Der Verlobungsbrief. Literarisierung der Liebe am Beispiel ausgewählter Briefwechsel des 18. und 19. Jahrhunderts


Forschungsarbeit, 2014

80 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

A. Vorbemerkungen

B. Der Verlobungsbrief – Literarisierung der Liebe am Beispiel ausgewählter Briefwechsel im 18. und 19. Jahrhundert
1. Theoretische und geschichtliche Grundlegung
1.1 Strukturmerkmale und Wesensbestimmung
1.2 Grundfunktionen des Briefes
1.3 Brieftheoretische Reflexionen und Entwicklungen
1.4 Der Liebesbrief
1.4.1 Entstehung und Entwicklung
1.4.2 Merkmale und Charakteristika
1.4.3 Stellung in der Literaturwissenschaft
1.4.4 Funktion und Ziel der Briefanalysen
2. Heinrich von Kleist an Wilhelmine von Zenge
2.1 Heinrich von Kleist und Wilhelmine von Zenge – Die Anfänge
2.2 Die Liebe und der Liebesbrief als Missverständnis
2.3 Erziehung vs. Verführung im Liebesbrief
2.4 Vom Geheimnis der Liebe zum Rätsel der Krise
2.5 Einzelanalysen
2.5.1 Brief vom 30. Mai 1800
2.5.2 Brief vom 10. Oktober 1800
2.5.3 Brief vom 20. Mai 1802
3. Zum Briefwechsel zwischen Sigmund Freud und Martha Bernays
3.1 Sigmund Freud und Martha Bernays – Die Anfänge
3.2 Die zwei Seiten des Sigmund Freud
3.2.1 Freud als Despot der Liebe
3.2.2 Freud als sentimentaler Mensch
3.2.3 Freuds Frauenbild im Brief
3.3 Freuds Eifersucht
3.4 Martha Bernays – eine starke Frau
3.5 Streitpunkt Religion
3.6 Einzelanalysen
3.6.1 Brief von Sigmund Freud an Martha Bernays vom 15. Juni 1882
3.6.2 Brief von Martha Bernays an Sigmund Freud vom 24. Juni 1882
3.6.3 Brief von Sigmund Freud an Martha Bernays vom 30. Juni 1883
3.6.4 Brief von Martha Bernays an Sigmund Freud vom 30. Juni 1883
4. Ein Vergleich der Briefwechsel zwischen Heinrich v. Kleist - Wilhelmine von Zenge und Sigmund Freud - Martha Bernays

C. Abschließende Gedanken

Literatur

A. Vorbemerkungen

„Um einen guten Liebesbrief zu schreiben,

musst du anfangen, ohne zu wissen, was du sagen willst, und endigen,

ohne zu wissen, was du gesagt hast.“

Jean-Jacques Rousseau

Jean-Jacques Rousseau beschreibt das Schreiben von Liebesbriefen sehr treffend, wenn er sagt, dass man am Anfang häufig nicht in der Lage ist, einen Liebesbrief zu starten, weil man nicht weiß, wie man sich ausdrücken sollte und eine gewisse Hemmung in sich spürt. Irgendwie fließen dann aber doch die Worte aus dem Mund und man bringt sie zu Papier. Am Ende, beim Durchlesen des Liebebriefes entziehen sich die geschriebenen Wörter und Sätze dem Verstand und man weiß nicht so recht, wie man solch eine Sprache der Liebe zu Papier bringen konnte. Es spricht eben das Herz und das bedient sich einer anderen Sprache als unser Verstand.

Genau an diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an und beschäftigt sich mit Liebesbriefen im 18. und 19. Jahrhundert. Gerade das 18. Jahrhundert wurde immer wieder als das Jahrhundert des Briefes bezeichnet. In der Gesellschaft dieser Zeit entsteht eine neue Individualität des Menschen, begründet durch eine zunehmende Naturbeherrschung und Zentrierung des Weltbildes auf den Menschen hin.[1]

Auch in den Brieflehren werden Veränderungen sichtbar und eine neue Ästhetik des Schreibens nach Gellert wird auf den Punkt gebracht. Dieser neue, natürliche Briefstil ist geprägt von einem freieren Schreiben, weg von formalen Regeln und Normen. Genau dieser natürliche Stil ist es wiederum, der seine Vollendung im Liebesbrief findet und wodurch das Schreiben an einen geliebten Gegenüber zu einer sehr beliebten Beschäftigung wird. Der Verlobungsbrief spielt dabei eine besondere Rolle, da er auf der einen Seite als Ausdruck einer emotionalen Verbundenheit zwischen den Liebenden angesehen werden kann und daher starke kommunikative Momente und Absichten enthält, andererseits steht er aber auch für die Vorbereitung der bürgerlichen Institution der Ehe und bringt daher auch ästhetische Punkte mit.

Vor diesem Hintergrund bearbeitet die vorliegende Arbeit zunächst einige theoretische Punkte des Briefes und im speziellen des Liebesbriefes und geht dabei auf Strukturmerkmale, Grundfunktionen, Geschichte und Entwicklung sowie auf die Stellung in der Literaturwissenschaft ein. Zudem werden zwei wesentliche Briefwechsel des 18. und 19. Jahrhunderts analysiert. Hier stellen zum einen die Briefe von Heinrich von Kleist an Wilhelmine von Zenge am Ende des 18. Jahrhunderts einen Schwerpunkt der Arbeit dar und zudem wird der Briefwechsel von Sigmund Freud und Martha Bernays im 19. Jahrhundert näher betrachtet.

Die Arbeit will in diesem Zusammenhang vor allem verschiedenen Momenten der Briewechsel nachgehen, die zwischen literarischer Sprache, Briefstil, Verlobung und Ehe stehen. Dabei sollen für jeden Briefwechsel allgemeine Merkmale und Strukturen herausgefiltert und generalisierende Schlussfolgerungen gezogen werden, da jeder Briefwechsel seine eigenen typischen, charakteristischen Momente in sich trägt und durch diese sehr treffend dargestellt werden kann. Anhand dieser Charakteristika sollen beide Briefwechsel, die sich innerhalb einer zeitlichen Spanne bewegen, miteinander verglichen und in Bezug zueinander gesetzt werden, um dabei angesichts der Zeitspanne Veränderungen oder Gemeinsamkeiten hinsichtlich Sprache, Form oder Stil zu beobachten.

Dennoch werden darüber hinaus Eigenheiten der jeweiligen Briefwechsel und individuelle Abweichungen betrachtet, sodass zwingend auch Einzelanalysen vorgenommen werden, die versuchen durch das Besondere und Einzelne das Allgemeine zu stützen. Hierbei geht es in einzelnen Briefen in erster Linie um schriftliche Präsentationen von Gefühlen, demnach um die Sprache der Liebe und deren Stilisierung sowie ästhetischem Gehalt, um den Entwurf von Liebesräumen, Rollenzuweisungen und –erfüllungen, um das Verhältnis der Geschlechter und ihrer Familien in der brieflichen Begegnung sowie um die Repräsentationsfunktion des Briefes und die Imagination, die im Kontinuum von Realität und Fiktionalität steht.

