Die Auswirkungen potentieller, mikroökonomischer Förderung in Äthiopien auf das regionale Bevölkerungswachstum


Bachelorarbeit, 2016

51 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Deutsche Zusammenfassung

English Summary

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie
2.1. Die Branchenentwicklung der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie in den vergangenen Jahrzehnten
2.2. Darstellung der branchenüblichen Wertschöpfungskette

3. Derzeitiger Wandel der Produktionssituation in Asien
3.1. Asiens Wohlstand steigt und mit ihm die Lohnkosten
3.2. Äthiopien als Alternative für deutsche Kleidungshersteller

4. Portrait von Äthiopien
4.1. Äthiopien und seine Ökonomie im Überblick
4.2. Die allgemeine Entwicklungssituation Äthiopiens

5. Entwicklung der Weltbevölkerung und ihre Auswirkungen

6. Zusammenhang zwischen Wirtschaft, Fortschritt und Bevölkerungswachstum
6.1. Demographisch-ökonomisches Paradoxon
6.2. Der Demographische Übergang
6.2.1. Theorie des Demographischen Übergangs
6.2.2. Praktische Anwendung des Demographischen Übergangs

7. Auswirkungen der Produktionsverlagerung auf Äthiopiens Bevölkerungswachstum und die deutschen Textilhersteller
7.1. Wirkungsfelder der Produktionsverlagerung
7.2. Auswirkungen auf das regionale Bevölkerungswachstum
7.3. Vorteile für die Unternehmen und Bedingungen für die erfolgreiche Umsetzung

8. Fazit

Literatur Verzeichnis

Anhang

Deutsche Zusammenfassung

Die vorliegende Bachelorarbeit mit dem Titel "Die Auswirkungen potentieller, mikroökonomischer Förderung in Äthiopien auf das regionale Bevölkerungswachstum" befasst sich mit der Frage, ob mikroökonomische Maßnahmen das hohe Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern auf regionaler Ebene beeinflussen können. In diesem Rahmen wird die Produktionsumsiedlung deutscher Textil- und Bekleidungshersteller von Asien nach Äthiopien und die daraus entstehenden Konsequenzen für das Bevölkerungswachstum der Region behandelt. Zunächst wird dem Leser dafür ein Überblick über die derzeitige Branchensituation der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie bereitgestellt. Hierbei wird deutlich, dass sich der Wirtschaftszweig in einer Krise befindet. Der internationale Kostendruck, welcher der Globalisierung entspringt, verschärft die Wettbewerbssituation in dem textilen Sektor. Nach einer kurzen Erläuterung der Supply Chain wird dem Leser die aktuelle Produktionssituation in Asien nähergebracht. Sie unterliegt einer Dynamik, die mit Lohnkostensteigerungen für die Arbeiter einhergeht. Diese Entwicklung ist eine Folge des Wohlstandsanstieges des Kontinents. Im Anschluss wird dargestellt, dass Äthiopien als Land bereits als neue Alternative für Länder wie China, Bangladesch und Myanmar gehandelt wird. Der primäre Grund dafür ist, dass der Staat auf Grund seiner Armut extrem niedrige Fertigungskosten realisieren kann. Daraufhin wird Äthiopien detaillierter als Produktionsstandort vorgestellt. Allgemeine wie ökonomische und entwicklungsrelevante Faktoren und Gegebenheiten werden beleuchtet. Darauf folgt die Darstellung des Überbevölkerungsproblems der Erde, woraufhin die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Fortschritt und Bevölkerungswachstum aufgezeigt werden. Hier wird deutlich, dass weniger Kinder geboren werden, wenn der Wohlstand einer Region steigt. Gleichzeitig gehen die Sterbefälle zurück. Zusammen erwirken diese Umstände den Demografischen Übergang von einer archaischen zu einer modernen Gesellschaft, der mit Alterung und Zuwachs der Bevölkerung einhergeht. Letztendlich werden die Themen Textilproduktionsverlagerung und Bevölkerungswachstum zusammengeführt und ihre Interdependenzen thematisiert. Durch den Kaufkraftzuwachs der Belegschaft und Steuerzahlungen an den Staat stehen mehr finanzielle Mittel zur Verfügung, die einerseits für Entwicklungsprojekte und andererseits für Konsumausgaben genutzt werden können. Die Folge daraus ist eine Beschleunigung des Demografischen Übergangs und bewirkt eine Reduktion des Bevölkerungszuwachses im Vergleich zu einem Ausbleiben der Verlagerung. Abschließend wird die Arbeit im Rahmen eines Fazits zusammengefasst.

