Die Visualisierung von vorgetragenen Gedichten - Im Besonderen zum Verhältnis von Rhythmus und Metrik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

37 Seiten, Note: 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS.

1 Einführu.

2 Versuchsmaterial und Versuchsaufbau
2.1 Verwendete Lyrik und Prosa
2.1.1 Gedicht 1 - Johann Wolfgang von Goethe: Jägers Abendlied
2.1.2 Gedicht 2 - Nikolaus Lenau: Die Seejungfrauen
2.1.3 Gedicht 3 - Peter Huchel: Löwenzahn
2.1.4 Prosatext
2.2 Verwendete Aufnahmegeräte, Soundkarte und Software
2.3 Genutzte Räumlichkeiten
2.4 Die Sprecher
2.5 Verwendete Analysemittel & Struktur der Analy.

3 Analyse der Grafiken
3.1 Gedicht 1, Skansion
3.1.1 Gedicht 1, Sprecher 1
3.1.2 Gedicht 1, Sprecher 2
3.1.3 Gedicht 1, Sprecher 3
3.1.4 Gedicht 1, Sprecher 4
3.1.5 Gedicht 1, Sprecher 5
3.1.6 Resümee Gedicht 1
3.2 Gedicht 2, Skansion
3.2.1 Gedicht 2, Sprecher 1
3.2.2 Gedicht 2, Sprecher 2
3.2.3 Gedicht 2, Sprecher 3
3.2.4 Gedicht 2, Sprecher 4
3.2.5 Gedicht 2, Sprecher 5
3.2.6 Resümee Gedicht 2
3.3 Gedicht 3, Skansion
3.3.1 Gedicht 3, Sprecher 1
3.3.2 Gedicht 3, Sprecher 2
3.3.3 Gedicht 3, Sprecher 3
3.3.4 Gedicht 3, Sprecher 4
3.3.5 Gedicht 3, Sprecher 5
3.3.6 Resümee Gedicht.

4 Schlu.

5 In eigener Sac.

6 Medienlis.

7 Anhang: Auswertung Umfra.

8 Anhang: Visualisierte Gedich.

1 Einführung

Ausgangspunkt für diese Arbeit war die Unstimmigkeit zwischen monistischem und dualisti-schem Ansatz in der Rhythmusforschung der Lyrik; Friedrich Georg Jünger schreibt, das.

„[d] er metrische Rhythmus aber [..] an das Gedicht gebunden und in ihm allein anzu-treffen [ist]. Im Gedicht also sind Rhythmus und Metrum eins, und wir können sie nicht voneinander absondern. Die Behauptung, da ß [sic] das Gedicht eineüber alle metri-sche Bewegung hinausgehende rhythmische Bewegung hat, ist abzulehnen.1

Wolfgang Kayser hingegen konstatiert: „ Metrum und Rhythmus müssen also gesondert wer-den. Wer das Metrum eines Gedichts, hat damit noch nicht den Rhythmus bestimmt.2 Aus diesem Antagonismus heraus entstand die Idee, anhand der Wellenformen von aufge-nommenen und digitalisierten Gedichten zu untersuchen, welche (Wiederhol-)Strukturen wie ausgeprägt vorhanden sind und ob sich damit möglicherweise eine der beiden Thesen stützen lässt. Die Arbeit mit vorgetragener Lyrik ergibt sich aus der Tatsache, dass der Rhythmus als »Gliederung der Zeit in sinnlich fassbare Teile« (Heusler) vor allem ein Phänomen des vorge-tragenen Textes ist - „ also einem Medium, das nur dem Rezitator offen steht.3 D.h. der Fak-tor Rhythmus kann auf dem Papier niemals seine volle Wirkung entfalten, weshalb es zwin-gend notwendig ist mit dem gesprochenen Gedicht zu arbeiten, denn nur dort ist das entspre-chende Umfeld gegeben, um die beiden Bestandteile von Dichtung angemessen zu beurteilen. Hans Lösener liefert einige Vorschläge zur Definition des Begriffs Rhythmus. Er be-hauptet, dass es sich als nachteilig erweist, den Rhythmus auf ein individuelles oder gar „dio-nysisches“ Phänomen (z. B. bei Klages) zu reduzieren; denn weder ist der Rhythmus aus-schließlich subjektives Medium - denn es existiert je nach Gedicht eine durch den Autor imp-lizierte intersubjektive rhythmische Lesart, noch scheint es ratsam den Rhythmus auf das Durchbrechen des metrischen Regelwerks zu reduzieren - denn diese Interpretation legt nahe, dass der Rhythmus keinen inhärenten Bestandteil der Lyrik darstellt. Hans Lösener gaubt im Rhythmus ein semantisches Gliederungsprinzip gefunden zu haben: „[D] er Rhythmus der Sprache lässt sich nicht auf ein metrisches Schema reduzieren, sondern umfasst alle sprachli-chen Momente (Lexik, Syntax, Phonematik, Interpunktion etc.), die an der Sinngliederung beteiligt sind.4

