Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theorie und Hypothesen
3 Daten, Operationalisierung und Methoden
4 Deskriptive und multivariate Analysen
5 Zusammenfassung und Diskussion
6 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Graphische Visualisierung der Hypothesen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Deskriptive Verteilung der zentralen Merkmale sowie der Kontrollvariablen
Tabelle 2: Multivariate Regressionsanalyse mit der abhängigen Variable gesund
1 Einleitung
Gesundheit kann mit Sicherheit als eine der wichtigsten Ressourcen im Leben bezeichnet werden. Gibt es doch von der Freizeitgestaltung über das sozialen Umfeld bis hin zur beruflichen Karriere kaum einen Lebensbereich, der nicht durch Gesundheit, bzw. vielmehr das Fehlen dieser, beeinflusst wird. Wenig überraschend ist es deshalb auch, dass eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage zur subjektiven Bedeutung der Gesundheit in Deutschland zu dem Ergebnis kommt, dass diese tatsächlich als das höchste Gut eingeschätzt wird bzw. insgesamt den wichtigsten Lebensbereich darstellt (Hinz et al. 2010). Ungleiche Chancen auf ein Leben in Gesundheit, und damit einhergehend ein ungleiches Sterblichkeitsrisiko, können somit getrost als eine bedeutende soziale Ungleichheit bezeichnet werden, die sowohl gesellschaftliche, als auch, nicht zuletzt aufgrund der Kosten für den Sozialstaat, politische Relevanz besitzt. Ein Faktor, der schon seit sehr langer Zeit in Zusammenhang mit Gesundheit beobachtet wird, ist die Ehe. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts kommt William Farr (1858) nach Untersuchung von französischen Sterbeziffern zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Ehe um einen „gesunden Familienstand“ handelt (Farr 1858: 507). Seither wurde ein Zusammenhang zwischen dem Familienstand und der Gesundheit durch eine Vielzahl an empirischen Untersuchungen bestätigt: Menschen, die verheiratet sind, erfreuen sich durchschnittlich besserer Gesundheit und leben länger (u.a. Roelfs et al. 2011; Rendal et al. 2011; Hughes und Waite 2009; Liu und Umberson 2008; Rogers 1995; Gove 1973). Weniger eindeutig ist die Forschungsliteratur bezüglich der Frage, warum dies so ist. Hier besteht seit langem eine kontroverse Diskussion: Die Protektionshypothese, die besagt, dass ein Leben in Ehe einen positiven, schützenden Einfluss auf die Gesundheit ausüben kann, steht hier der Selektionshypothese gegenüber, die davon ausgeht, dass eine höhere Heiratschance von gesunden Personen gegenüber weniger gesunden der Grund dafür ist, warum Verheiratete am Ende auch über eine bessere durchschnittliche Gesundheit verfügen als Unverheiratete. Ebenso denkbar und Teil der Kontroverse ist eine Mischung aus beiden Effekten (Rendall et al. 2011; Unger 2007; Waldron et al. 1996). Nichteindeutige Ergebnisse wurden in der Vergangenheit vor allem auch darauf zurückgeführt, dass die meisten Analysen auf Querschnittsdaten beruhten (Goldman et al. 1995: 1718). Doch auch Längsschnittuntersuchungen konnten die Frage, ob es sich beim Zusammenhang zwischen der Ehe und der Gesundheit um eine Scheinkorrelation handelt, oder ob es tatsächlich einen kausalen Effekt gibt, bisher nicht eindeutig beantworten (Rapp und Klein 2015: 777). So kommt z.B. eine Längsschnittstudie zu dem Ergebnis, dass es sich beim positiven Zusammenhang zwischen der Ehe und dem Gesundheitszustand um einen reinen Selektionseffekt handelt (Unger 2007), während eine weitere sowohl Selektions- als auch Protektionseffekte nachweist (Murray 2000). Des Weiteren finden sich auch immer wieder Geschlechterunterschiede, die darauf hindeuten, dass Männer in Bezug auf ihre Gesundheit stärker von einer Ehe profitieren als Frauen (Rendall et al. 2011; Goldman und Smith 2002: 10932; Rogers 1995; Gove 1973). Die vorliegende Arbeit reit sich in diesen Forschungskontext ein. Basierend auf den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (v29) soll in einem ersten Schritt untersucht werden, inwiefern ein protektiver Effekt der Ehe auf die Gesundheit nachgewiesen werden kann. Durch Anwendung von Fixed-Effects-Schätzern können dabei mögliche Selektionseffekte herausdifferenziert werden. In einem zweiten Schritt soll untersucht werden, ob sich geschlechtsspezifische Unterschiede in einem möglichen Einfluss der Ehe auf die Gesundheit zeigen. In einem dritten und letzten Schritt wird anschließend eine Veränderung des Gesundheitsverhaltens als möglicher Mechanismus analysiert. Hierfür wird der Tabakkonsum und die Ernährung in der statistischen Analyse berücksichtigt. Die eben aufgeführten Schritte dienen zusammengefasst der Beantwortung folgender Forschungsfrage:
Inwiefern wirkt sich die Ehe (durch eine Veränderung des Gesundheitsverhaltens) auf die Gesundheit aus? Und inwiefern lassen sich geschlechtsspezifische Unterschiede erkennen?
