Digitalisierung der Kommunikation als Herausforderung für die Führung in Unternehmen


Bachelorarbeit, 2016

155 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

A: Theoretischer Teil
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Herangehensweise und Forschungsfrage
1.3 Abgrenzung
2 Definition und Begriffsklärung
2.1 Digitalisierung
2.2 Web 2.0
2.3 Führung und Organisation
2.4 Kommunikation
3 Relevante Auswirkungen der Digitalisierung
3.1 Auswirkung auf die Organisationsstrukturen
3.2 Auswirkung auf Wertschöpfungsketten
4 Relevante IuK im Web 2.0
4.1.1 Soziale und berufliche Netzwerke
4.1.2 E-Mail
4.1.3 Microblogging
4.1.4 Web-Blogs
5 Führung
5.1 Gestaltung von Führung
5.1.1 Strukturell
5.1.2 Personell
5.2 Aktuelle relevante Führungstheorien
5.2.1 Transformationale Führung
5.2.2 Dyadische Führung
5.2.3 Servant Leadership
6 Relevante Inhalte der Führung
6.1 Relevante Inhalte der personellen Führung
6.1.1 Einflussnahme
6.1.2 Kommunikation
6.1.3 Kontrolle und Gratifikation
6.2 Relevante Inhalte der strukturellen Führung
6.2.1 Unternehmensstrategie
6.2.2 Unternehmensorganisation
6.2.3 Organisationskultur
6.2.4 Qualitative Personalstruktur

B: Praktischer Teil
7.1 Wahl der Methodik
7.1.1 Das Leitfadeninterview als Methode der qualitativen Forschung
7.1.2 Die Inhaltsanalyse von Mayring zur Auswertung von qualitativen Interviews
7.2 Durchführung der Leitfadeninterviews
7.2.1 Fragestellung
7.2.2 Auswahl der Befragten
7.2.3 Umgang mit dem Leitfaden
7.2.4 Ort des Interviews
7.2.5 Transkription
7.3 Auswertung
7.3.1 Kategorienbildung
7.3.2 Auswertung der Daten und Interpretation
8 Diskussion und Ausblick
8.1 Überprüfung der relevanten aktuellen Führungstheorien
8.2 Kommunikationstheorie
8.3 Neue Führungstheorie
9 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Lösungspotenziale von IuK in Picot et al. (2003)

Abbildung 2: Intrinsische, extrinsische Motivation und der Effekt der Überrechtfertigung in Werth und Mayer (2007)

Abbildung 3: Kommunikationsmodell inCrisand und Raab (2010)

Abbildung 4: Qualitative Inhaltsanalyse in Mayring (2008)

Abbildung 5: Induktion und Deduktion in Mayer (2013)

Abbildung 6: Übersicht der Befragten des Interviews (eigene Darstellzng)

Abbildung 7: Auszug der Kategorienbildung (eigene Darstellung)

Abbildung 8: Kategoriendefinition (eigene Darstellung)

Abbildung 9: Hypothesen UK 1.4

Abbildung 10: Hypothesen UK 1.6

Abbildung 11: Hypothesen OK 2

Abbildung 12: Hypothesen UK 2.1

Abbildung 13: Media-Richness-Modell (eigene Darstellung) nach Daft & Engel (1982)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kurzfassung

Die Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit ist die folgende:

- Können Führungskräfte in dezentralen Strukturen die essenziellen Inhalte der Führung bezüglich der Interaktion mit ihrem Mitarbeiter mithilfe von Informationsund Kommunikationstechnik substituieren?

- Welche relevanten Rahmenbedingungen der strukturellen Führung werden durch die Digitalisierung verändert?

- Welche Maßnahmen sollten getroffen werden?

Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wurde eine qualitative Erhebung in Form von leitfadengestützten Interviews durchgeführt. Hierzu wurden 6 Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmen befragt. Anschließend wurden die Daten kategorisiert und aus den Kategorien Hypothesen formuliert. Diese Hypothesen waren Grundlage für eine theoretische Überprüfung der ausgewählten aktuellen Führungstheorien

- transformationaler Führungsstil,
- dyadischer Führungsstil und
- Servant Leadership

sowie für die Formulierung theoretischer Lösungsansätze.

Die zentralen Ergebnisse lauten: Digitale Kommunikation vereinfacht tendenziell die Führung. Dieser positive Effekt tritt allerdings bei zunehmender Dezentralisation der Organisation nicht mehr auf. Je dezentraler gearbeitet wird, desto mehr Herausforderungen ergeben sich an die Führung. Die ausgewählten Führungstheorien können in diesem Fall nicht mehr umgesetzt werden. Der persönliche Kontakt zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ist essenziell wichtig, um keine Konflikte aufkommen zu lassen. Digitale Kommunikation schafft es nur unzureichend, Informationen eindeutig zu übermitteln. Die Gefahr von Fehlinterpretationen und Missverständnissen ist über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik sehr hoch.

Eine neue Kommunikationstheorie in Anlehnung an Crisand & Rahn (2010) wurde eben- falls entwickelt. Diese zeigt auf, wie innovative Informations- und Kommunikationstech- nik genutzt werden kann, um eine Einstellungsänderung beim Mitarbeiter zu bewirken.

Abschließend wurden generelle theoretische Überlegungen und Empfehlungen entwi- ckelt.

Diese Hypothesen sollten in weiterführenden Studien quantifiziert und validiert werden.

Abstract

This thesis has the purpose to give answers to the following questions:

- Will leaders be able to subsititue the essential interactions between them and their employees by using digital communication technology?
- Will the digitalisation have an impact on the relevant general conditions of Lead- ership and the organization?
- Are there any possible action an organisation could consider to deal with potential defiances?

To answer those question this thesis contains of a qualitative research based on guided Interviews. Those interviews were held with six different leaders working at different companies. After interviewing all data was catagorised and hypotheses were extracted. Those hypotheses have been basis for theoretical revision of chosen leadership-theories that were claimed to be relevant:

- The transformational leadership style
- The dyadic leadership style
- The servant leadership style

Aditionaly general theoretical assumptions have been made.

The main results are: digital communication has the potencial influence the leading process in a positive way. But, this positive effect loses its effectiveness the more members of the organisation begin to work decentral. The more decentralisation takes place the more issues appear in the leading process. The realisation of the chosen leadershiptheories will not be possible in decentral organisations. The personal contact between leader and employee is essential to avoid conflicts. Digital communication technologies are weak in transporting information without the threat of missunderstandings. Missunderstandings are a huge issue of digital communication.

This thesis also containes a new communication theorie which is based on the work of Crisand and Rahn (2010).

Finally some more theoretical assumptions have been made.

The formulated hypothesis should be quantified and validated in a additional study.

A: Theoretischer Teil

1 Einleitung

Die Art der Führung richtet sich schon immer anhand gesellschaftlicher und technischer Rahmenbedingungen aus. Für Führungskräfte bedeutet dies, dass sie ihre Führung an- passen müssen. Die Digitalisierung ist einer der Komplexitätstreiber und Megatrends unserer Zeit. Neue Technologien in der Kommunikation wie Web-2.0-Technologien er- möglichen ein gemeinsames Arbeiten in virtuellen Gruppen außerhalb der traditionellen Hierarchien. So kommunizieren immer mehr Menschen unterschiedlicher Ethnien, un- terschiedlichen Alters und unterschiedlicher Kultur miteinander.1 Der Standort, von dem aus die Arbeit geführt und gelenkt wird, rückt durch neue Informations- und Kommuni- kationstechnik, kurz IuK2 genannt, in den Hintergrund. Diese findet mehr und mehr in Informationssphären statt.3 In Echtzeit von jedem Ort der Erde aus zu kommunizieren, wird von den meisten Personen als selbstverständlich angesehen, sei es über Face- book.com, Twitter.com, Instagram, LinkedIn.com oder andere Plattformen (vgl. Kapitel 4). Die Mehrheit der Menschen kommuniziert ständig und meist über mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets. Mitarbeiter sind mehr und mehr von zu Hause oder von unterwegs aus tätig und weniger physisch im Unternehmen präsent.

Führung hat den Zweck, den Mitarbeiter in seinem Verhalten und seinen Einstellungen zu beeinflussen und ihn in eine gewünschte Richtung zu lenken (vgl. Kapitel 2.3). Wie dies durch digitale Kommunikationsmittel über weite Distanzen in virtuellen Strukturen geschehen kann, untersucht die vorliegende Arbeit.

Hierfür werden die personellen und strukturellen Inhalte der Führung betrachtet (vgl. Ka- pitel 5.1), als Beispiele dienen drei Führungstheorien, die aktuell in der Fachliteratur empfohlen werden und aufzeigen, wie Führung inhaltlich ablaufen kann: Die „transakti- onale Führung“, die „dyadische Führung“ und die Theorie des „Servant Leadership“ wer- den dargelegt.

Ob diese Führungsmethoden mithilfe digitaler Kommunikation umgesetzt werden kön- nen oder ob es zu Herausforderungen kommt, wird mit einer qualitativen Untersuchung in Form von leitfadengestützten Interviews ermittelt. Hierfür werden 6 Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmen zu den Inhalten befragt. Aus den Antworten werden Hypothesen abgeleitet und diese zu theoretischen Überlegungen zusammengeführt.

