Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen
2.1. Supply Chain Management
2.2. Risikomanagement
2.3. Risikomanagement in Supply Chains
3. Einflussfaktoren auf das SC Risk Management
3.1. Ebene des Makroumfelds
3.2. Ebene der Branche
3.3. Ebene der Supply Chain
3.4. Ebene des Unternehmens
3.5. Ebene der Entscheidungsträger
4. Ansätze zur Regulierung von Supply Chain Risiken
4.1. Ursachenbezogene Steuerungsmaßnahmen
4.1.1. Risikovermeidung
4.1.2. Risikoeinschränkung
4.2. Wirkungsbezogene Steuerungsmaßnahmen
4.2.1. Risikotransferierung
4.2.2. Risikofragmentierung
4.2.3. Selbsttragung des Risikos
5. Einsatz von Big Data und RFID zur SC Risiko-Senkung..
5.1. Funktionsweise
5.2. Einsatzvoraussetzungen
5.3. Kosten- und Nutzenpotenziale
5.4. Kritische Würdigung des Ansatzes
6. Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
8. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Seit geraumer Zeit wird dem Supply Chain Management (SCM) bzw. dem Supply Network Management und seine Definition als unternehmensübergreifende Gestaltung der Geschäftsprozesse, als auch der methodischen Koordination des kompletten Wertschöpfungsnetzes von den Rohstofflieferanten bis zu den Endkunden deutlich erkennbare Beachtung geschenkt. Dies liegt nicht zuletzt an der zunehmenden Globalisierung, dem daraus resultierenden Anstieg der Kundenanforderungen und an der Verkürzung der Produktlebenszyklen. Wie bereits der griechische Philosoph Heraklit wusste, ist nichts so beständig wie der Wandel.
Auch wenn durch die enge Abstimmung zwischen Lieferanten und Kunden gewisse Risiken aus dem Wettbewerbsumfeld eingegrenzt werden können, ist ein systematisches Riskomanagement angesichts neu entstehender Risiken gerade durch die enge Zusammenarbeit der Mitglieder der Wertschöpfungsnetze für die einzelnen in der Supply Chain (SC) agierenden Unternehmen, als auch für die ganze SC unabdingbar.[1]
Weltweit drohen Unternehmen verschiedener Größen aus unterschiedlichen Gründen Unterbrechungen in ihren Lieferketten. Demnach entstehen Umsatzverluste, Mehrkosten, Lieferverzögerungen, Transportverspätungen und Versorgungsengpässe. Deshalb sollten Unternehmen versuchen, diesen Risiken durch verschiedene Ansätze des Supply Chain Risk Managements (SCRM) entgegenzuwirken, um entscheidende Wettbewerbsvorteile zu generieren und nicht zu verlieren.[2]
Mit der vorliegenden Arbeit wird ein konkreter Ansatz des SCRM aufgezeigt und unter anderem Lösungsansätze zur Verbesserung der Identifikation, Bewertung und Beherrschung von logistischen Misserfolgswahrscheinlichkeiten veranschaulicht.
2. Grundlagen
Im folgenden Kapitel werden zunächst die Bedeutung, die Aufgaben, die Ziele sowie die Entwicklung des SCM vorgestellt, bevor anschließend das Risikomanagement im Generellen und das Risikomanagement in SC mit Besonderheiten und Vorgehensweisen zur Identifikation von SC Risiken verdeutlicht werden.
