Dynamisierung der Märkte, eine zunehmende Globalisierung und die rasant fortschreitende Entwicklung neuer Technologien. Sowohl Kreditwirtschaft, als auch Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen. Nur für jene Unternehmen, die in der Lage sein werden, auf die gestiegenen Anforderungen der Märkte schnell und angemessen zu reagieren, bietet der neue Wettbewerb auch eine Vielzahl lukrativer Chancen. Wie sehr diese aber auch im Zusammenhang mit folgenreichen Risiken stehen können, belegten unlängst Wirtschafts- und Finanzkrisen in Asien oder Lateinamerika. Die Kreditwirtschaft und der Bankensektor tragen durch ihre enge Verflechtung mit der übrigen Volkswirtschaft hierbei eine besondere Verantwortung. Mittels ihrer Finanzpolitik sind die Banken in der Lage, den Geldumlauf und die Güternachfrage zu beeinflussen und nachhaltig zu steuern. Der Solvenz eines Kreditinstitutes kommt somit eine nicht unerhebliche Bedeutung zu, eine ausreichende, d.h. risikoadäquate Eigenkapitalausstattung ist essentieller Bestandteil eines stabilen Finanz- und Wirtschaftssystems.
Die derzeit in Unternehmen, Verbänden und Medien äußerst kontrovers diskutierte neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung soll den jüngsten Entwicklungen Rechnung tragen und einen wesentlichen Beitrag zu einer stabilen Zukunftsfähigkeit des internationalen Finanzsystems leisten.
Der erste Baseler Eigenkapitalakkord, bereits 1988 verabschiedet, empfiehlt den Banken, bei der Vergabe eines Kredites einen bestimmten Prozentsatz seiner risikogewichteten Aktiva mit Eigenkapital zu unterlegen. Dem Wandel der Finanzmärkte kann Basel I heute mit dieser pauschalen Eigenkapitalunterlegung allerdings nicht mehr genügen.
Im Mittelpunkt des neuen Baseler Akkordes steht eine umfassendere, differenzierte und risikoorientierte Beurteilung eines Kreditgeschäftes, die letztlich die Basis für das ökonomisch notwendige, d.h. den tatsächlichen Risiken entsprechende Eigenkapital bilden soll. Ziel dieser Neuerung ist es, einen entscheidenden Beitrag zur Solidität des Finanzsystems zu leisten, ohne das derzeitige Eigenkapitalniveau zu belasten.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Vorgehensweise
