Der Begriff der 'religio naturalis' in der Aufklärung. Lessing als Verteidiger des Islams als eine natürliche Religion?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entstehung des Islams

3. Der Islam als religio naturalis?
a. Die natürliche Religion - eine Religion der Vernunft
b. Standpunkte zum Islam im 18. Jahrhundert
c. Lessing und der Islam

4. Fazit

1. Einleitung

Spricht man heute über den Islam, so meist im negativen Sinne. Seit dem 11. September 2001 schaut die Welt mit Angst und Hass auf diese noch sehr junge Religion. Die Ereignisse der letzten Jahre führten dazu, dass eine Vielzahl von Menschen den Islam als die gewalttätigste und gefährlichste der Weltreligionen ansehen. Dies ist vor allem Terror-Organisationen wie der Hamas, Al-Qaida oder dem Islamischen Staat (IS) geschuldet. Diese Gruppen operieren unter dem Deckmantel der Religion und versetzten Menschen in Angst und Schrecken durch willkürliche Anschläge auf Zivilisten und Regierungsmitglieder. Immer wieder hört man in den Nachrichten von solchen Terrorakten und den sogenannten Bekennervideos, in welchen stets die Religion als Motiv genannt wird. Da er scheint es nicht verwunderlich, dass Schüler beim Erstellen einer Mind-Map zum Thema Islam als erstes „Terrorismus“ an die Tafel schreiben.[1]

Der Islam hatte in der Geschichte zu keiner Zeit einen guten Stand in der westeuropäischen Gsellschaft. Das Judentum und Christentum waren die zentralen Religionen in der europäischen Gesellschaft, weshalb man misstrauisch gegenüber der Religion aus dem Orient war. Obwohl alle drei sich als abrahamitische Religionen[2] verstehen und somit eine gemeinsame geschichtliche Basis haben, geriet der Islam stets ins Abseits.

Mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert gelang es jedoch, einen anderen Blick auf diese fremde und junge Religion zu gewinnen. Dies war unter anderen Gotthold Ephraim Lessing (* 1729 / f 1781) geschuldet, welcher mit seinem dramatischem Gedicht Nathan der Weise die drei Weltreligionen direkt gegen- bzw. miteinander antreten lies. Dabei stellt sich die Frage nach Lessings Motivation. Eine Möglichkeit könnte das Streben nach dem Abbau von Vorurteilen gewesen sein, um so eine vernünftige, kritische Auseinandersetzung mit dem Islam als Religion und Kultur im Sinne der

Aufklärung gewährleisten zu können.[3] Im Zentrum der Kritik Lessings steht dabei der generelle Wettstreit der Religionen um das Gute. Lessing unterstelle hierbei vor allem den Christen Gutes nicht um dessen Selbstwillen zu tun, sondern um Erlösung im Jenseits zu finden. Dies wäre jedoch keine ausreichende Motivation für gutes Handeln nach aufklärerischem Sinne.[4]

Die vorliegende Hauptseminararbeit befasst sich mit den unterschiedlichen Standpunkten zum Islam zu Zeiten der Aufklärung. Dabei liegt das Hauptaugenmerk aufgrund der Kurswahl vor allem auf Gotthold E. Lessing Hierzu werden sein noch heute berühmtes dramatische Gedicht Nathan der Weise und andere seiner damaligen Schriften als Quellen zur Ergründung seiner Einstellung zur muslimischen Religion herangezogen.

Zur geschichtlichen Einbettung dient ein kurzer Abriss über die Entstehung des muslimischen Glaubens, in dem auch die Rolle des Propheten Mohammed, sein Leben und Wirken, beleuchtet wird. Dieser Abschnitt befasst sich nur in groben Zügen mit der Entstehung und Ausbreitung des Islams und kann keinen detaillierten Einblick in die Religion, ihre Bräuche und Sitten gewähren, da dies nicht den Untersuchungsschwerpunkt der Seminararbeit bildet.

Im Hauptteil erfolgt die Klärung des Terminus religio naturalis. Dabei konzentriert sich die Autorin auf die Entwicklung des Deismus in England, da mit Edward Herbert von Cherbury und seinen fünf Wahrheiten der Grundstein dieser Bewegung gelegt wurde. Entwicklungen in anderen Ländern wie Frankreich oder Deutschland werden nicht betrachtet, da es in diesem Kapitel nur um die Klärung des Kerns dieser „natürlichen Religion“ geht.

Im Anschluss daran erfolgt die Darstellung der unterschiedlichen Auffassung zum Islam als gleichwertige Religion neben Judentum und Christentum. Weil das Hauptaugenmerk der Arbeit auf Lessings Auseinandersetzung mit dem Islam liegt und untersucht werden soll, ob bzw. warum Lessing den Islam als eine natürliche Religion ansieht, beschränkt sich die Autorin auf Lessings Mitstreiter aus der Zeit der Aufklärung und geht nur im Zusammenhang mit Lessings Motivation zur Auseinandersetzung mit dem Islam auf aktuelle Diskussionen ein.