2.1 Supply Chain Management
„Ein Supply Chain Management kennzeichnet interne wie netzwerkgerichtete integrierte Unternehmungsaktivitäten von Versorgung, Entsorgung und Recycling, inklusive begleitende Geld- und Informationsflüsse.“[3] Das SCM ist vereinfacht gesagt ein Lieferkettenmanagement, das sich von der Bezugsquelle bis zur Verbrauchsstelle erstreckt und sich in zwei grundlegende Prozesse aufteilt. Einerseits bezieht sich das SCM auf betriebsinterne Vorgänge, also auf die Verknüpfung von Stufen wie z.B. Vormontage, Zwischenlager, Endmontage und Versand. Dabei versorgen die vorgelagerten Stufen jeweils die nachgelagerten und die Wertschöpfung nimmt von Stufe zu Stufe, gleich dem physischen Materialfluss bzw. dem Dienstleistungsfluss, zu. Dieser Prozess wird als unternehmungsinterne SC bezeichnet. Andererseits steht die unternehmungsintegrierte SC für die Verzahnung externer Schnittstellen eines Unternehmens. Hierbei findet eingangsseitig eine Verflechtung der Unternehmung mit den Lieferanten und deren Lieferanten und ausgangsseitig mit den Kunden und deren Kunden statt. Eine intergierte SC umfasst demnach jegliches Handeln der Mitwirkenden im Lieferkettennetzwerk.[4]
Die Aufgaben des SCM können nach Busch und Dangelmaier in gestalterische, planerische und steuernde Bereiche, also in Supply Chain Design, Supply Chain Planning und Supply Chain Execution, eingeteilt werden.[5] Das Supply Chain Design ist für die Strukturbestimmung der SC verantwortlich. Dabei legt es unter anderem fest, welche Partner, welche Standorte und deren Lager- und Produktionskapazitäten, welche Arten des Transportes und welche unterstützenden Informationssysteme am besten für die jeweilige SC sind.[6] Das Supply Chain Planning hat die Aufgabe der Planung und Steuerung der SC. Es beschäftigt sich mit Planungsaufgaben in den verschiedenen Abteilungen wie der Beschaffung, der Produktion und der Distribution. Das Supply Chain Execution übernimmt die Steuerungsaufgaben und die Überwachung für die betriebliche Prozessdurchführung, mit besonderem Augenmerk auf unternehmensübergreifende Steuerungsvorhaben. Um die Aufgaben des SCM zu konkretisieren werden je nach SC und dessen Ziele unterschiedliche Konzepte mit Eigenschaften wie unternehmensübergreifende Wirkung, andauernde Änderung, höherer Zielerreichungsgrad und separate Einsetzbarkeit angewendet.[7] Diese Konzepte werden in dieser Arbeit jedoch nicht weiter erläutert.
Das ökonomische Ziel des SCM ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der kompletten SC langfristig durch die Zusammenfassung unternehmensübergrei- fender Erfolgspotenzialen zu verbessern. Der gegenseitige Konkurrenzkampf einzelner Unternehmen soll reduziert und auf die gesamte SC ausgeweitet werden. Das erweiterte Formalziel ist somit eine Nutzensteigerung für jeden einzelnen Teilnehmer der SC durch die Zusammenarbeit sicherzustellen. Des Weiteren können nach Wellbrock die Sach- bzw. Leistungsziele des SCM in fünf Bereiche eingeteilt werden: Die Realisierung von Kosten-, Zeit-, Qualitäts- und Flexibilitätsvorteilen sowie die Steigerung des Endkundennutzens. Dabei hat jedes dieser Sachziele trotz verschiedener Überschneidungen eine spezifische Wichtigkeit zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.[8]
Nach Werner hat das SCM im Laufe der Geschichte vier elementare Entwicklungsstufen durchlaufen. Die erste Stufe (Integration der Funktion interner SC) begann Anfang der 1990er Jahre und galt dem Versuch unternehmensinterne Abteilungen wie bspw. Rechnungswesen, Beschaffung, Vertrieb etc. zu verknüpfen, um Prozessketten aufzubauen. In der darauffolgenden Stufe 2 (Informationsaustausch zwischen Kunden, Lieferanten und Dienstleistern), die Mitte der 1990er Jahre entstand, starteten Organisationen einen umfangreichen Informationsaustausch mit ihren Kunden, Lieferanten und Dienstleistern dank moderner IT, um Wertschöpfungspotenziale zu erhalten. Die dritte Stufe (Kollaboratives Management kompletter Netzwerke), die Anfang der 2000er Jahre begann, versuchte Informationen in Echtzeit durch das Netzwerk der dazugehörigen Teilnehmer zu vermitteln. Die letzte Stufe (Synchronisation und Reduzierung interner wie externer SC) ist zurzeit die Stufe in der versucht wird, mit Hilfe von E-Business, bestehende SC zu optimieren.[9]
Nachfolgend ist eine Beispieldarstellung eines gebräuchlichen SC Netzwerkes von den Rohstofflieferanten bis zu den Endkunden mit den dazugehörenden, teilweise gegenläufigen Material-, Dienstleistungs-, Informationsund Geldflüssen, aufgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Risikomanagement
„Risiken sind die aus der Unvorhersehbarkeit der Zukunft resultierenden, durch „zufällige“ Störungen verursachten Möglichkeiten, von geplanten Zielwerten abzuweichen.“[10] [11] Der Aufbau eines Risikomanagements ist nur in Unternehmungen möglich bzw. sinnvoll, in denen strategische Ziele festgelegt werden. Nur dort können Zielabweichungen in Form von negativen Abweichungen der definierten Ziele vorkommen. Das Managen von Risiken beschäftigt sich demnach mit Entscheidungen unter Risiko und Entscheidungen unter Unsicherheit.[12]
Weltweit zählt ein vorbeugendes Management und damit auch ein professioneller Umgang von und mit Chancen und Risiken schon immer zu einer wichtigen Aufgabe für Unternehmen. Wenn keine Risiken eingegangen werden lassen sich keine Chancen kreieren. Deshalb ist es für Unternehmen, die dem Wettbewerbsdruck standhalten wollen, wichtig, sich intensiv mit Risiken und dem Managen von Risiken auseinander zu setzen und mit den richtig entwickelten Strategien effektive und effiziente Geschäftsprozesse zu bilden.[13] Ziel des Risikomanagements ist es, mit Risiken im Voraus so umzugehen, dass sie nicht realisiert, potenzielle Schäden eingeschränkt und/oder ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten gesenkt werden können.
