Ein grundlegendes Prinzip der qualitativen Sozialforschung ist, dass der Befragte im Mittelpunkt der Untersuchungen steht. Die Bedeutung des Interviewers sollte dennoch nicht vernachlässigt werden, denn er besitzt, ebenso wie der Befragte, eine gewichtige Rolle im Interview. Das qualitative Interview ist eine Kommunikationssituation, in der die Daten „in einer hochkomplexen und die Subjektivität der Beteiligten einbeziehenden Situation erzeugt“ (Helfferich 2005: 7) werden. Dabei muss der Interviewer flexibel und situativ Entscheidungen treffen, welche Methoden eingesetzt werden sollen, um die Bedeutungsrelevanzen des Befragten, sowohl für die Forschungsfrage als auch für den Befragten angemessen, zu erarbeiten. Die Erhebungssituation wird dabei durch den Befragten und den Interviewer gleichermaßen bestimmt und die im Interview entstehenden Daten werden in Abhängigkeit beider Mitwirkenden produziert. In dem Maß, wie es einem Interviewer gelingt, gemeinsam mit dem Befragten eine hohe Qualität an Daten zu erarbeiten, wird folglich auch die Qualität der Auswertung und der Ergebnisse bestimmt. (Vgl. ebd.) Da es zu einem großen Teil vom Interviewer beeinflusst wird, in welcher Qualität Daten produziert werden, benötigt er ein gewisses Maß an Kompetenz und Erfahrung, um eine hohe Qualität zu erreichen.
Dass Interviewen eine Kunst ist, die es gilt zu erlernen, wird durch verschiedene Autoren, in ihren Titeln und durch die Listung zahlreicher und teilweise komplexer Ansprüche, die es für einen Interviewer zu erfüllen gilt, dargestellt. [...] Es stellt sich hier die Frage, ob das Maß an Kompetenz, Wissen und Erfahrung, welche ein Interviewer zur Durchführung eines qualitativen Interviews besitzt, bedeutend ist oder nicht. Falls dieses Maß wichtig ist, müsste dies anhand der Interviewführung und durch das unterschiedliche Erfüllen der Ansprüche zur Durchführung eines qualitativen Interviews deutlich werden. [...]
Die Ergebnisse der Arbeit sollen erste Hinweise geben, welche Anforderungen abhängig von der Erfahrung eines Interviewers erfüllt werden und welche Kompetenzen gezielt geschult werden sollten. Falls ein Unterschied in der Durchführung eines Interview zwischen einem erfahrenen, kompetenten und weniger erfahrenen, kompetenten Interviewer existiert, muss dieser auch während der Untersuchung und Auswertung berücksichtigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theorie und Methode
- 2.1 Grundlagen zur qualitativer Sozialforschung und die besondere Rolle eines Interviewers im qualitativen Interview
- 2.1.1 Qualitative Sozialforschung
- 2.1.2 Das qualitative Interview
- 2.1.3 Das problemzentrierte Interview als geeignete Methode der Untersuchung
- 2.1.4 Der Zusammenhang zwischen Kompetenz, Erfahrung und Einfluss eines Interviewers
- 2.2 Ansprüche an einen Interviewer zur Durchführung eines qualitativen Interview
- 2.2.1 Kontaktaufnahme, Begegnung mit dem Befragten; Begrüßung
- 2.2.2 Die Hinführung zum Interview
- 2.2.3 Der Verlauf des Interviews
- 2.2.3.1 Erzählgenerierende Einstiegsfrage
- 2.2.3.2 Zur Gestaltung von Fragen
- 2.2.3.3 Aktives Zuhören
- 2.2.3.4 Fragen zur Maximierung der Reichweite, Spezifizität, Tiefe und personaler Kontext von Fragen
- 2.2.3.5 Anforderungen, die eine Frage erfüllen muss
- 2.2.3.6 Typen und Wirkung von Fragen
- 2.2.4 Sonstige Ansprüche an ein Interview
- 2.2.5 Abschluss eines Interviews
- 2.3 Das Forschungsdesign der Untersuchung
- 2.3.1 Erstes Interview - Befragung zum Thema Versorgungsmöglichkeiten im Alter
- 2.3.2 Zweites Interview - Nachbefragung
- 2.3.3 Die Interviewer
- 2.3.4 Das Sample der Untersuchung
- 2.3.5 Durchführung der Interviews
- 3. Auswertung
- 3.1 Gespräch - Gedanken zum Interview als Gespräch
- 3.1.1 Einbringen des Wortes „Gespräch“ in die Nachbefragung
- 3.1.2 Definition eines Gesprächs durch die Befragten
- 3.1.2.1 Gespräch in Abgrenzung zu typischem Interview