English Summary

The bachelor thesis with the translated title „The Effects of Potential, Microeconomic Encouragement in Ethiopia on the Regional Population Increase” deals with question, whether microeconomic actions have an influence on the human growth in Ethiopia. In this Context, the relocation of production sites of German textile and clothing manufacturers from Asia to Ethiopia and its consequences for the regional population increase, are picked out as central themes. Firstly, the reader gets introduced into the economical situation of the German textile and clothing branch. This part of the paper points out, that the companies do currently have to solve a crisis, which is caused by international pricing pressure. The major reason for this development is the globalisation, which tightens the competitive situation of the sector. After a short explanation of the typical supply chain of the branch, the situation of the production in Asia gets focussed. It underlies a specific dynamic, which comes up with an increase of salaries of the employees, working in the production sites. This increase is based on the general economic benefit that was realized by the continent in the last years. The next paragraph deals with the fact, that Ethiopia as a country to produce in, is already sighted by the heads of the branch. The primary reason therefore is, that the costs to produce textiles and clothing are much lower than in countries like China, Myanmar or Bangladesh. The following part concerns Ethiopia as a production site in detail. General information is mentioned as well as economical circumstances and such, which play important roles in the development of the country and its society. The problem of the population increase becomes relevant in the next part of the thesis. It is pointed out, that the human growth comes up with an enormous harm of biological systems, before the interdependences between economical improvement, progress and the increase of human beings is shown. The essence of this chapter is, that the greater the wealth of a society is, the less babies are born in the specific region. At the same time is a perceptible reduction of deaths a consequence of the growing welfare and its accompanied medical improvement. Together do these factors cause the demographical transition. Finally, the two topics production relocation of the manufacturers from Asia to Ethiopia and the increase of humans get related to each other. At this Point it becomes clear, that the financial power, which comes into the country due to the payment of salaries and taxes can be used to support development projects on the one hand and individual consumption on the other hand. This generates a decrease of the rates of births and deaths. The result is a faster demographical changeover, which ends up with a lower amount of humans in the end. The last chapter summarizes the thesis in form of a conclusion.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Darstellung der globalen Verteilung des prognostizierten Weltbevölkerungswachstums von 2010 bis 2050.

(Quelle: Die Welt [2011], o. S.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Entwicklung der Weltbevölkerungszahl von Christi Geburt bis zum Jahr 2015 (in Milliarden).

(Quelle: Statista GmbH [2016b], o. S.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Weltbevölkerungsentwicklung von 1700 bis 2050.

(Quelle: Ulrich [2003], o. S.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Weltbevölkerung und Wasserknappheit.

(Quelle: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung [2013], S. 2)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5 Grafische Darstellung des Modells des Demographischen Übergangs

(Quelle: Münz/ Ulrich [2012] S. 1)

1. Einleitung

Die Spezies Mensch ist bekanntlich eine der erfolgreichsten, die je auf dem Planeten Erde gelebt haben. Sie hat es an die unangefochtene Spitze der Nahrungskette geschafft. Nun stellt ihr exponentielles Wachstum eine ernsthafte Bedrohung für ihren eigenen Lebensraum dar. Das Überschreiten von natürlichen Kapazitätsgrenzen, die unser Heimatplanet aufweist, führt langfristig zur Schädigung seiner Biosphäre. Das Bevölkerungswachstum gilt durch seine Korrelation mit dem Verbrauch natürlicher Ressourcen als hauptverantwortlicher Einflussfaktor für diese Veränderung.

Die vorliegende Arbeit widmet sich der bevölkerungsökonomischen Frage, ob mikroökonomische Maßnahmen in Äthiopien zur Reduktion des dortigen Bevölkerungswachstums beitragen. Hierzu wird beispielhaft die momentan stattfindende Produktionsverlagerung deutscher Textil- und Bekleidungsunternehmen von Asien nach Äthiopien ins Auge gefasst, um Praxisnähe zu schaffen. Das ostafrikanische Land Äthiopien gehört zu denjenigen, die die weltweit höchsten Bevölkerungszuwachsraten aufweisen.

Die theoretische Grundlage für diese Abhandlung, stellt das Demografisch-ökonomische Paradoxon dar. Es beschreibt den Zusammenhang zwischen steigendem Wohlstand und dem daraus resultierenden Sinken der Geburtenrate. Die zentrale Idee der Arbeit besteht darin, dass ökonomische Fortschritte in Entwicklungsländern durch Investitionen der Industrieländer erzielt und somit das Bevölkerungswachstum reduziert wird.

Im Der Leser wird zunächst in die momentane Branchensituation und die übliche Wertschöpfungskette der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie eingeführt, um eine Wissensgrundlage zu schaffen. Im Anschluss wird der derzeitige Wandel der Produktionssituation in Asien sowie der dadurch angestoßene Verlagerungsprozess gen Äthiopien erläutert, bevor das Land als Produktionsalternative deutscher Hersteller im Hinblick auf Ökonomie und Entwicklungsstatus näher betrachtet wird. Daraufhin wird das Problem der Überbevölkerung der Erde behandelt. Im sechsten Kapitel wird der Zusammenhang zwischen Wirtschaft, Fortschritt und Bevölkerungswachstum erläutert. Hier nimmt auch das Demographisch-ökonomische Paradoxon eine übergeordnete Rolle ein. Im darauffolgenden Kapitel, werden die vorangegangenen beiden Themen, die Produktionsverlagerung deutscher Unternehmen von Asien nach Äthiopien und das Problem des Bevölkerungswachstums in Verbindung gebracht. Hier wird sich herausstellen, inwieweit das Bevölkerungswachstum durch die mikroökonomischen Tätigkeiten der Textil- und Bekleidungshersteller beeinflusst wird. Kapitel acht fasst die Arbeit im Rahmen eines Fazits zusammen.

2. Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie

Dieses Kapitel der vorliegenden Bachelorarbeit soll einen Überblick über die wirtschaftliche Situation der Textil- und Bekleidungsindustrie in Deutschland abbilden. Zunächst wird ihre Entwicklung seit 1970 bis Heute dargestellt, bevor die Skizzierung der branchenüblichen Supply Chain erfolgt.

