Das Hawala-Finanzsystem. Ein spezielles Beispiel für Informalität


Hausarbeit, 2017

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

1. Einleitung

2. Wann spricht man von Informalität in Organisationen?

3. Das Informale

3.1. Gründe für den Verzicht auf offizielle Formulierungen

3.2. Formen von Informalität

3.2.1. Es wird zwischen drei Formen der Informalität unterschieden:

3.2.2. Grad der Informalität

7.1. Das Grundprinzip

7.2. Funktionsweise heute/ Funktion des Hawaladar

7.2.1. Primäre Transaktion

7.2.2. Sekundäre Transaktion

7.3. Ordnungsmechanismen im Hawala-Zahlungssystem

7.3.1. Interaktionsstruktur zwischen Hawaladaren

7.3.2. Interaktionsstruktur zwischen Hawaladaren und Kunden

7.3.3. Hierarchien als Schlüssel zur Bilanzkonsolidierung

8. Anwendung

9. Fazit

10. Literaturverzeichnis


1. Einleitung

 

In Organisationen gibt es viele formale Vorschriften und Regeln, an die es sich für die Mitglieder zu halten gilt. Diese werden durch einen Arbeitsvertag festgelegt. Doch es ist für jedes Mitglied, egal ob Vorgesetzter oder Mitarbeiter, unmöglich, sich immer an all diese Vorschriften zu halten. Darüber hinaus lässt es sich nicht realisieren, alle Anforderungen in Vorschriften und Regeln zu formulieren. So entsteht Verhalten, das von der Norm abweicht und hier als informell bezeichnet werden soll. Es stellt sich die Frage, ob informelles Verhalten für Organisationen notwendig, brauchbar oder schädlich ist? D.h. muss eine Organisation informell handeln, um existieren zu können, kann sie sich mit informellem Handeln sogar Vorteile verschaffen oder trägt es zum Schaden der Organisation bei? Dies wird in der folgenden Arbeit diskutiert.

 

Hierzu wird im ersten Teil der Arbeit zunächst Informalität definiert und daraufhin in Bezug auf Organisationen betrachtet. Es werden verschiedene Formen von Informalität vorgestellt und versucht zu zeigen, welche Gründe und Funktionsweisen Informalität in Organisationen aufweist. Anschließend wird betrachtet, mit welchen Mechanismen sich informelle Erwartungen in Organisationen durchsetzen und welche Dynamiken zwischen dem Formalem und dem Informalem herrschen.

 

Über die Frage hinausgehend, ob informelles Handeln brauchbar sein kann, ist es spannend zu betrachten, wie ein System auch ohne eine Formalstruktur funktionieren kann.

 

Dazu wird als Beispiel das Hawala-Finanzsystem betrachtet. Hierbei handelt es sich um ein weltweit vernetztes Überweisungssystem, in dem keine Formalität existiert. Um zu erläutern, ob und wie das Hawala-Finanzsystem funktioniert, wird als erstes das Grundprinzip und die Funktionsweise vorgestellt. Daraufhin werden die informellen Ordnungs- und Sicherheitsmechanismen dargestellt. D.h. es wird verdeutlicht, wie auch ohne formale Absicherungen Sicherheit bei der Überweisung von Geld geschaffen werden kann. Abschließend wird das Hawala-Finanzsystem auf die Theorie zur Informalität von Kühl angewandt, um zu erkennen wie Informalität in dem Hawala-Finanzsystem funktioniert.

 

2. Wann spricht man von Informalität in Organisationen?

 

Kurz gesagt herrscht Informalität dann vor, wenn eine Abweichung vom Formalen einer Regelmäßigkeit auftritt und bestimmte Deutungsmuster in Teilen einer Organisation entstanden sind. Es handelt sich hier um „informell bewährte Denkschemata“ (Kühl 2010, S.3). D.h. Abweichungen vom formellen Regelwerk der Organisation treten nicht einmalig sondern immer wieder in ähnlicher Weise auf. Es werden sozusagen neue Wege hergestellt, die Verbindungen erschaffen, die vorher noch nicht bestanden und die nun benutzt werden (können) (vgl. Kühl 2010, S.3). Ein Geflecht aus den entstandenen und regelmäßig genutzten Wegen wird als informelle Struktur bezeichnet (vgl. Kühl 2010, S.3).

