellung der Sozialwissenschaften bei Max Weber


Hausarbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1-


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1. Kulturerscheinungen und deren Eigenschaften
2.2.Eine ökonomische Geschichtsinterpretation
2.3. Wirklichkeitswissenschaft und Gesetzmäßigkeiten

3. Praktische Konsequenzen – die Begrifflichkeit Max Webers
3.1. Kausale Zurechnung
3.2. Der Idealtypus

4. Einige kritische Ausführungen
4.1. Idealtypus versus Gesetz
4.2. Konsequenzen und deren Probleme
4.3. Probleme der kausalen Zurechnung

5. Schlussbetrachtung

1. Einleitung

Im Text „die Objektivität sozialwissenschaftlicher Erkenntnis“ von Max Weber finden sich die Grundlagen einer Soziologie, die sich in Selbstverständnis und Methode von anderen Wissenschaften im Allgemeinen und von der Naturwissenschaft im Besondern abgrenzt. In dieser Arbeit soll in einem ersten Schritt anhand der Argumentation Webers ein Einblick in seine Wissenschaftstheorie gegeben werden um dann in einem zweiten Schritt exemplarisch einzelne, entscheidende Bestandteile der Überlegungen kritisch zu beleuchten.

Die Erläuterung der Ausführungen und Vorstellungen Webers gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil werden die theoretischen Grundlagen dargestellt, die vor allem auf der Aussage, eine „Wirklichkeitswissenschaft“ betreiben zu wollen, basieren. Hier soll deutlich gemacht werden, welcher Art diese Wirklichkeit ist, und worin sich dadurch das Ziel der Erkenntnis von dem der Naturwissenschaften unterscheidet. Im zweiten Teil wird dann darauf eingegangen, welche Konsequenzen diese theoretischen Grundlagen mit sich bringen. In diesem Zusammenhang sollen die aus den Grundüberlegungen resultierenden Begriffe „kausale Zurechnung“ und „Idealtypus“ und vor allem die sich dahinter verbergenden Konzepte beleuchtet werden.

Anhand der, durch die vorhergehende Betrachtung gewonnenen Erkenntnisse über die Vorstellungen Webers zu einer sozialwissenschaftlichen Wissenschaftstheorie werden in einem letzten Schritt wichtige Bestandteile des Konzeptes kritisch hinterfragt. Das Ziel dieser Arbeit soll somit sein, einen Überblick über die Vorstellungen Max Webers zu der Sonderstellung der Sozialwissenschaften zu geben und Einblicke in Möglichkeiten der Diskussion einzelner entscheidender Punkten dieser Vorstellungen zu ermöglichen.

Am Anfang sollen nun jedoch die theoretischen Grundlagen stehen, den Einstieg hierzu bietet das von Max Weber gewählte Beispiel der Sozialpolitik.

2. Theoretische Grundlagen

2.1. Kulturerscheinungen und deren Eigenschaften

In Teil I des Textes „die Objektivität sozialwissenschaftlicher Erkenntnis“ spricht Max Weber von der Eigenart sozialpolitischer Erkenntnis, und davon, was diese leisten kann. Diese Überlegungen sind sehr wichtig in Bezug auf die Thematik der Werturteile und in Zusammenhang mit der Erfahrungswelt des Menschen als Kulturwesen. Sie sind den Ausführungen in Teil II vorangestellt und enthalten die im Weiteren entworfenen Konzepte bereits exemplarisch, indem sie ein Beispiel dafür sind, wie weit wissenschaftliche Erkenntnis bei Kulturerscheinungen gehen kann, und wo deren Grenzen liegen.

Weber macht am Beispiel der Sozialpolitik deutlich, dass Erkenntnisse auf dem Gebiet der Kultur letztlich nie allgemeingültig sein können, sondern ab einem bestimmten Punkt auf der persönlichen Meinung und somit auf Werturteilen beruhen. Dies bedeutet, dass die Wissenschaft zwar eine Analyse der Zusammenhänge leisten kann, jedoch immer nur bis zu dem Punkt, an dem es darum geht, dass sich Menschen für eine bestimmte Richtung entscheiden. Diese Entscheidung ist durch Werte geprägt, Weber spricht von Axiomen des Glaubens, also von Grundsätzen die keines Beweises bedürfen.

Wichtig ist es hierbei, „Kultur“ im Sinne von Max Weber zu verstehen und diese somit nicht als etwas besonders Hochgeistiges und auch nicht als eine Erscheinung aufzufassen, welche etwa eine Sonderstellung in der Gesellschaft oder dergleichen einnehme. Das Verständnis Webers geht weit über diese Vorstellungen hinaus. Die Grundlage dafür, worum es bei der Begrifflichkeit „Kultur“ geht, liegt in der Eigenart des Menschen begründet, bestimmten Dingen Sinn beizumessen. Die Wirklichkeit wird dadurch fokussiert und die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen wird selektiert: „Kultur ist ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens“(61[1] )

Was kann eine empirische Wissenschaft nach Weber im Bereich sozialpolitischer Erkenntnis, einem Teilbereich kultureller Erscheinungen, also leisten? Anhand von Webers Ausführungen zu den Möglichkeiten sozialpolitischer Erkenntnisse wird dies klar. Zum einen kann die Widerspruchslosigkeit innerhalb einer vertretenen Position überprüft werden. Hierbei handelt es sich um ein Überprüfen der eingenommenen sozialpolitischen Position auf deren Schlüssigkeit, ohne das zu Grunde liegende Werturteil anzugreifen. Zum anderen kann analysiert werden, um welche Werturteile es sich handelt, die dem Gesagten zu Grunde liegen. Es ist also möglich, sozialpolitische Positionen auf erste Axiome zurückzuführen.

