Der römische Dichter Horaz (64-8 v. Chr.) ist nicht nur für seine Sentenz »Carpe diem!« bekannt, sondern auch für den in seiner Ars poetica formulierten Gedanken ut pictura poesis, der eine semiotische Ähnlichkeit von Bild- und Sprachtexturen zum Ausdruck bringt. Meint Horaz hier eine Gleichartigkeit? Eine Gleichwertigkeit? Oder nur eine Wirkungsähnlichkeit?
Um dieser semiotischen Ähnlichkeit nachzuspüren, also um denkbare Text-Bild-Relationen aufzudecken, soll der frühneuzeitliche Bestseller "Das Narrenschiff" von Sebastian Brant herangezogen und andeutungsweise hinsichtlich seiner Text-Bild- bzw. Bild-Text-Relationen analysiert werden. Es steht also die Frage im Vordergrund: Welche Relationen können Text / Bild zueinander eingehen? Sind sie jeweils eigenständige semiotische Systeme? Oder interpretieren sich sich symbiotisch gegenseitig? Stehen sie in einem starren oder in einem dynamischen Verhältnis zueinander?
Inhaltsverzeichnis
- Ut pictura poesis - Text-Bild-Relationen dargestellt am Beispiel von Sebastian Brants Das Narrenschiff (Erstausgabe Basel 1494)
- Das Narrenschiff als Ganzes
- Einleitung
- Aufbau des Narrenschiffs
- Moralisch-didaktische Dimension
- Das siebte Kapitel: Von zwytracht machen
- Bildbeschreibung
- Textanalyse
- Text-Bild-Relation
- Das vierte Kapitel: Von nuwen funden
- Bildbeschreibung
- Textanalyse
- Text-Bild-Relation
- Text-Bild-Verhältnis im Narrenschiff
- Textabhängige Bilder versus textunabhängige Bilder
- Das Verhältnis von Text und Bild: Regie oder Interaktion?
- Ut pictura poesis: Gleichwertigkeit von Text und Bild
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Beziehung zwischen Text und Bild im frühneuzeitlichen Bestseller „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant. Sie analysiert die verschiedenen Text-Bild-Relationen im Werk, um zu verstehen, inwiefern sich die beiden Medien gegenseitig beeinflussen und interpretieren.
- Analyse der Text-Bild-Relationen im Narrenschiff
- Untersuchung der Eigenständigkeit von Text und Bild
- Bedeutung des Bildes für die Interpretation des Textes
- Die Rolle des Künstlers bei der Gestaltung des Narrenschiffs
- Der Einfluss von Text und Bild auf den Rezipienten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer kurzen Charakterisierung des Narrenschiffs als Ganzes, wobei der Aufbau, die moralisch-didaktische Dimension und die Tradition der satirischen Lehrdichtung beleuchtet werden. Anschließend werden zwei Kapitel exemplarisch analysiert: Kapitel 7 „Von zwytracht machen“ und Kapitel 4 „Von nuwen funden“. Diese Analysen zeigen zwei unterschiedliche Text-Bild-Relationen auf: im siebten Kapitel ist das Bild eng an den Text gebunden und spiegelt dessen Motive wieder, während im vierten Kapitel das Bild eigenständig ist und keine direkten Bezüge zum Text aufweist.
Die Arbeit untersucht dann das Text-Bild-Verhältnis im Narrenschiff im Allgemeinen und stellt fest, dass es kein einheitliches Vorgehen beim Erstellen der Holzschnitte gibt. Es existieren sowohl textabhängige als auch textunabhängige Bilder. Die Arbeit argumentiert, dass weder Text noch Bild im Narrenschiff die alleinige Regie führen, sondern dass beide Medien in einem dynamischen Spannungsverhältnis zueinander stehen, welches die Interpretation des Rezipienten wesentlich beeinflusst. Schließlich wird die Frage nach dem ut pictura poesis behandelt und argumentiert, dass Horaz mit diesem Gedanken die Gleichwertigkeit von Text und Bild hervorheben wollte.
Schlüsselwörter
Das Narrenschiff, Sebastian Brant, Text-Bild-Relation, Bildanalyse, Textanalyse, Frühneuzeit, satirische Lehrdichtung, Holzschnitt, Albrecht Dürer, ut pictura poesis, Semiotik.
- Arbeit zitieren
- Alexander Meyer (Autor:in), 2012, Text-Bild-Relationen dargestellt am Beispiel von Sebastian Brants "Das Narrenschiff", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343522