Die weitere Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Im nächsten Abschnitt werden die zugrundeliegenden Theorien und Konzepte vorgestellt, auf vorliegende Fragestellung angewandt und die entsprechenden Hypothesen abgeleitet. Im Anschluss daran wird zunächst auf die Datengrundlage, die Operationalisierung und die angewandten Methoden eingegangen, bevor die deskriptiven und multivariaten Ergebnisse dargestellt werden. Zu guter Letzt erfolgt schließlich eine kurze Zusammenfassung sowie eine Diskussion der Ergebnisse und Limitationen.
2 Theorie und Hypothesen
Alle in diesem Abschnitt abgeleiteten Hypothesen sind in Abbildung 1 visuell dargestellt. Allgemein ist man sich in der einschlägigen Literatur weitestgehend einig, dass die Ehe eine protektive Wirkung auf die Gesundheit haben kann (Ali und Ajilore 2011: 192f., Rendall et al. 2011:484, Brockmann und Klein 2002: 431, Wu und Hart 2002: 420). Eine Vielzahl potenzieller Mechanismen kommen für die Erklärung eines solchen Effekts in Frage. Im Zentrum des Forschungsinteresses dieser Arbeit steht die soziale Kontrolle (Umberson 1987: 308ff.; 1992: 908f.). Weiterhin werden u.a. auch soziale Unterstützung und soziale Rollenübernahme als mögliche vermittelnde Faktoren genannt. So können sich Ehepartner z.B. gegenseitig emotional unterstützen und so Stress besser bewältigen oder das Ausfüllen einer Rolle wie z.B. des Familienversorgers dazu führen, sich weniger Gesundheitsrisiken auszusetzen. Ebenfalls eine Rolle spielen kann die Tatsache, dass durch die Zusammenlegung zweier Einkommen und das gemeinsame Wirtschaften häufig mehr Geld zur Verfügung steht, welches z.B. für qualitativ höherwertige Nahrungsmittel oder bessere medizinische Versorgung verwendet werden kann (zusammenfassend Rendall et al. 2011: 484). Wie auch Abbildung 1 entnommen werden kann, ergibt sich zusammengefasst hieraus die erste, allgemeine Hypothese:
Hypothese 1: Verheiratete Personen besitzen im Durchschnitt eine höhere Wahrscheinlichkeit, einen mindestens guten Gesundheitszustand aufzuweisen, als Unverheiratete.
Bezüglich potentieller Geschlechterunterschiede kommt Umberson (1992) zu folgenden theoretischen Überlegungen: Frauen haben im Vergleich zu Männern tendenziell ein stärker ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein. Sie überwachen eher ihre eigene Gesundheit und neigen auch weniger stark zu gesundheitsschädigenden Verhaltensweisen. Teilweise kann dies wohl mit der Sozialisation von typischen Geschlechterrollen erklärt werden. Frauen, für die die Bedürfnisse und das Wohlergehen der Familie im Mittelpunkt stehen, sind primär auf Gesundheit und Sicherheit bedacht. Für Männer gehören dagegen auch Wettbewerb, Aggression und sich gewissen Risiken auszusetzen zum typisch traditionellen Rollenbild dazu. Damit einher geht auch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ehefrau die Gesundheit ihres Ehemanns kontrolliert, höher ist als umgekehrt (Umberson 1992: 908f.). Beide Argumente führen, wie auch in Abbildung 1 zu sehen ist, zur zweiten Hypothese:
Hypothese 2: Der tendenziell positive Einfluss der Eheschließung auf die Wahrscheinlichkeit einen mindestens guten Gesundheitszustand zu besitzen, ist für Männer größer als für Frauen.