Doch genau an diesem Punkt enden bereits die Möglichkeiten empirischer Wissenschaft, denn die Entscheidung für diese Axiome ist, wie es der Begriff auch schon impliziert, ein Werturteil und damit nicht wissenschaftlich zu beurteilen. Dementsprechend sagt Weber: „Eine empirische Wissenschaft vermag niemanden zu lehren, was er soll, sondern nur was er kann und – unter Umständen – was er will.“ (27)

Ausgehend von diesen Eigenschaften und Möglichkeiten sozialpolitischer Erkenntnisse wollen wir nun mit der Frage fortfahren, welche Konsequenzen daraus für die Sozialwissenschaften entstehen. Grundlegend ist hierbei die Aussage, dass unseren Kulturerscheinungen Werte zugrunde liegen. Auf diesem Standpunkt basiert nämlich die Beschäftigung Webers mit der Frage, wieso deshalb das Entwickeln von Gesetzen nicht Aufgabe der Sozialwissenschaften sein kann und um was es sich dann bei den Sozialwissenschaften handelt, wenn man von Objektivität spricht.

2.2.Eine ökonomische Geschichtsinterpretation

Webers Ausführungen haben im nächsten Schritt das Ziel, die Eigenart sozialwissenschaftlicher Erkenntnis über den fundamentalen Aspekt der Werturteile, welche ja den Kulturerscheinungen zu Grunde liegen, hinaus, deutlich zu machen. Den Weg zu diesem Ziel beschreitet Weber, in dem er die Bedeutung und die wissenschaftliche Praxis ökonomischer Kulturanalyse näher ausführt.

Das große Manko der wissenschaftlichen Praxis sieht Weber in der Art und Weise auf welche die Geschichte ökonomisch interpretiert wird. Er kritisiert, dass andere Faktoren vernachlässigt werden, indem sie entweder als unbedeutend abgetan oder zwanghaft unter das erklärende Modell eingeordnet werden. Grundeigenschaft dieses Modells jedoch ist eine kausale Abhängigkeit vom Ökonomischen. (48) Somit lehnt Weber die Ausschließlichkeit einer ökonomischen Herangehensweise selbst für Gebiete ab, die er als wirtschaftliche Vorgänge ansieht: „Die Reduktion auf ökonomische Ursachen allein ist auf keinem Gebiet der Kulturerscheinungen je in irgendeinem Sinn erschöpfend.“(48)

Weber seinerseits, und dies mag auf den ersten Blick wie ein Widerspruch zum bis hierher ausgeführten anmuten, definiert den Gegenstand der Zeitschrift, in der der hier behandelte Text erschienen ist folgendermaßen: „[wir bezeichnen] als eigenstes Arbeitsgebiet unserer Zeitschrift die wissenschaftliche Erforschung der allgemeinen Kulturbedeutung der sozialökonomischen Struktur des menschlichen Gemeinschaftslebens…“(43). Der Unterschied von Webers Position zu der eben Kritisierten liegt also nicht in der Abkehr von einer einseitig ökonomischen Herangehensweise. Vielmehr wird betont, dass diese Einseitigkeit gewollt ist. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass die sozialökonomische Herangehensweise nicht zum Dogma erhoben werden soll. Gepflegt werden soll sehr wohl eine „ökonomische Geschichtsinterpretation“(45) Die Abkehr von einer dogmatischen Herangehensweise bringt Besonderheiten in der wissenschaftlichen Methode mit sich, welche vor allem durch eine spezifische Begrifflichkeit beziehungsweise Begriffsbildung geprägt ist. Diese soll unter Punkt 3.2. Der Idealtypus ausgeführt werden.

Als entscheidende Besonderheit von Webers Position haben wir die Abkehr vom Dogmatismus angeführt. Dies muss selbstverständlich näher erläutert werden um zu klären welche konkreten Folgen eine solche Position hat. Die propagierte Abkehr von jeglicher Dogmatik führt zwangsläufig zum bedeutsamsten Aspekt in diesem Zusammenhang: Weber spricht der Sozialwissenschaft die Möglichkeit ab, Gesetze zu formulieren. Es muss also geklärt werden, worin Weber die Gründe hierfür sieht und was dies bedeutet um dann auf seine alternative Herangehensweise zu sprechen zu kommen. Die ablehnende Haltung gegenüber der Formulierung von Gesetzen basiert auf dem bereits ausgeführten Verständnis Webers von den Kulturerscheinungen. Er bestreitet „dass die Gesamtheit der Kulturerscheinungen sich als Produkt oder als Funktion materieller Interessenskonstellationen deduzieren lassen“ und lehnt somit die „materialistische Geschichtsauffassung als […] Generalnenner kausaler Erklärung“ ab.

[...]


[1] Alle Seitenangaben in Klammern beziehen sich auf Weber, Max (1991)

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Sonderstellung der Sozialwissenschaften bei Max Weber
Hochschule
Universität Konstanz  (Philosophie)
Veranstaltung
Max Weber: Schriften zur Wissenschaftslehre
Note
1-
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V34057
ISBN (eBook)
9783638343800
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Hausarbeit geht es um das Verständnis Webers von der Aufgabe der Sozialwissenschaften insbesondere in Abgrenzung zu den Naturwissenschaften. Es wird eine Einführung in die vorgeschlagene Methode der Sozialwissenschaften gegeben. Desweiteren wird Webers theoretisches Konzept kritisch beleuchtet.
Schlagworte
Sonderstellung, Sozialwissenschaften, Weber, Schriften, Wissenschaftslehre
Arbeit zitieren
Andreas Schuster (Autor:in), 2004, Die Sonderstellung der Sozialwissenschaften bei Max Weber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34057

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