Diese Thesen werden auch durch die Begriffsgeschichte gestützt, da antike griechische Philo-. sophen wie Aristoteles, Demokrit oder Heraklit rhythmos schon explizit mit der Herstellung von Sinn, Zusammenhängen, mit dem Knüpfen von logischen semantischen Beziehungen konotierten5.

Mit Hilfe der akustischen Phonetik und der Phonologie soll also festgestellt werden, welchen qualitativen Raum Prosodie, Versifikation, Metrum, Rhythmus, suprasegmentale Einheiten, Morpheme oder auch Verse und Strophen (die Syntax des Gedichts) in einem visualisierten Gedicht einnehmen. Als Arbeitsmaterial dazu dienen Gedichte, die über einen strengen metri-schen Rahmen verfügen, um erstens zu gewährleisten, dass alle benötigten Strukturen vor-handen sind und zweitens, nicht ausschließlich aber v. A , festzustellen, in welchem qualitati-ven Verhältnis Metrum und Rhythmus im gesprochenen Gedicht schlussendlich zueinander stehen. Die sprachliche Realisierung soll also der Ansatzpunkt zur Beantwortung u. A. fol-gender Fragen sein.

Welche Rolle nimmt das metrische Grundschema des Gedichtes ein? Existiert eine Art intersubjektives rhythmisches Schema?

Welche Rolle spielt der Rhythmus bei der Gliederung der Verse und Strophen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Sonorität und rhythmischem Gefüge?

2 Versuchsmaterial und Versuchsaufbau.

Folgendes Kapitel soll dazu dienen, die Materialien vorzustellen, die Kriterien für die Aus-. wahl des Erhebungsmaterials und der Gedicht vorzustellen, die Vorgehensweise zu spezifizieren und die Analyse zu legitimieren.

2.1 Verwendete Lyrik und Prosa.

Es wurden absichtsvoll drei metrisch und den Reim betreffend stark schematisierte Gedichte gewählt. Um diese metrische Struktur mit dem ästhetischen Gesamtkunstwerk zu kontrastie-ren, wird jedes Gedicht bewusst übertrieben, den Regeln der Skansion entsprechend, vom Autor eingesprochen („geleiert“). Diese Daten dienen dabei lediglich dem Vergleich. Um die größtmögliche Reliabilität zu gewährleisten, werden drei metrisch divergierende Ge-dichte aus verschiedenen Epochen ausgesucht: Goethes Jägers Abendlied (Gedicht 1) ist jam-bisch, Lenaus Seejungfrauen (Gedicht 2) trochäisch und Huchels Löwenzahn (Gedicht 3) wei-testgehend daktylisch. Zudem ist der Wortschatz der Gedichte eher simpel, um schneller zu verwertbaren Ergebnissen (korrekt gesprochenen Gedichten) zu gelangen. Von Lenaus Ge-. dicht wurden aufgrund der Länge nur die ersten vier Strophen aufgenommen. Da die Feinhei-ten aufgrund der Länge in der grafischen Darstellung nicht darstellbar wären, werden von allen Gedichten nur die ersten beiden Strophen der expliziten Analyse unterzogen. Rechts neben den Gedichten ist das metrische Schema in der Form X (betont) und x (unbetont) dar-gestellt.