Ein positives Gesundheitsverhalten trägt zu einem großen Teil dazu bei, Gesundheit aufrecht zu erhalten bzw. Krankheiten vorzubeugen. In einer Ehe dürfte aus Rational-Choice-Sicht beiden Ehepartner daran gelegen sein, dass der jeweils andere gesund bleibt. Nicht nur würde man durch Krankheit einen geliebten Menschen teilweise bzw. durch Tod sogar gänzlich verlieren, sondern auch die wirtschaftliche Absicherung des Haushalts kann durchaus gefährdet sein. Es sollte somit eine Motivation bestehen, die Gesundheit des Ehepartners im Auge zu behalten und schädigende Verhaltensweisen zu sanktionieren (Klein et al. 2013: 651f.; Duncan et al. 2006: 692f.).
Abbildung 1: Graphische Visualisierung der Hypothesen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Quelle: Eigene Darstellung
An diesem Punkt knüpft nun das Konzept der sozialen Kontrolle des Gesundheitsverhaltens an. Ganz im Sinne Durkheims spielt hier die soziale Integration eine zentrale Rolle. Familienbeziehungen, wie z.B. zu einem Ehepartner oder Kind, werden als einflussreiche Faktoren angesehen, die Auswirkungen auf das Verhalten eines Individuums haben. Diese engen Beziehungen bringen einerseits Gefühle von Verpflichtung gegenüber Familienangehörigen und bestimmte Grenzen potenzieller Verhaltensweisen mit sich und geben dem Leben andererseits auch einen gewissen Sinn und Bedeutung. Die Grundannahme ist hierbei, dass sich soziale Integration über soziale Kontrolle positiv auf das Gesundheitsverhalten und damit auf die Gesundheit selbst auswirkt. Negatives Gesundheitsverhalten wird als unkonventionell bzw. abweichend wahrgenommen und entsprechend gehemmt, Positives hingegen wird als konventionell betrachtet und somit gefördert. Soziale Kontrolle kann sich dabei sowohl indirekt als auch direkt auf das Gesundheitsverhalten auswirken (Umberson 1987: 309). Indirekte soziale Kontrolle entsteht, wenn ein Individuum durch das Bewusstsein einer Verantwortung gegenüber einem Ehepartner oder Kind gewisse gesellschaftliche Normen bezüglich seines Gesundheitsverhaltens verinnerlicht und dieses somit kontrolliert. Enge Familienangehörige greifen hier also nicht aktiv ein, sondern allein deren Existenz beeinflusst das Verhalten. Die empfundene Verantwortung kann dabei auf die besondere Bedeutung der Beziehung für das Individuum oder eine angestrebte Konformität mit gesellschaftlichen Verhaltensnormen innerhalb einer solchen Beziehung zurückgehen (Umberson 1987: 309f.; 1992: 908) So sind Verhaltensweisen wie exzessives Trinken oder Rauchen beispielsweise eher in einem „wilden und freien“ Single-Leben gesellschaftlich akzeptiert, als in einer erwachsen und vernünftig geführten Ehe (Duncan et al. 2006: 692). Bezogen auf vorliegende Fragestellung bedeutet dies zusammengefasst, dass ein Ehepartner sich im Normalfall gegenüber dem Anderen verantwortlich fühlen dürfte. Um ihn nicht aufgrund von Krankheit oder Tod - mit allen einhergehenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen - im Stich zu lassen, achtet er deshalb auch eher bzw. besser auf seine eigene Gesundheit. Als direkte soziale Kontrolle wird im Gegensatz dazu eine aktive Intervention eines Ehepartners oder Kindes bezeichnet, der das Ziel zugrunde liegt, das Gesundheitsverhalten eines Individuums positiv zu beeinflussen. Enge Familienangehörige können so ein Individuum auf einen gesunden Lebensstil aufmerksam machen und es regelmäßig daran erinnern, gesunde Verhaltensweisen anzunehmen bzw. beizubehalten und Ungesunde zu vermeiden. Doch