2.1. Die Branchenentwicklung der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie in den vergangenen Jahrzehnten

Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie ist traditionell durch viele kleine und mittelständische Unternehmen geprägt und findet seinen Mittelpunkt im Münsterland. Seit 1970 befindet sie sich in einem Strukturwandel. Das Qualitätsmerkmal „Made in Germany“ muss sich durch jüngste Entwicklungen in weiten Teilen des textilen Sektors dem Kampf um die besten Preise unterordnen. Zusätzlich gehen zunehmend Marktanteile an die Reise- und Elektronikbranche verloren. Dies hat zur Folge, dass die Branche einen großen Teil ihrer Betriebe und Beschäftigten in den vergangenen 45 Jahren verloren hat. Während 1970 noch 900.000 Positionen in dem Sektor besetzt waren, waren es 2005 lediglich 140.000.[1]

Die Textil- und Bekleidungsindustrie in den neuen Bundesländern sah sich, nach der Wiedervereinigung im Jahre 1989, vor enormen Herausforderungen wieder. Der Systemwechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft war einerseits eine zusätzliche Belastung für die Betriebe, andererseits eröffneten die neuen Strukturen und Grenzöffnungen neue Perspektiven.[2] Der Produktions- und Beschäftigungsabbau geht auf Produktivitätsfortschritte und vor allem auf die zunehmende Globalisierung der Textilindustrie zurück. Auslaufende Handelsbeschränkungen zum Jahresende 2005, insbesondere The Agreement on Textiles and Clothing der World Trade Organisation, führten zusätzlich zu einer verschärften Wettbewerbssituation, die durch internationalen Kostendruck geprägt war und noch immer ist.[3] Die Eröffnung der Märkte führte zu erhöhter Importkonkurrenz, auf die die Branche reagierte, indem sie neue Absatzmärkte erschloss, die außerhalb der Europäischen Union lagen, um auch selbst von den neuen Bestimmungen profitieren zu können.[4] Mittlerweile werden innovative und starke Marken und Designs, die der deutschen Textilindustrie entspringen, international nachgefragt. Sie sind ein primärer Erfolgsfaktor für den Außenhandel, der als Schlüsselfaktor für eine positive Branchenentwicklung gilt. Außerdem ist es der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie gelungen, durch Investitionen in Forschung und Entwicklung, Innovationskraft und Flexibilität zukunftsfähige Wettbewerbspositionen in attraktiven, neuen Geschäftsfeldern, wie zum Beispiel den technischen Textilien, zu erreichen.[5] Etwa drei Viertel des gesamten Exportwertes der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie wird in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union umgesetzt. Das macht sie zu den mit Abstand wichtigsten Handelspartnern. Darauf folgen mit ca. 12% die übrigen europäischen Staaten. Asien belegt Platz drei mit 6%. Der deutsche Import hingegen wird von Asien mit einem Anteil von 50% dominiert. Es folgen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit knapp 30% und die übrigen europäischen Staaten. Im Einzelnen werden insbesondere China, Bangladesch und die Türkei zu den wichtigsten Zulieferern der deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie gezählt. Beim Export belegt Deutschland, gemessen am Ausfuhrwert, Platz drei im internationalen Vergleich hinter China und Italien. Beim Import positioniert sich Deutschland auf Platz zwei, hinter den Vereinigten Staaten von Amerika.[6] Bezogen auf die inländische Volkswirtschaft, wohnt der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie, die größtenteils mittelständisch strukturiert ist, als Wirtschaftsfaktor eine relativ geringe Bedeutung inne. Allerdings ist sie nach dem Lebensmittelgewerbe die zweitgrößte Branche der Konsumgütermärkte in Deutschland. Von ihr ist eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in tangierten Wirtschaftszweigen direkt und indirekt abhängig. Beispielsweise beliefert sie die Pharma-, Automobil- und Bauindustrie mit technischen Textilien und bezieht Leistungen von der Maschinenbau- und der chemischen Industrie. Hauptsächlich konzentrieren sich die Standorte der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und Sachsen.[7]

Insgesamt befindet sich die Branche momentan, trotz guter Vergleichswerte, im internationalen Wettbewerb, in einer Krisensituation. Namhafte Hersteller wie Gerry Weber, Hugo Boss oder die Tom-Tailor Gruppe, mussten zuletzt Umsatzeinbußen und Unternehmenswertverluste hinnehmen.[8] Die Gründe dafür sind vielseitig. Zum einen hat sich das Kaufverhalten der Konsumenten dahingehend geändert, dass ein neues Mobiltelefon oder eine Reise als wünschenswerter eingeschätzt werden als neue Bekleidung.[9] Die Branche verliert also Umsätze an konkurrierende Branchen. Zum anderen schwächeln wichtige Absatzmärkte, wie zum Beispiel Russland. Hinzu kommt, dass sich der vergangene, verhältnismäßig milde Winter negativ auf die Verkaufszahlen der Winterkollektionen ausgewirkt hat. Die Folge waren eklatante Kurseinbrüche an der deutschen Börse.[10] Ein weiterer Faktor, der die Hersteller vor Probleme stellt, ist der Wandel im Bekleidungshandel. Der irländische Modekonzern Primark definiert die Maßstäbe von Mode im Bezug auf Aktualität und Discount neu. Handelsportale im Internet bieten eine hohe Preistransparenz und Auswahl an.[11]

Insgesamt besteht also Handlungsbedarf für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie, um weiterhin auf den internationalen Märkten konkurrenzfähig bleiben zu können. Im Folgenden wird im Hinblick darauf die übliche Wertschöpfungskette der Branche dargestellt, um den Leser tiefer in den Herstellungsablauf einzuführen.