Als weiteres Kontrastobjekt dient ein kurzes Stück gelesener Prosatext aus Thomas Manns Zauberberg. Das Stück wurde willkürlich ausgewählt.

2.1.1 Gedicht 1 - Johann Wolfgang von Goethe: Jägers Abendlied.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalt.

(zitiert nach Projekt Gutenberg6.

2.1.2 Gedicht 2 - Nikolaus Lenau: Die Seejungfrauen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalt.

(zitiert nach Projekt Gutenberg7.

2.1.3 Gedicht 3 - Peter Huchel: Löwenzahn.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalt.

(zitiert nach dem Landesbildungsserver Baden-Württemberg8.

2.1.4 Prosatext.

Indem die Technik, sagte er, mehr und mehr die Natur sich unterwerfe, durch die Verbin-dungen, welche sie schaffe, den Ausbau der Straßennetze und Telegraphen, die klimatischen Unterschiede besiege, erweise sich als das verlässigste Mittel, die Völker einander nahe zu bringen, ihre gegenseitige Bekanntschaft zu fördern, menschlichen Ausgleich zwischen ihnen. anzubahnen, ihre Vorurteile zu zerstören und endlich und endliche ihre allgemeine Vereini-. gung herbeizuführen. “ 9

2.2 Verwendete Aufnahmegeräte, Soundkarte und Software.

Zur Aufnahme aller Tonbeispiele werden ein Philips Stereomikrofon SBC ME570, der portab-le Minidisc-Recorder Sony MZ-70 und entsprechende Minidisc-Aufnahmemedien benutzt. Die Daten werden über den Analogeingang10 einer S ’ ekd ARC88 16-Bit-Harddiscrecording-PCI-Karte auf den PC übertragen11. Zur Aufnahme wird das Programm Wavelab 4.0 der Firma Steinberg verwendet, mit welchem auch die Wandlung in monophone Signale vorgenommen wird12. Die Dateien werden zudem mit dem VST-Plugin 13 Denoiser 2.0.0.0 entrauscht und mit der Normalize-Funktion von Wavelab an der 0dB-Grenze ausgerichtet14, um die Daten der Sprecher besser vergleichen zu können, da nun die Lautstärke angeglichen ist. Mit Hilfe der Software Praat 4.1.5 - Doing Phonetics by Computer15 werden Wellenformen mit Intensitäts-linie und Tonhöhenlinie der Daten erzeugt. Die Bilder werden in Adobe Photoshop 7.0 wei-terverarbeitet.

2.3 Genutzte Räumlichkeiten.

Die Räumlichkeiten zur Aufnahme waren aus organisatorischen Gründen nicht identisch; es wurde aber bewusst auf möglichst ähnliche Aufnahmebedingungen geachtet, d.h. die akusti-schen Eigenschaften bedingt durch Größe, Gestaltung und Einrichtung der Räume und dem daraus resultierenden natürlichen Nachhall, wurden soweit als möglich aneinander angegli-chen.

2.4 Die Sprecher.

Jedem der fünf Sprecher wurde ein einfacher Bewertungsbogen vorgelegt (siehe Anhang), in dem er grob den eigenen Kenntnisstand Lyrik betreffend, sowie einen möglichen (gegebenen-falls diffusen) Zusammenhang zwischen diesem Kenntnisstand und den vorzusprechenden Gedichten einschätzen sollte. Grundlegende Kenntnisse der Versuchspersonen waren selbst-verständlich notwendig, aber von diesen abgesehen, war eine möglichst breite Streuung der Fähigkeiten durchaus erwünscht. Mit der Umfrage soll lediglich die unterschiedliche Befähi-gung empirisch gesichert werden.