Grundsätzlich sollen beide Seiten des Liebesbriefes, also sowohl das Gebiet der kommunikativen Absichten, als auch das ästhetische Prinzip, das jeder Brief enthält, aufgedeckt werden. Während es auf der kommunikativen Ebene vor allem um oftmals sehr alltäglich, die Briefe bestimmende Informationen wie Verlobung, Ehe, Familie, Reisen, soziale Begegnungen oder berufliche Stationen geht, steht auf der ästhetischen Seite die Sprache im Vordergrund und zwar die Sprache der Liebe bzw. der Liebenden.

B. Der Verlobungsbrief – Literarisierung der Liebe am Beispiel ausgewählter Briefwechsel im 18. und 19. Jahrhundert

1. Theoretische und geschichtliche Grundlegung

1.1 Strukturmerkmale und Wesensbestimmung

In einem ersten Schritt werden die wesentlichen charakteristischen Regeln und Merkmale des Briefes näher dargestellt. Gerade diese strukturellen Merkmale bieten für spätere Text- und Briefanalysen sehr gute Anhaltspunkte und erleichtern das Verständnis des Briefinhaltes und der Beziehungen zwischen den Briefpartnern wesentlich.

Dem Lehnwort „Brief“ liegt das lateinische „brevis“ (= kurz, klein, schmal) zugrunde. Eingang ins Deutsche hat das Wort „Brief“ erst im 15. Jahrhundert gefunden. Zunächst meinte „Brief“ alles Geschriebene, engt die Bedeutung aber sehr bald ein. Während anfangs sämtliche schriftliche Fixierungen wie kurze Schreiben, Schriftstücke oder auch Urkunden unter diese Bedeutung fielen, hat sich dennoch seit dem frühen Mittelalter eine Bedeutung herauskristallisiert: die Bedeutung „schriftliche Nachricht, Zuschrift“. Diese Bedeutung bestimmt bis heute in erster Linie unser Verständnis von „Brief“ und wird damit auch die Grundlage der vorliegenden Arbeit sein, die sich vor allem mit Briefen aus dem 18. und 19. Jahrhundert beschäftigt. Demnach eine Zeit, in der der Bedeutungswandel des Wortes schon als abgeschlossen angesehen werden kann und man auch bereits zu diesen Epochen von einem Verständnis des Wortes „Brief“ als schriftliche Nachricht oder Zuschrift ausgehen kann.[2]

Ausgehend von dieser Bedeutung handelt es sich beim Brief also um eine schriftliche Nachricht an eine bestimmte Person. Es zeichnet sich wie bei einer mündlichen Rede auch bei der schriftlichen Rede des Briefes ein kommunikativer Vorgang ab, der zwischen konkreten historisch kenntlich gemachten Individuen - Emittent und Rezipient – realisiert wird[3]. Aus diesem natürlichen und geregelten Ablauf einer mündlichen Rede bzw. einer mündlichen Kommunikation mit einem Gesprächspartner ergibt sich auch für den Brief ein weitestgehend fester und elementarer, formaler Ablauf und Rahmen. Die Grundbestandteile sind Briefeingang, -inhalt und Briefschluss. Daraus ergibt sich ebenfalls eine konventionalisierte Textbegrenzung die durch Anrede, Grußformel, Verabschiedung sowie Unterschrift gekennzeichnet ist.

Diese Textbegrenzungen geben in vielen Bereichen des Briefes sogar Aufschluss über die sozialen Beziehungen der Kommunizierenden. Liebesbriefe und private Briefe im Allgemeinen enthalten ganz andere Gruß- und Abschiedsformeln als Geschäftsbriefe. Und innerhalb des jeweiligen Briefgenres symbolisieren verschiedene Anreden wiederum unterschiedliche Beziehungen der beiden Kommunikationspartner. So kann in einem Liebesbrief eine Anrede an die Liebste ganz vertraut aussehen und im nächsten Brief dieselbe Person, für den Leser zunächst verwirrend, ganz förmlich mit „Sie“ angesprochen werden. Kafka beispielsweise spricht Felice Bauer in seinen Briefen häufig mit „Gnädiges Fräulein[4] “ an, während er sie in einem nächsten Brief als „Liebste[5] “ bezeichnet. Hier gilt es dann die Anreden näher zu analysieren und zu interpretieren, da es nicht zwangsläufig bedeutet, dass Kafka seiner Briefpartnerin hier sehr distanziert schreibt und dies ihre soziale Beziehung zueinander darstellt und beschreibt. Stattdessen kann die förmliche Anrede mit „Gnädiges Fräulein[6] “ eine bewusst gewählte und sehr charmante Anrede an die Liebste bedeuten, was schließlich keine Auswirkungen auf ihr vertrautes Verhältnis zueinander hat. Demnach sind gerade auch die Anreden und Schlussformeln der Briefe wichtiger Bestandteil der Textanalysen, da sie große Bedeutungen für die Beziehungen der Briefpartner haben, genauso wie Äußerlichkeiten des Briefes, z.B. Schreibmaterial, Schriftbild, Umschlag oder Beigaben.[7]

Ein weiteres zentrales Merkmal des Briefes ist die Einordnung und Abgrenzung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Der Brief steht in Abgrenzung zum Tagebuch und zum mündlichen Gespräch zunächst zwischen diesen beiden Polen. Während das Tagebuch in erster Linie monologisch und selbstreflexiv angelegt ist, hat das mündliche Gespräch hauptsächlich dialogischen Charakter. Der Brief ordnet sich dazwischen ein und kann sowohl monologischen, selbstoffenbarenden Charakter haben, aber auch sehr dialogisch und mitteilend angeordnet sein.

Zudem steht der Brief zwischen einem mündlichen Gespräch auf der einen und einem schriftlich fixierten Text (fiktiv, authentisch) auf der anderen Seite. Das Gespräch hat ausschließlich Mündlichkeits-, der Text nur Schriftlichkeitscharakter. Im Brief dagegen wird häufig ein mündliches Gespräch, also eine mündliche Rede schriftlich dargestellt, weshalb es zu Berührungspunkten zwischen beiden Polen kommt.

Ein Brief ist aus soziologischer Sicht nach außen hin nicht nur Träger von Beziehungen der Briefpartner, sondern in wesentlichem Maße auch Träger von sehr klar vorgetragenen Intentionen, die häufig den Grund des Briefschreibens ausmachen. Innerhalb der Kommunikationssituation und des Interaktionsrahmens der beiden Briefpartner führt der jeweilige Schreiber daher klare Sprechhandlungen aus. Er nimmt also Bezug auf reale Handlungsweisen, Stimmungen oder auf ein bestimmtes Verhalten und beabsichtigt damit eine Reaktion beim Gegenüber auszulösen.