1.1 Problemstellung

Digitalisierung ist einer der Megatrends unserer Gegenwart. Er umfasst eine Beschleu- nigung und Disruption in den Unternehmen durch Web-2.0-Anwendungen (vgl. Kapitel 4.0). Unternehmen werden in ihren inneren Strukturen verändert, Grenzen werden aufgelöst und es wird mobiler gearbeitet.

Gleichzeitig verändern sich die Wertvorstellungen der Mitarbeiter und es kommen eine Menge an Anforderungen seitens der Mitarbeiter auf die Führung zu, beispielsweise eine erfüllende Arbeit, ein Umfeld der Kollegialität oder eine gute Führungskraft.4 Die GallupStudie (2014) macht deutlich, dass schon jetzt eine deutlich zu geringe Identifikation und emotionale Bindung des Mitarbeiters mit dem Unternehmen vorherrscht. Nur ein Drittel der Mitarbeiter weist demnach eine starke Identifikation und emotionale Bindung mit dem Unternehmen auf. Zwei Drittel tun dies nicht und machen Dienst nach Vorschrift.5 Damit ergibt sich das Problem der Führungsgestaltung.

Führung ist Teil einer Organisation und eine Organisation (vgl. Kapitel 2.3) ist vor allem eins: ein soziales Gefüge.6 Dies wird zukünftig auch in Zeiten der Digitalisierung nicht anders sein.7 Fraglich ist jedoch, wie sich die Digitalisierung allgemein auf die Mitglieder der Organisation und speziell auf die Führungskräfte auswirkt.

Führung kann persönlich oder über Strukturen erfolgen (vgl. Kapitel 5.1). Fraglich ist, wie stark diese Bereiche durch die Digitalisierung betroffen sind und welche Herausforderungen sich für die Führung ergeben. Die Führungstheorien, die die Führungskraft als Zentrum der Macht darstellen, gelten als obsolet und werden von aktuelleren Führungstheorien ersetzt (vgl. Kapitel 5.2).8 Fraglich ist, ob diese Führungstheorien auch in dezentralen Strukturen, in denen Führung mithilfe neuer Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) über große Distanzen hinweg erfolgt, funktionieren.

Die Digitalisierung bietet mit veränderter IuK neue Lösungen in der Kommunikation an. Hierzu gehört das Web 2.0 (vgl. Kapitel 4). Es bleibt zu klären, ob mit diesen neuen IuK die relevanten Inhalte der Führung umzusetzen sind und was hierfür ggf. in der Organisation verändert werden muss.

Entsprechende Führungsmodelle, die das Gesamtphänomen der Führung vereinen, sind in der einschlägigen Literatur zur Führungsforschung zu finden. Sie nennen sich zum Beispiel „Leader-Member-Exchange“, „Transformational“, „Shared Leadership“, „Servant Leadership“ oder „Change Leadership“. Alle diese Führungsmodelle nehmen sich der neuen Aufgaben in verschiedenen inhaltlichen Ausprägungen an.9

Diese Arbeit analysiert ausgewählte Führungstheorien zunächst auf eventuell kritische Bereiche der Interaktion von Führungskraft und Geführtem. Als kritisch wird hierbei die Veränderung durch Digitalisierung in einem dezentralisierten Organisationsgefüge, wie es zum Beispiel bei einer „virtuellen Organisation“ (vgl. Kapitel 2.0) der Fall ist, definiert.

Auch das Erfordernis neuer Kompetenzen für Führungsraft und Mitarbeiter wird mit be- leuchtet.

Da Führung nur einen Teilbereich der Organisation ausmacht10, stellt sich zudem die Frage, welche organisationsstrukturellen Maßnahmen getroffen werden können, um die Führung zu unterstützen.

1.2 Herangehensweise und Forschungsfrage

Die ständige Überprüfung von unternehmerischem Handeln und Denken sowie die strategische Ausrichtung eines Unternehmens werden in einer sich schnell wandelnden Zeit wie der heutigen als erfolgskritisch betrachtet.11

Für die Beantwortung der Fragestellung wird eine qualitative Befragung mit Führungskräften durchgeführt.

In der späteren Auswertung der Interviews werden zentrale Herausforderungen in Oberkategorien gesammelt, dargestellt und interpretiert.

Das erste Ziel der Arbeit ist, die Begriffe „Digitalisierung“, „Führung“, „Organisation“ und „Kommunikation“ eindeutig zu bestimmen. Weiter sollen relevante IuK aufgelistet werden, die Anwendung in der Führung finden können, aber nicht müssen.

Nachdem diese Begrifflichkeiten geklärt sind, beschäftigt sich die Arbeit eingehender mit dem Begriff der Führung. Nach der Erklärung, wie Führung ablaufen kann, werden die „transformationale Führung“, die „dyadische Führung“ und „Servant Leadership“ als Aus- wahl von Führungstheorien präsentiert und inhaltlich beschrieben. Um die Komplexität der Arbeit weiter zu verringern, werden anschließend relevante Inhalte der personellen und strukturellen Führung dargestellt. Diese sind die Grundlage für den Fragebogen und die Kategorien in der Auswertung.

Durch die zunehmende Digitalisierung und stärkere Diversifizierung von Unternehmen ergeben sich neue Strukturen und Aufgaben für die Führungskraft.12 Grundlegende Fragen dieser Arbeit sind:

- Können Führungskräfte in dezentralen Strukturen die essenziellen Inhalte der Führung bezüglich der Interaktion mit ihrem Mitarbeiter mithilfe von Informationsund Kommunikationstechnik substituieren?

- Welche relevanten Rahmenbedingungen der strukturellen Führung werden durch die Digitalisierung verändert?

- Welche Maßnahmen sollten getroffen werden?

Die Beantwortung der Fragen erfolgt durch eine empirische, theoriegeleitete Untersuchung in Form einer qualitativen Befragung. Die Erläuterung zur Vorgehensweise findet sich in Abschnitt B dieser Arbeit.

1.3 Abgrenzung

In dieser Arbeit wird nur eine Auswahl von Theorien und Ansätzen zu den Themen Digitalisierung, Führung, Organisation, Kommunikation und Web 2.0 präsentiert, da der Gebrauch dieser Begrifflichkeiten stark inflationär erfolgt (vgl. Kapitel 2.1-2.4). Daher besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Die Einschränkung beruht auf der Limitierung des Umfangs der Arbeit sowie einer Verringerung der Komplexität. So soll die Verständlichkeit für den Leser verbessert werden.

Das Kapitel 1 witmet sich der Definition von Begrifflichkeiten, die als relevant für die vorliegende Arbeit angesehen werden.

Der Begriff der Digitalisierung soll dann im zweiten Kapitel in seiner Relevanz anhand zweier Beispiele verdeutlicht werden: zum einem in seiner Auswirkung auf Organisati- onsstrukturen und zum anderen anhand seiner Folgen für die Wertschöpfungsketten.

Die Informations- und Kommunikationstechnik ein weitgefächerter Begriff, daher führt das Kapitel 4 relevante IuK im Bereich der Führung auf. Nachfolgend wird Informationsund Kommunikationstechnik mit IuK abgekürzt.

Der Bereich Führung, im fünften Kapitel, wird dadurch beschränkt, dass aktuelle Führungstheorien beschrieben werden, die eine besonders starke Interaktion der Führungskraft mit dem Geführten postulieren. Diese Eingrenzung soll Vorteile sowie Schwierigkeiten des Einsatzes von sozialen Medien als Substitution des persönlichen Kontakts von Führungskraft und Geführtem deutlich machen.

Im sechsten Kapitel werden nur ausgewählte, als relevant betrachtete Inhalte der Führung dargestellt und erläutert.

Der Abschnitt B beinhaltet die empirische Erhebung.

Eine qualitative Befragung wird gewählt, da aufgrund der begrenzten Anzahl an Befragten kein Anspruch auf Repräsentativität gegeben ist. Zudem scheint das Thema zu komplex, um es ausreichend quantitativ zu erforschen.

Bei diesem Teil ergab sich die Problematik, dass sehr ausführlich und umfangreich geantwortet wurde. Zum einen war dies im Sinne eines explorativen Charackters gewünscht, zum anderen führte dies dazu, dass deduktiv gewählte Kategorien nicht alle relevanten Antworten hätten abbilden können. Daher wurden die Oberkategorien zur Auswertung induktiv hergeleitet.

2 Definition und Begriffsklärung

Sucht man nach den Begriffen Digitalisierung, Kommunikation, Führung und Organisa- tion in einer Suchmaschine, so finden sich mindestens 4,5 Millionen und maximal 450 Millionen Treffer (Stand 02.02.2016). Es ist folglich anzunehmen, dass die Begrifflichkei- ten zumindest inflationär genutzt werden. Die nachfolgenden Begriffserklärungen haben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sollen aber zur Orientierung ausreichend sein.

2.1 Digitalisierung

Digitalisierung wird auch als Internet der Dinge oder als Industrie 4.0 bezeichnet.

