"Was für eine Welt des augenlosen Sehens und hörbaren Schweigens, dieses immaterielle Land der Seele. Welche mit Worten nicht zu fassenden Wesenheiten, diese körperlosen Erinnerungen, diese niemandem vorzeigbaren Träumereien. Es ist die unsichtbare Arena allen Fühlens, Phantasierens und Fragens, ein grenzenloser Sammelplatz von Enttäuschungen und Entdeckungen. [...] Dieses Bewußtsein, das mein eigenstes, innerstes Selbst ist, das alles ist und doch ein reines Nichts - was ist es?"
Was Jaynes hier in emphatischen Worten zum Ausdruck bringt, hat in der Tradition der analytischen Philosophie eine umfangreiche Tradition. Es geht um die Frage nach der Beziehung zwischen Leib und Seele, oder, moderner ausgedrückt, um die Beziehung zwischen Körper und Geist oder Materie und Bewusstsein. Die Tradition der Antwort lässt sich in zwei Grundkonzeptionen einbetten, den Materialismus und den Dualismus. Um diese beiden Theorien soll es zunächst gehen. Ihre Standpunkte können allerdings nicht separat ausdifferenziert wiedergegeben werden, es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, sondern werden in Bezug auf John Searles Theorie in ,,Die Wiederentdeckung des Geistes" dargestellt. Searles Ansatz zur Lösung des Leib-Seele-Problems steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Der Begriff der Seele hat sich in der wissenschaftlichen Terminologie zugunsten des Begriffs des Geistes gewandelt. In diesem Sinne wird in dieser Arbeit von geistigen Phänomenen oder von Bewusstsein (im Sinne Searles) gesprochen. Was man unter Leib oder Körperlichkeit zu verstehen hat, ist klar, es bedarf jedoch eines Arbeitsbegriffs des Geistes. Deshalb ist es wichtig, auf Searles Definition einzugehen.
Searle benutzt den Begriff Bewusstsein anstelle von Seele oder Geist, denn ,,die Erforschung des Geistes ist die Erforschung des Bewußtseins, und zwar in ziemlich demselben Sinn, in dem die Biologie die Erforschung des Lebens ist."
Inhalt
1. Einleitung
2. Searles Kritik an den „Standard-Positionen“
2.1 Dualismus
2.2 Materialismus
3. Der biologische Naturalismus: Searle’s Ansatz zum Leib-Seele-Problem
3.1 Die Subjektivität des Bewusstseins
3.2 Intentionalität und Bewusstsein
3.3 Hintergrund und Netzwerk
3.4 Aufwärts-Verursachung und Emergenz
3.5 Die Irreduzibilität von Bewusstsein
4. Konsequenzen aus dem biologischen Naturalismus
4.1 Betonung der Kommunikation
4.2 Das „Chinesische Zimmer“ – Experiment
4.3 Die Seele des Computers
5. Fazit
6. Literatur
1. Einleitung
„Was für eine Welt des augenlosen Sehens und hörbaren Schweigens, dieses immaterielle Land der Seele. Welche mit Worten nicht zu fassenden Wesenheiten, diese körperlosen Erinnerungen, diese niemandem vorzeigbaren Träumereien. Es ist die unsichtbare Arena allen Fühlens, Phantasierens und Fragens, ein grenzenloser Sammelplatz von Enttäuschungen und Entdeckungen.[...] Dieses Bewußtsein, das mein eigenstes, innerstes Selbst ist, das alles ist und doch ein reines Nichts – was ist es?“[1]
Was Jaynes hier in emphatischen Worten zum Ausdruck bringt, hat in der Tradition der analytischen Philosophie eine umfangreiche Tradition. Es geht um die Frage nach der Beziehung zwischen Leib und Seele, oder, moderner ausgedrückt, um die Beziehung zwischen Körper und Geist oder Materie und Bewusstsein. Die Tradition der Antwort lässt sich in zwei Grundkonzeptionen einbetten, den Materialismus und den Dualismus. Um diese beiden Theorien soll es zunächst gehen. Ihre Standpunkte können allerdings nicht separat ausdifferenziert wiedergegeben werden, es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, sondern werden in Bezug auf John Searles Theorie in „Die Wiederentdeckung des Geistes“[2] dargestellt. Searles Ansatz zur Lösung des Leib-Seele-Problems steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Der Begriff der Seele hat sich in der wissenschaftlichen Terminologie zugunsten des Begriffs des Geistes gewandelt. In diesem Sinne wird in dieser Arbeit von geistigen Phänomenen oder von Bewusstsein (im Sinne Searles) gesprochen. Was man unter Leib oder Körperlichkeit zu verstehen hat, ist klar, es bedarf jedoch eines Arbeitsbegriffs des Geistes. Deshalb ist es wichtig, auf Searles Definition einzugehen.
