Im Rahmen des Hauptseminars »Jüdische Kinderliteratur« im Wintersemester 2004/2005 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurden Werke verschiedener jüdischer Autoren untersucht. Angefangen bei jüdischen Märchen wie »Die Zauberdrachenschnur« von Ludwig Strauß über literarische Verarbeitungen des Nationalsozialismus, zum Beispiel in »Spatz macht sich« von Meta Samson, bis zu Adoleszenzromanen der Gegenwart wie »Prinz William, Maximilian Minsky und ich« von Holly Jane Rahlens sollte untersucht werden, wie vielfältig die Verarbeitung des Themas Judentum in Erscheinung tritt. Die Werke unterscheiden sich stilistisch und inhaltlich sehr stark voneinander, doch der rote Faden – der Umgang mit der jüdischen Tradition und Kultur – ist allen gemeinsam, wenn auch zum Teil in stark verschlüsselter Form, wie zum Beispiel in »Bambi« von Felix Salten.
Die beiden Werke »Nesthäkchen und der Weltkrieg« von Else Ury und »Kriegstagebuch einer Mädchenschule« von Jakob Loewenberg , die in der vorliegenden Hauptseminarsarbeit analysiert werden, fallen innerhalb der im Seminar behandelten jüdischen Kinderliteratur aus dem Rahmen. Obwohl von jüdischen Schriftstellern geschrieben, finden sich in den Büchern keine Hinweise auf einen jüdischen Hintergrund. Trotzdem spiegeln sie ein wichtiges Kapitel sowohl der deutschen als auch der deutsch-jüdischen Geschichte wider, denn sie geben einen Einblick in das von Krieg bestimmte Denken der damals durchweg patriotisch-gesinnten Bevölkerung. Sie zeigen, in welchem Ausmaß sich das deutsche Volk von der Kriegseuphorie mitreißen ließ – eine Euphorie, die auch die deutschen Juden ergriff und sie glauben ließ, dass sie nun gleichberechtigte Mitglieder der deutschen Gesellschaft seien. In dieser Hauptseminarsarbeit soll untersucht werden, inwiefern die beiden Werke »Nesthäkchen und der Weltkrieg« und »Kriegstagebuch einer Mädchenschule« den Kriterien der deutsch-jüdischen Mädchenkriegsliteratur entsprechen und welche Rolle ihnen bei der Darstellung des Ersten Weltkrieges im Mädchenbuch zuteil wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Mädchenbuch
- Deutsch-jüdische Mädchenliteratur
- Entwicklung zur Mädchen-Kriegsliteratur
- Else Ury und ihr »Nesthäkchen«
- »Nesthäkchen und der Weltkrieg«
- Opferbereitschaft
- Patriotismus
- Verehrung der »Feldgrauen«
- Kriegseuphorie - Pro und Contra
- Das Trauma des Jüdischseins
- »Kriegstagebuch einer Mädchenschule« von Jakob Loewenberg
- Opferbereitschaft - »Alle geben so gern!«<
- Patriotismus
- Verehrung der Kriegssoldaten
- Pro und Contra-Krieg
- Deutscher Patriot oder gläubiger Jude?
- Kriegseuphorie der deutschen Juden
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hauptseminarsarbeit befasst sich mit der Analyse von zwei Werken der deutsch-jüdischen Mädchenkriegsliteratur, »Nesthäkchen und der Weltkrieg« von Else Ury und »Kriegstagebuch einer Mädchenschule« von Jakob Loewenberg. Ziel ist es, zu untersuchen, inwiefern die beiden Werke den Kriterien dieser Literaturgattung entsprechen und welche Rolle ihnen bei der Darstellung des Ersten Weltkrieges im Mädchenbuch zuteil wird.
- Die Entwicklung der deutschen Mädchenliteratur im 19. und frühen 20. Jahrhundert
- Die Entstehung und Charakteristika der deutsch-jüdischen Mädchenliteratur
- Die Darstellung der Kriegseuphorie und Opferbereitschaft in den beiden Werken
- Die Rolle des Patriotismus und der Verehrung der Kriegssoldaten in den beiden Werken
- Der Umgang mit dem Thema Judentum in den beiden Werken
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über die Zielsetzung und den Forschungsgegenstand der Arbeit. Kapitel 1 beleuchtet den Entstehungsprozess der deutschen Mädchenliteratur und die spezifischen Merkmale der deutsch-jüdischen Mädchenliteratur.
Kapitel 2 analysiert Else Urys »Nesthäkchen und der Weltkrieg« und untersucht die Darstellung von Kriegseuphorie, Opferbereitschaft und Patriotismus. Kapitel 3 widmet sich Jakob Loewenbergs »Kriegstagebuch einer Mädchenschule« und analysiert die darin präsentierten Themenkomplexe wie die Kriegsbereitschaft, die Verehrung der Kriegssoldaten und die Frage nach dem Verhältnis von deutscher und jüdischer Identität.
Schlüsselwörter
Die Hauptseminarsarbeit beschäftigt sich mit der deutsch-jüdischen Mädchenkriegsliteratur, dem Ersten Weltkrieg, Kriegseuphorie, Patriotismus, Opferbereitschaft, Assimilation, jüdische Identität, und den Werken »Nesthäkchen und der Weltkrieg« von Else Ury und »Kriegstagebuch einer Mädchenschule« von Jakob Loewenberg. Die Arbeit fokussiert sich auf die Analyse der dargestellten Themen und Konzepte im Kontext der historischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Zeit.
- Arbeit zitieren
- Natacha Olbrich (Autor:in), 2005, Darstellung des Ersten Weltkrieges in der Deutsch-jüdischen Mädchenliteratur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38604