2. Die Baseler Eigenkapitalvereinbarungen
2.1 Ursprung von Basel I und Basel II
2.1.1 Der Baseler Ausschuss
2.1.2 Die Eigenkapitalvereinbarung – Basel I – von 1988
2.1.3 Motive für die Novellierung der Vereinbarung
2.2 Die neue Eigenkapitalvereinbarung – Basel II
2.2.1 Die erste Säule – Mindesteigenkapitalanforderungen
2.2.1.1 Standardansatz
2.2.1.2 Internes Rating (IRB-Ansatz)
2.2.2 Die zweite Säule – Aufsichtsrechtliche Überprüfung
2.2.3 Die dritte Säule – Marktdisziplin
2.3 Einschränkungen von Basel II
2.4 Zeitrahmen von Basel II
2.5 Situation der mittelständischen Unternehmen in Deutschland
2.5.1 Marktbedeutung des Mittelstandes
2.5.2 Mittelstandsdefinition und Abgrenzung
2.5.2.1 Quantitative Merkmale zur Abgrenzung
2.5.2.2 Qualitative Merkmale zur Abgrenzung
2.5.3 Aktuelle finanzwirtschaftliche Situation des Mittelstandes
2.5.3.1 Eigenkapitalsituation
2.5.3.2 Außenfinanzierung
2.5.3.3 Zukünftige Tendenzen in der Finanzierungskultur
3. Auswirkungen von Basel II auf den Mittelstand
3.1 Neuerungen im Kreditvergabeprozess
3.2 Gestaltung der Kreditkonditionen
3.2.1 Kosten der Eigenkapitalunterlegung für die Banken
3.2.2 Risikokosten
3.3 Folgen von Basel II für das Hausbankprinzip
4. Rating in mittelständischen Unternehmen
4.1 Klassische Bonitätsprüfung
4.2 Was bedeutet Rating und was ist neu hieran?
4.2.1 Anforderungen an ein Rating und dessen Aufbau
4.3 Elemente im Rating-Prozess
4.3.1 Einschätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse
4.3.1.1 Jahresabschlussanalyse
4.3.1.1.1 Ertragslage
4.3.1.1.2 Vermögenslage
4.3.1.1.3 Finanzlage
4.3.1.2 Gegenwärtige wirtschaftliche Situation
4.3.1.3 Zukünftige Unternehmensentwicklung
4.3.2 Beurteilung der Branchen-, Markt- und Wettbewerbssituation
4.3.2.1 Branchensituation
4.3.2.2 Wettbewerbsintensität
4.3.3 Einschätzung der Managementqualitäten
4.3.4 Geschäftsbeziehungen und Zahlungsverhalten
4.4 Vorbereitung auf das Rating
4.4.1 Transparenz und Kommunikation
4.4.2 Reduzierung von unternehmerischen Risiken
4.4.3 Steigerung des Unternehmenswertes
4.4.4 Optimierung von Finanzplanung und Finanzierung
4.5 Internes vs. externes Rating
4.5.1 Internes Rating
4.5.2 Externes Rating
5. Alternative Finanzierungsinstrumente
5.1 Leasing
5.2 Factoring
5.3 Asset Backed Securities
5.4 Beteiligungsfinanzierung
6. Würdigung und Ausblick
6.1 Basel II – Mehr Chancen als Risiken für den Mittelstand?
6.2 Fazit und Ausblick
Anhang
1. Basel II und Rating in der Bauwirtschaft
2. Checkliste zur Optimierung des Ratings
3. Übersicht wichtiger Begrifflichkeiten
4. Definition ausgewählter Kennzahlen
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Aufbau der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung
Abb.2: Bemessung für die Eigenkapitalausstattung einer Bank
Abb.3: Risikokomponenten und ihre Bestimmung im IRB-Ansatz
Abb.4: Risikogewichte in den Ansätzen nach Basel II
Abb.5: Klassifizierung der Finanzierungsformen
Abb.6: Eigenkapitalquote im europäischen Vergleich nach Umsatz
Abb.7: Langfristige Verbindlichkeiten nach Unternehmensgrößen
Abb.8: Auswirkungen von Basel II
Abb.9: Kreditkonditionen Heute und in Zukunft
Abb.10: Bonitätsstruktur in einer mittelstandsorientierten Bank
Abb.11: Rating-Verfahren Deutsche Bank AG
Abb.12: Struktur der Jahresabschlussanalyse
Abb.13: Kennzahlen aus der Jahresabschlussanalyse
Abb.14: Rating-Vorbereitung und Rating
Abb.15: Unterschiede zwischen externen und internen Rating-Ansätzen
Abb.16: Vor- und Nachteile von internen bzw. externen Ratings
Abb.17: Schematischer Ablauf eines internen Rating-Prozesses
Abb.18: Schematischer Ablauf eines externen Rating-Prozesses
Abb.19: Grundschema einer ABS-Transaktion
Abb.20: Determinanten des Risikopotentials eines Bauunternehmens
Tabellenverzeichnis
Tab.1: Risikogewichtung und Eigenkapitalunterlegung nach Basel I
Tab.2: Bonitätsgewichte beim Standardansatz
Tab.3: Abgrenzungskriterien des IFM Bonn
Tab.4: Auswirkungen des IRB-Ansatzes auf die Eigenkapitalkosten
Tab.5: Zinsdifferenzierung in Abhängigkeit der Risikoeinstufung
1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Dynamisierung der Märkte, eine zunehmende Globalisierung und die rasant fortschreitende Entwicklung neuer Technologien. Sowohl Kreditwirtschaft, als auch Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen. Nur für jene Unter-nehmen, die in der Lage sein werden, auf die gestiegenen Anforderungen der Märkte schnell und angemessen zu reagieren, bietet der neue Wettbewerb auch eine Vielzahl lukrativer Chancen. Wie sehr diese aber auch im Zusammenhang mit folgenreichen Risiken stehen können, belegten unlängst Wirtschafts- und Finanzkrisen in Asien oder Lateinamerika. Die Kreditwirtschaft und der Bankensektor tragen durch ihre enge Verflechtung mit der übrigen Volkswirtschaft hierbei eine besondere Verantwortung. Mittels ihrer Finanzpolitik sind die Banken in der Lage, den Geldumlauf und die Güternachfrage zu beeinflussen und nachhaltig zu steuern. Der Solvenz eines Kreditinstitutes kommt somit eine nicht unerhebliche Bedeutung zu, eine ausreichende, d.h. risikoadäquate Eigenkapitalausstattung ist essentieller Bestandteil eines stabilen Finanz- und Wirtschaftssystems.
Die derzeit in Unternehmen, Verbänden und Medien äußerst kontrovers diskutierte neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung soll den jüngsten Entwicklungen Rechnung tragen und einen wesentlichen Beitrag zu einer stabilen Zukunftsfähigkeit des internationalen Finanzsystems leisten.
Der erste Baseler Eigenkapitalakkord, bereits 1988 verabschiedet, empfiehlt den Banken, bei der Vergabe eines Kredites einen bestimmten Prozentsatz seiner risikogewichteten Aktiva mit Eigenkapital zu unterlegen. Dem Wandel der Finanzmärkte kann Basel I heute mit dieser pauschalen Eigenkapitalunter-legung allerdings nicht mehr genügen.
Im Mittelpunkt des neuen Baseler Akkordes steht eine umfassendere, differenzierte und risikoorientierte Beurteilung eines Kreditgeschäftes, die letztlich die Basis für das ökonomisch notwendige, d.h. den tatsächlichen Risiken entsprechende Eigenkapital bilden soll. Ziel dieser Neuerung ist es, einen entscheidenden Beitrag zur Solidität des Finanzsystems zu leisten, ohne das derzeitige Eigenkapitalniveau zu belasten.
Da es also einen direkten Zusammenhang zwischen der bankseitig notwendigen Eigenkapitalunterlegung und den daraus resultierenden Kreditkonditionen gibt, erwarten insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die ihren Fremdkapitalbedarf überwiegend aus Bankkrediten schöpfen, das sich durch die Umsetzung von Basel II ihre Kreditkonditionen verschlechtern werden und es zukünftig zu erheblichen Liquiditätsengpässen kommen könnte.
Welche Regelungen der Akkord im einzelnen vorsieht, welchen Einfluss er auf die Konditionengestaltung und die Kreditvergabepolitik der Banken hat, inwieweit gerade der deutsche Mittelstand betroffen sein wird und ob sich hierdurch eher Chancen oder Nachteile ergeben, soll Gegenstand dieser Arbeit sein. Ferner soll der Frage nachgegangen werden, wie Unternehmen ihr Rating verbessern und damit die Finanzierungskosten senken können. Einen ebenso wichtigen Aspekt stellen in diesem Zusammenhang die Alternativen zum klassischen Bankkredit dar, die im Zuge von Basel II weiter an Bedeutung gewinnen werden und im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf ihre Möglichkeiten und Grenzen bei der zukünftigen Mittelstandsfinanzierung hin untersucht werden sollen.
1.2 Vorgehensweise
Neben der Vermittlung der grundlegenden Ziele und der Betrachtung der Neuerungen gegenüber der ersten Eigenkapitalvereinbarung soll zunächst einmal der prinzipielle Aufbau von Basel II dargestellt und analysiert werden. Hierzu gehört vor allem die Darstellung der drei Säulen, auf denen die neue Vereinbarung beruht sowie die Auseinandersetzung mit den Verfahren zur Kreditrisikobemessung. Darüber hinaus gilt es, den Begriff „Mittelstand“ anhand von qualitativen und quantitativen Merkmalen abzugrenzen, seine Bedeutung für die Gesamtwirtschaft zu diskutieren und die derzeitige finanzwirtschaftliche Situation der Unternehmen einmal näher zu betrachten.