- 3.1.2.2 Gespräch durch das Aufgreifen von Gesagtem
- 3.1.2.3 Kriterien eines Gesprächs bezogen auf die Entwicklung des Gesprächs
- 3.1.3 Befragung als Gespräch gestaltet - Überprüfung
- 3.1.3.1 Gespräch in Abgrenzung zu typischem Interview - Überprüfung
- 3.1.3.2 Gespräch durch das Aufgreifen von Gesagtem - Überprüfung
- 3.1.3.3 Kriterien eines Gesprächs bezogen auf die Entwicklung des Gesprächs - Überprüfung
- 3.2 Weitere für die Befragten relevante Themen in der Beurteilung des Interviews
- 3.2.1 Erfahrung und bisherige Gedanken zum Thema, sowie die Möglichkeit diese im Interview zu entwickeln
- 3.2.1.1 Erfahrung zu dem Thema aus Sicht der Befragten
- 3.2.1.2 Erfahrung zu dem Thema – Überprüfung
- 3.2.1.3 Bisherige Gedanken zum Thema
- 3.2.1.4 Bisherige Gedanken zum Thema – Überprüfung
- 3.2.1.5 Entwicklung der Gedanken im Interview
- 3.2.1.6 Entwicklung der Gedanken im Interview - Überprüfung
- 3.2.2 Hilfe durch Input seitens der Interviewerin
- 3.2.2.1 Hilfe durch Input seitens der Interviewerin aus Sicht der Befragten
- 3.2.2.2 Hilfe durch Input seitens der Interviewerin - Überprüfung
- 3.2.3 Persönliches Thema
- 3.2.3.1 Persönliches Thema aus Sicht der Befragten
- 3.2.3.2 Persönliches Thema - Überprüfung
- 3.2.4 Pausen nach Antworten
- 3.2.4.1 Pausen nach Antworten aus Sicht der Befragten
- 3.2.4.2 Pausen nach Antworten - Überprüfung
- 3.2.5 Situation vor dem Interview, Einstieg in das Interview, Erwartungen an die Befragten
- 3.2.5.1 Situation vor dem Interview, Einstieg in das Interview, Erwartungen an die Befragten aus Sicht der Befragten
- 3.2.5.2 Situation vor dem Interview, Einstieg in das Interview, Erwartungen an die Befragten - Überprüfung
- 3.2.6 Wahrnehmung der Interviewerin, optimaler Interviewer
- 3.2.6.1 Wahrnehmung der Interviewerin, optimaler Interviewer aus Sicht der Befragten
- 3.2.6.2 Wahrnehmung der Interviewerin, optimaler Interviewer - Überprüfung
- Die Rolle des Interviewers in der qualitativen Sozialforschung
- Die Bedeutung von Erfahrung und Kompetenz für die Interviewführung
- Der Einfluss des Interviewers auf die Wahrnehmung des Befragten
- Die Gestaltung eines problemzentrierten Interviews
- Die Analyse des Interviews als Gespräch
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss eines Interviewers in qualitativen Interviews. Im Zentrum steht die Frage, wie die Wahrnehmung eines qualitativen Interviews durch den Befragten von der Erfahrung des Interviewers beeinflusst wird. Es wird ein Vergleich zwischen einem erfahrenen und einem unerfahrenen Interviewer im Rahmen eines problemzentrierten Interviews durchgeführt.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des Einflusses eines Interviewers in qualitativen Interviews ein und stellt die Forschungsfrage der Arbeit dar. Kapitel 2 behandelt die theoretischen Grundlagen der qualitativen Sozialforschung und das problemzentrierte Interview als Methode. Es werden die Ansprüche an einen Interviewer zur Durchführung eines qualitativen Interviews im Detail beleuchtet. Des Weiteren wird das Forschungsdesign der Untersuchung vorgestellt, welches die Durchführung von Interviews mit erfahrenen und unerfahrenen Interviewern beinhaltet.
Kapitel 3 widmet sich der Auswertung der Interviews. Es wird untersucht, wie die Befragten das Interview als Gespräch wahrnehmen und welche Faktoren Einfluss auf ihre Wahrnehmung haben. Hierzu werden Themen wie die Erfahrung des Interviewers, die Gestaltung des Gesprächs, die Hilfe durch den Interviewer und die allgemeine Wahrnehmung der Interviewerin analysiert.
Schlüsselwörter
Qualitative Sozialforschung, Interview, problemzentriertes Interview, Interviewer, Erfahrung, Einfluss, Wahrnehmung, Gespräch, Befragter, Nachbefragung, Auswertung, Forschungsdesign.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2010, Der Einfluss eines Interviewers in qualitativen Interviews, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/414380