Aus diesem wesentlichen Strukturmerkmal des Briefes resultiert wiederum der Rollencharakter dieser „Textsorte“. Jeder Briefschreiber übernimmt, je nach Sprechhandlung und Intention, die er im Brief ausführt, bewusst oder unbewusst eine ganz bestimmte Rolle. Zunächst also die Rolle des Agierenden, während der Rezipient durch seine wahrscheinliche Antwort die Rolle des Reagierenden einnimmt. Die Rollen geben dabei jeweils den Rahmen vor, wie Aktion und Reaktion verlaufen und sich zueinander verhalten. Die Aktion des Emittenten kann also eine erwartete, erhoffte, gewünschte oder auch erzwungene Reaktion hervorrufen.[8]

Bis hierher gibt es einige Berührungspunkte zwischen mündlicher und einer im Brief schriftlich fixierten Rede. Gerade die Verschriftlichung beinhaltet aber den wesentlichen Unterschied der beiden Kommunikationsarten. Durch die schriftliche Fixierung wird der Brief zu einem Medium, das eine Kommunikation zwischen räumlich getrennten Personen möglich macht. Räumliche Trennung der Gesprächspartner ist daher auch ein nicht zu vernachlässigendes Merkmal der Brieftheorie.

Beide Punkte, sowohl schriftliche Fixierung und Kommunikation von räumlich getrennten Kommunikationspartnern bedingen wiederum den brieftypischen Phasenverzug zwischen Absendung und Empfang einer Nachricht. Dadurch entsteht der verlangsamte Gesprächscharakter des Briefes, was eines der wichtigsten Merkmale der Brieftheorie darstellt und gerade für die Textanalysen der vorliegenden Arbeit zu den Liebesbriefen im 18. und 19. Jahrhundert von großer Bedeutung ist. Durch die Verschriftlichung und den Phasenverzug (Schreiben, Übermitteln, Lesen) enthält der Brief als schriftlicher Gesprächsersatz auch einige Defizite, die bereits C.M. Wieland in einem Brief vom 5.8.1775 an F.H. Jacobi sehr konkret beschrieben hat:

Mündlich zu sagen, wäre etwas anderes. Wenn es anginge! Da kann man sich in einer Viertelstunde besser gegen einander explicieren, als durch Briefe in vier Monaten; was hier Mißverständnisse von etlichen Wochen macht, hebt sich dort mit zwei Worten. Schon der Blick, der Ton, die Modulation der Stimme, womit man etwas sagt, giebt dem Gesagten ganz eine andere Bestimmung.[9]

Wieland bemerkt, dass es durch den Brief, dessen Verschriftlichung und Phasenverzug zu Missverständnissen kommt und der Brief daher Mehrdeutigkeit hervorrufen kann. In einem mündlichen Gespräch kann bereits die Mimik und Gestik, so Wieland, dem Gesagten eine ganz andere Bestimmung geben. Durch die Verschriftlichung des Gesagten im Brief vermag der Briefpartner aufgrund von Mehrdeutigkeiten und Missverständnissen häufig nicht, die Aussagen richtig zu deuten und zu verstehen. Der Brief verliert durch den Phasenverzug an Unmittelbarkeit, denn die Worte können vor dem Absenden beliebig oft umformuliert werden und zudem fehlen an physische Präsenz gebundene Ausdrucksmittel wie Gestik, Gesichtsausdruck oder Stimmmodulation.[10]

Häufig ist durch Textanalysen bestimmter Briefe auch eine zweite Wirkung des Phasenverzugs zu beobachten, nämlich die Nutzung des Briefes als Mittel zur Wahrung der Distanz. Die Übertragung der mündlichen Rede in schriftlich formulierte Sprache beim Brief hat dazu geführt, dass man das Medium Brief nicht nur als Notbehelf anstelle der nicht anwendbaren mündlichen Kommunikation benutzt, sondern dass man sich den Phasenverzug des Briefes gerade in bestimmten Situationen zunutze macht. Das passiert in solchen Fällen, in denen eine sofortige und spontane Reaktion des Gegenübers bzw. des Gesprächspartners erst gar nicht erwünscht ist.[11] Häufig wird der Brief daher auch als Kommunikationsmittel verwendet, um den Briefpartner auf Distanz zu halten. Auch dieser Punkt wird für die nachfolgenden Textanalysen der Liebesbriefe von Bedeutung sein und sollte daher beachtet werden.

Wie oben bereits kurz angedeutet, enthält jeder Brief eine vorherrschende Sprechhandlung, die als dominant angesehen werden kann. Hierbei wird zwischen informierender (sach-orientiert), appellierender (partner-orientiert) und manifestierender (selbst-orientiert) Grundsprechhandlung oder Grundfunktion unterschieden.[12]

1.2 Grundfunktionen des Briefes

Die drei Grundfunktionen und –sprechhandlungen der Informationsübermittlung, des Appellierens und der Selbst-Äußerung wurden in Punkt 1.1 bereits erwähnt. Diese drei Funktionen machen die dominanten kommunikativen Möglichkeiten des Briefes aus. Dennoch kommen sie in der Praxis nie in Reinform vor, sondern meist vermischt, wobei in einem konkreten Brief jeweils eine der drei Funktionen dominierenden Charakter hat. Das liegt zumeist am Hauptzweck und der Hauptintention, um die es dem Verfasser des Briefes geht. Zudem gibt es bestimmte Phasen und Epochen des Briefwesens und der Briefgeschichte, in denen das Vorherrschen einer bestimmten signifikanten Grundfunktion zu beobachten ist.

Zunächst kann der Brief Träger von Informationen sein und somit eine informierende Grundfunktion einnehmen. Hierbei werden dann verschiedenste Arten von Information - sachliche, geschäftliche, private, wissenschaftliche, didaktische, offizielle, usf. - übermittelt. Gerade in unserem heutigen Zeitalter wird das Briefwesen in erster Linie von Briefen und Schreiben mit informierender Funktion beherrscht.[13]

Daneben kann der Brief nicht nur informationelle Aufgaben übernehmen, sondern auch appellativen Charakter haben. Briefe mit dominierender Appellfunktion haben einen sehr belehrenden Grundton und können im Grundtenor wie folgt lauten: nimm dir das zu Herzen, achte bitte darauf, lerne dies, sieh das ein usf. Der Verfasser versucht hier den Briefpartner hinsichtlich seiner eigenen Vorstellungen und Intentionen wesentlich zu beeinflussen, indem er wünscht, droht, erbittet, verlangt oder auch vehement fordert.