Im Folgenden sollen die Auswirkungen von Basel II, insbesondere auf den Kreditvergabeprozess und die Gestaltung der Kreditkonditionen zusammengefasst und Schlussfolgerungen für die zukünftige Entwicklung des Hausbankprinzips getroffen werden.
Der vierte Abschnitt der Arbeit umfasst die Klärung des Begriffes „Rating“ als solches und soll einen Einblick in den Aufbau eines Rating-Verfahrens vermitteln. Dabei werden vor allem die wesentlichen Elemente, die ein Rating-Urteil determinieren, vorgestellt. Neben der Ausgestaltung und einer Darstellung der Entwicklung der Kreditwürdigkeitsprüfung von der traditionellen Bonitätsanalyse hin zum zukunftsorientierten Rating, soll vor allem auch geklärt werden, wie sich Unternehmen auf den Rating-Dialog mit einem Kreditinstitut als Fremdkapitalgeber vorbereiten können und welche Handlungsoptionen hierbei bestehen. Die Gegenüberstellung von bankinternen und externen Verfahren rundet dieses Kapitel ab.
Darüber hinaus soll der Frage nachgegangen werden, welche Finanzierungsalternativen neben dem Bankkredit zukünftig für mittelständische Unternehmen von Interesse sein könnten.
In einem abschließenden Exkurs soll geklärt werden, welche Veränderungen im Kontext mit Basel II bei der Unternehmensfinanzierung und –entwicklung von mittelständischen Baubetrieben zu erwarten ist, welche Branchenkräfte die Bauwirtschaft beeinflussen und wo die Besonderheiten dieses so krisengezeichneten Wirtschaftszweiges im Hinblick auf das zukünftige Rating liegen.
Des weiteren befinden sich im Anhang dieser Arbeit eine Zusammenstellung unternehmerischer Kennzahlen, die für eine Rating-Einstufung eine wesentliche Grundlage darstellen, eine Übersicht mit den Definitionen von häufig verwendeten Begrifflichkeiten sowie einige Checklisten zur Optimierung des Rating, die Handlungsansätze für ein Unternehmen im Zuge der Rating-Vorberei-tung liefern sollen.
2. Die Baseler Eigenkapitalvereinbarungen
2.1 Ursprung von Basel I und Basel II
Die Eigenkapitalvereinbarung des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht von 1988 stellt einen Meilenstein bei der internationalen Harmonisierung der bankaufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen dar. Mit Basel I wurde die Mindesteigenkapitalunterlegung auf 8%, bezogen auf die Kreditposition einer Bank, festgelegt.
Mit dem Akkord sollten die Risiken von Verlusten bei den Banken, infolge des Ausfalls eines Gläubigers, im Verhältnis zu einem einheitlich definierten haftenden Eigenkapital begrenzt werden. Der Auslöser für die Vereinbarung war die Sorge der Zentralbankenpräsidenten der G10-Länder[1], dass das zur Absicherung von Kreditausfällen nötige Eigenkapital der Banken auf Grund eines anhaltend intensiven Verdrängungskampfes im globalen Bankensektor einen bedrohlichen Tiefststand erreicht hatte.
2.1.1 Der Baseler Ausschuss
Ursprünglich als ein Ausschuss von Aufsichtsbehörden im Jahre 1975 von den Präsidenten der Zentralbanken der G10-Länder gegründet, setzt sich das unabhängige Gremium aus hochrangigen Vertretern der Bankenaufsichten bzw. Zentralbanken dieser Industrienationen zusammen. Es ist der Bank für den Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zugeordnet, die ihren Sitz in Basel hat. Im Ausschuss werden Rahmenbedingungen bzw. Standards für die Beaufsichtigung des Finanzsektors erarbeitet.[2]
Den Anstoß zur Gründung lieferte die zu Beginn der 1970er Jahre stärker einsetzende Globalisierung des Kapitalmarktes, die es den nationalen Bankaufsichtsbehörden in immer höherem Maße erschweren sollte, die Risikosituation von international agierenden Kreditinstituten effizient zu überwachen.
Mit dem Ziel einer Verbesserung der Stabilität des Finanzsystems, hat der Baseler Ausschuss eine Reihe von global gültigen Eigenkapitalvorschriften für Banken vorgelegt, auf die sich die Aufsichtsinstanzen der Länder zur Bestimmung der für sie geltenden Aufsichtsgrundsätze stützen können.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Entstehung des Baseler Eigenkapitalakkords zu sehen, mit dem ein Rahmen für die Kreditrisikomessung geschaffen wurde, der die bankaufsichtlichen Mindesteigenkapitalanforderungen für Finanzinstitute festlegt.
2.1.2 Die Eigenkapitalvereinbarung – Basel I – von 1988
Die Baseler Vereinbarung von 1988 richtete sich ursprünglich an international tätige Banken aus den G10-Ländern und sollte eine Empfehlung für diese darstellen. Obgleich sie keinerlei gesetzliche Rechtskraft besitzt, hat sich die Regelung zum weltweit anerkannten Kapitalstandard für Banken entwickelt und ist in mittlerweile „über 100 Ländern – den jeweiligen Bedürfnissen angepasst – in die nationale Bankengesetzgebung eingeflossen“.[3] Die Vereinbarung legt fest, das jedes Finanzinstitut bei der Vergabe eines Kredites, je nach Risikogehalt, einen bestimmten Prozentsatz, jedoch grundsätzlich 8%, zu den Risikoaktiva mit Eigenkapital unterlegen muss.
Die Eigenkapitalunterlegung wird dann mit einem Risikofaktor gewichtet, wobei die Kreditnehmer den Bestimmungen nach Basel I pauschal in drei Klassen unterteilt werden: öffentliche Kreditnehmer, Kreditinstitute und alle übrigen Kreditnehmer.[4] Die Gewichtungen für die verschiedenen Aktivakategorien sehen wie folgt aus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab.1: Risikogewichtung und Eigenkapitalunterlegung nach Basel I[5]
Die Eigenkapitalunterlegung bezieht sich dabei auf das gesamte Eigenkapital einer Bank, das für die Begrenzung des Insolvenzrisikos entscheidend ist.