2.2. Darstellung der branchenüblichen Wertschöpfungskette

Die Herstellung von Textilien und Bekleidung ist durch eine hohe Fragmentierung der Produktionsschritte gekennzeichnet. Zu ihnen werden die Fasergewinnung, die Spinnerei, die Weberei bzw. Wirkerei, die Veredelung und die Konfektion gezählt.[12] Als Rohstoffe können Chemie- oder Naturfasern genutzt werden. Bei den erstgenannten wird zwischen Synthetikfasern und Zellulosefasern, deren Grundstoff zwar das Holz ist, die aber in industriellen Prozessen stark bearbeitet werden, unterschieden. Zu den Naturfasern zählen die Baumwolle als meistgenutzte Faser, Wolle, Hanf, Flachs und Seide.[13] Die Spinnereien stellen zunächst Garne aus den Chemie- und Naturfasern her. Daraufhin werden sie von der Weberei, der Stickerei oder der Wirkerei zu Tüchern verarbeitet. Im Anschluss erfolgt die Färbung und Bedruckung im Rahmen der Veredelung. Bis hierher werden die Prozessschritte der Textilindustrie zugeordnet. Lediglich die daran anknüpfende Konfektion, die sich mit der Zuschneidung und dem Nähen der Kleidung befasst, fällt in die Bekleidungsindustrie.[14]

Die unterschiedlichen Zulieferer innerhalb der Textilkette konzentrieren sich häufig lediglich auf eine Produktionsstufe. Aus diesem Grund kann sich die Herstellung von einem Bekleidungsstück über den ganzen Globus verteilen.[15] Produktionsschritte, die sich überdurchschnittlich wissens- und kapitalintensiv gestalten, werden hierbei häufig in den Industriestaaten umgesetzt. Dazu gehören das Design, die Forschung und Entwicklung, oder der automatisierte Zuschnitt der Textilien. Arbeitsintensive Prozesse, wie das Verpacken und Nähen, werden hingegen oft in Entwicklungsländer ausgegliedert, da die Lohnkosten dort sehr niedrig sind.[16]

Generell gilt die Wertschöpfungskette der Textil- und Bekleidungsindustrie als abnehmergesteuertes System. Großhändler, etablierte Markenhersteller und Einzelhandelskonzerne nehmen übergeordnete Rollen ein und bestimmen maßgeblich den Aufbau dezentralisierter Produktionsnetzwerke. Sie werden durch das Design und die Vermarktung der Kleidungsstücke, die Prozessschritte, von denen die Wertschöpfung nach dem Pull-Prinzip angestoßen wird, zu sogenannten „Leitfirmen“. Die Zulieferer hingegen führen lediglich die Anfertigung aus, was sie in eine Abhängigkeitsposition bringt.[17] Der überwiegende Teil der Bekleidungshersteller verfügt mittlerweile über keine betriebseigenen Fabriken mehr. Dennoch koordinieren sie die Wertschöpfungsketten von oben.[18] Meist erfolgt dies nach dem sogenannten Subcontracting-Modell, das sich durch die Verlagerung von Fertigungsschritten auf andere Unternehmen auszeichnet. Im Gegensatz zum Outsourcing ist die Produktionsauslagerung hierbei von vornherein nur für eine bestimmte Zeit vorgesehen.[19]

3. Derzeitiger Wandel der Produktionssituation in Asien

Im folgenden Kapitel wird der momentan stattfindende Wandel der Produktionssituation in Asien aufgezeigt. Der Kontinent, auf dem der überwiegende Teil der weltweit hergestellten Kleidung produziert wird, befindet sich in einem volkswirtschaftlichen Umbruch. Zunächst werden die Gründe für diese Entwicklung aufgezeigt. Anschließend erfolgt eine Darstellung der Konsequenzen für die dort produzierenden Unternehmen, bevor die Produktionsverlagerung vieler Unternehmen nach Afrika und speziell nach Äthiopien behandelt wird.