Das Internet der Dinge umschreibt die Kooperation von physischen Gegenständen un- tereinander. Durch Technik wird eine Vernetzung von Gegenständen erreicht. So kön- nen diese Gegenstände miteinander frei kommunizieren und Daten austauschen. Des Weiteren überwachen und kontrollieren sie sich zum Teil selbst, agieren damit autonom und intelligent. Diese Art der Zusammenarbeit wird als „cyber-physikalisches System“ bezeichnet.

4.0 leitet sich aus den industriellen Entwicklungsebenen ab. Die Elektrifizierung gilt als erste, die Massenfertigung als zweite, die Softautomation als dritte und Big-Data aktuell als vierte Ebene.

Die Industrie 4.0 als Revolution der innerbetrieblichen Verfahren. Durch sie sollen vor allem Prozesse verschlankt, Bürokratie reduziert und die Wertschöpfung beschleunigt werden. Er benutzt für diese Entwicklung auch die Begrifflichkeit Arbeitswelt 4.0. Neben diesen beiden Bezeichnungen führt er eine weitere ein: die Lebenswelt 4.0. Darunter versteht er die umfassende Zusammenführung der Neuorganisation von Arbeit, Beruf und Privatleben sowie die sich hieraus neu ergebenden Beziehungen der Akteure Mensch und Maschine untereinander.13

2.2 Web 2.0

Unter den Sammelbegriff der sozialen Netzwerke im Internet, auch Web 2.0 bzw. Social Web genannt,14 fallen alle teilnehmenden Formate im Internet. Zu unterscheiden sind Formate, die von einzelnen Personen betrieben werden, sogenannte Podcasts oder Blogs, und offene Formate, die für alle zur Verfügung stehen und ihren Inhalt aus dem Kollektiv der Nutzer generieren, zum Beispiel Facebook.com oder Xing.de. Formate, die Wissen sammeln oder Beratung anbieten werden, Wikis genannt. Zudem gibt es Videound Fotoportale wie YouTube.com oder Flickr.com.15 Hierbei werden die Inhalte nicht ausschließlich von großen Unternehmen zentral publiziert, sondern ebenfalls von einzelnen Nutzern, die sich zusätzlich untereinander vernetzen.16

2.3 Führung und Organisation

Eine Definition oder geschlossene Theorie von Führung ist nicht eindeutig zu finden.17 Führung ist immer in Zusammenhang mit den Strukturen der jeweiligen Organisation zu bewerten. Zunächst soll Führung in dieser Arbeit daher als Teil der Organisation gesehen werden, um mithilfe von Koordination und Arbeitsteilung eine möglichst hohe Befriedigung der Bedürfnisse der Organisationsmitglieder zu erreichen.18

Die Begriffe der Organisation und Führung erweisen sich hierbei als hoch abstrakt und komplex. So werden beide Begrifflichkeiten durch eine Vielzahl unterschiedlicher Theo- rien beschrieben. Ein möglicher Grund hierfür liegt in der Abstraktheit und Komplexität der Begriffe.19

Eine Organisation kann höchstens in oberflächlichen Erscheinungen wie Gebäuden, Bü- ros oder Logos gesehen werden. Für alle weiteren Inhalte ergibt sich ein hoher Abstrak- tionsgrad. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Begriff Organisation hierbei nicht zwingend für ein wirtschaftlich agierendes Unternehmen verwendet werden muss. Auch der Begriff Universität steht zum Beispiel für eine Organisation. Wie sich diese Organi- sation Universität im inhaltlichen Detail darstellt (Hierarchien, Informationsfluss, Verhal- tensregeln etc.), kann nicht vollständig wahrgenommen werden. Der Begriff Organisa- tion bedarf daher einer Interpretation durch den Betrachter. Dieser Betrachter untersucht die Phänomene der zusammenhängenden Einflüsse auf Wichtigkeit und leitet für sich eine Theorie ab.

Noch abstrakter erscheint der Begriff der Führung. Nehmen wir als Beispiel die Führung in einem Unternehmen. Wahrnehmbar sind hier höchstens die Ausstattung am Arbeits- platz und die Dokumentation von Entscheidungsinhalten, die zur Führung dienen. Wie Entscheider jedoch Gesamtentscheidungen treffen, auf welcher Grundlage diese beru- hen und warum diese Entscheidungen wiederum zwecks Ausführung an bestimmte Ent- scheidungsträger weitergegeben werden, lässt sich kaum wahrnehmen. Zudem ist es hoch wahrscheinlich, dass Führung in einer anderen Organisation, etwa einem Hand- ballverein, ganz anders abläuft.20

Dies beschreibt neben der Abstraktheit das Problem der Komplexität. So ergeben sich aus der Interaktion von Individuum, Gruppe und Organisation verschiedenste Betrach- tungsebenen. Jede dieser Ebenen kann wiederum mithilfe einer Vielzahl von wissen- schaftlichen Fachdisziplinen analysiert werden.21 So widmet sich die Sozialpsychologie zum Beispiel der Ebene „Gruppen“ und hier unter anderem dem Thema der „Intragrup- penprozesse“ mit der Frage, wie sich Gruppen bilden, miteinander zusammenarbeiten etc.22 Andere Fachdisziplinen wie die Organisationspsychologie befassen sich mit Phä- nomenen der „individuellen“ Ebene des Leben und Verhaltens von Menschen. Ein Beispiel hierfür ist die Arbeitsmotivationsforschung.23 Hinzu kommt, dass die Fachdisziplinen auch gleiche Themen behandeln.

An dieser Stelle sollte das Dilemma der Führungs- und Organisationsdefinition erkenn- bar sein. Es lässt sich weder eine homogene Ausprägung von Führungsinhalten noch eine einheitliche Gestaltung von Organisationsinhalten finden. Die hohe Komplexität und Abstraktheit bedingt, dass die jeweilige Interpretation subjektiv - durch den Betrachter - geschieht. Dies erklärt die Vielzahl vorhandener Theorien zu den Begriffen Organisation und Führung. Die Vielschichtigkeit der Theorien sollte jedoch nicht als problematisch angesehen werden, spiegelt sie nur die Heterogenität des Erkenntnisfelds und die Not- wendigkeit der Anpassung der Akteure in ihm wider.24 So befinden sich Organisationen wie Unternehmen in einem sich ständig verändernden Wettbewerbs-, Ökonomie-, Um- welt-, Technologie- und Soziologieumfeld. Ein solches Umfeld, das Einfluss auf die Or- ganisationsstrukturen und Führungserfordernisse hat, wird auch als „VUCA“ oder eingedeutscht „VUKA-Umfeld“ bezeichnet.25

Für diese Arbeit soll der Begriff Führung im Sinne von Unternehmensführung gemäß der Definition von Wunderer genutzt werden: Führung ist eine gegenseitige soziale Beein- flussung, die dazu dient, gemeinsame Ziele in einer geordneten Arbeitssituation, zu er- reichen.26

Die Organisation wird definiert als: „die planmäßige Zusammenfassung von Menschen uns Sachen in Hinblick auf ein bestimmtes Ziel.“27

2.4 Kommunikation

„Organisation und Kommunikation sind untrennbar miteinander verbunden.“28

Wie schwer es ist, eine allgemeingültige Definition für Kommunikation zu finden, wurde anfangs bereits erwähnt. Auf eine ausführliche Beschreibung der Kommunikation wird in dieser Arbeit explizit verzichtet. Hierfür wird auf die entsprechende Fachliteratur verwie- sen. Nachfolgend sollen lediglich eine Definition, eine Beschreibung der Merkmale von Kommunikation und die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Begriffsbestimmungen aufgezeigt werden.

Speziell die Digitalisierung hat auf diesen Begriff einen erheblichen Einfluss. Durch die erhöhte Vernetzung werden mehr und mehr Phänomene als Kommunikation zusammengefasst. Eine Unterteilung kann hierbei in „mediale vs. nicht mediale Kommunikation sowie Massen- vs. Individualkommunikation“ stattfinden (vgl. Kapitel 3.3).29

Aber auch schon vor der Digitalisierung war es schwer, eine eindeutige Definition zu finden, wie Dance zeigt. 1970 sammelte er bereits 95 verschiedene Definitionen für den Begriff Kommunikation.30

In diese Arbeit verwendet wird die folgende Definition von Delhees, der diese Problema- tik aufgegriffen hat: „Menschliche soziale Kommunikation handelt von Prozessen, Per- sonen, Absichten, Zeichen, Übertragungen, Gegenseitigkeit, Koordination und Bedeu- tung.“31

Kommunikation weist folgende Merkmale auf:

1. Kommunikation braucht mindestens zwei Teilnehmer, wobei einer von beiden der Sender ist und der andere der Empfänger (Rezipient).
2. Zwischen diesen beiden Personen wird eine Nachricht übermittelt. Die Nachricht wird vom Sender in Zeichen, Symbole oder Sprache kodiert und vom Rezipienten dekodiert.
3. Senden und Empfangen von Nachrichten benötigen angemessene Modalitäten. Dies ist bei Kommunikation über IuK zum Beispiel eine funktionierende Verbin- dung über das World Wide Web.
4. Kommunikation findet kontextgebunden statt. Dieser Kontext umfasst sämtliche Einwirkungen, die den Kommunikationsprozess mitgestalten, z. B. Gestik, Mimik, Tonalität der Stimme, Zuneigung untereinander oder emotionales Befinden der Akteure.
5. Kommunikation verläuft im Prozess unter den Akteuren in einer Korrelation der Beeinflussung und hat somit einen Charakter der Interaktivität.
6. Verfolgt Kommunikation in der Regel zwar ein Ziel, tritt sie doch oft unbewusst auf.32

Durch die Einflüsse der Digitalisierung kann Kommunikation weiter unterschieden wer- den in:

1. Direkte Kommunikation: Kommunikation ohne den Einsatz von IuK
2. Medienkommunikation: Kommunikation über den Einsatz von IuK
3. Individualkommunikation: Hierzu zählt das persönliche Gespräch, d. h. von An- gesicht zu Angesicht, ebenso wie die Kommunikation über E-Mail oder bild- und tonübertragende IuK als Teil der Medienkommunikation.
4. Massenkommunikation: Hierzu zählen die analogen Massenmedien wie Zeit- schrift oder Buch sowie wie die digitalen Massenmedien wie z. B. Web-Blogs(vgl. Kapitel 4.1.4).33

3 Relevante Auswirkungen der Digitalisierung

Die Digitalisierung hat in vielen Bereichen Einfluss. Durch den inflationären Gebrauch des Begriffs scheint eine umfassende Darstellung der Auswirkungen unmöglich. Zur Ver- anschaulichung werden die Auswirkungen der Digitalisierung in vorliegender Arbeit an- hand zweier Beispiele erläutert. Dabei handelt sich zum einen um die Organisations- struktur und zum anderen um Wertschöpfungsketten. Die Auswahl der Beispiele dient der Verdeutlichung der Auswirkungen der Digitalisierung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

3.1 Auswirkung auf die Organisationsstrukturen

Die zunehmende Umweltkomplexität führt zur Notwendigkeit der Einführung einer Orga- nisationsstruktur, die diese Komplexität möglichst verringert.34 Der Grad der Auswirkung der Digitalisierung auf Organisationsstrukturen steigt mit Zunahme der Marktunsicher- heiten und der Produktkomplexität. Durch die neuen IuK-Systeme haben die Unterneh- men die Möglichkeit, sich virtuell, flexibel und je nach Anforderung der Aufgabe in Orga- nisationseinheiten zusammenzufinden. Dabei lassen sich vier Organisationsformen un- terscheiden.

- Hierarchische Organisationen: sehr niedrige Anforderungen an die Komplexität des Produktes oder des Marktes. Ein Beispiel ist die Massenproduktion von Gummibärchen.

- Strategische Netzwerke: niedrige Produktkomplexität, aber hohe Marktunsicher- heit, die mit strategischen Allianzen gelöst wird. Beispielsweise wird für den Bau eines Schiffes ein Joint Venture mit einem ausländischen Stahllieferanten ge- gründet.

- Modulare Organisationen: hohe Produktkomplexität und niedrige Marktunsicher- heit. Hier werden organisatorische Aufgaben in Modulen koordiniert, z. B. werden die Aufgaben für die Produktion von Verbandsmaterial in Modulen und nach einer Prozessfolge organisiert.

- Virtuelle Organisationen: hohe Produktkomplexität und hohe Marktunsicherheit.

Hierfür werden aufgabenorientiert Teams und Kooperationen gebildet. Beispiels- weise schließen sich für eine neue Software verschiedene Firmen virtuell zusam- men um ihre Expertisen zu bündeln; diese Kooperation besteht nur für die Zeit der Entwicklung.

Die IuK-Technik kann hier bei verschiedensten Anforderungen eine Hilfe sein.35

3.2 Auswirkung auf Wertschöpfungsketten

Digitalisierung kann im Bereich der Wertschöpfungsketten deutliche Vorteile mit sich bringen. Am Beispiel der Urlaubsanbieter wie „ab-in-den-urlaub.de“ oder „booking.com“ zeigt sich, wie der digitale Wandel Wertschöpfungsketten verändert und zu Kostensenkungen führt. Die genannten Unternehmen vereinfachen ihre Wertschöpfungsketten mit sozialen und digitalen Medien radikal. So wird dem Reisekunden das komplette Angebot flexibel online präsentiert. Reisebüros, Reisekataloge und unternehmenseigene Urlaubstester werden überflüssig. Dies sorgt für starke Kostenersparnisse.36 Kapitalkosten können geteilt und Markteintrittsbarrieren reduziert werden.37

4 Relevante IuK im Web 2.0

Für den Bereich Führung können IuK eine Vielzahl an Erleichterungen bringen, wie Picot et al. zeigen. Nachfolgend wird eine Auswahl an IuK aufgelistet, die für die Führung von Relevanz sind oder sein können.

Abbildung 1: Lösungspotenziale von IuK in Picot et al. (2003)38

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.1.1 Soziale und berufliche Netzwerke

Ein soziales Netzwerk ist ein Format im Internet, das die Basis für eine „virtuelle Gemeinschaft“ bildet. Es bietet die Möglichkeit der persönlichen Anpreisung bzw. Darstellung und den Aufbau von Beziehungen. Durch das gezielte Suchen von Personen und das Hinzufügen in die eigene Kontaktliste lässt sich ein Netzwerk errichten. Die sozialen Netzwerke unterscheiden sich in ihrer Zielgruppe und Größe. Beispiele sind Xing.de, LinkedIn.com oder Facebook.com.39

Facebook.com ist das meistgenutzte soziale Netzwerk weltweit. LinkedIn.com stellt ebenfalls ein soziales Netzwerk dar, dient allerdings der Pflege beruflicher Kontakte. Flick.com ist ein Web-2.0-Dienst zum Publizieren von Fotos.40 Xing.de ist ebenfalls ein soziales, berufliches Netzwerk, das vorwiegend im deutschsprachigem Raum genutzt wird.41

4.1.2 E-Mail

E-Mail steht für „elektronische Post“. Hiermit lassen sich Nachrichten und Dateien über das Internet versenden.42

4.1.3 Microblogging

Unter den Begriff Microblogging fallen z. B. die IuK-Plattformen Twitter.com oder bild- und tonübertragende IuK-Plattformen wie Skype.com. Der Begriff versteht sich als Teil des Web 2.0, das einen ständigen, weltweiten Austausch über Kommunikation ermög- licht. Diese Systeme sind hochgradig vernetzt und können in Echtzeit Informationen übertragen.43

4.1.4 Web-Blogs

Blog ist die Abkürzung von Weblog und besteht aus dem „Web (für World Wide Web) und Log (für Logbuch)“. Ein Blog dient der Publikation von Texten, die kurz geschrieben und zeitlich sortiert sind. Es ist kein soziales Netzwerk, sondern wird von einer oder mehreren Personen betrieben.44

5 Führung

Die Geschwindigkeit der Veränderungen, denen Unternehmen ausgesetzt sind, verläuft exponentiell. Wirtschaftliche, soziale, technische oder ökologische Veränderungen zwin- gen Unternehmen, sich ständig neu anzupassen und anzugleichen, sei es durch neue Ansprüche der Mitarbeiter, zunehmende globale Verflechtung von Handel und Kapital- markt oder die verbesserten IuK. Daraus ergeben sich auch für die Führung immer neue Herausforderungen.45 Wie eingangs erwähnt, verändern sich auch die Ansprüche der Mitarbeiter. Nach der Bedürfnispyramide46 von Maslow kann für die deutsche Bevölke- rung festgestellt werden, dass die ersten beiden Stufen - die physiologischen Grundbe- dürfnisse sowie die Bedürfnisse nach Sicherheit - für die Mehrheit erfüllt sind. Stattdes- sen rücken die Bedürfnisse nach einer Beziehung, Wertschätzung und Selbstverwirkli- chung in den Vordergrund.47

Für die Führungskraft bedeutet dies, lenkende und ausführende Aufgaben neu zu integ- rieren. Alle Organisationsmitglieder müssen hierbei für das Gesamtwohl eigenverant- wortliche Entscheidungen treffen. Dies kann nur funktionieren, wenn den Mitarbeitern genügend Freiräume und Befugnisse eingeräumt werden. Eine hohe Motivation des Be- troffenen ist hierbei besonders wichtig. Für die Führungskraft fallen daher klassische Führungsansätze wie der Taylorismus oder der administrative Ansatz von Fayol48 weg.49 Hier wurden noch klare Vorgaben sowie Arbeitseinteilungen vorgenommen und die Ar- beit ständig überwacht.50 Diese Art der Führung wird sich wandeln.51