Basel I verfolgt zwei Hauptziele: „Im Gesamtbankensystem sollte ein Stand an Eigenkapitalmitteln erreicht werden, mit welchem das Risiko von Bankinsolvenzen entscheidend gesenkt bzw. die Kosten für Einleger und Steuerzahler, falls es dennoch zu einer Insolvenz kommen sollte, auf ein verkraftbares Mass reduziert werden könnten.“[6]
2.1.3 Motive für die Novellierung der Vereinbarung
In den letzten Jahren geriet das vorhandene Regelwerk aus verschiedenen Gründen zusehends unter Druck. So wurde es insbesondere den technologischen Entwicklungen und den neuen Instrumenten des Marktes nicht mehr gerecht. Basel I weist z.B. Unzulänglichkeiten bei der Differenzierung der Aktiva auf, die Kreditausfallwahrscheinlichkeit eines Kreditnehmers bleibt hierin völlig unberücksichtigt. Die Folge ist eine fast einheitliche Zinsmarge, in der die individuelle Bonität nicht oder nur unzureichend widergespiegelt wird.
Es zeigte sich, dass eine solche Pauschalierung und Kalkulation zu betriebswirtschaftlich nicht optimalen Kapitallokationen und Entscheidungen für die Banken geführt hat.
Die vornehmlichen Schwächen am bisherigen System sind:
- starre, unflexible Bonitätsgewichte, welche die tatsächliche Qualität eines Kredites nicht berücksichtigen;
- eine unzureichende Berücksichtigung der Bankrisiken;
- die eingeschränkte Berücksichtigung von risikomindernden Faktoren, wie etwa Sicherheiten und Garantien;
- fehlende Berücksichtigung von Laufzeiten und Portfolioeffekten.[7]
Das Ziel bei der Entwicklung eines neuen, risikogerechteren und weitgreifenderen Ansatzes als Empfehlung für die Eigenkapitalausstattung war es, „diese Unzulänglichkeiten zunächst einmal zu überwinden und den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Zentral ist die Abkehr von weitgehend risikointensiven Eigenmittelanforderungen für Banken und die Neuausrichtung auf eine umfassende Ausgestaltung der Mindestkapitalregelung“. Der Wandel des Bankengeschäfts und die damit einhergehenden Fortschritte in der Bonitätsbeurteilung sollen ebenfalls mit Basel II Berücksichtigung finden.
Ziel der Reform ist es weiterhin, eine Verbesserung des bankinternen Risikomanagements durch eine risikoadäquate Unterlegung der Bankaktiva mit Eigenkapital zu erreichen.
„Wie Basel I hat auch die neue Eigenkapitalvereinbarung empfehlenden Charakter“ und richtet sich zunächst wieder an international tätige Banken. Ihre Grundsätze sollen sich jedoch auch für die Anwendung auf Banken unterschiedlicher Komplexität und unterschiedlich anspruchsvoller Tätigkeit eignen.[8]
2.2 Die neue Eigenkapitalvereinbarung – Basel II
Die neue Regelung sieht durch die Berücksichtigung von Kredit-Ratings[9] eine differenziertere Erfassung von Kreditrisiken vor. Dabei stehen den Banken eine Reihe von Kriterien bzw. Faktoren zur Messung des Kreditrisikos und des operationellen Risikos zur Verfügung. Basel II gibt hier zukünftig einen flexibleren Rahmen vor, der „die Höhe der zu hinterlegenden Eigenmittel zur Deckung der Kredit- bzw. Adressenausfallrisiken einer Bank verstärkt in Abhängigkeit von der tatsächlichen Bonität des Schuldners festlegt“.[10] Außerdem werden die Kreditinstitute in der neuen Regelung für strengere und präzisere Risikomessung gezielt belohnt. Der Hinterlegungssatz (Solvabilitätskoeffizient) bleibt aber unverändert bei 8%.
Weiterführende Ziele der neuen Übereinkunft sind u.a. auch die Verbesserung der internen Risikosteuerungssysteme, welche zukünftig durch die zuständigen Aufsichtsinstanzen überprüft werden sollen. Mit diesem neuen Instrument wird bei der Aufsichtstätigkeit, die bislang vor allem durch die Analyse von Meldungen und Berichten der Banken sowie den Wirtschaftsprüfungsberichten gekennzeichnet ist, ein Wandel hin zu einer stärker qualitativ ausgerichteten Bankenaufsicht vollzogen.
Der neue Baseler Eigenkapitalakkord besteht daher aus drei sich gegenseitig verstärkenden Säulen, die zusammen zu einem sicheren und soliden Finanzsystem beitragen sollen; den Mindesteigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken – ergänzt um eine neue Eigenkapitalanforderung für operationelle Risiken sowie den unter dem Stichwort Marktdisziplin zusammengefassten erweiterten Offenlegungsanforderungen der Banken. Im Folgenden wird vor allem auf jene Regelungsvorschläge eingegangen, die die Mindestkapitalanforderungen betreffen, da diese einen überproportional großen Einfluss auf die Kreditzinsen mittelständischer Firmenkunden ausüben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Aufbau der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung [11]
2.2.1 Die erste Säule – Mindesteigenkapitalanforderungen
Die Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken setzen sich wie bisher aus drei grundlegenden Elementen zusammen. Diese sind 8% der risikogewichteten Aktiva für das Kreditrisiko, die Eigenkapitalanforderungen für das Marktrisiko und die für das operationelle Risiko.[12]
Die folgende Abbildung soll die Berechnung der Eigenkapitalquote verdeutlichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Bemessung für die Eigenkapitalausstattung einer Bank [13]
Die Neuerungen von Basel II betreffen des Weiteren die Messverfahren für die einzelnen Risikokomponenten. Die Banken können künftig auf verschiedene Ansätze zur Ermittlung des Kreditrisikos zurückgreifen. Dies erfolgt entweder über den Standardansatz mittels externer Ratings oder aber auf Basis interner Ratingmodelle (Internal Rating-Based-Approach, kurz IRB-Ansatz).[14]
2.2.1.1 Standardansatz
Der Standardansatz basiert auf der Eigenkapitalvereinbarung des ersten Akkordes, wobei hier die Höhe der Eigenkapitalunterlegung durch die Bonitätsbeurteilung von anerkannten Rating-Agenturen bestimmt wird. Diese Ratings müssen gewissen Mindestanforderungen, zu denen etwa Transparenz und Objektivität zählen, entsprechen.[15]
Das zu unterlegende Eigenkapital ergibt sich – wie bisher – als Produkt vom ausstehenden Kreditbetrag und eines vorgegebenen Risikogewichts. Dabei unterscheidet man jetzt vier Risikoklassen, die die Risikogewichte 20%, 50%, 100% und 150% erhalten. Somit bedeutet ein Risikogewicht von 100%, dass der zugrunde liegende Kredit mit seinem vollen Wert in die Berechnung eingeht und mit 8% Eigenkapital zu unterlegen ist. Bei einem Risikogewicht von nur 20% müssen demnach also 1,6% an Eigenkapital hinterlegt werden (20% von 8% = 1,6%).