Den Sprechern wurden schließlich die drei unter 2.1.1 aufgelisteten Gedichte vorgelegt und werden gebeten, diese im Bewusstsein und in größtmöglicher Aufbietung ihres subjektiven Rezitationshorizonts, vorzulesen. Das Mikrofon wurde möglichst in einem Abstand von etwa 30-50cm besprochen; dies war notwendig um ein denkbar ausgewogenes Verhältnis die Sonorität betreffend zu erzielen, denn gerade Plosive und Frikative erzeugen im Nahfeld des Mikrofons starke Verzerrungen der tatsächlichen inhärenten Energie, die durch den starken Luftstrom auf kurze Distanzen (<10cm) erzeugt werden.

Um den Vergleich zu optimieren, wurden zudem nur möglichst fehlerfrei vorgelesene Aufnahmen weiterverwendet.

2.5 Verwendete Analysemittel & Struktur der Analyse.

Aus den unbearbeiteten, d.h. im Originalzustand belassenen Daten der gesprochenen Gedichte wurden in Praat Wellenformen16 (schwarz) erzeugt, sowie zur zusätzlichen Orientierung mit Praat Picture Tonhöhe/Pitch17 (rot) und Intensität/Intensity18 (blau) in das Bild gezeichnet. Anhand der fallenden/steigenden Tonhöhe lassen sich die Hebungen kenntlich machen. Praat kann beim Erstellen der Tonhöhenkennlinie zwischen stimmhaften/stimmlosen Passagen un-terscheiden, sodass die Pausen innerhalb und zwischen der/den Strophe/n besser zu bestim-men sind. Leider funktioniert die Tonhöhenerkennung, trotz individueller Anpassung nicht. immer fehlerfrei. Die Intensitätskurve soll ein weiterer Indikator für die Hebungen sein, denn. dort wo die Betonungen am stärksten sind, zeigt die Kurve den stärksten Ausschlag. Zur Verdeutlichung wurde der Text (grün) in die Grafik eingefügt um die Stellen zu markieren, an denen die Silben ungefähr in der Wellform zu orten sind. Die Pausenmarker (violett) zeigen die Länger der Pausen, die auf Zehntelsekunden genau in Ziffern daneben zu finden sind. Der Abbruch der Tonhöhen-Kennlinie dient als Hilfsmittel um die Pausen auszumachen. Da leider nicht alle Laute richtig als stimmhaft/stimmlos erkannt werden (können)19 und auch Atemgeräusche als Pegelausschlag angezeigt werden, wird der Pausenindikator aber erst nach akustischer Kontrolle der Aufnahme möglichst genau positioniert.

Mit Kreisen (orange) über der Tonhöhenkurve wurden die Hebungsgruppen gekennzeichnet. Die visualisierten Gedichte wurden schließlich auf je 3 DinA4-Seiten nach dem Muster, Blatt 1: Skansion, Sprecher 1; Blatt 2: Sprecher 2, Sprecher 3; Blatt 3: Sprecher 4, Sprecher 5, an-geordnet. Das Prosastück wird deutlich gekennzeichnet auf einer weiteren DinA4-Seite arran-giert.

3 Analyse der Grafiken.

Die Gedichte werden zuerst einzeln analysiert und für jedes der Gedichte folgt eine separate Zusammenfassung, in die die aus der Erhebung ermittelten Daten einfließen. Jedem Gedicht wird eine Tabelle mit zentralen Daten - Länge des gesprochenen Gedichtteiles, durchschnittliche Länge der Pausen, Pausenzahl und einem kleinen Abstract - vorangestellt. Eine Bewertung hinsichtlich der Thesen findet im Schluss statt.

Indikator für eine Hebung ist normalerweise ein starker Ausschlag der Wellenform nach oben und unten bzw. der blauen Intensitätskurve. Zu beachten ist hier, dass einzelne Silben aufgrund der vorkommenden Phoneme bzw. Phonemkombination und deren Entstehung eine besondere Betonungsqualität besitzen (z. B. Plosive, Afrikaten, aber auch Vokale), andere eher weniger (z. B. [l], [s], [ß]) ausgeprägte Wellenformen erzeugen20. Dies führt zu Abweichungen vom geplanten Muster des Dichters, da eine sichere Übereinstimmung zwischen Inhalt und Metrum nicht immer mit der gewünschten Wortwahl erreichbar ist. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Poeten diesen Missstand eingeplant haben.

