Die Lesbarkeit und die Wiedergabe der wahrgenommenen Umgebung ist eine Praktik die mit dem Entstehen von Narrativen aufkam und in vielerlei Hinsicht aus dem Verlangen des Menschen nach Aufzeichnung und Weitergabe von Erlebnissen entstand. Denn wie sollten Momente festgehalten werden, wenn kein adäquates Werkzeug zur Hand war? Die Erzählung, die Narrative in Form von gesprochener Sprache, bildete - nach dem intuitiven Erleben und der durch Nachahmung weitergegebenen Erfahrung - eine erste Möglichkeit der Umwandlung in ein, von einer Gemeinschaft akzeptiertes, Zeichensystem. Durch Gesprochenes wurde Erlebtes zu reproduzierbarem Code. Die mündliche Überlieferung entstand. Die gesprochene Sprache barg aber eine ungeahnte Komponente, durch welche sie einerseits der direkten Weitergabe durch nachempfundene Handlung nachstand, zugleich aber ihr eigenes Territorium beanspruchte. Sie verband Ausgesprochenes mit Mitgesagtem, welches sich in vermittelten Annahmen (Vorstellungen, Interpretationen) artikulierte. Konnten diese noch bei der direkten Überlieferung möglicherweise geäußert und rückgekoppelt werden, verschwand diese Möglichkeit bei der Aufzeichnung und vollends nach dem Tod des ursprünglichen Verfassers. Dann war das Feld der Interpretation und Neuaneignung und der Text völlig sich selbst überlassen und lies zwar vielfältige Auslegung von Außen aber keinerlei weitere Veränderungen von Innen zu. Die Geschichte der Sieger als eine geläufige geflügelte Formulierung, beschreibt dieses Phänomen der Interpretationshoheit über die historische Begebenheit und die dadurch artikulierte Macht der gegenwärtigen Eliten über den vorangegangen Verlauf der Geschichte. Das Umsetzen der beobachteten Welt in sprachliche Codi und das Lesen, sowie die vielfältige (Mis)Interpretation, dieser ist eine schon viel ältere Praktik, zudem eine, die sich der Menschen mit vielen anderen Lebewesen teilt, unbewusst versteht sich. Sie liegt am Beginn und noch vor der Artikulation und ist Erfahrung und Aneignung mit vergleichsweise geringer Zugabe von Reflektion. Die bewusste Auseinandersetzung mit dieser Praktik ist hingegen ein Betätigungsfeld der Philosophie und wurde vermutlich erstmals im Mittelalter durch Augustinus thematisiert, der in der Natur - neben der Bibel - ein weiteres dechiffrierbares Feld der Erkenntnis Gottes sah. Die Gegenwart bietet durch die rasante Produktion von Konsumgütern immer neuartigere Sprachen zu Übersetzung der Zeichen der Welt an.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung - Artikulation des Raumes
- Hauptteil - Herleitung der Sprache
- Das Buch der Natur
- Urbanes Textgewebe
- Der Smartphone-Effekt
- Schluß-Freiheitslücken
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Lesbarkeit des urbanen Raumes und analysiert, wie die menschliche Wahrnehmung die Umgebung in ein interpretierbares Textgewebe verwandelt. Sie beleuchtet den historischen Ursprung dieser Lesepraxis und betrachtet die Rolle der Sprache als Werkzeug der Erkenntnis und Interpretation der Welt.
- Die Rolle der Sprache in der Konstruktion und Interpretation von Raum
- Der Vergleich zwischen natürlichen und künstlichen Texten
- Die Bedeutung des digitalen Zeitalters für die Lesbarkeit des urbanen Raumes
- Die vielfältigen Lesarten und Interpretationen des städtischen Lebens
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung - Artikulation des Raumes
Die Einleitung beleuchtet den Prozess der Wahrnehmung und Interpretation der Umwelt. Sie stellt die Frage, wie die menschliche Erfahrung durch Sprache zu einem interpretierbaren Text wird und wie der Raum so zu einem "lesbaren" Objekt wird.
2. Hauptteil - Herleitung der Sprache
2.1 Das Buch der Natur
Dieses Kapitel untersucht die Natur als einen "Text", der gelesen und interpretiert werden kann. Es betrachtet die Natur als eine Sprache, die nicht in der Form von Wörtern, sondern in der Form von Hieroglyphen existiert.
2.2 Urbanes Textgewebe
Hier wird der städtische Raum als ein von Menschen geschaffenes Textgewebe vorgestellt. Es wird die Vielschichtigkeit und die Interpretation des urbanen Raumes anhand der unterschiedlichen Perspektiven der Menschen betrachtet.
2.3 Der Smartphone-Effekt
Dieses Kapitel untersucht die Rolle der digitalen Technologien in der Interpretation des urbanen Raumes. Es wird die Frage gestellt, wie das Smartphone den Zugang zu Informationen und die Möglichkeit der Interpretation der Stadt verändert.
Schlüsselwörter
Lesbarkeit, urbaner Raum, Textgewebe, Interpretation, Sprache, Natur, digitalisierung, Stadt, Wahrnehmung, Erfahrung.
- Arbeit zitieren
- Konstantin Schimanowski (Autor:in), 2014, Das Lesen von Texten aus dem urbanen Raum und die spezifischen auditiven Merkmale, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376414