Die Hauptaufgabe des Risikomanagements ist die Einschränkung der Schwankungsbreite fundamentaler Planungs- und Steuerungsgrößen und somit eine Risikoschmälerung. Verschiedene Nutzen und Vorteile durch die Minderung der Streuung unter Anwendung eines proaktiven Managements sind unter anderem die Erhöhung der Planbarkeit und Steuerbarkeit einer Unternehmung, eine vorherbestimmbare Entwicklung der Zahlungsströme und eine Senkung der Kapitalkosten mit positiver Wirkung auf den Unternehmenswert.[14]
2.3 Risikomanagement in Supply Chains
Risiken in der SC lassen sich in SC-externe Risiken und in SC-interne Risiken einteilen. Erst genannte sind bspw. Terroranschläge, Streiks oder Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Erdbeben. Sie definieren sich als Umweltrisiken denen eine SC ausgesetzt ist. Die internen SC Risiken, die auch SC Verbund Risiken genannt werden, unterteilen sich in die Beschaffungs- und Absatzrisiken, die die Schnittstellen zu den vor- und nachgelagerten Unternehmen bilden.[15]
Nachkommend werden diese Risikokategorien in einer Darstellung näher gebracht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Risiken im Supply-Chain-Verbund
Supply-Chain-Externe Risiken
Abbildung 2.3: Risikokategorien in der SC[16]
Um die vermeidbaren internen Risiken einer SC zu umgehen, erfordert es ein systematisches Risikomanagement, das sich auf die komplette SC erstreckt und nicht nur einzelne Unternehmungen betrachtet. Angesichts der unternehmensübergreifenden Struktur, weist das Risikomanagement in SC gegenüber dem Risikomanagement in einzelnen Unternehmen einige Besonderheiten auf, von denen anschließend mehrere genannt und diese darauffolgend eingeordnet werden.
Die in einer SC agierenden Unternehmen formen zwar ein Verbund, aber differenzieren sich meist bezüglich ihrer Risikotragfähigkeit und ihrer Risikobereitschaft. Ferner besteht die Gefahr von Informationsasymmetrien zwischen den einzelnen Unternehmen hinsichtlich der Risiken. Des Weiteren müssen eventuell verschiedene nationale regulatorische Anforderungen aufgrund internationaler SC, sowie der infolge des praktizierten Risikomanagements auf SC Ebene erweiterte Handlungsrahmen beachtet werden. Außerdem ist eine Bereitschaft der Unternehmen, sich individuellen Standards einer anderen SC anzupassen, im Hinblick auf Mehrfachbeteiligungen an SC, oftmals eingeschränkt. Aus den genannten Besonderheiten geht eine hohe Komplexität bei der Verwirklichung eines unternehmensübergreifenden Risikomanagements hervor.
[...]
[1] vgl. Werner (2013), Vorwort
[2] vgl. Siepermann & Vahrenkamp (2015), Vorwort
[3] Werner (2013), S. 6
[4] vgl. Werner (2013), S. 7
[5] vgl. Busch & Dangelmaier (2004), S. 7
[6] vgl. Schönsleben (2011), S. 69
[7] vgl. Busch & Dangelmaier (2004), S. 7
[8] vgl. Wellbrock (2015), S. 47-48
[9] vgl. Werner (2013), S. 13-14
[10] Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Busch & Dangelmaier (2004), S. 5
[11] Huth & Romeike (2016), S. 52
[12] vgl. Huth & Romeike (2016), S. 52-54
[13] vgl. Huth & Romeike (2016), S. 15
[14] vgl. Huth & Romeike (2016), S. 52-54
[15] vgl. Eckert & Trautnitz (2016), S. 467
[16] Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Eckert & Trautnitz (2016), S. 468