Dass die Wellenform z. T. erhebliche Unterschiede in der Gesamtlautstärke aufweisen, liegt. zudem an der leicht unterschiedlichen Positionierung der Sprecher zum Mikrofon und der. Stimmlautstärke und Sprechweise des Vortragenden. Eine Pegelschwankung in den Pausen entsteht meist durch Atemgeräusche.

Ein weiterer Analysefaktor ist die rote Tonhöhenkurve, deren Höhepunkte oftmals mit einer Hebung zusammenfallen. Im Idealfall sollte in unbetonten Passagen eine Pause zu sehen sein (wie in der Skansion für Goethes Jägers Abendlied zu sehen). So erleichtert einem die rote Kennlinie auch das Definieren der Pausen. Die Tonhöhenerkennung der Hauptstimmfrequenz funktioniert, trotz Modifikationsversuchen an den Parametern von Praat, nicht immer ein-wandfrei (zu erkennen an den vereinzelten „roten Fetzen“ weit außerhalb des normalen Ver-laufs). Trotz der Fehleranfälligkeit ist die Tonhöhenkurve ein wichtiges Hilfsmittel, um fest-zustellen inwieweit die zugrunde liegende Metrik (mit der skandierten Version des Gedicht vertreten) und das rezitierte Gedicht übereinstimmen. Dass die Tonhöhenkurve bei unter-. schiedlichen Sprechern sich auf einer unterschiedlichen Höhe befindet, hängt mit der unterschiedlichen Grundfrequenz der Stimmen zusammen: Da Frauen (normalerweise) eine höhere Stimme haben, liegt die Tonhöhenkurve bei den beiden weiblichen Sprechern auf Höhe der Wellenform. Findet das regelmäßige Ansteigen und Fallen der der Tonhöhenkurve nahezu parallel zum metrischen Schema statt, ist dies ein Indiz für eine starke Nähe des rezitierten Gedichts zur Metrik des Gedichts.

Die orangen Hebungsmarkierungen liefern Aufschluss darüber, welchen Einfluss die Vers-/Strophenintonation auf das ästhetisch gesprochene Gedicht hat; informativ ist nicht nur die einzelne Markierung, sondern deren langfristiger Verlauf im Strophenkontext. Pausen werden ab einer Länge von 0,3s als wirkliche Unterbrechung gewertet, da eine weiter unten angesiedelte Grenze zu einer hohen Unübersichtlichkeit führen würde, weil einzelne Phoneme insgesamt oder bei bestimmten Sprechern sehr leise sind oder als stimmlos gewerte-te werden, d. h. hier liegt keine Pause vor, obwohl die Wellenform kaum eine Bewegung nach oben/unten zeigt. In den durchschnittlichen Längenvergleich fließen nur die Pausen zwi-schen den zusammengehörigen Zeilenpaare21 (im Folgenden als Reimpaare bezeichnet) bzw. bei Huchel zwischen den Versen ein, da nur so ein objektiver Vergleich stattfinden kann; nicht alle Sprecher halten die anderen Pausen22 ein, weshalb der Durchschnittswert verzerrt werden würde. Wird bei einer der in die Wertung einbezogenen Pausen nicht innegehalten,. fließt sie in die Berechnung des Durchschnitts mit dem Wert 0s ein (z. B. bei Gedicht 1, Spre-. cher 2 ist die Pause zwischen „Tal“ und „Und“ zu kurz und wird daher als 0s gewertet).