3.1. Asiens Wohlstand steigt und mit ihm die Lohnkosten

Seit einigen Jahrzehnten gilt Asien und insbesondere China als die „Werkbank der Welt“. Niedrige Lohnkosten machten das aufstrebende Entwicklungsland zu einem attraktiven Produktionsstandort für die Industriestaaten. Wenn auch die produzierenden Unternehmen nur einen geringen Anteil der Wertschöpfung für sich beanspruchen konnten, ging ‘Made in China‘ mit einem stetigen Zuwachs an Kaufkraft einher. Investitionen und Lohnzahlungen, die von europäischen und amerikanischen Unternehmen getätigt wurden, steigerten über Jahre hinweg den Wohlstand des Landes. Der Kontinent erfuhr einen Wirtschaftsboom, der sich durch Wachstumsraten von bis zu 14,2% (China, 2007) kennzeichnete.[20] Nun stellen die Arbeitskräfte der Volksrepublik China neue Ansprüche an ihre Arbeitgeber. Sie wollen an dem Aufschwung teilhaben, und sich nicht länger ausbeuten lassen. Schlechte Arbeitsbedingungen, 72 Stundenwochen und Löhne, die nicht für das Nötigste reichen, werden nicht mehr akzeptiert. 2010 stürzten sich 13 chinesische Mitarbeiter des Technologiezulieferers Foxconn von einem Fabrikdach. Ein kollektiver Selbstmord, der auf die schlechten Arbeitsbedingungen bei dem Unternehmen hinweisen sollte. Der Elektronikhersteller, der unter anderem Apple und Samsung mit Einzelteilen beliefert, reagierte auf den Imageschaden mit Gehaltssteigerungen.[21] 2001 wurde China Mitglied der World Trade Organisation. Seitdem vollzog sich eine Verdreifachung der inflationsbereinigten Industrielöhne.[22] Dieser Kostenanstieg konnte jedoch zunächst durch Produktivitätssteigerungen ausgeglichen werden. Wie die Deutsche Bank ermittelte, steigen seit 2008 die Lohnkosten der Arbeiter in China allerdings stärker als die Produktivität, was die Attraktivität des Landes als Wirtschaftsstandort beeinträchtigt.[23] Die Unternehmen müssen also handeln, um ihre Preise halten zu können. Eine logische Alternative ist der Umzug in ein Land, in dem die Lohnkosten günstiger sind. Im asiatischen Raum sind, Umfragen der englischen Bank Standard Chartered zufolge, die Länder Laos, Kambodscha, Bangladesch und Vietnam sehr beliebt.[24] Aber auch dort haben Lohnsteigerungen, bedingt durch positive Wirtschaftsentwicklungen, Einzug erhalten. Der vietnamesische Mindestlohn liegt zwischen rund 66 Euro und 115 Euro pro Monat und ist regionsabhängig. In Kambodscha liegt er landesweit bei 70 Euro. Sogar in Bangladesch, dem Staat mit den niedrigsten Lohnkosten in Asien, ist 2014 eine Erhöhung der Mindestvergütung im Textilsektor von 28 auf 50 Euro festgeschrieben worden.[25] Zum Vergleich: Chinesische Mindestbezüge sind, ebenso wie in Vietnam, je nach Region unterschiedlich hoch. Wirtschaftsstarke Gebiete kommen auf Mindestvergütungen von über 200 Euro pro Monat (Peking, Shanghai, Shenzhen). Der jüngste Fünfjahresplan von China sieht eine jährliche Lohnsteigerung von 13% vor.[26] Für die Bekleidungsindustrie kommt erschwerend hinzu, dass die Löhne für aufwendige Arbeiten häufig über dem Mindestlohn liegen, da in China ein Fachkräftemangel herrscht.[27] Bei einem Stellenwechsel ist es qualifizierten Arbeitern möglich, Gehaltssteigerungen von 20 – 40 % durchzusetzen, so die Deutsche Handelskammer.[28] Umfragen zufolge ziehen mittlerweile 72% der in China produzierenden Bekleidungshersteller eine Standortverlagerung in Betracht.[29] Ein weiterer kritischer Punkt sind die schlechten Arbeits- und Umweltbedingungen, die in vielen asiatischen Fabriken vorherrschen. Die westliche Bevölkerung wird zunehmend sensibler für die Umstände, unter denen ihre Produkte hergestellt werden. Im Jahr 2013 hatte der Einsturz der siebenstöckigen Textilfabrik Rana Plaza in der Nähe von Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, für weltweite Aufregung und branchenweiten Imageschäden gesorgt. Die Gründe für den Einsturz waren Verpfuschungen beim Bau des Gebäudes und inkorrekte Inspektionen.[30]

Durch die veränderte Situation in Asien finden sich die Modehersteller also vor großen Herausforderungen wieder, die es bestmöglich zu lösen gilt, um sich weiterhin auf den internationalen Märkten behaupten zu können. Auch deutsche Unternehmen sind davon betroffen, die, wie in Kapitel 2.1. beschrieben wurde, unter dem internationalen Kostendruck leiden. Im Folgenden werden die daraus resultierenden Konsequenzen und der alternative Produktionsstandort Äthiopien behandelt.

3.2. Äthiopien als Alternative für deutsche Kleidungshersteller

Der internationale Siegeszug von Modediscountern wie Primark, Forever 21 und H&M zeigt deutlich, wie groß das Bedürfnis nach kostengünstiger Kleidung auf den internationalen Märkten ist. Der Kunde möchte in kurzen Abständen aktuelle Mode zu günstigen Preisen erstehen. Die Bekleidungsindustrie unterliegt einem schnelllebigen Kaufverhalten, das durch rasant wechselnde Modetrends und Preiskämpfe bestimmt wird. Die sogenannte Fastfashionindustrie bedient die daraus resultierende Nachfrage der Kunden durch ein hochfrequentiertes Wechseln der Produktrepertoires. Das deutsche Modelabel S.Oliver realisiert zum Beispiel zwölf Kollektionswechsel pro Jahr. Das spanische Unternehmen Zara schafft es sogar auf 18. Die Folgen sind verkürzte Produktlebenszyklen[31]. Erfolgskritische Faktoren sind daher kurze Umsetzungswege vom Design zum Produkt in der Wertschöpfungskette und kostengünstige Produktionsbedingungen. Eine optimal strukturierte Supply Chain wird durch den hohen Wettbewerbsdruck zunehmend zu einer Schlüsselkompetenz für die Hersteller. Wie im vorangegangenen Kapitel ausgeführt wurde, stellt die derzeitige Entwicklung der Produktionssituation in China und anderen Teilen Asiens eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit der Bekleidungshersteller dar. Im Folgenden wird die momentan stattfindende oder geplante Produktionsverlagerung von Asien nach Afrika und insbesondere Äthiopien als Alternative zu Asien behandelt.