In der dritten Funktion agiert der Brief häufig als Ausdruck, der sich auf das Selbst des Schreibers bezieht. Der Brief dient in diesem Fall vor allem als Vehikel der Selbstdarstellung oder der Selbstbetrachtung. Die Individualität des Verfasser steht dann im Vordergrund, da der Verfasser versucht, sein Selbst und vor allem durch bewusst oder unbewusst Selbstäußerungen auszudrücken.[14] Vor allem die Zeit vom 17. bis zum 19 Jahrhundert stellt eine Blütezeit der persönlichen und individualistischen Briefe dar und daher können diese sehr oft für persönliche und autobiographische Auswertungen von Bedeutung sein. Logischerweise tendiert vor allem der Liebesbrief dieser Epochen dazu, ganz persönlichen Selbstäußerungen sehr viel Raum zu geben. Dabei enthüllt der Verfasser dem geliebten Briefpartner bzw. seinem Gegenüber das eigene Ich und gibt sozusagen eine Urkunde seines Herzens ab.[15] An dieser Stelle wird der Brief auch zu einem psychologischen Konstrukt seelischer Entlastung oder gar seelischen Auslassens oder kann umgekehrt dazu dienen, einen bewusst kunstvollen Selbstentwurf zu gestalten. Im Einzelfall muss dies durch genaue Textanalysen näher betrachtet werden, da nicht jede Selbst-Äußerung im Liebesbrief gleich einem realistischen, psychologischen Abgleich des eigenen Ichs entspricht, sondern häufig auch bewusst fiktional eingesetzt wird, wodurch eben ein kunstvoll gestalteter Selbstentwurf entsteht.

1.3 Brieftheoretische Reflexionen und Entwicklungen

Bereits parallel zum Beginn des Briefwechsels und des Zeitalters des Briefes als kommunikativer Akt beginnt auch die Beschäftigung mit der Brieftheorie. Im 17. und 18. Jahrhundert erscheinen erste Veröffentlichungen von Briefstellern, die sich eingehend mit der Theorie des Briefeschreibens auseinandersetzen, hierfür auch konkrete Anleitungen geben und demnach wesentlich zur Theoriebildung beitragen. Wichtige Punkte in diesen Abhandlungen über den Brief sind dabei immer wieder Stil, Titulatur und die Einordnung in unterschiedliche Aufgaben, Anlässe sowie Ansprechpartner.

Das Problem der Theoriebildung besteht jedoch darin, dass wichtige und relevante Aussagen sehr verstreut und in unterschiedlichsten theoretischen Zusammenhängen vorkommen, sodass sich eine genaue Abgrenzung einer Brieftheorie als sehr schwierig und problematisch erweist. Daraus lässt sich auch schließen, dass es im 18. Jahrhundert eine „Brieftheorie“ als gesonderte Gattung im Rahmen einer ästhetischen Theorie nicht gegeben hat.[16]

Dennoch kann man einige wichtige Aussagen über die Brieftheorie im 18. und 19. Jahrhundert aus den damaligen Briefstellern herausfiltern. Vor allem bei den bekannten und einflussreichen Briefstellern und deren Autoren von Gottsched über Gellert bis hin zu Brandes ist eine klare Entwicklung und Veränderung der Anleitungen zum Briefeschreiben erkennbar, welche auch für die Analyse von Liebesbriefen im 18. und 19. Jahrhundert nicht unwesentlich ist.

Johann Christoph Gottsched beschäftigt sich als einer der ersten deutschen Schriftsteller und Literaturtheoretiker Anfang des 18. Jahrhunderts mit dem Brief. Seine Schriften beinhalten bereits erste Ansätze im Sinne der „Nachahmung der Natur“, die später auch von Gellert weitergedacht und formuliert wurden. Dennoch hält Gottsched den Brief noch nicht für literaturfähig und nennt hierfür auch einige Gründe[17]:

In prosaischen Briefen macht man zuweilen lauter Complimente und unnütze Umschweife in Worten, so durch die Höflichkeit eingeführet worden. Man schreibt auch offt von nöthigen Angelegenheiten und Hausgeschäfften, die sonstniemand wissen mag oder soll, als den sie angehn. In der Poesie würde es aber lächerlich seyn, solche Briefe zu schreiben. Sie müssen allezeit gewissen Materien betreffen, die allerley Lesern nützlich und angenehm seyn können.[18]

Christian Fürchtegott Gellert hat ebenfalls eine herausragende Bedeutung in der Reihe der Briefsteller und markiert mit seinen Abhandlungen und seiner Theorie einen deutlichen Wendepunkt in der Geschichte der praktischen Brieflehren. Er kritisiert die bisherige Briefpraxis und plädiert für ein Modell der briefstellerischen Natürlichkeit und Lebhaftigkeit.[19] Gellert kritisiert dabei in erster Linie die bisherige Praxis des Briefeschreibens, die den Formularcharakter und die strenge Ordnung im Brief betont. Nach Gellert sollte sich die Sprache im Brief aber vor allem an der gesprochenen Spracheorientieren und damit einen großen Schritt in Richtung Natürlichkeit machen.

Sie wollen uns, ehe wir denken können, gut Briefe schreiben lehren. Sie lehren uns daher die Sätze des Briefs nach einem Formular abfassen […]. Sie wollen uns Ordnung im Schreiben beybringen, und benehmen uns eben durch dieses Mittel das Muntre, das Freye, das eine Rede angenehm macht […]. Das erste, was uns bey einem Briefe einfällt, ist dieses, dass er die Stelle eines Gesprächs vertritt […]. Ein Brief ist kein ordentliches Gespräch; es wird also in einem Briefe nicht erlaubt seyn, was im Umgang erlaubt ist […]. Er ist eine freye Nachahmung des guten Gesprächs.[20]

Gellerts brieftheoretische Absichten wurden aber auch immer wieder kritisiert und teilweise relativiert, da man ihm vorwirft, dass dieser Natürlichkeitsanspruch nicht tatsächlich nach dem Natürlichen fragt, sondern eine Gestaltung anstrebt, die wahrgenommen wird, als ob sie natürlich wäre. Zudem widerspricht sich seine Haltung zwischen Regelgebundenheit auf der einen Seite und dem Wunsch nach freiem Ausdruck auf der anderen Seite.