Das Fazit dient der Zusammenfassung der Ergebnisse und bietet der Verfasserin der Hausarbeit den Raum zur Darstellung der eigenen Ansicht auf Lessings Motivation zur Auseinandersetzung mit dem Islam

2. Die Entstehung des Islams

Wie in jeder Religion kann man auch in Bezug auf die Entstehung des Islams kein genaues Datum nennen, an dem sie entstanden ist. Es war ein Prozess, der sich, und auch hier sieht man Parallelen zu anderen Religionen, im Zuge vieler, teilweise blutiger Auseinandersetzungen weiterentwickelt hat.

Wie im Christentum, so steht auch im Islam eine historische Person im Mittelpunkt des Glaubens. Handelt es sich beim erst genannten um Jesus Christus - dem Erlöser und Sohn Gottes, ist es im Islam Mohammed - der Prophet.

Bevor Mohammed den Grundstein des muslimischen Glaubens legte, herrschte der Polytheismus und das Heidentum im arabischen Raum. Der Ort Mekka und die Ka'ba waren zu dieser Zeit bereits für die zwölf arabischen Stämme von großer Bedeutung und Ziel ihrer Wallfahrten, bis Mohammed sie schließlich ins Zentrum des Islams rückte.[5]

Mohammed selbst wurde 570 n. Chr. In Mekka geboren. Er war der Sohn einer vornehmen, jedoch mittelosen Familie. Sein Vater starb noch vor seiner Geburt und im Alter von sechs Jahren verlor er seine Mutter, weshalb er von seinem Onkel Abü-Jäblib großgezogen wurde. Er ging der Tätigkeit eines Karawanenführers nach, was zur damaligen Zeit von Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit zeugte. Aufgrund seiner Heirat mit einer wohlhabenden, aber wesentlich älteren Kaufmannswitwe, wurde er mit vierundzwanzig Jahren selbst zu einem reichen Kaufmann.[6] In der gemeinsamen Zeit erlebten sie schwere Schicksalsschläge in der eigenen Familie und sahen mit an, wie mit den armen Menschen in ihrer Umgebung umgegangen wurde. Mohammed zog sich wohl des Öfteren in die Wüste zurück, um sich allein zu besinnen und über das Leben und den Willen Gottes nachzudenken. In einer solchen Situation soll ihm, so die Legende, der Erzengel Gabriel[7] erschienen sein. Dieser rezitierte aus einer Schriftrolle ,,[...] Lies, dein Herr ist’s der dich erkor. [,..]“[8], was Mohammed zum Propheten Gottes machte.[9]

Mohammed lehrte seinen neuerworbenen Glauben an den Tag des Jüngsten Gerichts zunächst nur im engeren Verwandtenkreis und trat erst später damit an die Öffentlichkeit. Seine Anhängerzahl wuchs schnell, was in den Augen der Hohen in Mekka eine Bedrohung ihrer Macht darstellte, weshalb es zu tätlichen Übergriffen auf ihn und seine Anhängerschaft kam. 622 verließ er deshalb mit ihnen Mekka und kehrte auf Einladung in Yathrib, das heutige Medina (Stadt des Propheten), ein. Bis zum Einzug Mohammeds und seiner Gefolgsleute herrschte Chaos und Gewalt in der Stadt. Durch sein Verhandlungsgeschick gelang es ihm mittels eines Gemeindevertrags Ruhe zwischen den unterschiedlichen religiösen Gruppen einkehren zu lassen. Im Zuge dessen entwickelte sich auch die muslimische Glaubensgemeinschaft (umma) mit ihren festen Tagesabläufen und Vorschriften. In den kommenden Jahren versuchten die Oberhäupter Mekkas immer wieder Medina einzunehmen und Mohammed zu beseitigen. Gemeinsam mit seinen Glaubensanhänger schlug Mohammed viele Schlachten, die nicht immer siegreich für sie ausgingen. Medina blieb jedoch in ihrer Hand. Dennoch war es ihnen nicht gestattet, die Wallfahrt nach Mekka, ihrem zu dieser Zeit bereits heiligem Ort, durchzuführen. Erst als Mohammed einen Vertrag mit den Mekkanern schloss, welcher einen zehnjährigen Waffenstillstand beinhaltete, konnte 629 die erste Wallfahrt stattfinden. Der Waffenstillstand sollte jedoch nicht lange anhalten, weshalb Mohammed 630 gegen Mekka zog. Die Bewohner kapitulierten und ein Großteil der Bevölkerung nahm den Islam an und auch über die Grenzen der Stadt hinaus, konvertierten arabische Stämme zum Islam. Mohammed ging stets mit gutem Beispiel in Bezug auf ein „gutes Leben“ voran. 632 trat er die Pilgerfahrt nach Mekka an und legte dabei auch die Riten für die muslimische Glaubensgemeinschaft fest. Noch im gleichen Jahr verstarb Mohammed in Mekka.[10]