nicht nur in Form von Worten kann versucht werden das Gesundheitsverhalten zu beeinflussen. Auch durch konkrete Taten, wie dem Verbannen bestimmter Lebens- oder Genussmittel aus dem Haushalt oder dem Verabreichen benötigter Medikamente, kann auf das Individuum eingewirkt werden. Von gesellschaftlichen Konventionen abweichendes, also in diesem Fall ungesundes, Verhalten kann entsprechend, z.B. in Form einer Zurechtweisung, sanktioniert werden. Eine solche Sanktionierung kann bis hin zu einer Drohung gehen, den Ehepartner beispielsweise wegen zu hohem Alkoholkonsum zu verlassen, sollte er diesen nicht reduzieren. Unter dem Strich, können Ehepartner oder Kinder so versuchen, das Gesundheitsverhalten eines Individuums in eine positive Richtung zu lenken und einen solchen Kurs auch dauerhaft beizubehalten (Umberson 1987: 310; 1992: 908). Wendet man dies auf vorliegende Fragestellung an, so ergibt sich folgendes Bild: Einem Ehepartner dürfte aus Rational-Choice-Gründen daran gelegen sein, auch die Gesundheit des jeweils anderen im Blick zu behalten, um nicht aufgrund von Krankheit oder Tod plötzlich teilweise oder ganz alleine dazustehen. Um die Gesundheit eines Ehepartners aufrechtzuerhalten wird der jeweils andere daher dazu neigen, ihn aktiv durch Worte oder auch Taten dazu anzuhalten, gesunde Verhaltensweisen anzunehmen bzw. aufrechtzuerhalten und ungesunde möglichst zu vermeiden.
Was ist nun unter einem positiven bzw. negativen Gesundheitsverhalten zu verstehen? Der Gesundheit zuträglich gilt allgemein eine gesunde Ernährung und Sport. Negative Auswirkungen sind hingegen durch (hohen) Alkoholkonsum und Rauchen zu erwarten. Als potentielle, vermittelnde Mechanismen eines durch soziale Kontrolle hervorgerufenen Effekts der Ehe auf die Gesundheit sollen in dieser Arbeit das Rauchen und eine gesunde Ernährung untersucht werden. Rauchen eignet sich insofern besonders für eine Analyse, als es ein Gesundheitsverhalten darstellt, welches klar negativ konnotiert ist. Dass Rauchen selbst in geringen Dosen schädlich ist, ist allgemein bekannt und unbestritten. Spätestens seit auch in der Öffentlichkeit nur noch eingeschränkt und in speziell gekennzeichneten Bereichen geraucht werden darf, werden Tabakkonsumenten zudem mehr und mehr zu einer Art „stigmatisierter Außenseitergruppe“. Die Betrachtung des Rauchverhaltens dürfte somit ein guter, weil stark differenzierender Indikator des Gesundheitsverhaltens sein und daher in der Lage sein, einen potentiell vermittelnden Effekt sichtbar zu machen. Hieraus resultiert die entsprechende dritte Hypothese:
Hypothese 3: Ein verringerter Tabakkonsum ist einer der vermittelnden Mechanismen, der erklärt, warum verheiratete Personen durchschnittlich eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, einen mindestens guten Gesundheitszustand zu haben, als Unverheiratete.
Der zweite potentiell vermittelnde Mechanismus, der betrachtet wird, ist eine gesunde Ernährung. Innerhalb einer Ehe bestehen häufig gemeinsam gepflegte Bräuche, wie gemeinschaftliches Kochen und Essen. Hieraus kann sich – besonders durch Einfluss und Kontrolle der Frau – eine gesunde und regelmäßige Ernährung etablieren. Daraus kann die vierte und letzte Hypothese gefolgert werden:
Hypothese 4: Eine gesündere Ernährung ist einer der vermittelnden Mechanismen, der erklärt, warum verheiratete Personen durchschnittlich eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, einen mindestens guten Gesundheitszustand zu haben, als Unverheiratete.