5.1 Gestaltung von Führung

Zunächst gibt es zwei Voraussetzungen für eine funktionierende Führung: Zum einen braucht Führung mindestens zwei Personen, die als Gruppe bzw. Team auftreten. Nur wenn mindestens zwei Personen vorhanden sind, kann sich eine dieser Personen als Führungskraft abgrenzen.52 Gruppe und Team sind hierbei synonym zu verstehen. Sie streben „die Erledigung einer gemeinsamen Aufgabenstellung im betrieblichen Kontext an“. Als letzte Voraussetzung sind Ziele zu nennen, an denen sich Mitarbeiter und Füh- rungskraft orientieren können.53

Führung kann zweigeteilt werden: einerseits strukturell, indirekt über Strukturen und Sys- teme, andererseits personell, direkt über die Interaktion zwischen Führungskraft und Ge- führten.54

5.1.1 Strukturell

Bei der strukturellen Führung steht die Gestaltung des Arbeitskontexts im Vordergrund, die gewährleisten soll, dass eine möglichst hohe Effizienz und Motivation geschaffen wird. Wunderer nennt vier entscheidende Bereiche:

- Unternehmenskultur
- Unternehmensstrategie
- Unternehmensorganisation
- qualitative Personalstruktur

Die Kultur in einem Unternehmen enthält die gelebten Werte, Verhaltensformen, symbolische Rituale und Handlungen sowie Formen der Gestaltung. In der Unternehmensstrategie geht es um Ziele und die Ausrichtung von Führungsinstrumenten an diesen. Die Organisation gestaltet die Prozesse der zu erledigenden Aufgaben und Arbeit. Hier werden Verantwortlichkeiten ebenso wie Handlungsfreiräume und benötigte Kompetenzen festgelegt. Die qualitative Personalstruktur steuert den Personaleinsatz, die Personalentwicklung und die Auswahl des benötigten Personals.55

5.1.2 Personell

Bei der personellen Führung geht es nicht um Strukturen und Prozesse, die eine Steuerung bedingen, sondern um deren Umsetzung durch eine direkte interpersonelle Kommunikation von Führungskraft und Mitarbeiter. Die Führungskraft steuert hier das Verhalten der Mitarbeiter im Sinne der strategischen, unternehmerischen Ziele. Ein zentrales Merkmal der personellen Führung ist die wechselseitig verlaufende Interaktion zwischen Führungskraft und Geführten.

Zentrale Führungsaufgaben können in folgende Tätigkeiten eingeteilt werden:

- Reflexion, Wahrnehmung und Analyse
- Information, Kommunikation und Konsultation
- Identifikation und Motivation
- Entscheidung, Koordination, Kooperation und Delegation
- Evaluation, Entwicklung und Gratifikation56

5.2 Aktuelle relevante Führungstheorien

Wie im Kapitel 2.3 beschrieben, befinden sich Unternehmen in dem sogenannten VUCAUmfeld, das die Bestimmung einer einheitlich richtigen und anwendbaren Führungstheorie nicht ermöglicht.(vgl. Kapitel 2.3)

5.2.1 Transformationale Führung

Die transformationaler Führung eignet sich als Führungsmodell vor allem in Zeiten er- höhter Flexibilitätsanforderungen. Es handelt sich um einen delegativen Führungsstil, der klare Aufgaben und Zielvorgaben mit einem Wertekatalog verbindet. Dieser Werte- katalog umfasst die Selbstständigkeit des Mitarbeiters, Kreativität, Zusammengehörig- keit und Beziehungen.57

Die transformationale Führung wurde von Bass zusammen mit der transaktionalen Führung entwickelt. Beide Theorien beruhen auf einem Austauschverhältnis zwischen Führendem und Geführten. Die transaktionale Führung legt ein sachliches, rationales Austauschverhältnis zugrunde, das auf eher extrinsische, sachliche Motivation setzt. Die Führungskraft definiert die Ziele und belohnt bei entsprechender Erfüllung. Die Gratifikation kann dabei in wirtschaftlicher (z. B. Geld) oder psychologischer Form (z. B. Anerkennung) erfolgen oder politischer Natur sein (z. B. Beförderung).

Anders setzt der transformationale Führungsstil bei den Emotionen des Mitarbeiters an. Die Motivation soll sich nicht mehr extrinsisch-materiell, sondern eher intrinsisch entwi- ckeln, d. h. aus der Person selbst, die die Erreichung der Unternehmensziele im Fokus hat. Die Führungskraft hat das Ziel, den Mitarbeiter in seinen Handlungen und Werten zu transformieren. Hierfür beschreibt sie zunächst den Istzustand des Unternehmens, vermittelt dann eine Vision über den zukünftigen Zustand und zeigt, wie diese Vision in Form einer Mission umgesetzt bzw. erreicht werden kann. Dieser Führungsstil grenzt sich somit von rein charismatischen Führungsstilen ab, bei denen keine Veränderung des Istzustands fokussiert wird.58

Charisma ist als persönliche Ausstrahlung aber auch im transformationalen Führungsstil ein wichtiger Inhalt. Der transformationale Führungsstil umfasst vier Hauptinhalte:59

1. Idealisierte Einflussnahme: Hier geht es um die Anregung des Geführten zur Nachahmung der Führungskraft. Die Führungskraft soll als Vorbild wahrgenom- men werden und somit an Glaubwürdigkeit gewinnen. Der Geführte soll dazu gebracht werden, das Verhalten der Führungskraft zu replizieren.
2. Intellektuelle Stimulation: Durch die Ermutigung der Geführten zu eigenständi- gem Problemlösen wird die Innovationskompetenz erhöht.
3. Individuelle Wertschätzung: Die Führungskraft hat das Ziel, die Leistungs- und Wachstumspotenziale ihrer Mitarbeiter voll auszuschöpfen. Hierfür geht sie auf die Bedürfnisse der Geführten ein und nimmt die Rolle eines Mentors ein, der bei Problemen Hilfe anbietet.
4. Inspirierende Motivation: Für die Motivation der Geführten wird von der Füh- rungskraft ein Umfeld der kreativen und innovativen Anregung geschaffen. Dies schafft die Führungskraft über die Übertragung von anspruchsvollen Aufgaben an den Mitarbeiter und die Formulierung einer anspornenden Vision, mit der sich die Geführten identifizieren können. Durch dieses Zutrauen und das Hoffen auf den Mitarbeiter sollen der Teamgeist und die Motivation gestärkt werden.

5.2.2 Dyadische Führung

Bei der dyadischen Führung, auch „Leader-Member-Exchange-Theory“ (LMX) genannt, steht die Ausbildung einer Beziehung im Vordergrund. Das Besondere dieser Theorie liegt darin, dass die Beziehung zu jedem geführten Mitarbeiter individuell gestaltet wird. So werden die Mitarbeiter nicht mehr auf gleiche Weise behandelt, sondern erfahren ein hohes Maß an individueller Führung. Damit die Führungskraft dies schaffen kann, muss sie laut Meifert (2010) vor allem kommunizieren, Nähe aufbauen, sich menschlich verhalten, als Vorbild leben und agieren sowie das Engagement des Mitarbeiters för- dern.60

5.2.3 Servant Leadership

Anders als bei Führungskonzepten, die einen Management-by-Ansatz mit positioneller Macht verfolgen, steht beim Servant Leadership der Mensch im Zentrum. Die Führungskraft sieht den Mitarbeiter nicht als Mittel an, sondern fragt sich, was sie für den Mitarbeiter tun kann, damit dieser sich persönlich weiterentwickelt. Die Führungskraft dient folglich dem Mitarbeiter. So werden die unternehmerischen Ziele gemeinsam in einer vertrauensvollen Beziehung, die auf Respekt beruht, erreicht.61

Servant Leadership ist ein ethischer und eher philosophischer Ansatz, bei dem sich die Führungskraft als dienende Person definiert. Ziel ist es, Beziehungen herzustellen sowie gemeinsam und ohne egoistisch geprägte Freiheitsbestrebungen einen Mehrwert zum Wohle der Gemeinschaft zu schaffen.62

6 Relevante Inhalte der Führung

Dieses Kapitel soll veranschaulichen, wo Herausforderungen in den Führungsinhalten liegen können. Die herausgearbeiteten Herausforderungen dienen als Grundlage für die Erstellung der hypothetischen Fragen des Interviews.

6.1 Relevante Inhalte der personellen Führung

Wie im Kapitel 5.1.2 angeführt, bezieht sich die personelle Führung inhaltlich auf die Interaktion zwischen Mitarbeiter und Führungskraft.

Nachfolgend findet eine Begrenzung der Interaktion auf die Bereiche Einflussnahme, Kommunikation sowie Kontrolle und Gratifikation statt. Diese Inhalte werden für die vorliegende Arbeit als relevant angesehen, um Komplexität zu vermindern. Die einzelnen Punkte werden im weiteren Verlauf der Arbeit durch die qualitative Befragung auf tendenzielle Herausforderungen und hypothetische Lösungen hin untersucht.

6.1.1 Einflussnahme

In allen oben genannten Theorien versucht die Führungskraft, Einfluss auf den Mitarbeiter zu nehmen.

