Die Kategorien Zufall und Notwendigkeit analytisch gesehen


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitende Überlegungen
1.1 Hinweise zur Literatur

2. Die Kategorie der Notwendigkeit
2.1 Notwendigkeit von der Antike bis zur Neuzeit
2.2 Modallogik: eine analytisch-definitorische Begriffsannäherung
2.3 Kants Notwendigkeitsbegriff
2.4 Kants Zufallsbegriff
2.5 Zufall und Notwendigkeit bei Jaques Monod
2.5.1 Der Empirismus und das Angeborene

3. Begriffserläuterungen und -Definitionen
3.1 Empirismus
3.2 Zufall
3.3 freier Wille

4. Literatur

1. Einleitende Überlegungen

„Gott würfelt nicht.“[1]

Die ständig im Hintergrund befindliche Frage ließe sich so formulieren: sind alle Prozesse durch eine Kausalität in ihrem Ablauf vorbestimmt, also determiniert, oder laufen sie unvorhersehbar und somit undeterminiert, zufällig ab.

Weniger wichtig scheint mir das Ziel zu sein, die Welt ursächlich zu erklären, als vielmehr zu zeigen, wie das Denken um diese Zusammenhänge sich insbesondere historisch entwickelt hat. Es gilt also das Paradoxon dieser beiden Positionen (Determinismus und Zufälligkeit) sinnvoll zu entzaubern. Sinnvoll meint in diesem Zusammenhang die Begriffe erkenntnistheoretisch-historisch abzuarbeiten und begrifflich zu analysieren.

Für die Soziologie wird es notwendig sein, von der abstrakten begrifflich-analytischen Betrachtung der Kategorien Notwendigkeit und Zufall auf eine konkrete Handlungsebene zu gelangen. Mit anderen Worten: wir sollten, um Kant zu gebrauchen, das intelligible Individuum handlungsfähig machen, mag es noch so verführerisch sein auf der Metaebene zu schwelgen.

1.1 Hinweise zur Literatur

Diese Arbeit wurde im wesentlichen entlang „lexikalischer Literatur“ wie den Handbüchern der Philosophie und dem Kant-Lexikon von Eisler geschrieben. Als Primärliteratur diente die Einleitung zu Immanuel Kants (1724-1804) Kritik der reinen Vernunft; hieraus konnten grundlegende erkenntnistheoretische Annahmen gewonnen werden, wie beispielsweise das Verhältnis von Erkenntnissen a priori und a posteriori einhergehend mit einer Auseinandersetzung von synthetischen und analytischen Urteilen, sowie Aussagen zum Notwendigkeitsbegriff.

Eislers Lexikon hat den Vorteil, dass es praktisch wie Primärliteratur verwendet werden kann. Es erhebt den Anspruch, eine Nachschlagewerk zu Kants sämtlichen Schriften zu sein. So finden sich dann auch am Ende vieler Begriffsbesprechungen viele Zitate aus seinem handschriftlichen Nachlass (N), die manchmal zwar einen etwas unfertigen, fragmentartigen Eindruck machen, aber oft auch wesentliche Züge der Kantischen Ideen kompakt zusammenfassen. Der größte Vorteil – neben der Berücksichtigung aller Quellen - dieses Werkes liegt auf der Hand: Kant kommt stets „selbst zu Wort“. Nur wo es einer Zusammenfassung bedarf, greift der Verfasser ein.

2. Die Kategorie der Notwendigkeit

2.1 Notwendigkeit von der Antike bis zur Neuzeit

Der Begriff der Notwendigkeit (lat. necessita s; engl. necessity; frz. necessité; ital. necessità) soll an dieser Stelle insbesondere über die Reflektion der antiken Philosophen eingeführt werden, um ihn dann ausführlicher in der Zeit der Aufklärung mit Immanuel Kant zu besprechen. Begründen möchten ich die Einschränkung auf Antike und Neuzeit mit der Notwendigkeit einer Straffung der Ausführungen, sowie der Vermutung, dass mit diesem Hintergrund eine für diesen Rahmen ausreichende Klärung der Begrifflichkeiten erreicht werden kann.

Das Historische Wörterbuch der Philosophie[2] untersucht den Begriff - wie der Titel unmissverständlich deutlich macht - im wesentlichen historisch und anhand ausgewählter Philosophen. Beginnen möchte ich nun mit einem Einstieg bei den alten Griechen.

Die Vorsokratiker verwenden den Begriff der Notwendigkeit synonym mit dem des Schicksals. Heraklit beschreibt eine Art von Schicksalsnotwendigkeit, die den Lauf der Dinge auf der Welt bestimme. Paramenidis erklärt sowohl naturgesetzlich-kosmologische Ordnung wie auch die gesellschaftlich-moralische Ordnung als göttlich gesetzt. Diesen Zwang, den diese Form von Notwendigkeit mitbringt, erkennt auch Platon, der noch feiner zwischen Naturnotwendigkeiten und gesellschaftlichen Gesetzen differenziert.