3 Daten, Operationalisierung und Methoden
Die Datengrundlage vorliegender Untersuchung bildet das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) mit dem Datenstand bis einschließlich 2012 (Welle 29). Beim SOEP handelt es sich um eine seit 1984 in der BRD jährlich durchgeführte, face-to-face Längsschnittbefragung privater Haushalte und Personen. Das primäre Ziel ist es, repräsentative Personen-, Haushalts- und Familiendaten zu erhalten, um somit Stabilität und Veränderung in den Lebensbedingungen messen zu können (Haisken-DeNew und Frick 2005: 16). Derartige Längsschnittdaten eignen sich sehr gut für die Untersuchung der vorliegenden Fragestellung. Zum einen kann eine klare zeitliche Reihenfolge von Ursache und Wirkung analysiert werden. Zum anderen wird hierdurch die Berechnung intra-individueller Effekte ermöglicht. Auf diese Weise kann ein möglicher Einfluss der Ehe also nicht nur wie in einer Querschnittsbefragung durch einen Vergleich der Gesundheit von verheirateten mit (anderen) unverheirateten Personen, die sich auch bezüglich vieler anderer Merkmale unterscheiden können (unbeobachtete Heterogenität), analysiert werden, sondern anhand eines Vergleichs der Gesundheit der selben Personen vor und nach der Eheschließung. Valide kausale Schlussfolgerungen können so am ehesten gewährleistet werden. Ein neues Problem, das Paneldaten wiederum mit sich bringen, sind sogenannte „Drop-Outs“, also Personen die aus verschiedensten Gründe aus der Stichprobe „herausfallen“. Da damit zu rechnen ist, dass dies nicht rein zufällig passiert, sondern mit bestimmten individuellen Merkmalen verknüpft ist, kann dies dazu führen, dass die Stichprobe ihre Repräsentativität über die Zeit hinweg einbüßt. Ebenso kann eine langsame aber stetige Verringerung der Sample-Größe („Panel Attrition“) ab einem gewissen Punkt inferenzstatistische Analysen ungenauer oder gar unbrauchbar machen. Um u.a. dem Problem der Drop-Outs zu entgegen, gibt es beim SOEP regelmäßig Auffrisch-Stichproben (Haisken-DeNew und Frick 2005: 19ff.). Bis auf das Sample G, das speziell Personen mit hohem Einkommen beinhaltet (2002) werden alle Samples von A (1983) bis K (2012) in die Analyse miteinbezogen. Aufgrund dessen, dass das Merkmal gesunde Ernährung erst seit 2004 abgefragt wird, wird der Analysezeitraum der vorliegenden Längsschnittuntersuchung auf den Zeitraum von 2004 bis 2012 begrenzt. Die Grundgesamtheit der SOEP-Erhebung ist die deutsche Wohnbevölkerung, d.h. alle Personen, die innerhalb Deutschlands in einem Privathaushalt leben (Haisken-DeNew und Frick 2005: 19ff.). Da Personen erst ab 17 Jahren den ganz normalen Fragebogen beantworten und der „Jugendfragebogen“ schwer mit dem Standardfragebogen in Einklang gebracht werden kann, werden nur Personen ab 17 Jahren berücksichtigt (Haisken-DeNew und Frick 2005: 21; 121). Eine weitere Einschränkung gibt es in Hinblick auf die Anzahl der möglichen Übergänge zwischen den Zuständen unverheiratet und verheiratet. Da es sein kann, dass sich die Wirkung multipler „Events“ überlappt und eine erste Ehe einen anderen Effekt auf die Gesundheit haben könnte als eine zweite oder dritte, wird nur der erste Übergang betrachtet, als alle Personenjahre, mit Zustand „unverheiratet“ und „verheiratet in erster Ehe“. Da außerdem eine Scheidung oder Verwitwung einen bezüglich der Stärke asymmetrischen Effekt auf die Gesundheit haben kann, werden ebenso alle Personenjahre ab dem Ende der ersten Ehe (egal ob durch Scheidung oder Tod) von der Analyse ausgeschlossen.
