„Hier liegt Kaspar Hauser, Rätsel seiner Zeit, unbekannt die Herkunft, geheimnisvoll der Tod 1833.“ Diese Inschrift des Grabsteins auf dem Ansbacher Friedhof fasst genau das zusammen, was man über das Leben des Kaspar Hauser sagen kann: Es ist nahezu nichts Genaues über ihn bekannt, außer, dass er aus unbekannten Umständen am 26. Mai 1826 auf dem Nürnberger Unschlittplatz auftauchte und dann sieben sehr turbulente Jahre in Nürnberg und später in Ansbach verlebte. Schon zu Lebzeiten Hausers rankten sich, ausgelöst durch das Unwissen seiner Zeitgenossen, die verschiedensten Geschichten um ihn, die ihm später sogar sein Leben kosten sollten. Diese begannen bei Spekulationen über seine Herkunft, gingen über die Frage, in wie weit er als Hochstapler zu bezeichnen sei, bis hin zu der Theorie, dass er möglicherweise der Erbprinz von Baden wäre. Er wurde damit zum Opfer seiner Zeit und der Gesellschaft.
Doch mit seinem Tod am 17. Dezember 1833 starb die Mythenbildung, die bereits zu seinen Lebzeiten eingesetzt hatte, keinesfalls. Man kann bis in die Gegenwart literarisches Material finden, dass sich direkt oder indirekt auf Kaspar Hauser bezieht. So stellt beispielsweise ein junger österreichischer Lyriker, Georg Trakl, 1913 Kaspar Hauser ins Zentrum eines seiner Werke. Postum erscheint dieses dann 1915 in der Gedichtsammlung "Sebastian im Traum" unter dem Titel "Kaspar Hauser Lied". Doch wie genau verarbeitet Trakl hier den Stoff? Schreibt er über Hauser, und wenn ja, über das, was wir über ihn als historische Person wissen? Oder nutzt er Hauser vielmehr als Symbol, um über sich selbst und die Gesellschaft etwas auszusagen? Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Themenbegründung
- Darstellung des Hauser-Stoffs in Trakls „Kaspar Hauser Lied“
- Trakls Lyrik
- Trakl zwischen Expressionismus und Symbolismus
- Analyse des ,,Kaspar Hauser Lieds“
- Struktur
- Sprache
- Semantik
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Georg Trakls Gedicht „Kaspar Hauser Lied“ und untersucht, wie der Dichter den Stoff des Kaspar Hauser literarisch verarbeitet. Im Mittelpunkt der Analyse steht die Frage, ob Trakl Hauser als historische Figur darstellt oder ihn als Symbol nutzt, um über seine Zeit und die Gesellschaft zu reflektieren.
- Trakls Lyrik und seine Entwicklung
- Trakls Einordnung zwischen Expressionismus und Symbolismus
- Die sprachliche und strukturelle Besonderheit von Trakls "Kaspar Hauser Lied"
- Die literarische Verwendung des Kaspar Hauser-Stoffs
- Die Verbindung von persönlicher und gesellschaftlicher Kritik in Trakls Werk
Zusammenfassung der Kapitel
1. Themenbegründung
Dieses Kapitel führt in die Thematik des Kaspar Hauser-Stoffs ein und stellt die besondere Bedeutung dieser historischen Figur in der Literatur dar. Es wird erläutert, wie sich die Mythenbildung um Kaspar Hauser bereits zu Lebzeiten entwickelte und bis in die Gegenwart anhält. Trakls „Kaspar Hauser Lied“ wird als Beispiel für die literarische Auseinandersetzung mit dieser Person vorgestellt.
2. Darstellung des Hauser-Stoffs in Trakls „Kaspar Hauser Lied“
2.1 Trakls Lyrik
Dieser Abschnitt beleuchtet die Entwicklung von Trakls Lyrik, insbesondere die Veränderung seines Schreibstils ab 1912 mit dem Gedicht „Psalm“. Trakls spätes Werk zeichnet sich durch eine bildhafte und symbolische Sprache aus, die vielfältige Deutungen zulässt. Die Interpretationen von Trakls Lyrik stehen zwischen Expressionismus und Symbolismus und spiegeln die Verwahrlosung und das Leiden des Ichs in der Gesellschaft wider.
2.2 Trakl zwischen Expressionismus und Symbolismus
Dieses Kapitel erläutert die literarische Epoche des Expressionismus und seine Merkmale. Trakls Lyrik wird in den Kontext dieser Epoche eingeordnet und seine experimentelle Art des Schreibens, die von einer offenen Struktur und stilistischen Bildern geprägt ist, wird hervorgehoben. Es wird gezeigt, wie Trakls Werk die Gesellschaft, die Industrialisierung und den damit verbundenen Identitätsverlust des Subjekts kritisch beleuchtet.
2.3 Analyse des ,,Kaspar Hauser Lieds“
In diesem Kapitel werden die Struktur, Sprache und Semantik des Gedichts „Kaspar Hauser Lied“ analysiert. Es wird erörtert, wie Trakl das Leben Kaspar Hausers in seinem Gedicht verarbeitet und wie er die Person als Symbol für seine eigenen Erfahrungen und die Herausforderungen seiner Zeit nutzt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Kaspar Hauser, Georg Trakl, Expressionismus, Symbolismus, Lyrik, Sprache, Semantik, historische Figur, Symbol, Gesellschaft, Identitätsverlust und literarische Analyse. Der Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der sprachlichen und strukturellen Besonderheiten von Trakls „Kaspar Hauser Lied“ und deren Bedeutung für die Interpretation des Werks.
- Quote paper
- Marcus Patzer (Author), 2009, Georg Trakls "Sebastian im Traum". Wie wird Kaspar Hauser literarisch verarbeitet?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376342