Die Einstufung in eine der jeweiligen Risikoklassen ist von der bereits genannten Bonitätsbeurteilung abhängig. „Kredite an Unternehmen, welche über kein externes Rating verfügen, können kein günstigeres Risikogewicht erhalten als deren Sitzstaat.“[16] Das entspricht ebenfalls der Verfahrensweise von Basel I.
Die folgende Abbildung zeigt die Zuordnung von Bonitätseinstufungen zu den Risikogewichten für Kredite an Unternehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab.2: Bonitätsgewichte beim Standardansatz[17]
Als ein Nachteil des Standardansatzes ist etwa die „willkürliche“ bzw. im Einzelfall nicht nachvollziehbare Bonitätsbeurteilung zu nennen. Ist man doch hier einzig von der Beurteilungskompetenz der Rating-Agenturen abhängig.[18]
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt des Standardansatzes besteht in dem scheinbaren Widerspruch, dass nicht „geratete“ Unternehmen mit einem Risikogewicht von 100% eingestuft werden, wohingegen „schlecht geratete“ Unternehmen mit einer Einstufung unterhalb von BB- eine Risikogewichtung von 150% erfahren.[19] Dies führt dazu, dass bei Unternehmen, deren Bonität als eher schlecht zu bewerten ist, ein Rating eine höhere Unterlegungspflicht bei Banken nach sich zieht, als wenn kein Rating vorhanden wäre.
2.2.1.2 Internes Rating (IRB-Ansatz)
Der IRB-Ansatz ist neben dem externen Rating die zweite Möglichkeit zur Bemessung des Kreditrisikos, die mit der neuen Eigenkapitalvereinbarung beschrieben wird.
Während der Standardansatz sich auf die Beurteilung von anerkannten Rating-Agenturen beruft, können Banken, die für den IRB-Ansatz zugelassen sind, zur Bestimmung der Eigenkapitalunterlegung auf ihre internen Schätzungen von Risikokomponenten zurückgreifen. Diese Methode dürfte wohl besonders für die hiesigen Banken interessant sein, ist doch im Vergleich zu anderen Ländern, etwa zu den USA, der Anteil extern „gerateter“ Unternehmen in Deutschland immer noch eher gering.
In der neuen Regelung sind zwei unterschiedlich komplexe Verfahren des internen Ratings vorgesehen. Den Banken bleibt dabei die Wahl zwischen IRB-Basisansatz und dem fortgeschrittenen IRB-Ansatz vorbehalten.
Die Höhe der Risikogewichte im internen Rating ist von insgesamt vier Risikokomponenten abhängig.
Das erste Element ist die Ausfallwahrscheinlichkeit PD (Probability of Default). Diese stellt die Größe der Wahrscheinlichkeit dar, mit der das Unternehmen innerhalb eines Jahres unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien seinen Verpflichtungen zur fristgerechten Bezahlung der Kreditzinsen und der Kreditamortisation nicht nachkommt. Die Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit muss dabei „einer langjährigen Durchschnitts-PD der Rating-Klasse entsprechen und basiert somit auf historischen Ausfalldaten und empirischen Nachweisen“.[20]
Dieses schuldnerspezifische Rating wird durch den zu erwartenden Verlust bei Ausfall LGD (Loss Given Default) ergänzt. Die Verlustquote bezeichnet den tatsächlichen Verlust in Prozent des beanspruchten Kredites, d.h. wenn die Erlöse aus den geleisteten Zahlungen des Kreditnehmers und aus der Verwertung der Sicherheiten und Garantien nicht ausreichen, um den Kredit der Bank abzudecken. Üblicherweise wird diese Größe als Prozentsatz der erwarteten ausstehenden Forderung gegenüber dem Kreditnehmer zum Ausfallzeitpunkt EAD (Exposure at Default) ausgedrückt.[21]
Zudem ist im IRB-Ansatz die Restlaufzeit M (Effective Matury) eines Kredites als vierte Risikokomponente zu beachten.