Searle benutzt den Begriff Bewusstsein anstelle von Seele oder Geist, denn „die Erforschung des Geistes ist die Erforschung des Bewußtseins, und zwar in ziemlich demselben Sinn, in dem die Biologie die Erforschung des Lebens ist.“[3]
Searles Hauptthese lautet: „Bewußtsein ist, kurz gesagt, ein biologisches Merkmal des Menschenhirns und des Hirns gewisser anderer Lebewesen.
Es wird durch neurobiologische Vorgänge verursacht und ist ein Bestandteil der natürlichen biologischen Ordnung wie jedes andere biologische Merkmal (Photosynthese, Verdauung, Mitose)“[4]
Die Fragestellung dieser Arbeit wendet sich besonders den Konsequenzen aus der Theorie des biologischen Naturalismus zu. Was bedeutet es, wenn Bewusstsein auf „biologische Merkmale“ zurückzuführen ist? Kann die Sprachwissenschaft und die Erforschung künstlicher Intelligenz einen Beitrag zur Erforschung des Bewusstseins leisten? Zu diesem Zwecke ist es notwendig, auf die Thesen Searles und seinen Strukturmerkmalen von Bewusstsein einzugehen, um anschließend die Folgen daraus darzustellen.
2. Searles Kritik an den „Standard-Positionen“
Searles Ansatz zum Leib-Seele-Problem ist vor allem als eine Auseinandersetzung mit den klassischen Standard-Positionen zu verstehen. Sein eigener Ansatz, der biologische Naturalismus kann als Synthese oder zumindest als Mittelposition zwischen beiden Theorien angesehen werden. Searles Kritik an den Standard-Positionen des Dualismus und Materialismus sollen im Folgenden kurz skizziert werden.
2.1 Dualismus
Der Dualismus ging wesentlich von Rene Descartes (1596-1650) aus. Er führte eine radikale Trennung von Seele und Körper ein. Zwischen beiden musste eine scharfe Grenze bestehen, denn während der Körper natürlichen Gesetzen, wie etwa der Schwerkraft, unterworfen ist, bleibt die Seele davon unberührt. Den Dualismus gibt es laut Searle in „zwei Geschmacksrichtungen“[5]: den Substanzdualismus, der auf die Trennung von Leib und Seele Descartes‘ zurückgeht und den Eigenschaftsdualismus, der besagt, dass Gegenstände zum einen physische Eigenschaften (70kg), als auch geistige Eigenschaften (Schmerzen) haben können. Jeglichem Dualismus ist die Überzeugung eigen, dass, was geistig ist, nicht physisch sein, und umgekehrt, Physisches niemals geistig sein kann. Der Ansatz der Dualisten scheint sich mit dem gesunden Menschenverstand zu vertragen. Immerhin weiss jeder Mensch um die Existenz von inneren Gedanken, Gefühlen und Schmerzen, während die „andere“, objektiv existierende Welt voller materieller Gegenstände (Stühle, Autos, Bäume) besteht.
