„Das Verhältnis unserer Generation zur Geschichte allgemein und zum Holocaust ist dermaßen Roman-Herzoghaft unverkrampft, daß Kritiker dahinter Geschichtsvergessenheit vermuten, Ignoranz und Schlimmeres. Doch es ist eben das Problem der Generation der Gemeinschafts-kundelehrer, daß sie bereits in der leidenschaftslosen Haltung, die die Generation Golf zur Geschichte einnimmt, Gefahren wittern, weil sie die Aufarbeitung der Vergangenheit noch mit soviel Leidenschaft gegen das Schweigen und der Widerstand ihrer Eltern durchsetzen mußten. Weil bei ihnen die Faschismusdebatte noch die gesamte Gesellschaft polarisierte. In dieser Kritik übersehen die Kritiker jedoch, dass wir das Thema Nationalsozialismus zwischen dem dritten und dem dreizehnten Schuljahr mindestens achtmal auf dem Lehrplan stehen hatten.“
In diesem Zitat aus Florian Illies Generation Golf spiegelt sich die Grundproblematik der Behandlung des Themas Holocaust im Unterricht - und damit auch im Deutschunterricht - wieder. Seit Beginn der Aufarbeitungsarbeit wird Schülern theoretisches Wissen zum Nationalsozialismus, seiner Entwicklung und Folgen vermittelt, die besondere Position der heutigen Schülergeneration, die nicht mehr unmittelbar durch eigenes Erleben und Tradierung durch Eltern und Großeltern ihr Verhältnis zur deutschen Geschichte gewinnt, wird aber leider selten berücksichtigt. Der potentiell am meisten von eigenen Schuld-gefühlen befreitesten und durch die Distanz zur Geschichte der gegenüber der Großeltern-generation offensten Altersgruppe fehlt das Bindeglied zwischen rational-theoretischem Wissen und emotionaler Selbstreflexion über die eigene Position.
Inhaltsverzeichnis
- Hinführung
- Vorraussetzungen
- An der Oberfläche - Struktur des Handlungsverlaufs
- Identitätskrise des Protagonisten
- Der namenlose Ich-Erzähler
- Körpererfahrung
- Zwischenmenschliche Beziehungen
- Beziehungen innerhalb der Generation
- „Freunde“
- Beziehung zu Frauen
- Generationsexterne Beziehungen
- Vergangenheitsbelastung – Koppelung der fehlenden Identität an die deutsche Geschichte
- Die Oberfläche
- Sylt und Hamburg
- Frankfurt
- Heidelberg und Bodensee
- Die Schweiz als Idealdeutschland
- Zeichenhaftigkeit der Sprache
- Der Roman im Deutschunterricht
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Christian Krachts Roman Faserland, um die Problematik der Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit in der heutigen Gesellschaft, insbesondere bei der Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde, aufzuzeigen. Der Roman wird als exemplarisch für die Popliteratur betrachtet und untersucht, wie diese Gattung den Umgang mit der Geschichte in der Gegenwart reflektiert.
- Die Identitätskrise des Protagonisten im Kontext der deutschen Geschichte
- Die Darstellung von Geschichts- und Identitätslosigkeit in der Popliteratur
- Die Rolle der Sprache als Zeichen und Symbol in der Konstruktion von Identität
- Der Einfluss der Konsumgesellschaft auf die Wahrnehmung der Vergangenheit
- Die Relevanz von Faserland für den Deutschunterricht
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Problematik der Behandlung des Holocaust im Unterricht ein und beleuchtet die spezifischen Herausforderungen, die sich für die Generation der nach 1974 Geborenen stellen. Das zweite Kapitel analysiert die Bedeutung der Popkultur und ihre Rolle in der Konstruktion von Identität und im Umgang mit der Geschichte. Anschließend fokussiert das dritte Kapitel auf die Struktur des Romans Faserland und die Identitätskrise des Protagonisten. Die Kapitel vier und fünf befassen sich mit den verschiedenen Formen von Beziehungen im Roman und der Vergangenheitsbelastung, die die Identität des Protagonisten prägt. Das sechste Kapitel analysiert die Bedeutung der Sprache als Zeichen und Symbol im Roman, während das siebte Kapitel die Relevanz von Faserland für den Deutschunterricht beleuchtet.
Schlüsselwörter
Popliteratur, Faserland, Christian Kracht, Identität, Geschichte, Holocaust, Generationenkonflikt, Konsumgesellschaft, Zeichenhaftigkeit der Sprache, Deutschunterricht.
- Arbeit zitieren
- Meike Kohl (Autor:in), 2004, Identitätsbildung und Geschichtsbewusstsein in Christian Krachts Roman Faserland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41330