Die abhängige Variable gesund basiert auf der Angabe des subjektiven, gegenwärtigen Gesundheitszustands in der jeweiligen Erhebungswelle (Goebel 2014(a): 9240f.). Das zugrundeliegende Item weist eine 5-stufige Antwortskala (von „sehr gut“ bis „schlecht“) auf, weshalb es nicht als quasi-metrisch angesehen werden kann und deshalb zu einer Dummy-Variablen, die angibt, ob ein mindestens guter Gesundheitszustand vorliegt, umkodiert wird. Die Angaben „sehr gute“ und „gute“ Gesundheit werden somit zu „ja“ (Wert 1) und die restlichen gültigen Angaben zu „nein“ (Wert 0) zusammengefasst. Mit diesem Vorgehen verbunden ist zwar ein Informationsverlust, da nicht mehr trennscharf zwischen den einzelnen fünf Gesundheitszuständen unterschieden wird, jedoch ist für die Beantwortung vorliegender Fragestellung eine derartige Unterscheidung als ausreichend anzusehen. Das zentral-unabhängige Merkmal verheiratet basiert auf dem Item zum Familienstand im jeweiligen Erhebungsjahr, das dem generierten Personen-Datensatz entnommen ist (Goebel 2014(b): 2713). Es handelt sich auch hier um eine dichotomisierte Variable, die anzeigt, ob man in einer bestimmten Welle verheiratet ist (Wert 1) oder nicht (Wert 0). Als verheiratet in Sinne dieser Arbeit gelten Personen, die angeben verheiratet oder verheiratet und getrenntlebend zu sein, sowie Personen deren Ehepartner im Ausland lebt. Unter die Gruppe der unverheirateten Personen fallen nach Ausschluss der oben genannten Personengruppen demnach nur mehr Ledige. Um zu überprüfen, ob sich je nach Geschlecht die Ehe unterschiedlich auf die Gesundheit auswirkt, wird der Interaktionsterm männlich*verheiratet im Modell berücksichtigt. Die Angaben zum Geschlecht sind der entsprechenden Variable entnommen, die in den Meta-Daten des Personen-Datensatzes zu finden ist (Goebel 2014(a): 9279). Diese wird so umkodiert, dass sie anzeigt, ob eine Person männlich ist (Wert 1) oder nicht (Wert 0). Um einen Interaktionsterm zu generieren wird im Anschluss daran diese Dummy-Variable dann mit derjenigen, die anzeigt, ob eine Person in dem jeweiligen Erhebungsjahr verheiratet ist oder nicht, multipliziert. Tabakkonsum ist der erste von insgesamt zwei potentiellen Mechanismen, die auf einen vermittelnden Effekt hin untersucht werden sollen. Hierfür werden die drei offen abgefragten, metrischen Merkmale, Anzahl Zigaretten pro Tag, Anzahl Pfeifen pro Tag und Anzahl Zigarren pro Tag, größtenteils unverändert übernommen. Personen, die im jeweiligen Erhebungsjahr gar nicht rauchen bzw. für die die jeweilige Art des Tabakkonsums zum Zeitpunkt der Erhebung nicht zutrifft, weisen allerdings auf allen bzw. den jeweiligen Variablen des Tabakkonsums des entsprechenden Jahres fehlende Werte auf (Goebel 2014(a): 9247ff.). Das in dieser Arbeit angewandte Regressionsverfahren arbeitet nach dem Prinzip der listwise deletion und schließt all diejenigen Personenjahre (= Angaben einer Person in einem Erhebungsjahr) mit mindestens einem Missing auf einer der im Modell berücksichtigten Variablen automatisch von der Analyse aus. Um in diesem Fall also nicht nahezu alle Personen aus der Analyse zu werfen, wird ihnen für den Fall, dass für sie die jeweilige Art des Rauchens im jeweiligen Jahr nicht zutrifft, ein gültiger Wert von „0“ zugewiesen. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich dadurch, dass die Items zum Rauchen nur jedes zweite Jahr abgefragt wurden. Um die restlichen Informationen in den Jahren dazwischen nicht zu verlieren und auch diese Personenjahre in der Analyse berücksichtigen zu können, werden diese fehlenden Angaben zum Rauchverhalten durch die personenspezifischen Angaben des jeweiligen Vorjahres ersetzt, die Daten des jeweiligen Vorjahres also sozusagen im Folgejahr fortgeschrieben. Der zweite potentielle Mechanismus ist eine gesunde Ernährung. Ein entsprechendes Item, das allerdings auch nur alle zwei Jahre erhoben wurde, erfasst direkt, wie sehr die Befragten auf eine gesundheitsbewusste Ernährung achten. Das ordinale Merkmal besitzt die vier Ausprägungen „Sehr stark (1)“ bis „Gar nicht (4)“ (Goebel 2014(a): 9250). Für die Jahre, in denen es vorliegt, wird es unverändert übernommen. Für die Jahre dazwischen wird die gleiche Imputationstechnik wie beim Rauchverhalten angewendet und die Daten des jeweiligen Vorjahres im Folgejahr fortgeschrieben.
[...]