Wer sich heute mit den Versuchen der Scholastiker, die Existenz Gottes zu beweisen auseinandersetzt, kann sich kaum einer gewissen Verwunderung entziehen: die Vernunft scheint nicht gerade das angebrachte Mittel zum Erfassen dieses numinosen Gegenstandes zu sein. Doch diese Versuche sind durchaus ernst gemeint. Vernunft hatte die Kritik an Glaubenssätzen einst ermöglicht und sollte nun die Überlegenheit der christlichen Theologie gegenüber konkurrierenden Heils- und Weltanschauungslehren (z. B. Islam, Judentum, byzantinische Theologie, aufkommende Wissenschaft) sichern. Amselm wollte mit seinen streng rationalen Konstruktionen die Wahrheit des augustinisch gedeuteten Christentums beweisen. Er wollte mit Hilfe der Beweisführung die monastische Lebensform vertiefen und das Selbstbewusstsein der westlichen Kirche gegenüber dem z.B. Islam stützen. Die Existenz Gottes wurde auf verschiedene Weisen zu begründen versucht. So schloss man vom Vorhandensein der kontingenten Welt auf die Existenz einer außerweltlichen, notwendigen Ursache (kosmologischer Gottesbeweis) oder auf ein Ziel, auf das hin die Welt zustrebt (teleologischer Gottesbeweis). Während diese Beweisformen von empirischen Voraussetzungen ausgehen, versucht eine dritte Gruppe von Gottesbeweisen ihr Beweisziel aus dem Begriff Gottes herzuleiten (ontologischer Gottesbeweis). Der wohl berühmteste Vertreter dieser Gruppe ist der Beweis des Anselm von Canterbury. Dieser löste eine heftige Kontroverse aus, die bis heute anhält. So wurde er z. B. von Thomas von Aquin und Kant verworfen, während Descartes von seiner Schlüssigkeit überzeugt war und ihn sogar als conditio sine qua non in sein metaphysisches System einbaute. Anselms Beweis von der Existenz Gottes wird bis heute kontrovers diskutiert. Zeitgenössische Kritiker bemühen ausgeklügelte Logiken, um die Gültigkeit des anselmianischen Arguments zu überprüfen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Anselm von Canterbury - Sein Leben -
- 1. Kapitel: Antrieb des Geistes zur Betrachtung Gottes
- 2. Kapitel: Dass in Wahrheit Gott existiert
- 3. Kapitel: Dass nicht gedacht werden kann, dass er nicht existiert
- 4. Kapitel: Wie „der Tor im Herzen gesprochen hat“, was nicht gedacht werden kann
- Schlusswort
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay befasst sich mit dem ontologischen Gottesbeweis Anselm von Canterbury's, der im "Proslogion" dargestellt wird. Der Autor analysiert die Argumentation des Anselm und setzt sie in Bezug zu den damaligen und späteren Kontroversen über die Existenz Gottes. Der Essay strebt nach einer umfassenden Darstellung des Gottesbeweises und beleuchtet die methodischen und philosophischen Grundlagen der Anselm'schen Argumentation.
- Anselm von Canterbury's Leben und Werk
- Die Argumentation des ontologischen Gottesbeweises im "Proslogion"
- Kritik am ontologischen Gottesbeweis
- Der Einfluss des Gottesbeweises auf die spätere Theologie
- Die Relevanz des ontologischen Gottesbeweises in der heutigen Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt den Leser in die Thematik des ontologischen Gottesbeweises ein und skizziert den historischen Kontext.
Kapitel 1 widmet sich Anselm von Canterbury und seinem Leben sowie seinem Wirken als Theologe. Das Kapitel beleuchtet Anselm's Motivation zur Beweisführung und skizziert seine Schriften "Monologion" und "Proslogion".
Kapitel 2 behandelt Anselm's Argumentation in Kapitel 1 seines "Proslogion" und zeigt auf, wie er den Antrieb zur Gottesbetrachtung begründet.
Kapitel 3 analysiert Anselm's Argumentation in Kapitel 2 des "Proslogion", in dem er die Existenz Gottes als notwendige Schlussfolgerung aus seinem Begriff darstellt.
Schlüsselwörter
Anselm von Canterbury, ontologischer Gottesbeweis, "Proslogion", "Monologion", Existenz Gottes, Theismus, Glaube und Vernunft, Philosophie des Mittelalters, mittelalterliche Theologie, Gottesbegriff, Gotteserkenntnis
- Arbeit zitieren
- Kay Pilkenroth (Autor:in), 2002, Der ontologische Gottesbeweis im 'Proslogion' des Anselm von Canterbury, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35908