Die Einflussnahme wird als Mittel zur Einstellungsänderung beim Mitarbeiter angesehen. Diese Einstellungsänderung wird durch die Vorbildfunktion, die individuelle Berücksich- tigung des Mitarbeiters, Beziehungen, die Art der Ziele sowie die Zielüberprüfung, über charismatisches Auftreten, Vertrauensbildung, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, Wertschätzung und Motivation beeinflusst.63 Die einzelnen Einflussfaktoren werden nachfolgend beschrieben.

Diese Einflussnahme der Führungskraft auf den Mitarbeiter könnte durch die Digitalisierung gefährdet sein, wenn dezentral gearbeitet wird und die Mitarbeiter physisch weit entfernt zur Führungskraft sind. Hierdurch entsteht zum einen ein geringerer persönlicher Kontakt untereinander und zum anderen die Schwierigkeit, die Interessen des Gegenübers vernünftig berücksichtigen zu können.64

Vorbildfunktion

Der Wunsch eines Mitarbeiters, so zu sein wie die Führungskraft, die ihn leitet, führt zu einer Macht bei der Führungskraft. Raven und Kruglanski beschreiben dies als „referent power“ oder „Vorbildmacht“. Diese Macht entsteht durch Identifikation des Mitarbeiters mit Eigenschaften der Organisation oder der Führungskraft, die er als positiv betrach- tet.65

Visionsvermittlung

Eine Vision ist ein kommuniziertes Gedankenkonstrukt über die Zukunft, das Emotionen bei den Menschen auslöst, sie für diese Zukunftsidee begeistert und sie in ihren Handlungen inspiriert.66

Vertrauensbildung

Der transformationale Führungsstil setzt durch die stark ausgeprägte Delegation ein gro- ßes Maß an Eigenverantwortung und Selbstständigkeit beim Mitarbeiter voraus (vgl. Ka- pitel 5.21). Für die Führungskraft liegt die Herausforderung in den dezentralen Struktu- ren. Durch diese muss sie virtuelle und reale Informationen zusammenführen und kon- trollieren.67

Aufbau von Beziehungen

Menschen streben in ihrem Verhalten danach, Beziehungen zu Menschen einzugehen, die die gleichen Einstellungen zu Sachverhalten haben wie sie selbst. Diese Art von Beziehungen nennt man auch „balancierte Triade“.68 Ein solches Bestreben ist dem generellen Wunsch nach Konsistenz geschuldet. Menschen wollen sich in einem möglichst spannungsfreien und von Harmonie geprägten Umfeld bewegen.69 Vor allem, um Mitarbeiter in ihren Einstellungen zu ändern, ist es wichtig, dass der Mitarbeiter die Führungskraft positiv bewertet und sie als sympathisch ansieht.70

Charismatisches Auftreten

Charisma wird als Eigenschaft einer Person gesehen, die dafür sorgt, dass andere Per- sonen sich von ihr angezogen fühlen. Diese Anziehung befähigt die charismatische Per- son zu einer besseren Beeinflussung der sich angezogen fühlenden Personen.71 Das Charisma der Führungskraft spielt für die Motivation der Mitarbeiter eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Entscheidungen zu vermitteln. Diese sollten vom Mitarbeiter ak- zeptiert und angenommen werden. Charisma hilft der Führungskraft, Entscheidungen, die auf einer sachlich schwachen Begründung beruhen, trotzdem durchzusetzen und keine Zweifel aufkommen zu lassen.72

Motivation

Es lassen sich zwei Arten der Motivation unterscheiden. Zum einen die Motivation aus eigenem Antrieb, auch intrinsische Motivation genannt, und zum anderen die Motivation, die durch externe Anreize, z. B. eine Beförderung, ausgelöst wird, auch extrinsische Mo- tivation genannt. Herausfordernd für die Führung ist der Effekt der Überrechtfertigung. Dieser beschreibt den Umstand, dass die intrinsische Motivation für eine Tätigkeit verlo- ren gehen kann, wenn jene Tätigkeit mit einer extrinsischen Belohnung assoziiert wird.

Motivation beschreibt das Beeinflussen der Handlungen des Mitarbeiters in eine ge- wünschte Richtung. Hierfür muss eine Aufgabe, eine Situation oder das Umfeld so an- gepasst werden, dass es für den Mitarbeiter einen Anreiz bietet. Dieser Anreiz ist dann vorhanden, wenn sich die Motive der Person mit den in Aussicht gestellten Anreizen der Situation decken. Motive sind je nach Person unterschiedlich und relativ konstant.73

Abbildung 2: Intrinsische, extrinsische Motivation und der Effekt der Überrechtfertigung in Werth und Mayer (2007)74

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

6.1.2 Kommunikation

Da es in der Führung um die Beeinflussung des Mitarbeiters geht, um ihn zu einer gewünschten Handlung zu bewegen (vgl. Kapitel 2.3), ist die Kommunikation das zentrale Element. Hier wird die gewünschte Einstellungs- oder Verhaltensänderung von der Führungskraft - dem Sender - in Form einer Information an den Mitarbeiter - den Rezipienten - gesendet. Der Grad der Einstellungsänderung richtet sich anhand der Bewertung von Information und Sender aus.

Abbildung 3: Kommunikationsmodell inCrisand und Raab (2010)75

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Kommunikation stützt sich in ihrer Wirksamkeit auf die in Kapitel 6.1.1 beschriebenen Inhalte der Einflussnahme und damit auf die Verhaltensweisen der Führungskraft, spe- ziell auf die Vorbildfunktion, die Vertrauensbildung, Beziehungsaufbau und die Motiva- tion. Eine erfolgreiche Kommunikation in der Einstellungsänderung benötigt eine positive Bewertung des Senders seitens des Rezipienten, um die Information attraktiver zu ma- chen. Der Sender muss zudem als glaubwürdig und damit vertrauenswürdig einge- schätzt werden. Auch die balancierten Triaden im Beziehungsaufbau spielen eine Rolle, denn je sympathischer der Sender in der Kommunikation wirkt, desto größer ist der Ef- fekt des Einflusses. Auch der Bereich der Einflussnahme der Motivation spielt in der Kommunikation eine wichtige Rolle. Die übertragene Information nimmt in der Gewich- tung zu, je mehr Macht der Rezipient im Sender wahrnimmt. Hier spielt vor allem die wahrgenommene Möglichkeit der übertragbaren positiven Anreize vom Sender auf den Rezipienten die entscheidende Rolle.76

6.1.3 Kontrolle und Gratifikation

Grundsätzlich kann auf drei Wegen kontrolliert werden.

1. Input: Als Beispiel lässt sich hier die Hotelbewertung nennen. Es wird alles be- wertet, was in das System „Hotel“ eingebracht wird, zum Beispiel Verpflegung, Art der Zimmer, Ausstattung der Zimmer, Sportangebote, Wellness-Angebote etc. und hiernach eine Bewertung abgegeben. Nicht kontrolliert wird die spätere Pflege oder Einhaltung der Standards.

2. Verhalten: Hier werden Schritte und Regeln vorgegeben, an denen sich das Ver- halten ausrichten soll. Je nach Einhaltung wird dann belohnt. Das Ergebnis bleibt allerdings außen vor.

3. Ergebnisse: Hier ist nicht entscheidend, wie das Verhalten ist, sondern lediglich, was als Ergebnis präsentiert wird.

Variable Arbeitsstrukturen und mobiles Arbeiten können zum einen zu Effizienzsteige- rungen führen, zum anderen aber auch die Kontrolle für die Führungskraft erschweren.77

Durch eine Gratifikation kann das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters gesteigert werden.78

6.2 Relevante Inhalte der strukturellen Führung

Die personelle Führung allein garantiert noch keinen Erfolg für die erfolgreiche Verände- rung des Mitarbeiterverhaltens. Umweltbedingungen und Akteure sind je nach Projekt in ihren Bedürfnissen und Eigenschaften verschieden. Eine strukturelle Führung ist daher notwendig.79

Die neuen IuK haben einen großen gestalterischen Einfluss auf das Privatleben sowie auf die Unternehmensumwelt. Die Vielschichtigkeit dieser Kommunikationstechnologien spiegelt sich in der Variation von Theorien und Anwendbarkeit wider. Neben Vorteilen für Unternehmen wie etwa besseren Gestaltungsmöglichkeiten könnte ein umfassende- rer, variantenreicherer Einsatz von IuK aber auch Risiken mit sich bringen.80

Nachfolgend werden die Bereiche der strukturellen Führung aus Kapitel 5.1.1 noch einmal in ihrer Relevanz beschrieben.