Aristoteles sollte etwas näher betrachtet werden, da er eine analytisch-definitorische Definition des Notwendigkeitsbegriffs wagt und unserer Modalanalyse vorgreift. Bei der Kant-Lektüre wird deutlich, dass Aristoteles für Kant wichtige Vorarbeit geleistet hat. Seine [Aristoteles] vielschichtige Analyse des Notwendigkeitsbegriffs möchte ich an dieser Stelle in knapper Form zusammenfassen.

In Anlehnung an Platon weist er dem Begriff zunächst drei Bedeutungen zu:

a. das Lebensnotwendige
b. Notwendigkeit im Sinn von Zwang oder Gewalt und
c. die Notwendigkeit, dass sich etwas nicht anders verhalten kann

Letzterer Punkt ist entscheidend, da es das allgemeinste Prinzip ist. Was sich nicht anders verhalten kann, sind Sachverhalte, die aus notwendigen Prämissen bewiesen sind. Aber auch diese Prämissen müssen wiederum gesichert sein: durch eine oberste Notwendigkeit. Um nicht in eine endlose Beweiskette zu gelangen, wird dieser „erste Beweger“ als fest und unbeweglich gesetzt.

Eine weitere Unterscheidung ist die der hypothetischen und absoluten Notwendigkeit. Aristoteles versteht unter hypothetischer Notwendigkeit immer eine modale, also analytisch-definitorische. Beispielsweise wird ein Gegenstand vorausgesetzt und rückwärtig gefragt, was von diesem Gegenstand aus notwendigerweise geschehen sein muss.

Die absolute oder schlichte Notwendigkeit kann sich sowohl auf Sachverhalte, als auch auf Ereigniszusammenhänge oder die Existenz von Gegenständen beziehen.

Konkreter wird es bei der Betrachtung der frequentativen Bedeutung des Notwendigkeits-begriffs. Dabei geht es um Ereigniszusammenhänge: immer wenn A eintritt, folgt darauf B. Für Aristoteles besteht nun das Problem, dieses immer zu erklären. Das Problem der Induktion lässt sich als das Problem des Übergangs vom häufig beobachteten Vorgangs zum Immer beschreiben. Seine Lösung lautet, dass sich das immer stattfindende an einer begrenzten Anzahl von notwendig vorhandenen Elementen zyklisch-reversibel und nicht linear vollzieht.[3]

Die notwendig vorhandenen Himmelskörper kehren in einem zyklischen Prozess immer wieder in die – als gleich wahrgenommene – Position. Aristoteles umgeht damit das Induktionsproblem. Er setzt fest, dass es a) die empirische Komponenten der notwendigen Ereigniskette gibt, d.h. wir können es beobachten und das b) eine „theoretische Komponente“ existiert, nämlich das Postulat, dass die Bewegung unendlich ist.

Es bleiben dabei jedoch immer zwei Probleme: des Postulats der Unaufhörlichkeit der Bewegung und des ersten auslösenden Grundes. Beide können wir nicht wahrnehmen, sondern müssen sie setzen. Analytisch-definitorisch kann diese angenommene Notwendigkeit deshalb nicht sein, da „kein begründetes Wissen erreicht [wird], welches das eine auf Einfacheres und Bekannteres zurückführt, sondern nur das Wissen eines Nacheinander von Dingen derselben Ebene.“[4]

2.2 Modallogik: eine analytisch-definitorische Begriffsannäherung

Schaubild: Die Kategorien der Modalität

Modalität

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Allgemein

Modal [abgeleitet von griechisch modus, «Art und Weise»], bezeichnet die Beschaffenheit von Aussagen. Aus erkenntnistheoretischer Sicht beschreiben Aussagen die in der Welt vorkommenden Dinge und Erscheinungen. Durch die Beschreibung wird aber nicht in Abläufe eingegriffen; Veränderungen können erst durch Handlungen geschehen.[5]

Dem Begriffspaar Aussage und Handlung stehen analog die Begriffe Erkennen und Verändern gegenüber.[6]

Eine Aussage lässt sich nun weiter ausdifferenziert betrachten. Die Modallogik beschäftigt sich ganz allgemein mit möglichen, gewünschten, geforderten und ähnlichen Sachverhalten.[7]

„Sätze, in denen Wörter [Modalverben] wie müssen, dürfen, sollen, wollen, mögen, können vorkommen, nennen wir daher Modalsätze.“[8]

[...]


[1] Albert Einstein, Datum unbekannt

[2] vgl. Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 6 - S. 946 f.

[3] vgl. Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 6 - S. 950 unter 4.

[4] Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 6 - S. 951, 1. Abs.

[5] Es „kömmt“ mir in dieser Arbeit - um Marx zu widersprechen – darauf an, die Welt zu beschreiben.

[6] vgl. Seiffert, S. 33 f.

[7] vgl. Seiffert, S. 34

[8] Seiffert, S. 36

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Kategorien Zufall und Notwendigkeit analytisch gesehen
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Der vermessene Mensch
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V35664
ISBN (eBook)
9783638355087
ISBN (Buch)
9783638810098
Dateigröße
785 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kant - schwere Kost, die Spass macht... Take the blue pill :-)
Schlagworte
Kategorien, Zufall, Notwendigkeit, Mensch
Arbeit zitieren
M.A. Andree Wippermann (Autor:in), 2003, Die Kategorien Zufall und Notwendigkeit analytisch gesehen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35664

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