Im Basisverfahren schätzt das Kreditinstitut lediglich die Ausfallwahrscheinlichkeit, während die anderen drei Parameter durch Vorgaben der Bankaufsicht festgesetzt werden. Im fortgeschrittenen Ansatz kann die Bank, neben der Ausfallwahrscheinlichkeit auch sämtliche andere Risikokomponenten intern ermitteln. Dies darf allerdings nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass zusätzliche Mindestanforderungen erfüllt sind und das Rating-System eine Zulassung durch die nationale Aufsichtsbehörde erfahren hat.[22]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3: Risikokomponenten und ihre Bestimmung im IRB-Ansatz [23]
Wie die Risikogewichte in Abhängigkeit vom Bonitätsurteil (Einordnung in eine der Risikoklassen) für einen Unternehmenskredit im Standard- und internen Ansatz jeweils aussehen können, zeigt die folgende Abbildung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.4: Risikogewichte in den Ansätzen nach Basel II [24]
Im Weiteren enthält die erste Säule des Baseler Papiers Ausführungen zur Verbriefung von Forderungen durch das Kreditinstitut zum Zweck der Behandlung von Risiken durch Auslagerung, d.h. der Übertragung des Ausfallrisikos an Dritte. Außerdem finden sich Regelungen zur Behandlung des operationellen Risikos der Geschäftsaktivitäten von Banken. Das operationelle Risiko bezeichnet dabei die Gefahr von Verlusten, „die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder in Folge externer Ereignisse eintreten“.[25]
2.2.2 Die zweite Säule – Aufsichtsrechtliche Überprüfung
Die zweite Säule der Vereinbarung stellt eine wesentliche Neuerung gegenüber Basel I dar. Das als Supervisory Review Process (SRP) benannte Verfahren soll sicherstellen, “dass Banken über angemessenes Eigenkapital für alle ihren Geschäften inhärenten Risiken verfügen“. Des Weiteren sollen die Banken auch darin bestärkt werden, solide interne Verfahren zur Überwachung und Steuerung ihrer Risiken zu implementieren. Für die Beurteilung des Verhältnisses zwischen dem Eigenkapitalbedarf einer Bank und ihren Risiken werden die Aufsichtsinstanzen verantwortlich sein.[26] Damit haben diese, in deutlich größerem Umfang als bisher, die Aufgabe, die verschiedenen bankinternen Verfahren zu prüfen und – auch im Vergleich zu anderen Banken – zu beurteilen. Der Prüfvorgang setzt demzufolge einen wesentlich intensiveren Dialog zwischen Banken und Prüfern voraus und wird insgesamt deutlich aufwendiger, weil schwieriger.
Die zweite Säule sieht darüber hinaus eine stärkere Rücksichtnahme gegenüber kleineren und mittleren Banken vor, an die nicht die gleichen Anforderungen wie an große Institute gestellt werden sollen. Im Rahmen der vorgesehenen Bewertung der Fähigkeiten einer Bank, ihre eingegangenen Risiken zu identifizieren, zu messen, zu steuern und zu überwachen, wird die Bankenaufsicht in ihrem risikoorientierten Ansatz nach Größe, Komplexität und Risikolage eines Kreditinstitutes differenzieren. Aus einer solchen Differenzierung werden voraussichtlich Erleichterungen und damit Kosteneinsparungen für derartige Finanzinstitute resultieren, was letztlich auch einen Vorteil für den Kreditnehmer darstellt.
2.2.3 Die dritte Säule – Marktdisziplin
Die dritte Säule von Basel II, Marktdisziplin genannt, „hat das Ziel, die Mindesteigenkapitalanforderungen und den aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess zu ergänzen“. Mit den „erweiterten Offenlegungsanforderungen“ wird beabsichtigt, die Marktdisziplin zu verstärken und die Transparenz zu erhöhen. Bei den offenzulegenden Informationen handelt es sich um eine Vielzahl von zum Teil sehr weitgehenden obligatorischen bzw. fakultativen Angaben zur Eigenkapitallage und -ausstattung sowie zur Risikosituation einer Bank. Das Kreditinstitut ist u.a. verpflichtet, Angaben zu seiner Eigenkapitalstruktur sowie Informationen zu eingegangenen Risiken und ihrer Beurteilung zu veröffentlichen. Dazu zählen umfangreiche Angaben zum Kreditrisiko, zum Marktrisiko oder zum operationellen Risiko. Die Veröffentlichungspflichten sollen es Marktteilnehmern ermöglichen, mit diesen Informationen die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung einer Bank zu beurteilen.[27]
Allerdings befürchten Kritiker, dass die Fülle der offenzulegenden Punkte, anstatt der erhofften größeren Markttransparenz eher zum Gegenteil, nämlich einer stärkeren Intranzparenz, führen könnte und somit eine Auswertung der Informationen selbst für sachverständige Dritte nicht mehr möglich ist. Darüber hinaus stellt die Offenlegung rechtlich geschützter und vertraulicher Informationen ohnehin ein Problem dar.
2.3 Einschränkungen von Basel II
Zentrale und bis zum Schluss viel diskutierte Themen der Konsultationen zum zweiten Papier des Baseler Ausschusses vom 16.01.2001, die auch international für erheblichen Wirbel sorgten, waren die Regelungen bezüglich der Eigenkapitalfinanzierungen, die Laufzeitanpassung sowie die Nutzung nationaler Spielräume durch die jeweiligen Bankenaufsichten. „Während der bis Mai andauernden Konsultationsphase gingen 270 Kommentare, insbesondere von Banken und Bankverbänden, in Basel ein.“ Hauptvorwurf war, im Hinblick auf mögliche negative Auswirkungen auf die Finanzierung der Mittelstandsunternehmen, im internen Rating-Ansatz „über das Ziel hinausgeschossen zu sein und so eine unangemessen starke Verteuerung der Kreditkonditionen – insbesondere bei Mittelständlern – zu verursachen“. Darüber hinaus „sollte z.B. eine Vielzahl in Deutschland banküblicher Sicherheiten keine Anerkennung finden“.[28] Angesichts der hierzulande großen Bedeutung des Mittelstandes für Wachstum, Beschäftigung und Investitionen hat die deutsche Verhandlungs-delegation Vorschläge verfasst, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Das Hauptaugenmerk lag darauf, die Besonderheiten des Mittelstandes im Vergleich zu großen Unternehmen zu berücksichtigen, um eine Benachteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen auszuschließen.
Am 10.07.2002 ist vom Baseler Ausschuss ein Kompromiss gebilligt worden, der in drei Punkten eine Entschärfung der befürchteten Reduzierung des Kreditangebotes der Banken für kleine und mittlere Unternehmen bewirken soll.