3.1 Gedicht 1, Skansion.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalt.

Das Gedicht entspricht23 skandiert weitestgehend der dem metrischen Ideal. Durch den leiern-den Vortrag ist die Stimme fast permanent in der gleichen Tonlage (die orangen Punkte vari-ieren kaum auf der vertikalen Achse), die Pausen werden nahezu gleichgeschaltet (lediglich die erste Pause weicht mit einer Länge von 0,5s ab) und es treten lediglich die Verspausen hervor. Die unbetonten Silben liegen immer in einer Pause der Tonhöhenkurve. Die Skansion zeigt, dass die Hebungen und Senkungen deutliche qualitative Unterschiede aufweisen. Be-sonders hervor treten „schleich“, „wandelst“24 und „ach“. Der Versschluss ist tendenziell im-mer auffallend stark betont. Gesondert hervor treten Stellen, an denen Plosive aufeinander. treffen, z. B. „…wild gespannt…“ und mehr als zweisilbige Wörter wie „Feuerrohr“ oder „verrauschend“, die sich nicht einwandfrei in das metrische Schema pressen lassen.

3.1.1 Gedicht 1, Sprecher 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalt.

Es fällt zunächst auf, dass die Wellenform vielschichtiger und komplexer wirkt, als in der. Skansion. Die Tonhöhenkurve ist wesentlich inkonsistenter. Die Pausen zwischen den Reim-paaren variieren stärker in der Länge (zwischen 0,4s und 0,8s) und es kommen Pausen in den Strophen hinzu bzw. diese treten deutlicher hervor (besonders bei den Zäsuren durch aufein-ander prallende Plosive). Die Hebungsstruktur ist nun stärker vers- und strophengebunden: Die Variation der Hebungsmarkierungen auf der vertikalen Achse nimmt zu, d. h. wenn di.

[...]


1 Friedrich Georg Jünger, zitiert nach Burdorf, Dieter: Einführung in die Gedichtanalyse. Stuttgart: 1997². S. 70.

2 Wolfgang Kayser: Das sprachliche Kunstwerk. Eine Einführung in die Literaturwissenschaft. München: 197819. S. 242.

3 Christian Wagenknecht: Deutsche Metrik: eine historische Einführung. München: 1993³. S. 12.

4 Hans Lösener: Rhythmus und Sinn - Anmerkungen zu einem Problem der Metrik, in: Meter, Rhythm and Per-formance - Metrum, Rhythmus und Performanz. Proceedings of the International Conference on Meter, Rhythm and Performance, Held in May 1999 at Vechta. Hg. v. Christoph Küper. Franfurt a. M.: 2002 (Linguistik Interna-tional, Band 6). S. 152.

5 Vgl. Lösener 1999. S. 146f.

6 http://gutenberg.spiegel.de/goethe/gedichte/abendl2.htm 3.

7 http://gutenberg.spiegel.de/lenau/gedichte/seejfrau.ht.

8 http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/deutsch/unterrichtseinheiten/lyrik/gedicht_hyptext/ ge-dicht_hyptext/huchel_peter.ht.

9 Mann, Thomas: Der Zauberberg. Roman. Frankfurt a. M.: 1952.

10 Dieses Vorgehen ist minimal verlustbehaftet, weil eine erneute digitale Wandlung vorgenommen wird. Die Ausstattung lässt allerdings keine direkte digitale Übertragung zu.

11 Dir Original-Dateien befinden sich auf der beigelegten CD im Ordner „all-in-one“ (Unterordner des „audio“Ordners). Dort befinden sich auch die in ein Mono-Signal konvertierten Dateien.

12 Die Daten werden zum besseren Vergleich in monophone Signale gewandelt, da bei der Aufnahme ein stereophones Signal erzeugt wird. Diese Maßnahme wird ergriffen, da zur Analyse weder ein Stereo-Signal benötigt wird und Ausgangssignal (eine einzelne Stimme) kein immanent Stereophones ist.

13 Bei der Virtual Studio Technology (VST) handelt es sich um eine Schnittstelle, welche dazu dient virtuelle Effekte (z.B. Hall, Echo oder eben auch einen Entrauscher) oder virtuelle Instrumente (z.B. Synthesizer, Drumcomputer, o. Ä.) in Steinberg-Produkte einzubinden.