Johann Gottfried Herder hat für seine theoretischen Abhandlungen und philosophischen Schriften sehr unkonventionelle Formen und Mittel vorgezogen und teils auch fiktive Gespräche und Briefwechsel als Vehikel für das Schreiben verwendet. Die Form des Schreibens im Brief ermöglichte Herder einen freieren und leichteren Umgang auch mit schwierigen Themen wie Politik oder Religion.[21]

[…] durch Einkleidung solcher Art gewann nicht nur die Sprache, sondern auch der denkende Geist Leichtigkeit und Freiheit. […] konnte man Gedanken, Empfindungen äußern, seinen Verstand berichtigen, sein Urtheil des Andern schärfen und prüfen.[22]

Das Schreiben, Äußern und Philosophieren ist Herder demnach gerade in den Briefen sehr leicht gefallen und er konnte sich durch die die Natürlichkeit und Leichtigkeit der Sprache im Brief auch mit schwierigen und komplexen Themen befassen. Der Brief ist für ihn eine Art Erprobungsraum, in dem experimentiert werden kann. Daher bietet er auch für die Frauen eine optimale Möglichkeit als Schriftstellerinnen tätig zu werden und zu den Männern aufzuschließen. Interessanterweise sind die meisten weiblichen Persönlichkeiten, die im 18. Jahrhundert zuerst als bedeutende deutsche Literatinnen hervorgetreten sind, wie z.B. Frau Gottsched, Meta Klopstock oder Sophie Laroche über das Briefschreiben zur Literatur gelangt.[23]

An diesem Punkt lässt sich bereits eine Parallele zum Liebesbrief, der später noch genau analysiert wird, herstellen. Gerade der Liebesbrief scheint im 18. und 19. Jahrhundert eine beliebte und außerordentlich wichtige Möglichkeit zu sein, sich dem Thema Liebe zu widmen. Der Brief bot somit auch die Möglichkeit eine Sprache der Liebe zu schaffen und sich im Brief mit dem ebenfalls schwierigen Thema Liebe zu befassen und sein Herz auszudrücken.

Hier setzt Ernst Brandes ein, indem er 1802 in seinen Betrachtungen über das weibliche Geschlecht und dessen Ausbildung in dem geselligen Leben die Fähigkeiten der Frauen im Briefschreiben sehr hoch einschätzt und ihnen darin sogar bessere Kompetenzen als den Männern zuschreibt. Dies führt er ebenfalls auf die Leichtigkeit und Natürlichkeit zurück, die beim Briefeschreiben ermöglicht wird und von denen die Frauen in erheblichem Maße profitieren.

Ein jeder, der das Vertrauen mehrerer Menschen genoß, wird von mehreren Weibern Briefe gesehen haben, die entweder voll des lebhaftesten Gefühls und der getreusten ungeschmücktesten Schilderung des weiblichen Herzens sehr interessante Charaktere in den interessantesten Lagen auf eine Art zeichneten, die den besten Briefen in der neuen Heloise nahe kam, wenn grade das Herz, die Empfindung der ungewöhnlichen Dame, wie sie schrieb, in einem äußerst hohen Grade bewegt, gespannt war […].[24]

Vor allem aber die Auflösung des rhetorischen Gattungscharakters des Briefes bei Gellert ebnet den Weg hin zum Liebesbrief und das Entstehen einer Sprache der Liebe.

Dennoch geben die Briefsteller auf der einen Seite sehr klare Regeln und Ordnungen für das Briefschreiben vor, auf der anderen Seite ist aber eine Entwicklung hin zu größerer Natürlichkeit zu beobachten. Hier entstehen Widersprüche, die auch für den Liebesbrief, der zentrales Thema dieser Arbeit ist, nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Briefschreiben ist demnach bestimmten Regeln unterworfen, deren Einhaltung unbedingt nachgekommen werden soll. Liebesbriefe drehen sich aber vor allem um das Thema Liebe und um Gefühle, die jedoch einer gewissen Anarchie unterliegen und weder bestimmten Regeln folgen noch kontrolliert werden können. Welche Auswirkungen und Konsequenzen dies wiederum für die Liebesbriefe im 18. und 19. Jahrhundert hat, wird unter Punkt 1.4 noch näher dargestellt und wird auch zentraler Punkt in den Textanalysen sein.

1.4 Der Liebesbrief

1.4.1 Entstehung und Entwicklung

Das 18. Jahrhundert durchlebte aufgrund der Entzauberung der Welt durch zunehmende Naturbeherrschung und durch die Zentrierung des Weltbildes auf den Menschen hin eine Veränderung und Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Strukturen. Vor allem wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse lösten ein neu gewonnenes Selbstwertgefühl aus und das bürgerliche Ich begann die eigenen Gedanken, Gefühle und Empfindungen wichtig zu nehmen und musste sich mitteilen.[25] Die Individualität des Menschen steht ab diesem Zeitpunkt stärker im Vordergrund, da der Mensch vielmehr auf sich selbst bezogen ist, worauf häufig auch die Entdeckung der Einsamkeit resultiert. Im Angesicht dieser stärker werdenden Individualität wächst die Anonymität des Einzelnen und eine klare Trennung zwischen privaten und öffentlichen Bereich ist die Konsequenz. Gerade für die Persönlichkeitsbildung des Menschen steht nicht mehr in erster Linie die Gesellschaft zur Verfügung, sondern vor allem das private Umfeld. In der Privatsphäre des Menschen spielen sich Emotionen und Gefühle ab, die wesentlich zur Persönlichkeitsbildung beitragen. Während der Held der Antike und des Altertums sich noch in der Gesellschaft beweisen musste, um in der Welt zu bestehen, so muss der Mensch des 18. Jahrhunderts Aktionen und Taten auf dem Gefühlssektor erleben.[26] Er muss sich mitteilen, jedoch nicht der Öffentlichkeit, aber einem einzelnen Menschen oder einem Freund, der gleich fühlt.

Diese Entwicklung der neuen bürgerlichen Privatheit stellt eine sehr wichtige Voraussetzung für die Entstehung des Liebesbriefes dar. Freundschaft und Liebe spielen sich zum Großteil im Privaten ab und genau hier beginnt der Kommunikationsakt zwischen zwei Liebenden.

Freudschaft und Liebe sind die beiden höchst individualisierten Formen der persönlichen Beziehung und nehmen daher einen großen Raum in dieser neuen individuellen Privatheit ein. Der Liebesbrief ist also ein sehr junger Brieftypus, der erst mit den Epochen der Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm und Drang, Klassik und Romantik entsteht.

Am Anfang dieser Entwicklung standen die Pietisten, deren Briefkultur vor allem in quantitativer Hinsicht sehr stark ausgeprägt war. Der Pietismus entstand bereits Ende des 17. Jahrhunderts und eröffnete nicht nur dem Tagebuchschreiben einen neuen Horizont, sondern auch dem „intensiven brieflichen Austausch gleich empfindender Seelen“[27]. Geprägt waren diese Briefe von dem Verlangen, sich dem Briefpartner vertraulich auszusprechen, sich wechselseitig zu erbauen und zu trösten oder sich Glaubensbekenntnisse sowie die Sehnsucht nach solchen mitzuteilen. Fortgesetzt wurde der rege pietistische Briefaustausch im Freundschaftskult der Empfindsamkeit. Auch hier pflegten sowohl Männer als auch Frauen sich umfängliche Briefe zu schreiben, wobei Freundschaft, Liebe, Herzensangelegenheiten, Fragen des Geistes, der Bildung, Philosophie und der Erziehung im Vordergrund standen. Die Bürger der Empfindsamkeit schufen sich durch diese Briefwechsel freie Beziehungen jenseits von sozialen, ständischen oder politischen Einengungen und Zwängen, da das Bedürfnis sich und die eigenen Herzensergießungen auszudrücken, sehr groß war. „Man spähte sein eigen Herz aus und das Herz der andern“[28], so beschreibt Goethe im 13. Buch von Dichtung und Wahrheit sehr treffend die unbändige Lust der Empfindsamen am vertraulichen Austausch mit einem Briefpartner. Es war auch genau diese Zeit, in der zum ersten Mal wirkliche Liebesbriefe geschrieben wurden.