Der Inhalt dieser Regelung sieht folgendes vor:
- Unternehmen mit niedrigem Jahresumsatz werden günstiger eingestuft, als es ihrem eigentlichen Rating entspricht;
- Kredite bis zu 1,0 Mio. EUR können wie Privatkundenkredite behandelt werden, für die, wegen besserer Risikostreuung, geringere Eigenkapitalanforderungen gelten;
- Unternehmen, deren Jahresumsatz und konsolidierte Bilanzsumme unter 500 Mio. EUR liegen, müssen keinen Zuschlag auf langfristige Kredite zahlen.[29]
Durch diese Maßnahmen werden die Eigenkapitalanforderungen an die Banken für derartige Kredite deutlich gesenkt und der Bedeutung des klassischen Bankkredits als dominierendes Refinanzierungsinstrument für den Mittelstand somit Rechnung getragen.[30]
2.4 Zeitrahmen von Basel II
Der Einführung der neuen Baseler Eigenkapitalrichtlinien für Januar 2007 steht nach mehrmaliger Änderung des Zeitplanes nun offensichtlich nichts mehr im Wege.
Im Oktober 2002 begann als vorletzte Phase des Basel II-Prozesses eine umfangreiche Auswirkungsstudie, an der sich weltweit 365 Banken aus mehr als 40 Ländern beteiligten, um die geplanten Regelungen einem Praxistest zu unterziehen. Die Ergebnisse dieser Studie sollten zeigen, inwieweit Basel II bereits ausreichend adaptiert ist, um einen zeitgemäßen Ersatz der bisher geltenden Vorschriften bilden zu können.
Mit der Veröffentlichung des dritten Konsultationspapiers im April 2003 wurde ein zumindest vorläufiger Schlusspunkt unter einen mehrjährigen Beratungsprozess gesetzt, der im Juni 1999 mit dem ersten Konsultationspapier zur neuen Eigenkapitalvereinbarung begonnen hatte. Damit besteht sowohl für die Kreditinstitute als auch für die Kreditnehmer bzw. die Unternehmen Gewissheit über den Einführungstermin der neuen Eigenkapitalrichtlinien, nachdem der ursprüngliche Termin für die Inkraftsetzung von Basel II bereits von Ende 2003 auf Mitte 2004 verschoben wurde. Lediglich die wenigen Kreditinstitute, die sich für die Anwendung des fortgeschrittenen Ansatzes entscheiden, erhalten vom Bankenausschuss eine um ein Jahr verlängerte Übergangszeit zur Einführung der neuen Regelung.[31]
2.5 Situation der mittelständischen Unternehmen in Deutschland
2.5.1 Marktbedeutung des Mittelstandes
In Deutschland liegt unumstritten eine besondere Unternehmenskultur vor. Dabei nimmt der wirtschaftliche Mittelstand, als der Garant und die wesentliche Antriebskraft für Wachstum und Beschäftigung, einen besonderen Stellenwert ein.[32] Hierzulande ist der weitaus größte Teil aller Unternehmen als Personen- oder Einzelunternehmen organisiert und nahezu ausnahmslos dem Mittelstand zuzurechnen. Auch die Mehrzahl der Kapitalgesellschaften entspricht dem Wesen des Mittelstandes.
Nach der Mittelstandsdefinition des Institut für Mittelstandsforschung (IFM) Bonn gab es im Jahr 2002 rund 3,3 Millionen mittelständische Unternehmen mit ca. 20,1 Millionen Beschäftigten.
Dass heißt:
- 99,7% aller umsatzpflichtigen Unternehmen sind dem Mittelstand zugeordnet;
- 43,2% aller steuerpflichtigen Umsätze werden vom Mittelstand erwirt-schaftet;
- 69,7% aller Arbeitnehmer sind in mittelständischen Unternehmen beschäftigt;
- der Mittelstand trägt mit 48,8% zur Bruttowertschöpfung der Gesamtwirtschaft bei;
- 83% aller Lehrlinge werden vom Mittelstand ausgebildet.[33]
Diese Zahlen untermauern die These, dass der Mittelstand als das „Rückgrat der Wirtschaft“ gilt und belegen, dass das Wohl der Volkswirtschaft in Deutschland existentiell auf diesen Unternehmen gründet.[34]
2.5.2 Mittelstandsdefinition und Abgrenzung
Eine generelle und schematische Definition existiert für den Wirtschaftsbereich der mittelständischen Unternehmen in Deutschland nicht. Während man in allen übrigen Ländern von kleinen und mittleren Unternehmen spricht und damit in der Regel einen rein statistisch definierten Teil der Gesamtwirtschaft meint, existiert im deutschen Sprachgebrauch eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen,[35] die neben diesen statistisch dokumentierbaren Bereichen wie Beschäftigungszahl, Jahresumsatz und Bilanzsumme auf weitere Merkmale zur Abgrenzung zurückgreifen. So hat sich hierzulande eine Definition mit Hilfe einer Kombination aus den genannten quantitativen Merkmalen auf der einen Seite und zusätzlich qualitativen Merkmale auf der anderen Seite etabliert, die sowohl ökonomische, als auch gesellschaftliche und psychologische Aspekte berücksichtigen.[36] Für die Wahl der jeweiligen Abgrenzung können verschiedene Zwecke relevant sein, so z.B. der Anspruch auf Förderung oder die Geltung von Rechtsvorschriften.[37]
2.5.2.1 Quantitative Merkmale zur Abgrenzung
Zwar gibt es weder für EU-Europa insgesamt, noch für die einzelnen Länder eine „allgemein verbindliche“ quantitative Abgrenzung für mittelständische Unternehmen, jedoch umfasst der Begriff „wirtschaftlicher Mittelstand“ über alle Branchen hinweg die Gesamtheit von Unternehmen, soweit sie eine bestimmte Größe nicht überschreiten.