6.2.1 Unternehmensstrategie

Wie bereits in Kapitel 2.3 erwähnt, muss sich die Unternehmensstrategie an das soge- nannte VUCA-Umfeld anpassen. Je nach zu erledigender Aufgabe sollten die Umwelt- bedingungen geprüft werden. Diese umfassen beispielsweise den Unternehmenskon- text, die Unternehmenskultur und die Stakeholder-Struktur. Die Anforderungen an die Führungskraft und die Organisation sind dahingehend ständig zu evaluieren und zu be- obachten. In einem VUCA-Environment ist der Wandel ein dauerhafter Prozess, dem ein

Unternehmen nur mit langfristiger Planung und kontinuierlicher Anpassung erfolgreich begegnen kann.81

6.2.2 Unternehmensorganisation

Für eine erfolgreiche Erreichung eines Ziels ist die Abstimmung der Mitglieder unterei- nander entscheidend. Diese Abstimmung kann durch formale und durch informale As- pekte erfolgen. Die formalen Aspekte beinhalten hierbei solche, die von außerhalb be- obachtbar sind, z. B. ein Organigramm oder Stellenbeschreibungen. Informale Aspekte hingegen können nicht so einfach von außen beobachtet werden und beinhalten z. B. Werte, Einstellungen, Beziehungen untereinander oder Bedürfnisse. Die Unternehmens- organisation hat die Aufgabe, Verantwortlichkeiten, Handlungsfreiräume und Kompeten- zen zu verteilen (vgl. Kapitel 5.1.1). Wie in Kapitel 3.1 beschrieben, hat die Digitalisierung auf die Organisationsstrukturen einen großen Einfluss, da sich unter anderem die Wert- vorstellungen der Mitarbeiter geändert haben und Strukturen mit klaren Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilungen, etwa nach Fayol, als obsolet gelten (vgl. Kapitel 3.2).

6.2.3 Organisationskultur

Die Organisationsstrukturen bieten hierbei eine Möglichkeit, die formalen Aspekte zu steuern, aber nicht die informalen Aspekte. Diese zu steuern, ist eine generelle Heraus- forderung der Führung, da sie sich auf der Individualität der Organisationsmitglieder be- gründen. Eine Organisationskultur schafft hier eine Lösung, indem ein Wertekatalog vor- gegeben wird, nach dem sich die Mitglieder der Organisation in ihrem Handeln ausrich- ten.

6.2.4 Qualitative Personalstruktur

Laut Becker (2015) ist die Personalentwicklung eine der Hauptherausforderungen in der Industrie 4.0, da Mitarbeiter dabei unterstützt werden müssen, in einer Arbeitswelt mit neuen Strukturen, Prozessen und Beziehungen ihre Beschäftigungsfähigkeit auszubauen und zu erhalten.82

B: Praktischer Teil

7 Datenerhebung und Forschungsinstrumente

7.1 Wahl der Methodik

7.1.1 Das Leitfadeninterview als Methode der qualitativen Forschung

Generell lässt sich sagen, dass sich das Forschungsdesign sowie die Methoden der Untersuchung an dem Forschungsvorhaben des Forschers orientieren.83

Qualitative Forschung „[…] geht i. d. R. von einem dialog-konsenstheoretischen Wahr- heits- bzw. Realitätsverständnis aus […]“.84 Qualitative Forschungsmethoden richten sich daher nicht an festen Abläufen aus, sondern sind flexibel und veränderbar. Hier- durch sollen individuelle Konstellationen, Bedingungen oder Beziehungen mit in die Er- hebung aufgenommen werden. Die Flexibilität garantiert eine möglichst genauere Abbil- dung des Forschungsgegenstands.85 Es werden zudem keine standardisierten Metho- den der Datenauswertung genutzt, sondern Interpretationen aus Einzelfällen abgeleitet. Theorien werden mithilfe von Beobachtungen, Dokumentenanalysen und Befragungen induktiv bestätigt. Die geringe Standardisierung führt dazu, dass kein Anspruch auf eine Repräsentativität besteht. Vielmehr soll durch Gruppierungen und Verfeinerungen der Beobachtungen das Typische herausgearbeitet werden. Hierbei wird das Wesentliche vom Unwesentlichen getrennt, um schlussendlich Sichtweisen von Individuen bzw. von Befunden zu sozialen Prozessen zu erhalten.86 Somit versteht sich die qualitative For- schung als Hypothesen generierendes Verfahren. Durch die Offenheit des Forschers gegenüber Entwicklungen und Dimensionen können die qualitativen Ergebnisse in die am Ende stattfindende Hypothesenformulierung und -entwicklung einfließen.87

Bei der quantitativen Forschung werden hingegen Generalisierungen aufgestellt, die auf statistischen und standardisierten Methoden beruhen.88

Unter einem Interview wird die Veranlassung des Befragten zur Kommunikation mit dem Forscher verstanden, die durch Fragen oder Impulse erfolgt. Das Interview ist planmäßig und verfolgt eine wissenschaftliche Zielsetzung.89

In der vorliegenden Arbeit wird ein analytisches Interview gewählt, das mit einem Leitfa- den in der Befragung arbeitet.90 Ein Leitfaden dient hierbei als Orientierungshilfe und Gedächtnisstütze für den Forscher.91 Die Gestaltung des Leitfadens und der Umgang damit werden in Kapitel 7.2.3 beschrieben.

Die Auswahl der Befragten (Stichprobe) wird im Kapitel 7.2.2 näher erläutert. Nachfolgend wird auf die Wahl der Auswertungsmethode eingegangen.

7.1.2 Die Inhaltsanalyse von Mayring zur Auswertung von qualitativen Inter- views

Anwendung findet die Inhaltsanalyse nach Mayring. Mayring entwickelte zwecks Struk- turierung und Gliederung von quantitativen Inhaltsanalysen ein allgemeines Ablaufmo- dell der qualitativen Inhaltsanalyse, das in der folgenden Abbildung zu sehen ist.92

Abbildung 4: Qualitative Inhaltsanalyse in Mayring (2008)93

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mittelpunkt der Methode ist die Ausbildung eines Kategoriensystems. Kuckartz definiert eine Kategorie als „nichts anderes als ein Label, das vom Betrachter der Texte definiert wird, d. h. ein Wort, mehrere Wörter oder einen Kurzsatz, die nicht notwendigerweise auch im Text vorkommen müssen“.94

Mayring entwickelte drei Grundtechniken zur Analyse qualitativer Inhalte:95

1. Zusammenfassungen: Durch eine Reduktion der Daten auf das Wesentliche wird der Aufwand der Aufarbeitung reduziert.
2. Explikationen: Unschlüssige Text- oder Interviewpassagen werden durch zusätz- lich herangetragene Materialien ergänzt. Hierdurch soll das Verständnis für die Daten erweitert werden.
3. Strukturierungen: Vorab werden Kategorien gebildet, in die die Daten einsortiert werden. So können bestimmte Aspekte herausgefiltert, Querschnitte mithilfe von Ordnungskriterien dargelegt oder die Daten nach Kriterien besser eingeschätzt werden.

Für die vorliegende Arbeit wird die Strukturierung als Form der Analyse gewählt, da sich mit ihr besonders gut Texte analysieren lassen. Zudem lassen sich mit ihr Aspekte und Themen aus den Leitfadeninterviews zusammenfassen. Die inhaltliche Strukturierung beruht hierbei auf drei Schritten: Erstens werden aus den Daten Kategorien gebildet, zweitens wird das Material extrahiert und drittens werden die inhaltlich relevanten Text- passagen paraphrasiert und Kodierregeln festgelegt. Dadurch soll eine eindeutige Zu- ordnung bei Abgrenzungsproblemen zwischen Kategorien garantiert werden. Mit dem Kategoriensystem lassen sich die wesentlichen Aspekte des Inhalts in Bezug auf die Fragestellung herausarbeiten.96

Eine standardisierte Falsifizierung oder Bestätigung von Hypothesen im Sinne des kritischen Rationalismus findet nicht statt. Vielmehr soll die soziale Wirklichkeit der Befragten abgebildet werden. Diese Wirklichkeit wird durch die induktive Erarbeitung von Hypothesen und deren Verifikation am Text erarbeitet. Das Anführen von Theorien unterstützt die Verifikation der Hypothesen (vgl. Abbildung 5).97

Abbildung 5: Induktion und Deduktion in Mayer (2013)98

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

7.2 Durchführung der Leitfadeninterviews

7.2.1 Fragestellung

In der vorliegenden Arbeit wird der Frage nach den Herausforderungen der Führung nachgegangen, die sich aufgrund der Digitalisierung der Kommunikation ergeben. Analysiert werden die typischen Alltagssituationen und Arbeitssituationen der Führungskräfte und der Führung allgemein zu den in Kapitel 5 beschriebenen Theorien und in Kapitel 6 angeführten Inhalten. Die Hauptfragestellungen sind:

- Können Führungskräfte in dezentralen Strukturen die essenziellen Inhalte der Führung bezüglich der Interaktion mit ihrem Mitarbeiter mithilfe von Informationsund Kommunikationstechnik substituieren?
- Welche relevanten Rahmenbedingungen der strukturellen Führung werden durch die Digitalisierung verändert?
- Welche Maßnahmen sollten getroffen werden?