2014 wandte sich die amerikanische VF Corporation, ein Bekleidungskonzern der namhafte Marken wie Timberland, Lee und Wrangler angehören, an ihre asiatischen Zulieferer mit der Bitte, sich dem afrikanischen Markt zu öffnen, da er viele Vorteile mit sich bringe.[32] So ist es eine Tatsache, dass der gesamte Fertigungsprozess dort abgebildet werden kann. Vom Baumwollanbau bis zur letztendlichen Verpackung können alle Prozessschritte auf einem überschaubaren geografischen Gebiet dargestellt werden, was die Produktionszeit verkürzt.[33] In erster Linie sind allerdings die im Vergleich zu Asien deutlich geringeren Lohnkosten für die international agierenden Modemarken von Interesse. In dem politisch stabilen Äthiopien existiert kein Mindestlohn. Im Jahr 2014 verdienten die Textilarbeiter laut der äthiopischen Regierung rund 21 US-Dollar, also etwa 18 Euro. Das entspricht gut einem Drittel des Mindestlohnes in Bangladesch, dem günstigsten Produktionsland Asiens.[34] Der Grund für die extrem niedrigen Löhne in Äthiopien, ist die vorherrschende Armut. Menschen, die auf dem Land leben verdienen zum Teil gar kein Geld oder müssen mit 5 US-Dollar im Monat auskommen.[35] Ein weiterer Faktor, der die Produktionssituation in Äthiopien begünstigt, ist ein sehr niedriges Nebenkostenniveau. Die aufzuwendenden finanziellen Ressourcen für den Betrieb der energieintensiven Anlagen sind vergleichsweise gering. Kein unerheblicher Umstand, da Strom bei der Textilproduktion in einigen Ländern den zweitgrößten Kostenpunkt hinter den Gehältern darstellt.[36]

Diese Kostenvorteile, gepaart mit der Umsetzbarkeit der Wertschöpfungskette auf engem Raum, bieten den Herstellern preiswerte Produkte und Flexibilität. Darüber hinaus wohnt dem Land eine lange Tradition in der Textil- und Lederproduktion inne. Bereits 1939 entstanden unter der faschistischen Besatzungsmacht der Italiener die ersten Fabriken. Daher verfügt Äthiopien über Fachkräfte mit Erfahrung in der Bekleidungsproduktion.[37]

Dass all diese Faktoren bereits von der Industrie wahrgenommen und ins Auge gefasst werden, bestätigt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company. Die Mitarbeiter befragten 40 Manager, die in Summe jährlich für 70 Milliarden US-Dollar Waren einkaufen und stellten fest, dass Afrika und besonders Äthiopien immer weiter in den Fokus rückt. Ein Drittel der Befragten gab an, zukünftig in Äthiopien produzieren zu wollen. Die Nation wird im gleichen Satz mit solchen wie Myanmar, Vietnam und Bangladesch genannt, die als bekannte Größen im Textil- und Bekleidungssektor angesehen werden und entsprechende Rollen einnehmen.[38]

Das eröffnet dem Land Äthiopien Chancen, eine zukunftsfähige Textilproduktionswirtschaft im eigenen Land zu errichten und langfristig sogar zu einem neuen Zentrum heranzuwachsen. Bis sich das Land tatsächlich bedeutsame Anteile am internationalen Bekleidungsmarkt sichern kann, ist allerdings noch viel Aufbauarbeit zu leisten. Die Infrastruktur zum Beispiel weist Lücken auf. Zwar gibt es in der Hauptstadt Addis Abeba mit dem Flughafen Bole (ADD) ein internationales Luftverkehrsdrehkreuz, von dem aus mehrmals wöchentlich europäische Ziele angeflogen werden, darunter Frankfurt und Wien.[39] Dafür existiert in dem Binnenstaat jedoch kein direkter Meerzugang, was den wichtigen Schiffstransport erschwert. Derzeit wird unter Hochdruck und mithilfe von Investitionsbezügen von chinesischen Organisationen eine 600 Kilometer lange Eisenbahnstrecke von Addis Abeba zum Hafen von Dschibuti, dem kleinen Nachbarland Äthiopiens das am roten Meer gelegen ist, gebaut.[40] Von dort aus sind europäische Absatzländer über den Suezkanal, der Asien und Afrika trennt, wesentlich schneller zu erreichen als von Fernost aus.[41] Dieses Bauprojekt unterstreicht das Aufstreben und die Attraktivitätssteigerung des Staates. Allerdings sind der Straßenverkehr und die Anbindungen an Grenzregionen mangelhaft oder nicht ausgebaut.[42] Außerdem befindet sich die Produktionsstätten-Landschaft noch in einem Anfangsstadium. Vorhandene Betriebe müssen modernisiert und neue ins Leben gerufen werden. Zum Vergleich: Durchschnittlich hat eine Spindel in Äthiopien eine Leistung von 10.000 Umdrehungen in der Minute. Eine chinesische schafft 20.000 Umdrehungen in der gleichen Zeit. Das bedeutet, dass in China die Produktivität doppelt so hoch ist. In Anbetracht dessen werden die Kostenvorteile der niedrigen Lohn und Nebenkosten wieder ausgeglichen, wenn keine industrielle Anpassung erfolgt.[43] Nebenbei sei an dieser Stelle angemerkt, dass dadurch auch deutschen Anlagenherstellern große Absatzchancen offeriert werden, die ihrerseits momentan noch nicht wahrgenommen werden. Ihr Marktanteil lag 2013 bei 3,4 %.[44]