14 Die einzelnen Dateien befinden sich im Ordner „separated“. In einem weiteren Unterordner „denoi-sed_and_normalized - nachbearbeitet“ befinden sich die entrauschten und normalisierten Dateien.

15 Paul Boersma und David Weenink, Institute of Phonetic Sciences, University of Amsterdam, Herengracht 338, 1016CG Amsterdam, The Netherlands. Weitere Informationen unter http://www.fon.hum.uva.nl/praat/ .

16 Eine Wellenform ist die Darstellung eines beliebigen Signals - in diesem Fall einer Stimme. Sie besteht aus einer auf- und abschwingenden Amplitude, die die Energie eines Signals indiziert. Da dB keine Rolle spielen, wurde eine fiktive Skala von -1 über 0 zu +1 verwendet (die Negativ-Positiv-Skala wird verwendet, weil der Pegelausschlag nach oben/unten identisch ist).

17 Aus Gründen der Darstellung ist für die Tonhöhe keine Skala angegeben. Die absolute Tonhöhe spielte für die Untersuchung keine Rolle. Entscheidend sind der Verlauf und die relativen Veränderungen. Die Stimmen wurden im Bereich zwischen 0 und 600 Hertz analysiert (Einstellungen in Praat).

18 Die Intensität ist ebenenfalls an der Wellenform ablesbar, wurde aber nochmals zur Verdeutlichung als separa-te Kurve eingefügt, da die Peaks so deutlicher erkennbar sind. Die Darstellung der Intensity-Kurve ist zudem weniger träge. Auch hier wurde auf eine absolute Darstellung verzichtet. Der Skala wäre zwischen 0 dB und 100 dB angesiedelt, d.h. unten links absolute Stille und oben relativ große Laustärke. Die Kurve weicht gelegent-lich von der Wellenform ab, da die Intensität der 100dB-Skala entspricht. Dass niemals absolute Stille herrscht, liegt am natürlichen Grundrauschen des Mikrofons und am Umgebungslärm (z. B. eine Lüftung oder Laufgeräu-sche des Minidisc -Recorders).

19 Pausen werden nicht immer zuverlässig erkannt, da Praat nicht für diese spezielle Anwendung konzipier.

wurde, denn diese Funktion ist auf betonte und unbetonte Laute spezialisiert, nicht aber auf die Erkennung von betonten und unbetonten Silben.

20 Details wie der Glottisschlag wurden außen vorgelassen, da es sich nicht um eine Untersuchung einzelner Laute handel.

21 Bei Gedicht 1 und Gedicht 2 je ein A- und B-Vers des Kreuzreimschemas und bei Gedicht 3 ein Stabreimpaar.

22 Dabei handelt es sich um eine andere Klasse von Pausen, da diese aufgrund bestimmt phonetischer oder phonologischer Regeln bzw. aufgrund der individuellen Sprechweise zustande kommen. Die Vers-, Reimpaar-, Strophenpausen sind artifizieller, beabsichtigter und allgemeingültiger Natur.

23 Die Skansionen werden alle von Sprecher 1 gesprochen.

24 Senkungen im metrischen Schema werden zur Verdeutlichung in Schriftgröße acht und fett dargestellt. 9.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Die Visualisierung von vorgetragenen Gedichten - Im Besonderen zum Verhältnis von Rhythmus und Metrik
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Deutsches Seminar)
Veranstaltung
Sprache der Lyrik
Note
1
Autor
Jahr
2004
Seiten
37
Katalognummer
V41527
ISBN (eBook)
9783638397698
Dateigröße
2912 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Visualisierung, Gedichten, Besonderen, Verhältnis, Rhythmus, Metrik, Sprache, Lyrik
Arbeit zitieren
Philip Baum (Autor:in), 2004, Die Visualisierung von vorgetragenen Gedichten - Im Besonderen zum Verhältnis von Rhythmus und Metrik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41527

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