 

Eine Organisation weist im soziologischen Kontext folgende Merkmale auf:

 

1. Sie wurde durch Zusammenlegen von Ressourcen wie z.B. Arbeit und Kapital zum Erreichen der Ziele geschaffen.

 

2. Es findet Arbeitsteilung statt d.h. nicht jeder Mitarbeiter führt die gleiche Tätigkeit aus.

 

3. Sie ist „mit einer Leistungsinstanz ausgestattet“.

 

4. Es existiert eine formale oder informale Verfassung. Diese bestimmt die Zweckbestimmung, die hierarchische Ordnung und die Rechte und Pflichte der Mitglieder. (vgl. Abraham 2009, S.21f.)

 

Über die informellen Strukturen hinaus, ist in Abgrenzung zur Formalität auch der Begriff des Informalen zu klären.

 

3. Das Informale

 

Unter informal sind laut Kühl „alle Erwartungen in der Organisation [zu verstehen], die nicht mit Bezug auf die Mitgliedschaft formuliert werden.“ (Kühl 2010, S.3).

 

„Das „Informelle“ […] sind die in einer Organisation herrschenden „nicht entschiedenen Entscheidungsprämissen“ (Kühl 2010, S.4). Diese werden auch als Kultur, Unterleben oder Untersysteme einer Organisation bezeichnet.

 

Es stellen sich die Fragen, inwiefern es sinnvoll ist, bestimmte Erwartungen an Mitglieder nicht zu formulieren und warum manche Entscheidungsprämissen nicht entschieden werden.

 

 3.1. Gründe für den Verzicht auf offizielle Formulierungen

 

Es gibt aus Sicht der Organisation einige Gründe, warum es sinnvoll ist auf offizielle Formulierungen zu verzichten. Zum einem gibt es „nicht entschiedene Entscheidungsprämissen“, da manchmal Bedingungen vorliegen, die es unmöglich machen, bestimmte Erwartungen eindeutig in Mitgliedschaftsregeln zu formulieren (vgl. Kühl 2010, S.4). Hierbei kann es sich z.B. um Erwartungen wie Einstellungen, Haltungen und Denkstile handeln (vgl. Kühl 2010, S.5). Dies hat zur Konsequenz, dass über diese Erwartungen schlicht nicht entschieden wird.

 

Zum anderen ist es für eine Organisation notwendig „eine Fülle von Leistungen [ ], die nicht als formale Erwartungen formuliert“ werden, zu erbringen, um ein Fortbestehen  der Organisation sichern zu können (Kühl 2010, S.6). Denn wenn sich alle Mitglieder nur an die formalen Vorschriften halten würden, könnte die Organisation sowohl im Inneren als auch nach außen nicht mehr funktionieren. Es ist unbedingt erforderlich, dass nicht formulierte, aber für den Ablauf nötige Schritte von den Mitgliedern erbracht werden. Darüber hinaus kann informales Handeln Arbeitsabläufe auch beschleunigen und so zur Leistungsfähigkeit des Unternehmens beitragen.

 

So muss das Management einer Organisation informelles Handeln akzeptieren und es sogar unterstützen (vgl. Kühl 2010, S.6). Hier handelt es sich um „prinzipiell entscheidbare, aber nicht entschiedene Entscheidungsprämissen“ (Kühl 2010, S.6).