Derzeit existieren 60 Standorte von Textilproduktionsunternehmen im Großraum der Hauptstadt Äthiopiens. Zusätzlich werden 18 Schuhfabriken und 28 Ledergerbereien betrieben. Sie beliefern bereits namhafte Marken wie die schwedische Hennes & Mauritz (H&M), die irische Primark, die britische Handelskette Tesco sowie die drei deutschen Firmen Tchibo, Kik und Otto.[45] Sie sind Pioniere der Branche, die sich die Dynamik Äthiopiens als Vorreiter zu Nutze machen. Die Anzahl der Produktionsstätten und der Export von Textilien sind im Vergleich zu Asien natürlich noch sehr gering. Nur 0,01% der weltweit umgesetzten Kleidung stammt aus Äthiopien. Aber es ist absehbar, dass das Land in näherer Zukunft schnell aufholen wird – nicht nur aufgrund von zweistelligen Wachstumsraten.[46] Der schwedische Swedfund hat beispielsweise angekündigt, 8,6 Millionen Dollar in die Lieferanten von H&M zu investieren. Huajin, ein Schuh- und Lederwaren Produzent aus China, hat sich ausgesprochen, eine Summe von 2,2 Milliarden Dollar investieren zu wollen und auch das große indische Baumwollspinnunternehmen ShriVallabh Pittie will 550 Millionen Dollar in dem Entwicklungsland anlegen. Mit 500 Millionen Dollar will sich die chinesische Jiangsu Lianfa Textile Co. Ltd an dem Aufschwung beteiligen.[47] Auch die Regierung Äthiopiens unterstützt den Aufbau tatkräftig. Um dem Defizit in der Rohstoffversorgung entgegenzuwirken, stellte sie jüngst große Flächen zum Baumwollanbau bereit.[48] Grundsätzlich ist die Ausgangssituation für die äthiopische Baumwollproduktion gut. Sie zeichnet sich durch hohe Qualität und Konsistenz aus. Jedoch wird sie durch die Anfälligkeit der Pflanzen für Krankheiten vor Probleme gestellt. Die bisher eingesetzten Pestizide sind Substanzen, die weltweit geächtet werden, weswegen genetisch modifiziertes Saatgut zum Diskussionsthema wurde. Allerdings ist der Import von solchen Samen bislang verboten. Bis eine Lösung gefunden wird, setzt die Regierung daher auf den Import des Rohstoffes und brachte, laut der äthiopischen Außenhandelsstatistik im Jahr 2013, Spinnstoffe im Wert von 20 Millionen US-Dollar ins Land.[49]

Neben dem Engagement im Baumwollproduktionssektor, ließ die Regierung einen Industriepark im Wert von 250 Millionen Dollar für Textilien namens Bole Lemmi außerhalb der Hauptstadt errichten, der ausschließlich ausländischen Investoren zur Verfügung steht. Dieser bietet, neben der Bildung eines Clusters, einen weiteren Vorteil. Sämtliche Arbeitsflächen der Produktionsstätten sind ebenerdig gebaut, was deutliche Sicherheitsverbesserungen gegenüber den Verhältnissen in Asien mit sich bringt. Es verringert die Einsturzgefahr der Gebäude.[50] Die Journalistin Caroline Wahnbaeck, die unter anderem für Die Zeit und den Spiegel tätig ist, hat sich in Fabriken im Einzugsgebiet von Addis Abeba ein Bild von den allgemeinen Arbeitsumständen in den nationalen und internationalen Textilwerken gemacht und stieß dabei auf positive Abweichungen gegenüber der Situation in asiatischen Produktionsländern. Zum einen konnten flächendeckend achtstündige Schichten festgestellt werden, die von vorgeschriebenen Pausenzeiten begleitet werden. Die Betriebe stellen den Mitarbeitern während der Arbeitsunterbrechung kostenlose Mahlzeiten zur Verfügung. Die Fabrikhallen selbst befinden sich in einem sehr guten und modernen Zustand. Offene Notausgänge und belüftete Hallen gehören ebenso zum Standard wie umfassende Sauberkeit. Zudem konnten nirgendwo schädliche Chemikalien frei zugänglich gefunden werden. Außerdem habe sie weder Willkür noch unmenschliche Behandlung der Mitarbeiter erkennen können, sagte sie in einem Interview mit Deutschlandradio einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.[51] Es deutet also vieles darauf hin, dass revolutionsähnliche Arbeitssituationen in der äthiopischen Textilindustrie geschaffen werden. Wahnbaeck erklärt das Engagement der Investoren damit, dass eine Wiederholung der Imageschäden, die viele Unternehmen durch Ausbeutungsvorwürfe und mit dem Einsturz der Bekleidungsfabrik Rana Plaza in 2013 hinnehmen mussten, unbedingt vermieden werden wollen. Der vollstufige Systemaufbau der Wertschöpfungskette sei mit einem hohen Finanzaufwand verbunden. Daher hätten die Geldgeber die Ambition, das Vorhaben von vornherein zukunftsfähig und mit minimalem Skandalrisiko umzusetzen. Hinzu kommt, dass die äthiopische Regierung ein besonderes Auge auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien wirft, was den Arbeitern zugute kommt.[52]