Ein weiteres wichtiges Merkmal, das zur Entstehung des Brieftypus mit dem Thema „Liebe“ beigetragen hat, ist die Epoche der Aufklärung und die damit einsetzende Bildung der Bürger. Durch die Beherrschung der Schrift ist von nun an auch ein gesteigertes sprachliches Ausdrucksvermögen zu beobachten. Eine dritte Voraussetzung für den Liebesbrief war die zunehmende Abkehr vom stilistisch konventionalisierten Geschäftsbrief. All diese Komponenten bedingen daher die neue Möglichkeit der Kommunikation von Herz zu Herz.[29]

Eine zweite große Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen im 18. Jahrhundert ist die Trennung von Ehe und Liebe. Der Liebesbrief konnte auch erst mit dieser Trennung um 1800 entstehen. Die Liebesheirat ist ein relativ junges Phänomen und bildet ab diesem Zeitpunkt die Basis, dass nicht mehr Pflicht, sondern Zuneigung das Fundament für ein gemeinsames Leben stellt. Diese Forderung wurde erstmals 1761 von Jean-Jacques Rousseau in seinem Roman Julie oder die neue Heloise erhoben und von nun an von der beginnenden Romantik verstärkt übernommen, wie z.B. auch in Friedrich Schlegels Lucinde (1799). Erst durch diese Entwicklung können sich die Generationen um 1800 für die Liebesehe entscheiden, was wiederum erheblich zur Entwicklung des Liebesbriefes beigetragen hat.

1.4.2 Merkmale und Charakteristika

Im Folgenden werden einige formale und inhaltlich typische Merkmale der Liebesbriefe im 18. und 19. Jahrhundert näher betrachtet. Zunächst muss erkannt werden, dass der Liebesbrief immer verschiedenste Auskünfte über die beiden Briefpartner gibt. So erfährt man von der Verfassung des Individuums, dem Verhältnis der beiden Schreibenden, von Intimitäten, von ihren Familien sowie deren Mitspracherecht und Einfluss, von ihren gesellschaftlichen Stellungen und Beziehungen und letztlich auch vom Zusammenspiel von Affekten und Regeln. Hieraus ergibt sich ein komplexes System von verschiedenen Beziehungen, gesellschaftlichen Strukturen oder auch Gefühlen und Emotionen, was häufig durch die systematische Analyse der Liebesbriefe hervorgeht. Dennoch muss man sich bewusst sein, dass die Briefsprache im 18. und 19. Jahrhundert nicht so unmittelbar ist, wie es die Ideale dieser Zeit vorgeben. Authentizität, Natürlichkeit und die Idee des unmittelbaren Ausdrucks des Empfindens werden in den Briefen häufig nicht derart realisiert, dass man es ohne Zweifel und Analysen sowie Interpretationen annehmen kann. Stattdessen besteht genau hier die Schwierigkeit der Deutung von Liebesbriefen und ihrer darin enthaltenen Liebessprache. Aussagen der Liebenden zu ihren Gefühlen und Beteuerungen können rhetorisch umschrieben, ironisch gebrochen oder gar bewusst einer bestimmten Strategie folgend verschleiert werden.[30]

Zudem ist das Schreiben über Gefühle etwas anderes als das mündliche Gespräch darüber. Die schriftliche Fixierung der Sprache lässt immer semantische Mehrdeutigkeiten entstehen, die in der gesprochenen Sprache jedoch durch die Atmosphäre der Gesprächssituation, Gestik und Mimik oder Betonung und Rhythmus wesentlich reduziert werden.[31] Der verschobene Dialog im Brief besitzt daher niemals Gegenwartsbezug, sondern bleibt nur ein Vor- oder Nachgefühl.[32] Der Brief erfährt daher häufig Uneindeutigkeiten und der so geschaffene semantische Mehrwert lässt den Brief zum Ort der Deutungen und Missverständnisse werden.

Hier erweist sich der Brief aber auch als wahre Möglichkeit eines liebevollen oder gar erotischen Spiels mit dem Gegenüber. Briefe müssen nicht immer ehrlich sein und können so auch der Verführung dienen. Direkte Konfrontationen bleiben aus und so wird häufig ein Spiel der Annäherung betrieben, das zu einer Art erotischem Spiel erhoben wird.[33] Hierin liegen aber gerade auch der Reiz und die Möglichkeit der Imagination. Dann ist es gerade die Aufgabe des Briefpartners das Geheimnis und die wahren Intentionen des Anderen zu ergründen.[34]

In einigen Briefen und Beispielen wird diese Unmittelbarkeit der Sprache der Liebe und des Herzens zwar vehement gefordert und gegen gefühlslose Sachverhalte ausgespielt, so z.B. wenn Meta Moller an Klopstock schreibt „Mein Herz hätte Ihnen noch vieles sagen, wenn die Post nur warten wollte […]“[35]. Dennoch müssen die galanten Liebesbriefe nicht immer ehrlich gemeint sein, wie oben bereits durch das Moment der Mehrdeutigkeit und der Möglichkeit des erotischen Spiels angedeutet wurde.

Andererseits kann immer wieder beobachtet werden, dass die Briefschreiber dem Vermögen der Sprache, ihre Gefühle unmittelbar und wahr auszudrücken, skeptisch gegenübertreten. Man sieht sich häufig nicht in der Lage, die eigenen Gefühle für den Anderen durch die Sprache auszudrücken und befindet sich schnell in einer Art Sprachskepsis bzw. Sprachkrise der Liebeskommunikation:

Du sagst, daß du nicht ausdrücken könntest, was Du für mich fühltest, auch mir ist die Sprache zu arm, und es sollte mir leid seyn wenn sie das nicht wäre es wäre ein Zeichen daß viele Leute so sehr geliebt hätten als wir. Und was liegt daran? Hole der Henker alle Sprachen wir verstehen uns doch.[36]

Nicht nur hier bei Leisewitz, sondern auch in anderen Briefwechseln sind diese Gedanken der Unzulänglichkeit der Sprache für die Darstellung der Liebe im Brief beobachtbar. Auch in Kleists Briefen an Wilhelmine von Zenge, die in der vorliegenden Arbeit noch genauer untersucht werden, lässt sich eine ähnliche Sprachkrise deuten. Der erste erhalten gebliebene Brief an die Braut Wilhelmine von Zenge spricht bereits von der Sprache der Liebe:

Vor Ihnen zu stehen, und nicht sprechen zu dürfen, weil andere diese Sprache nicht hören sollen, Ihre Hand in der meinigen zu halten und nicht sprechen zu dürfen, weil ich mich diese Sprache gegen Sie nicht erlauben will, ist eine Qual, die ich aufheben will und muß.[37]

Im ersten Brief hegt Kleist schon Zweifel, ob die Kommunikation mit der Geliebten und daher vor allem die Sprache der Liebe überhaupt gelingt. Kleist überkommen also sehr schnell Gefühle der modernen Sprachskepsis, die sich darin ausdrücken, dass er sich sehr unsicher ist, Gefühlen angemessenen sprachlichen Ausdruck zu verleihen. Sprache als Mittel der Kommunikation, vor allem als Mittel der Kommunikation über die Liebe wird demnach in den Briefen des 18. und 19. Jahrhunderts auch sehr häufig in Frage gestellt.