7.2.2 Auswahl der Befragten

Für die Interviews wurden Führungskräfte herangezogen. Die Auswahl erfolgte nicht nach Kriterien der Repräsentativität, sodass keine Zufallsstichproben gezogen werden können. Aufgrund des explorativen Charakters der Untersuchung erschien es lohnender, typische Fälle auszuwählen. Dies erfolgte nach folgenden Vorüberlegungen: Es sollten möglichst Führungskräfte aus verschiedenen Branchen sein, sie sollten sich im Alter unterscheiden und aus verschieden großen Unternehmen kommen. An der vorliegenden qualitativen Untersuchung nahmen 6 Führungskräfte teil. Die Befragung fand im Zeitraum vom 29.01.2016 - 15.02.2016 statt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Übersicht der Befragten des Interviews (eigene Darstellzng)

7.2.3 Umgang mit dem Leitfaden

Der verwendete Leitfaden ist nicht standardisiert, um eine größtmögliche Offenheit, Fle- xibilität und Kommunikativität zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass Fragen nicht der Reihenfolge nach beantwortet werden mussten. Das Gespräch sollte möglichst neutral einen ausführlichen Redeprozess beim Interviewten erzeugen. Die benutzten Fragen wurden ebenfalls nicht standardisiert, damit der Sprachgebrauch dem Interviewten an- gepasst und so die Kommunikativität gesteigert werden konnte. Hierfür wurden sie mög- lichst offen formuliert, um auch Informationen zu Aspekten zu erhalten, die vom Interviewten zum Zeitpunkt des Interviews eventuell als nicht relevant betrachtet wurden. Aufgrund der besseren Möglichkeiten der späteren Analyse und der zu erwartenden Vielzahl an Informationen wurde mittels Audioband protokolliert.99 Die Rolle des Interviewers war nondirektiv und neutral. Nondirektiv heißt, dass der Gesprächsrahmen zwar vorgegeben wird, der Interviewte aber den Verlauf mitgestalten kann.100

7.2.4 Ort des Interviews

Zwei Interviews wurden persönlich abgehalten, vier wurden telefonisch durchgeführt. Bei den telefonischen Befragungen konnte auf die Umgebung des Interviewten kein Einfluss genommen werden. Aufseiten des Interviewers wurde hingegen eine nahezu konstante Umgebung bezüglich Raum, Arbeitsmaterialien und benutzter technischer Geräte ge- wählt.

Generell wurde versucht, die Situation des Interviews so angenehm und vertrauensvoll wie möglich zu gestalten.

7.2.5 Transkription

Bei der Transkription wurde auf die Verschriftlichung von Zusatzinformationen, Wortfüller und Pausen verzichtet und sich auf die Abschnitte konzentriert, die eine Bedeutung für die Beantwortung der Fragestellung haben. Gesammelt finden sich alle Transkripte im Anhang. Bei der Transkription galt: Je 10 Minuten Interview wurde ca. 1 Stunde für die Transkription benötigt.

7.3 Auswertung

Wie bereits beschrieben, wurde mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse von Mayring ausgewertet. Das Vorgehen wird nachfolgend beschrieben.

7.3.1 Kategorienbildung

Zunächst wurde, wie von Mayring vorgeschlagen, eine Inhaltsanalyse mittels Paraphrasierung, Generalisierung und Zuordnung zu Kategorien vorgenommen.101 Ziel der strukturierenden Ihaltsanalyse ist eine genaue Beschreibung der Kategorien. Hierfür werden die Kategorien definiert, Ankerbeispiele angeführt und Codierregeln festgelegt.102 Abbildung 7 zeigt einen Ausschnitt aus der Kategorienbildung mittels Paraphrasierung, Generalisierung und Zuordnung. Die komplette Kategorienbildung befindet sich im Anhang. Abbildung 8 zeigt beispielhaft die Definition der Kategorien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Auszug der Kategorienbildung (eigene Darstellung)

[...]


1 vgl. Bauer/Kern 2010: 22-24

2 vgl. Picot et al. 2003: 5.

3 vgl. Funken 2008: 221.

4 vgl. Müller 2013: 14.

5 vgl. Kestel 2015: o.S. nach Gallup (2014) o.S.

6 vgl. Rosenstiel et al. 2005: 311.

7 vgl. Vahs 2012: 592.

8 vgl. Müller 2013: 14.

9 vgl. Kauffeld 2011: 74.

10 Rosenstiel et al. 2005: 311.

11 vgl. Hammann 2009: 6.

12 Crummenerl, Claudia & Scherger, Axel 2015: 100.

13 Becker 2015: 24-28.

14 Jodeleit 2013: 289.

15 vgl. Neuberger 2013b: 368.

16 vgl. Jodeleit 2013: 290.

17 vgl. Stelmaszyk 1981: 125.

18 vgl. Rosenstiel et al. 2005: 25.

19 vgl. Wolf 2008: 50-51.

20 vgl. Wolf 2008: 50-51.

21 vgl. Wolf 2008: 51.

22 Werth/Mayer 2007: 333 ff.

23 vgl. Schäfer 2010: 110 ff.

24 vgl. Wolf 2008: 50-51.

25 Eppler 2015: 4.

26 vgl. Wunderer 2003: 4.

27 Wolf 2008: 45

28 Picot et al. 2003: 433.

29 Röhner/Schütz 2012: 3.

30 Delhees 1994: 13 nach Dance 1970 o.S.

31 Delhees 1994: 13-14.

32 vgl. Six et al. 2007: 21-50

33 vgl. Six et al. 2007: 21-50

34 vgl. Stelmaszyk 1981: 22.

35 vgl. Picot et al. 2003: 273-275.

36 vgl. Scharrer 2016.

37 vgl. Walter et al. 2013: 55.

38 Picot et al. 2003: 275.

39 vgl. Vowe 2013: 319.

40 vgl. Jodeleit 2013: 292-293.

41 vgl. Xing.de [2016]: o.S.

42 vgl. Bentele et al. 2013: 42.

43 vgl. Pleil 2013: 257.

44 vgl. Neuberger 2013a: 32.

45 vgl. Nemeyer/Oltmanns 2010: 21f.

46 Zimbardo et al. 2008: 421.

47 vgl. Crisand/Rahn 2010: 130.

48 vgl. Fayol 1929: 10-12

49 vgl. Vahs 2012: 100.

50 vgl. Stelmaszyk 1981: 5-7.

51 Crummenerl, Claudia & Scherger, Axel 2015: 100.

52 vgl. Kühlmann 2008: 28.

53 vgl. Sturm et al. 2011: 100.

54 vgl. Wunderer 2003: 10 f.

55 vgl. Wunderer 2003: 10 f.

56 vgl. Wunderer 2003: 10 f.

57 vgl. Wunderer 2003: 236-239.

58 vgl. Weinert/Euler op. 2004: 511-512.

59 vgl. Wunderer 2003: 244-248.

60 vgl. Sattler 2010: 26-28.

61 vgl. Cologna 2007: 18-19.

62 vgl. Cologna 2007: 20-23.

63 vgl. Crisand/Rahn 2010: 55-80.

64 vgl. Reuter 2015 S. 1-3.

65 vgl. Kühn et al. 2006: 218.

66 vgl. Weinert/Euler op. 2004: 508.

67 vgl. Becker 2015: 24-28.

68 Werth/Mayer 2007: 226.

69 vgl. Werth/Mayer 2007: 225.

70 vgl. Crisand/Rahn 2010: 73.

71 vgl. Weinert/Euler op. 2004: 508.

72 vgl. Kühn et al. 2006: 249.

73 vgl. Sturm et al. 2011: 117-119.

74 Werth/Mayer 2007: 179.

75 Crisand/Rahn 2010: 72.

76 vgl. Crisand/Rahn 2010: 72-76.

77 vgl. Walter et al. 2013: 54-55.

78 vgl. Crisand/Rahn 2010: 46.

79 vgl. Crisand/Rahn 2010: 65.

80 vgl. Picot et al. 2003: 79-80.

81 vgl. Crummenerl, Claudia & Scherger, Axel 2015: 100.

82 vgl. Becker 2015: 24-28.

83 vgl. Becher 2011: 199.

84 Mayer 2013: 26.

85 vgl. Heinze 2001: 12 f.

86 vgl. Lamnek 2005: 186, 384

87 vgl. Lamnek 2005: 20-21.

88 vgl. Mayer 2013: 26.

89 vgl. Becher 2011: 204

90 vgl. Lamnek 2005: 332-334.

91 vgl. Lamnek 2005: 352.

92 vgl. Mayring 2008: 54.

93 Mayring 2008: 54.

94 Kuckartz 2007 S. 58.

95 vgl. Mayring 2008: 58-59.

96 vgl. Mayring 2008: 57-71.

97 vgl. Mayer 2013: 17-27.

98 Mayer 2013: 19.

99 vgl. Lamnek 2005: 243-355.

100 vgl. Lamnek 2005: 442-443.

101 vgl. Mayring 2008: 60-61.

102 vgl. Mayring 2008: 96.

Ende der Leseprobe aus 155 Seiten

Details

Titel
Digitalisierung der Kommunikation als Herausforderung für die Führung in Unternehmen
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
155
Katalognummer
V343845
ISBN (eBook)
9783668361577
ISBN (Buch)
9783668361584
Dateigröße
1868 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Digitalisierung, Kommunikation, Führung, Industrie 4.0, Arbeitswelt 4.0, virtuell, Internet der Dinge
Arbeit zitieren
Florian Habermann (Autor:in), 2016, Digitalisierung der Kommunikation als Herausforderung für die Führung in Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343845

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