Nach seinem Tod war die Nachfolge Mohammeds unklar. Sicher war, dass keiner sein Amt als Prophet „antreten“ könne. Also wurden Kaflifen[11] Oberhäupter der Glaubensgemeinschaft. Die Uneinigkeit über den rechtmäßigen Nachfolger führte zu inneren Unruhen in der Glaubensgemeinschaft und schließlich zur Spaltung. In einer Reihe von Eroberungszügen, unterwarfen die Kalifen zahlreiche Gebiete und es kam zur Ausweitung des muslimischen Glaubens auch in Europa.[12] Wirklich „bekannt“ wurden die Religion und ihre Macht jedoch erst mit den Kreuzzügen. Die Erfolge der Araber brachten Angst und Schrecken in europäischen Bevölkerung. So sah man der „neuen“ Religion mit viel Skepsis entgegen, was sich auch in einigen literarischen Werken und den anfänglichen Koranübersetzungen widerspiegelte.[13] Erst mit Beginn der Aufklärung wurde dem stärker entgegen gewirkt.

3. Der Islam als religio naturalis

3.a. Die natürliche Religion - eine Religion der Vernunft

Mit Beginn der Aufklärung und den damit einhergehenden Veränderungen in Gesellschaft und Wissenschaft, hat sich auch das Verhältnis des Menschen zur Religion verändert.

[...]


[1] So gesehen im LER-Unterricht einer achten Klasse am Gymnasium.

[2] Judentum, Christentum und Islam gehen zurückaufden StammvaterAbraham. Abrahams Nachkommen sind Begründerder jeweiligen Glaubensgemeinschaft, weshalb sie als abrahamitische Religionen bezeichnetwerden.

[3] Horsch, Silvia: „Toleranz - ein brauchbarer Begriff im interreligiösen Dialog?“, Vortrag auf dem Studientag in der Evangelischen Akademie Arnoldshain am 28. September 2004 [http://www.al-sakina.de/inhalt/artikel/lessing:islam/lessing:islam.html, Zugriff: 02.09.2015, 10:24 Uhr],

[4] Siehe dazu: Lessing, Gotthold Ephraim: Die Erziehung des Menschengeschlechts, Berlin 1780 [http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-erziehung-des-menschengeschlechts-1175/1 (Zugriff: 29.09.2015, 23:36 Uhr)].

[5] Schaefer, Udo: Glaubenswelt Islam. Eine Einführung (Religionswissenschaftliche Texte und Studien Band 7), Hildesheim/Zürich/New York2002, S. 11.

[6] Schaefer: Glaubenswelt Islam 2002, S. 13f.

[7] Diese Erscheinung wird auch in zahlreichen Bildern dargestellt und dient steht als Symbolisierung derEntstehung des Islams.

[8] Koran 96: 3, Zitiert nach: Schaefer: Glaubenswelt Islam. 2002, S. 14.

[9] Schlägt man die Sure in anderen Koranübersetzungen nach, so findet man diesen Ausspruch nicht. Hier heißt es beispielsweise in der Übersetzung von Abu-r- Ridä'Muhammad ibn Ahmad ibn Rassoul „Lies, denn dein Herr ist Allgütig“. (Lies Stiftung (Hrsg.): die ungefähre Übersetzung des AI Qur' än AI KarTm in deutscher Sprache. Köln 201522, 96:3.) Dies zeigt die Uneindeutigkeit derKoranübersetzungen und lässt somit Spielraum für Mutmaßungen über den tatsächlichen Hergang dieser „Ernennung“ zum Propheten. Schaefer nutzt die Übersetzung von Friedrich Rückerts welche in den 1820er entstand.

[10] Schaefer: Glaubenswelt Islam 2002, S. 15ff.

[11] Kalif = Stellvertreter. Sie führen die Glaubensgemeinschaft an Stelle von Mohammed auf dem rechten Weg des Glaubens.

[12] Schimmel, Annemarie: Die Religion des Islam. Stuttgart 201011, S. 22ff.

[13] Muslim, Zahim Mohammed: Lessing und der Islam. Eine Studie zu Lessings Auseinandersetzung mitdem Islam, unv. Diss., Humblot-Universität zu Berlin 2010, S. 12f.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Der Begriff der 'religio naturalis' in der Aufklärung. Lessing als Verteidiger des Islams als eine natürliche Religion?
Hochschule
Universität Potsdam  (Historisches Institut)
Veranstaltung
„Der Streit um die Religion in der deutschen Aufklärung“
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V345535
ISBN (eBook)
9783668353763
ISBN (Buch)
9783668353770
Dateigröße
501 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Islam, Lessing, Aufklärung, Religion
Arbeit zitieren
Sabrina Kummer (Autor:in), 2015, Der Begriff der 'religio naturalis' in der Aufklärung. Lessing als Verteidiger des Islams als eine natürliche Religion?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/345535

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