Zur statistischen Bestimmung der Unternehmensgröße kann eine Vielzahl von quantitativen Kriterien in Form von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen herangezogen werden, z.B. Gewinn, Anlagevermögen, Bilanzsumme, Arbeitsplätze, Wertschöpfung, Umsatz. Eine fundierte Bestimmung wirft jedoch in aller Regel Probleme auf, da ein geeigneter Größenindikator gefunden werden muss. „Ausschlaggebend für die Wahl eines solchen Indikators sind die jeweiligen betrieblichen Besonderheiten, wie die Produktionsmethode oder die Stellung des Unternehmens am Absatz- oder Beschaffungsmarkt.“ Meist muss jedoch – auch im Hinblick auf Repräsentativitätskontrollen – bei der Beschreibung der Unternehmensgröße auf die Höhe des Umsatzes und die Zahl der Beschäftigten zurückgegriffen werden, da die amtlichen Statistiken für die meisten der oben aufgeführten Definitionskriterien nur beschränkt Daten liefern können.[38]
Dieses Verfahren ist weltweit gebräuchlich und wird so auch vom IFM Bonn verfolgt, dessen Mittelstandsabgrenzung in der folgenden Abbildung dargestellt wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab.3: Abgrenzungskriterien des IFM Bonn[39]
2.5.2.2 Qualitative Merkmale zur Abgrenzung
Die qualitativen Abgrenzungsmerkmale beschreiben Besonderheiten von mittelständischen Unternehmen, die sie vom „Wesen“ her zu anderen Unternehmensgrößen differenzieren sollen. Mitunter determinieren die qualitativen Kriterien ein mittelständisches Unternehmen so entscheidend, dass die gebräuchlichen quantitativen Aspekte nahezu unbedeutenden Charakter erhalten.
In der Literatur werden bei einer Abgrenzung mit Hilfe von Merkmalskatalogen insbesondere folgende Merkmale der mittelständischen Unternehmen angeführt:
- Selbstständigkeit des Unternehmens, d.h. weitgehende bzw. völlige Konzernunabhängigkeit;
- Einheit von Eigentum, Leitung, Haftung und Risiko;
- Mitwirkung der Leitung an allen unternehmenspolitisch relevanten Entscheidungen;
- Eingeschränkter Zugang zu Fremdkapital;
- Beziehungen zwischen Unternehmen und Unternehmensumfeld.[40]
Obwohl die oben genannten Merkmale dazu beitragen sollen, Abgrenzungen zwischen großen und mittleren Unternehmen vorzunehmen, wird in der Literatur keine eindeutige Aussage darüber getroffen, wie viele Kriterien letztendlich zutreffen müssen, um ein Unternehmen dem Mittelstand zuordnen zu können.
2.5.3 Aktuelle finanzwirtschaftliche Situation des Mittelstandes
Unter der Finanzstruktur eines Unternehmens versteht man die Art und Weise, in der sich das Unternehmensvermögen zusammensetzt.
Die Finanzierungskultur des Mittelstandes beruht auf verschiedenen Formen, die sich nach der Art der Mittelherkunft zum einen und nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber zum anderen differenzieren lassen. Bei einer Klassifizierung nach der Art der Mittelherkunft werden die Finanzierungsarten unterschieden in Mittel, die dem Unternehmen von außen zugeführt werden – die Außenfinanzierung – und in Finanzmittel, die dem betrieblichen Leistungsprozeß entstammen – die Innenfinanzierung. Nicht zu verwechseln sind Innen- und Außenfinanzierung mit der Eigen- und Fremdfinanzierung. Die beiden letzteren definieren nämlich die Rechtsstellung der Kapitalgeber.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.5: Klassifizierung der Finanzierungsformen [41]
Im weiteren soll hier vor allem vertiefend auf die Außenfinanzierung, der in Zukunft eine wachsende Bedeutung zukommen wird, und auf die Eigenkapitalquote des deutschen Mittelstandes eingegangen werden, da sich diese im internationalen Vergleich durch einige Besonderheiten hervorhebt.
[...]
[1] Die G10-Staaten umfassen die sieben führenden Industrienationen Vereinigte Staaten, Japan, Deutschland, Grossbritanien, Frankreich, Italien und Kanada sowie die Schweiz, Schweden, Belgien, Spanien, Luxemburg und die Niederlande.
[2] Vgl. Hundt, Neitz, Grabau, 2003, S.5
[3] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.4
[4] Vgl. Hundt, Neitz, Grabau, 2003, S.5ff
[5] Vgl. Hundt, Neitz, Grabau, 2003, S.6
[6] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.4
[7] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.5
[8] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.4ff
[9] Ratings sind standardisierte Beurteilungsverfahren, um die Bonität, d.h. die Kreditwürdigkeit eines Kreditnehmers, zu bewerten. Das Rating sagt dabei etwas aus, über die gegenwärtige und zukünftige Fähigkeit und rechtliche Bindung eines Schuldners, zur vollständigen und termingerechten Erfüllung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen.
[10] Vgl. Füser, Heidusch, 2002, S.36
[11] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.5
[12] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, 2003, S.7
[13] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.6
[14] Vgl. Füser, Heidusch, 2002, S.37
[15] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, 2003, S.17
[16] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.8
[17] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, 2003, S.12
[18] Vgl. Gleißner, Füser, 2002, S.58
[19] Vgl. Füser, 2005, S.6
[20] Vgl. Füser, Heidusch, 2002, S.41
[21] Vgl. Credit Suisse, 2004, S.8ff
[22] Vgl. Hundt, Neitz, Grabau, 2003, S.11
[23] Vgl. Hundt, Neitz, Grabau, 2003, S.11
[24] Vgl. Wilkens, Entrop, Völker, 2001, S.190
[25] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, 2003, S.140
[26] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, 2003, S.161ff
[27] Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, 2003, S.180ff
[28] Vgl. Taistra, 2005a, S.2
[29] Vgl. Taistra, 2005a, S.8ff
[30] Vgl. Behringer, 2004, S.155
[31] Vgl. Basel II kommt in Raten bis 2007, 2005
[32] Vgl. Koch, Wegmann, 2003, S.13
[33] Vgl. Günterberg, Wolter, 2002, S.21
[34] Vgl. Günterberg, Wolter, 2002, S.22
[35] Vgl. Schüler, 2002, S.40
[36] Vgl. Günterberg, Wolter, 2002, S.1
[37] Vgl. Behringer, 2004, S.7
[38] Vgl. Günterberg, Wolter, 2002, S.2
[39] Vgl. Günterberg, Wolter, 2002, S.20
[40] Vgl. Behringer, 2004, S.11
[41] Vgl. Smets, Merzbach, 2004, S. 2
- Arbeit zitieren
- Ronny Böhme (Autor:in), 2005, Anforderungen und Auswirkungen von Basel II auf die Finanzierung von mittelständischen Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41078
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