 

Wenn z.B. an eine Organisation widersprüchliche Anforderungen gestellt werden, muss diese stark informell handeln, um den verschiedenen Anforderungen nachkommen zu können. Es könnte auch das Bekanntwerden einer bestimmten Erwartung für die Organisation einen Legitimationsverlust mit sich bringen oder einem offiziellem Dogma der Organisation widersprechen. Hier könnten sich zwar eindeutige Mitgliedschaften formulieren lassen, doch wird dies nicht getan (vgl. Kühl 2010, S.6).

 

Indem Organisationsmitglieder abwägen, ob sie formal oder informell handeln, erreicht eine Organisation eine schnelle Anpassungsfähigkeit, ohne welche sie nicht lange fortbestehen würde (vgl. Kühl 2010, S.7).

 

Hier ist es sehr wichtig zu betrachten, um welche Art  informellen Verhaltens es sich handelt. Ob es formale Anforderungen nur zum Funktionieren der Organisation ergänzt oder ob es so weit geht, dass es die Leistungsfähigkeit der Organisation durch illegales Handeln erhöhen soll.

 

3.2. Formen von Informalität

 

3.2.1. Es wird zwischen drei Formen der Informalität unterschieden:

 

Die erste Form beschreibt informelle Erwartungen, die Programme der Organisation betreffen. Hier werden z.B. Gewohnheiten zur Routine. Diese nennt man Konditionalprogramme.

 

Die zweite Form geht auf Ziele ein, die nicht offen kommuniziert werden. Diese werden als Zweckprogramme bezeichnet.

 

Bei der dritten Form handelt es sich um Kommunikationswege, die von informellen Erwartungen betroffen sind. (Kühl 2010, S.7)

 

Darüber hinaus muss betrachtet werden, in welchem Maß Informalität eingesetzt wird oder wie weit informelles Handeln von der formalen Ordnung, in Bezug auf die Organisation, aber auch auf das Gesetz abweicht.

 

3.2.2. Grad der Informalität

 

Auch hier können drei Bereiche unterschieden werden:

 

Erstens: Das informelle Handeln ist mit dem formellen Regelwerk der Organisation kompatibel.

 

Hier werden durch informelles Handeln Regelungslücken der Organisation gefüllt und zusätzlich werden formale Erwartungen abgesichert. (vgl. Kühl 2010, S.7)

 

Zweitens: Das informelle Handeln verstößt gegen formelle Erwartungen.

 

Dabei handelt es sich um regelverletzende Informalität. Hier finden Abweichungen von offiziellen Zielvorgaben, Missachtung der Wenn-dann-Programme, das Überspringen von Hierarchien wie z.B. von Vorgesetzen, um schneller handeln zu können, statt (vgl. Kühl 2010, S.8).

 

Drittens: Das informelle Handeln verstößt gegen das Gesetz. (vgl. Kühl 2010, S.7)

 

Diese Form von Informalität muss von den vorherigen gesondert betrachtet werden, da es sich bei informellen Handeln, das gegen Gesetze verstößt, um illegales Handeln handelt.

 

Illegal wird in Organisationen beispielsweise gehandelt, um mehr Profit zu erwirtschaften. Gelangt eine solche Vorgehensweise an die Öffentlichkeit, muss mit Sanktionen gerechnet werden.

 

Um den Schaden für die Organisation möglichst gering zu halten, wird versucht eine oder wenige Personen für das Fehlverhalten verantwortlich zu machen. Diesen Prozess bezeichnet man als Personalisierung. (vgl. Kühl 2010, S.9).

 

Dazu versucht die Organisation z.B. einzelnen Mitgliedern Anreize zu geben, um den Fehler auf sich zu nehmen.

 

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Hawala-Finanzsystem. Ein spezielles Beispiel für Informalität
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V387856
ISBN (eBook)
9783668618190
ISBN (Buch)
9783668618206
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Informalität, Organisation
Arbeit zitieren
Laura Engelke (Autor:in), 2017, Das Hawala-Finanzsystem. Ein spezielles Beispiel für Informalität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387856

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