Jedoch sind derartig scharfe Verwerfungen und Zweifel der Sprache eher selten. Der sprachskeptische Umgang mit der Liebessprache führt dagegen sehr oft zu psychologischen Selbstentwürfen und Ich-Zuschreibungen. Liebesbriefe stehen immer im Kontinuum zwischen Sprache und Schrift:Normative und performative Faktoren wirken zusammen - Brieflehren, Briefsteller, Sprachregelungen, Sprachzweifel und sprachliche Tabus. Durch Regeln auf der einen Seite und Gefühlen auf der anderen Seite, die sich aber nicht bestimmten Tabus unterwerfen lassen, entstehen Subjekttheorien und Selbstentwürfe.

Gerade durch die schriftliche Codierung von Intimität im Brief, verbunden mit der Anarchie der Gefühle wachsen sehr häufig psychologische Konstrukte des Ich. Gefühle werden im Brief thematisiert und der Briefschreiber versucht die eigenen Gefühle zu deuten, zu verstehen und zu ordnen, wodurch er sehr stark an die Ergründung seines Ichs herangeführt wird. Inwiefern diese persönlichen Selbstäußerungen, das eigene Ich dem Partner unverhüllt und unverändert zeigen oder sogar dazu dienen, einen bewusst kunstvollen Selbstentwurf zu gestalten, muss im Einzelfall jeweils analysiert werden.

Einerseits bietet das vertrauliche Gespräch und die Verschriftlichung von Gedanken Anlass zu Autoreflexion, Erkenntnisfindung und Selbsterkundung, aber auf der anderen Seite auch Möglichkeiten der poetischen und künstlerischen Weiterentwicklung. Der Gegenüber wird häufig zur eigenen schriftstellerischen Verwirklichung gebraucht und bereitet den schriftstellerischen Werdegang vor[38]. Briefschreiben und schriftstellerische Tätigkeiten sind in den Liebesbriefen des 18. und 19. Jahrhunderts häufig sehr eng miteinander verbunden. So ergibt sich vor allem bei Kafka ein faszinierendes und doppelseitiges Bezugssystem zwischen der Beziehung zu Felice und Kafkas Literatur.

Jetzt habe ich mein Leben um das Denken an Sie erweitert und es gibt wohl kaum eine Viertelstunde während meines Wachseins, in der ich nicht an Sie gedacht hätte, und viele Viertelstunden, in denen ich nichts anderes tue. Aber selbst dieses steht mit meinem Schreiben in Zusammenhang, nur der Wellengang des Schreibens bestimmt mich und gewiß hätte ich in einer Zeit matten Schreibens niemals den Mut gehabt, mich an Sie zu wenden.[39]

Kafkas Schreiben beeinflusst demnach die Beziehung zu Felice in erheblichem Maße und umgekehrt geht die Beziehung zu Felice wiederum in seine Literatur ein. Kafka braucht Felice also für seinen weiteren schriftstellerischen Werdegang und er nutzt hierfür das Wechselverhältnis zwischen selbstreflexiven und poetologischen Dispositionen.

Die räumliche Trennung der Briefpartner im 18. und 19. Jahrhundert ist ein wesentliches und wichtiges Merkmal der Liebesbriefe. Durch das Problem der räumlichen Distanz und der damit nicht tatsächlich stattfindenden Liebe bzw. Beziehung konstituiert sich diese nur innerhalb und durch die ausgetauschten Briefe. Die Liebe kann durch die Distanz häufig nicht im Zusammenleben praktiziert werden und muss daher im Brief in erster Linie verbal bewiesen und thematisiert werden. Da die Liebe also vorerst vor allem auf schriftlicher Ebene behandelt wird, gibt sie der Beziehung literarische, fiktionale und unwirkliche Züge und ermöglicht ihr erst später eine nachfolgende Wirklichkeit. In den Briefen des 18. und 19. Jahrhunderts bestimmt demnach häufig nicht die Beziehung den Briefwechsel, sondern der Briefwechsel entscheidet über die Beziehung, weil er die Beziehung ist.[40]

Die Forschung zu den Liebesbriefen hat bereits gezeigt, dass vor allem auch die Frauen eine wichtige Rolle spielen, gerade dann, wenn der Brief als ästhetische Kommunikationsform betrachtet wird. Der Liebesbrief muss immer als integrale Interaktion der Geschlechter betrachtet werden und darf nicht auf den männlichen Part reduziert werden.

1.4.3 Stellung in der Literaturwissenschaft

Ein Problem, das die Liebesbriefe mitbringen, ist die Schwierigkeit der Gattungszuordnung. Wie unter Punkt 1.4.2 bereits erläutert wurde, bestehen für den Liebesbrief zahlreiche Möglichkeiten für künstlerische Kreativität und poetologische Überlegungen. Der Brief erweist sich demnach häufig als eigentlicher Ort der schriftstellerischen Selbstverständigung und der Entfaltung eigener theoretischer Ideen.[41] Andererseits hat der Brief in seiner primären Verwendung als pragmatisches-intentionales Zweckschreiben in dialogischer Form keine spezifisch ästhetische Anlage.[42]

Aus diesem Grund stellt sich natürlich sehr schnell die Frage, ob der Brief und in erster Linie der Liebesbrief als literarische Gattung angesehen werden kann. Diese Frage ist eng verbunden mit der Frage nach Authentizität und Fiktionalität. Hierfür sind wiederum mehrere Punkte wichtig, die angesprochen werden müssen, um schließlich zu einer Beantwortung zu kommen.

In den Briefstellern und Brieflehren des 18. Jahrhunderts wurden immer wieder klare und wichtige Regeln des Briefschreibens eingefordert. Solange Briefe noch von Briefstellern abgeschrieben wurden – dies geschah bis weit in das 18. Jahrhundert hinein - kam es niemanden in den Sinn, dass der Brief einzigartig und damit authentisch ist.[43] Vor allem die Forderung, dass die Sprache im Brief bestimmten Mustern folgen muss, wenn sie kommunizierbar sein will, trägt zunächst nicht zur Authentizität der Liebesbriefe bei.[44] So entsteht als Folge auch eine ähnliche Bedingung wie für die Literatur. Der Briefschreiber identifiziert sich nicht vollkommen mit seinem Brief und der Adressat nimmt den Brief nicht als Beleg für die Wahrheit oder als Bild der Wirklichkeit. Der Adressat muss stattdessen, genauso wie der Leser eines Romans zwischen Autor und Ich-Erzähler unterscheiden. Schreiber und Empfänger sind daher sehr selten sie selbst, sie sind häufig vielmehr kunstvolle Darstellung des Selbst.