Searle’s Position zum Dualismus ist von Abneigung gekennzeichnet. Für ihn ist es das Hauptproblem des Dualismus, dass er nicht erklären kann, wie der postulierte Bereich des Geistigen in Beziehung zum Bereich der materiellen Welt steht.[6]
2.2 Materialismus
Der Materialismus geht von einer Welt aus, die vollständig aus materiellen Teilchen in Kraftfeldern besteht, und somit alle Dinge physikalisch zu erklären sind. Die radikalste Position des Materialismus ist der sogenannte eliminative Materialismus[7], der das Vorhandensein von Bewusstsein in Gänze abstreitet. Es ist die letzte logische Konsequenz aus jedem materialistischen Ansatz, dass geistige Phänomene inexistent sind. Für den Materialismus sprechen die Erkenntnisse der letzten Jahrhunderte, deren Bedeutendste wohl die Quantenphysik ist. Dieser Theorie zur Folge machen kleinste Materieteilchen die uns umgebende Welt, und so nicht zuletzt auch unser Wesen, aus. Das Bewusstsein des Menschen ist für die Materialisten also entweder nicht existent (eliminativer Materialismus) oder aber auf physikalische Erklärungen reduzierbar.[8]
Für Searle ist diese Position offenkundig falsch. Sie führt zur Elimination von Bewusstsein und verneint somit dasjenige Phänomen, welches die Frage überhaupt erst entstehen ließ. Zudem entwirft Searle innerhalb seiner „Wiederentdeckung des Geistes“ die Irreduzibilität des Bewusstsein und erklärt, dass Bewusstsein sich weder auf eine physikalische Ebene noch „Dinge von gewisser anderer Art“[9] reduzieren lässt.
3. Der biologische Naturalismus: Searle’s Ansatz zum Leib-Seele-Problem
Searle hat seine Theorie des Bewusstseins selbst als biologischen Naturalismus benannt.[10] Um den Begriff des Bewusstseins näher zu bestimmen, hat Searle für die Zustände, die man gemeinhin als „mental“ bezeichnet, präzisere Kennzeichen und Strukturmerkmale angegeben. Im Folgenden sollen kurz die wichtigsten strukturellen Merkmale von Bewusstsein, wie Searle sie versteht, dargestellt werden.
3.1 Die Subjektivität des Bewusstseins
Die Untersuchung des Bewusstseins steht bei Searle vor zwei elementaren Problemen: erstens, wie kann Bewusstsein untersucht werden, wenn das Bewusstsein als zu beobachtender Gegenstand selbst im Prozess der Untersuchung aktiv beteiligt ist und zweitens, wie kann eine Untersuchung des Bewusstseins mit den objektiven Kriterien der Wissenschaft geführt werden?
Bewusstsein zu untersuchen ist deshalb ein schwieriges Unterfangen, weil es selbst nicht ein beobachtbarer Gegenstand der Untersuchung sein kann, wie beispielsweise Stühle und Tische. Das Bewusstsein ist, so Searle, eine „Erste-Person-Ontologie“[11], d. h., das Bewusstsein existiert nur vom Standpunkt einer Person aus, die Bewusstsein hat. Bewusstsein kann nur untersucht werden, wenn die untersuchende Person selbst bei Bewusstsein ist. Daraus ergibt sich, dass Bewusstseinszustände nur der Person selbst zugänglich sind, und nicht mit den objektiv überprüfbaren Methoden der Wissenschaft untersucht werden können. Subjektivität ist für Searle der „Felsgrund-Bestandteil“[12] unserer Erkenntnis.
Und das wichtigste Strukturmerkmal von Bewusstsein ist seine Subjektivität. Subjektivität ist sowohl für intentionale Zustände verantwortlich, als auch für die Irreduzibilität des Bewusstseins.
[...]
[1] Jaynes, Julian, Der Ursprung des Bewußtseins, Reinbeck bei Hamburg 1993, S. 9.
[2] Searle, John R., Die Wiederentdeckung des Geistes, München 1996.
[3] Ebd., S. 255.
[4] Ebd., S. 109.
[5] Searle, John R., Geist, Sprache und Gesellschaft. Philosophie in der wirklichen Welt, Frankfurt a.M. 2001, S. 60.
[6] Vgl., ebd., S. 62.
[7] Vgl., Searle 1996, S. 62ff.
[8] Vgl., Beckermann, Ansgar, „Leib-Seele-Problem“, in: Enzyklopädie der Philosophie, Bd. 1, hrsg. v. H. J. Sandkühler, Hamburg 1999, S. 766f.
[9] Searle 1996., S. 133.
[10] Vgl., ebd., S. 126.
[11] Searle 2001, S. 57.
[12] Searle 1996, S. 112.
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