Das Vorbild für den vierbändigen Romanzyklus „Joseph und seine Brüder“ von Thomas Mann stammt aus der Bibel. Genauer gesagt, diente das erste Buch Moses, die Genesis, als thematische und stoffliche Vorlage. Zusätzlich wurde für den Roman Stoffmaterial aus Mythologie, Sprachwissenschaft, Psychologie und Archäologie entnommen.
Bei Mann hat Joseph innerhalb des Bandes „Der junge Joseph“ einen Traum: den „Himmelstraum“. Er fährt in diesem Traum in die heiligen Sphären hinauf und wird von Gott persönlich an seine Seite zitiert. Nach diesem Traum sieht sich der narzisstische Joseph in seiner Rolle als „Auserwählter Gottes“ bestätigt. Bereits in der Bibel hat das „Antlitz Gottes“ eine besondere Rolle. Dieses „Gottschauen“ ist auch für den Roman von großer Bedeutung. Joseph träumt hier in einer televisionären Vision von der höchsten christlichen Erlösung: Gott im Himmel sehen zu dürfen. Wie erlebt Joseph diese Gottesschau und warum ist dies ein televisionäres Medienereignis?
Die Erkenntnistheorie nimmt an, dass die „Glaubenserkenntis“ auf dem Weltwissen beruht. Wobei Glaube von Erkenntnis zu trennen ist, da Glaube ein Willensakt ist und nicht auf der ratio, der Vernunft aufbaut. Glaubenserkenntnis ist demnach ein „mystisches Erkennen“ und vollzieht sich in mehreren Stufen, deren Höhepunkt die contemplatio, die in der Bibel genannte „Gottesschau“ ist. Es ist unser menschlicher Glaube zu hoffen, dass Gott zu dem kommt, der ihn ruft. Während die pure Seele leiblos zu niemand Kontakt aufnehmen kann, kann Gott sich sehr wohl dieser Seele offenbaren.
Bereits in der Bibel ist dieses Problem des „Schauen des Unschaubaren“ angelegt: "Selig, die ein reines Herz haben; / denn sie werden Gott schauen" (Mt 5,8). Dass dies eigentlich nicht möglich ist, erfahren wir ebenfalls aus der Bibel: „[…] der König der Könige und Herr der Herren, der allein die Unsterblichkeit besitzt, / der in unzugänglichem Licht wohnt, / den kein Mensch gesehen hat noch je zu sehen vermag […]“ (1 Tim 6,14 -16).
In nachfolgender Arbeit wird eine textnahe Untersuchung relevanter Textpassagen des Romans vorgenommen, um zu zeigen, warum das „Gott-Schauen“ Josephs ein „televisionäres Medienereignis“ ist.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- JOSEPH UND DIE MEDIEN
- WAS LEISTEN MEDIEN?
- MEDIEN SIND KÖRPEREXTENSIONEN
- MEDIEN SIND INTERAKTIONSKOORDINATOREN
- MEDIEN SIND UNWAHRSCHEINLICHKEITSVERSTÄRKER
- MEDIEN SIND ABSENZÜBERBRÜCKER
- JOSEPH UND DIE VISIO BEATIFICA
- DIE TELEVISIONÄRE GOTTESSCHAU JOSEPHS
- FAZIT: JOSEPHS GOTTESSCHAU IST EINE TELEVISIONÄRE MEDIENVISION ……………………..\n
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die televisionäre Gottesschau Josephs im Roman „Joseph und seine Brüder“ von Thomas Mann. Sie untersucht, wie Mann das mediale Element der Vision in die literarische Darstellung integriert und wie es Josephs Gotteserfahrung prägt.
- Die Rolle der Medien in der Kommunikation mit Gott
- Die Bedeutung des „Gottschauens“ in der Bibel und bei Mann
- Die televisionäre Dimension des Himmelstraums
- Die Bedeutung von Medien für die Gestaltung der Realität
- Josephs Erkenntnisprozess und seine Transformation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Arbeit in den Kontext der Mann-Forschung und der Bibelinterpretation. Sie führt das Thema der Gottesschau ein und skizziert die Rolle des "Himmelstraums" in der Joseph-Tetralogie.
Das zweite Kapitel analysiert die Bedeutung von Medien in der Joseph-Tetralogie. Es wird argumentiert, dass Medien nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern auch als Mittel zur Gestaltung der Realität fungieren. Anhand des "Himmelstraums" wird gezeigt, wie Joseph durch mediale Erfahrungen Erkenntnis und Orientierung gewinnt.
Das dritte Kapitel untersucht die Vision der "Gottschau" und ihren Bezug zur christlichen Theologie. Es wird der Zusammenhang zwischen der Gottesschau, der "Glaubenserkenntnis" und dem "Schauen des Unschaubaren" beleuchtet.
Das vierte Kapitel konzentriert sich auf die televisionäre Dimension der Gottesschau. Es wird gezeigt, wie Mann die medialen Aspekte des Traumes nutzt, um Josephs Gotteserfahrung darzustellen.
Schlüsselwörter
Thomas Mann, Joseph und seine Brüder, Gottesschau, Medien, Television, Traum, Erkenntnis, "Himmelstraum", Glaubenserkenntnis, Kommunikation, Realität, Metamorphose.
- Arbeit zitieren
- Master of Arts Alexander Monagas (Autor:in), 2005, Das televisionäre Medienereignis der Gottesschau Josephs in Thomas Manns 'Joseph und seine Brüder', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41372