[...]


[1] Vgl. Clauss, Elke: Liebeskunst. Untersuchungen zum Liebesbrief im 18. Jahrhundert. Stuttgart/Weimar: Metzler, 1993. S.9.

[2] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief. Stuttgart: J.B. Metzler, 1991. S.22-23.

[3] Vgl. ebd. S.9.

[4] Kafka, Franz: Briefe an Felice und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit. Hrsg.: Erich Heller, Felice Bauer. Frankfurt a. Main: Fischer, 1970. Brief vom 2. November 1912.

[5] Ebd. Brief vom 16. November 1912.

[6] Ebd. Brief vom 2. November 1912.

[7] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G: Brief. S.10.

[8] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief. S.11.

[9] Jacobi, Friedrich H.: Briefwechsel 1775 – 1881. Hrsg.: Michael Brüggen, Albert Mues, Gudrun Schury. Stuttgart, Bad Cannstatt: Frommann – Holzboog, 1983. (=Band 2). Brief vom 5.8.1775.

[10] Vgl. Stuber, Martin: Brief und Mobilität bei Albrecht von Haller. Zur Geographie einer europäischen Gelehrtenkorrespondenz. In: Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit. Hrsg.: Johannes Burkhardt. München: Oldenbourg, 2005. S.313.

[11] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief. S.12.

[12] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief. S. 12.

[13] Vgl. ebd. S.13.

[14] Vgl. ebd. S.14.

[15] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief. S.15.

[16] Vgl. Ebrecht, Angelika: Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. Texte, Kommentare, Essays. Hrsg.: Angelika Ebrecht, Regina Nörtemann, Herta Schwarz u. Mitarbeit v. Gudrun Kohn-Waechter, Ute Pott. Stuttgart: J.B. Metzler, 1990. S.1.

[17] Vgl. Ebrecht, Angelika: Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. S.13.

[18] Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst. 5. Auflage. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1962. S. 312.

[19] Vgl. Reinlein, Tanja: Der Brief als Medium der Empfindsamkeit. Erschriebene Identitäten und Inszenierungspotentiale. Würzburg: Königshausen und Neumann, 2003. S.73.

[20] Gellert, Christian Fürchtegott: Briefe nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen. Leipzig: Fritsch, 1779. S. 130.

[21] Vgl. Ebrecht, Angelika: Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. S.175.

[22] Herder, Johann Gottfried: Briefe zur Beförderung der Humanität. Hrsg: Hans Joachim Kruse. Berlin: Aufbau-Verlag, 1971. (=Bd. 1)

[23] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief .S.20.

[24] Brandes, Ernst: Betrachtungen über das weibliche Geschlecht und dessen Ausbildung in dem geselligen Leben. Hannover: Hahn, 1802. (=Bd. 1). S.63.

[25] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief. S.44.

[26] Vgl. Clauss, Elke: Liebeskunst. S.9-10.

[27] Nickisch, Reinhard M.G.: S.45.

[28] Johann Wolfgang von Goethe: Dichtung und Wahrheit. Potsdam: Rütten & Loening, 1942. S.180.

[29] Vgl. Clauss, Elke: Liebeskunst. S.10.

[30] Vgl. Stauf, Renate / Simonis, Annette / Paulus, Jörg: Liebesbriefkultur als Phänomen. In: Der Liebesbrief. Schriftkultur und Medienwechsel vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Hrsg.: Stauf, R. /Simonis, A./ Paulus, J.. Berlin: de Grutyer, 2008. S.1.

[31] Vgl. Clauss, Elke: Liebeskunst . S.10.

[32] Vgl. ebd. S.11.

[33] Vgl. Anton, Annette C.: Authentizität als Fiktion. Briefkultur im 18. und 19. Jahrhundert. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler, 1995. S.28.

[34] Vgl. Clauss, Elke: Liebeskunst. S.11.

[35] Klopstock, Margareta: Es sind wunderliche Dinger, meine Briefe. Meta Klopstocks Briefwechsel mit Friedrich Gottlieb Klopstock und mit ihren Freunden: 1751 – 1758. Hrsg.: Franziska Tiemann. München: Beck, 1980. Brief vom 6.8.1751.

[36] Leisewitz, Johann Anton: Briefe an seine Braut. Mit 5 Beilagen. Hrsg.: Henrich Mack. Weimar: Ges. der Bibliophilen, 1906. Brief an Sophie Seyler vom 24.10.1777.

[37] Heinrich von Kleist: Sämtliche Briefe. Hrsg.: Dieter Heimböckel. Stuttgart: Reclam, 1999. S.52.

[38] Vgl. Stauf, Renate / Simonis, Annette / Paulus, Jörg: Liebesbriefkultur als Phänomen. S. 17.

[39] Kafka, Franz: Briefe an Felice und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit. Hrsg.: Erich Heller, Felice Bauer. Frankfurt a. Main: Fischer, 1970. S.66.

[40] Vgl. Anton, Annette C.: Authentizität als Fiktion. Briefkultur im 18. und 19. Jahrhundert. S. 36-37.

[41] Vgl. Stauf, Renate / Simonis, Annette / Paulus, Jörg: Liebesbriefkultur als Phänomen. S. 17.

[42] Vgl. Nickisch, Reinhard M.G.: Brief. S.98.

[43] Vgl. Anton, Annette C.: Authentizität als Fiktion. Briefkultur im 18. und 19. Jahrhundert. S. 25.

[44] Vgl. Clauss, Elke: Liebeskunst. S.14.

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Der Verlobungsbrief. Literarisierung der Liebe am Beispiel ausgewählter Briefwechsel des 18. und 19. Jahrhunderts
Hochschule
Universität Regensburg  (Institut für Germanistik: Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft 2)
Veranstaltung
Das Versprechen der Liebe. Verlobungsbriefe von Klopstock bis Kafka.
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
80
Katalognummer
V375382
ISBN (eBook)
9783668545076
ISBN (Buch)
9783668545083
Dateigröße
736 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Briefwechsel, Liebe, Literarisierung, Kafka, Klopstock, Sigmund Freud, Heinrich von Kleist, Wilhelmine von Zenge, Martha Bernays, Briefanalyse, Verlobungsbrief, Liebesbriefe
Arbeit zitieren
Michael Hüttinger (Autor:in), 2014, Der Verlobungsbrief. Literarisierung der Liebe am Beispiel ausgewählter Briefwechsel des 18. und 19. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375382

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