Zusammenfassend sind bis hierhin folgende Erkenntnisse festzuhalten. Durch Asiens Positionierung als weltweites Fertigungszentrum, hat der Kontinent in den letzten Jahren einen signifikanten Kaufkraftzuwachs erfahren. Auf diese Weise sind die Industrielöhne der einfachen Arbeiter und der Facharbeitskräfte gestiegen, die durch Produktivitätsverbesserung nicht mehr relativiert werden können. Die deutsche Textil- und Bekleidungsbranche steht durch das Bedürfnis der Endkunden nach kostengünstigen Produkten unter massivem Preisdruck. In Kombination mit Imageschäden, die durch schlechte Arbeitsverhältnisse in den bisherigen asiatischen Produktionsländern hervorgerufen wurden, führt dies zunehmend zu Handlungsbedarf für die Hersteller und Auftraggeber. Die Konsequenz daraus ist, dass Alternativen gesucht und in Äthiopien gefunden werden. Das Land weist günstigere Lohn- und Nebenkostenverhältnisse auf, verfügt über eine Tradition in der Bekleidungsherstellung, was sich positiv auf die Qualität der Arbeitskräfte auswirkt, ist politisch stabil und geografisch näher am wichtigen Absatzmarkt Europa gelegen. Wertvoll und nützlich ist außerdem die kooperationsbereite Regierung, die sich für den Aufbau des textilen Sektors einsetzt und Investoren hofiert, sowie die Möglichkeit, die gesamte Wertschöpfungskette auf engem Raum darzustellen, was Transportkosten und Zeit einspart. Die Hemmnisse in den Bereichen Produktivität, Infrastruktur und Baumwollproduktion werden von den Unternehmen zunächst hingenommen. An ihren Beseitigungen wird bereits mit Hochdruck gearbeitet. Mittlerweile haben sich bereits viele Produzenten in der Hauptstadtregion niedergelassen, die von weltweit agierenden Konzernen beauftragt werden, darunter die drei deutschen unternehmen Kik, Otto, und Tchibo. Dabei werden erhebliche Verbesserungen hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse gegenüber den asiatischen Fabriken vorgenommen, um Skandalpotentiale zu minimieren.

[...]


[1] Vgl. Schäfer [2005], o. S.

[2] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie [o. J.], o. S.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie [o. J.], o. S.

[5] Vgl. ebd.

[6] Vgl. ebd.

[7] Vgl. ebd.

[8] Vgl. Reimann [2016], o. S.

[9] Vgl. Reimann [2016], o. S.

[10] Vgl. ebd.

[11] Vgl. ebd.

[12] Vgl. Back/Gerth [2003], S. 21

[13] Vgl. Rigos [2004], S. 64

[14] Vgl. ebd.

[15] Vgl. Voss [o.J.], o. S.

[16] Vgl. Jammernegg/Rainer/Trcka [2000], S. 200

[17] Vgl. Bair/ Gereffi [2000], S. 198

[18] Vgl. Musiolek [1999], S. 164

[19] Vgl. Gabler [o.J.], o. S.

[20] Vgl. Statista GmbH [2016a], o. S.

[21] Vgl. Sztanke [2014], o. S.

[22] Vgl. ebd.

[23] Vgl. ebd.

[24] Vgl. ebd.

[25] Vgl. Sztanke [2014], o. S.

[26] Vgl. ebd.

[27] Vgl. ebd.

[28] Vgl. Geinitz [2013], o. S.

[29] Vgl. Neugebauer/ Schewe [2014], o. S.

[30] Vgl. Faigle/Pauly [2014], o. S.

[31] Vgl. Bretzke/Barkawi [2010], S. 384

[32] Vgl. n-TV Nachrichtenfernsehen GmbH [2015], o. S.

[33] Vgl. ebd.

[34] Vgl. ebd.

[35] Vgl. ebd.

[36] Vgl. n-TV Nachrichtenfernsehen GmbH [2015], o. S.

[37] Vgl. ebd.

[38] Vgl. Clemens [2015], o. S.

[39] Vgl. Addis Abeba Bole International Airport [o. J.], o. S.

[40] Vgl. Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V. [2015], o. S.

[41] Vgl. Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH [2015], o. S.

[42] Vgl. Becker [2015], o. S.

[43] Vgl. ebd.

[44] Vgl. Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH [2015], o. S.

[45] Vgl. Deutschlandradio - Körperschaft des öffentlichen Rechts [2016], o. S.

[46] Vgl. ebd.

[47] Vgl. Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH [2015], o. S.

[48] Vgl. Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH [2015], o. S.

[49] Vgl. ebd.

[50] Vgl. n-TV Nachrichtenfernsehen GmbH [2015], o. S.

[51] Vgl. Deutschlandradio - Körperschaft des öffentlichen Rechts [2016], o. S.

[52] Vgl. Deutschlandradio - Körperschaft des öffentlichen Rechts [2016] o. S.

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Die Auswirkungen potentieller, mikroökonomischer Förderung in Äthiopien auf das regionale Bevölkerungswachstum
Hochschule
Hochschule Fresenius Düsseldorf
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
51
Katalognummer
V358617
ISBN (eBook)
9783668430877
ISBN (Buch)
9783668430884
Dateigröße
1252 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bevölkerungswachstum, Äthiopien, Textilindustrie, Wirtschaftsförderung, Überbevölkerung, Armut, Umwelt
Arbeit zitieren
Philipp Henschel (Autor:in), 2016, Die Auswirkungen potentieller, mikroökonomischer Förderung in Äthiopien auf das regionale Bevölkerungswachstum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/358617

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