„Klassische Musik macht spendabel“ lautet eine neue Erkenntnis der Forscher der Uni Leicester. Musik also als Machtmittel zur Manipulation? Vielleicht eher: Bestimmte Musik als Medium für bestimmte Inhalte (Klassik=Kultiviertheit), die den Menschen erreichen soll.
Das Erreichen von Menschen durch Musik haben sich auch Johan Simons und Paul Koek, Regisseure des Stückes „Sentimenti“, zum Ziel gesetzt. Das am 18. Juni 2003 in der Jahrhunderthalle Bochum uraufgeführte Stück basiert auf dem Roman „Milch und Kohle“ von Ralf Rothmann und besteht aus szenisch dargestellten Ausschnitten aus der Textvorlage sowie Arien und Duetten Guiseppe Verdis. In dieser gegenseitigen Durchdringung von Musik, Text und Szene sollen die Gefühle des Hauptdarstellers Simon, aber auch die der anderen Personen, vor allem seiner Mutter, lebensecht wiedergegeben werden, um im Zuschauer das „wahre Sentiment“ zu rühren, das „vollständige, intensive und unberechenbare“ Gefühl, das bei erneutem Hören einer Arie wiederholbar sei. Liebe und Tod sind die beiden grossen Emotionen, um die es in „Sentimenti“ hauptsächlich geht.
Folgende Fragen kommen auf: Kann das Stück dem Anspruch, in den Menschen solch tiefe Gefühle zu wecken, gerecht werden? Fühlt denn nicht jeder anders? Wie kann das Urteil über ein solches Vorhaben aussehen?
Die vorliegende Arbeit versucht, die musikalische Urteilsbildung zunächst generell zu betrachten, um im Anschluß daran in einer Befragung die Meinung von sieben Studenten/Dozenten der Musikwissenschaft, die „Sentimenti“ gesehen haben, darzustellen und im Hinblick auf den persönlichen Werdegang eines jeden zu untersuchen.
Kapitel 1 bietet hierbei Grundlagen über Begriffliches, über die physiologische Seite der Verarbeitung von Musik, über den Bereich Musik und Emotion sowie über den Ansatz der Hörertypologien, in denen das Hörverhalten generalisiert zusammengefasst und vergleichbar gemacht wird.
Kapitel 2 behandelt daraufhin die Befragung. Nach einem kurzen Einblick in die inhaltliche und strukturelle Seite des Stücks „Sentimenti“ wird der Fragebogen dazu vorgestellt, der im Anschluß zunächst in die Auswertung der Aussagen der einzelnen Personen aufgeschlüsselt wird. Darauf folgt eine Gesamtauswertung der Befragung, in der thesenartig die Ergebnisse zusammengefasst werden.
Ein Fazit folgt in Kapitel 3.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Grundlagen
- 1.1 Begriffliches
- 1.2. Physiologische Grundlagen
- 1.3. Aktuelle, situative Informationsverarbeitung
- 1.4. Musik und Emotion
- Exkurs: Psychoanalytische Herangehensweise
- 1.5. Hörertypologien
- 1.6. Musikalische Sozialisation
- 1.6.1. Elternhaus
- 1.6.2. Gleichaltrige (Peers oder Peer Groups)
- 1.6.3. Lebensalter & historische Zeit
- 1.6.4. Schule
- 1.6.5. Medien
- 2. Befragung
- 2.2. Das Stück „Sentimenti“
- 2.3. Fragebogen
- 2.4. Einzelauswertungen
- 2.5. Gesamtauswertung
- 3. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die musikalische Urteilsbildung im Kontext der Triennale-Produktion „Sentimenti“. Sie zielt darauf ab, die Entstehung von Musikurteilen zu beleuchten und diese im Hinblick auf den persönlichen Werdegang der Beurteilenden zu analysieren. Die Arbeit setzt sich mit den physiologischen und psychologischen Grundlagen der Musikwahrnehmung sowie der Rolle der Emotionen in der Musik auseinander.
- Die Bedeutung von Musik und Emotion
- Die Rolle der Hörertypologien und musikalischen Sozialisation bei der Urteilsbildung
- Die Analyse von Musikurteilen anhand der Triennale-Produktion „Sentimenti“
- Die Frage, ob Musik Menschen manipulieren kann und wie Musik eingesetzt werden kann, um bestimmte Inhalte zu vermitteln
- Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ansätzen in der Soziologie und Psychologie bezüglich der Entstehung von Urteilen und Verhaltensmustern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Stück „Sentimenti“ und seine Entstehungsgeschichte vor und skizziert den Forschungsansatz der Arbeit. Kapitel 1 beschäftigt sich mit den grundlegenden Aspekten der musikalischen Urteilsbildung, darunter Begrifflichkeiten, physiologische Grundlagen, die Rolle von Emotionen in der Musik und verschiedene Hörertypologien. Kapitel 1.6 widmet sich der musikalischen Sozialisation, untersucht ihre verschiedenen Einflussfaktoren und deren Rolle in der Entwicklung von musikalischen Urteilen. Kapitel 2 präsentiert die Befragung von Seminarteilnehmern, die „Sentimenti“ gesehen haben. Dabei werden das Stück, der Fragebogen und die Ergebnisse der Einzel- und Gesamtauswertung dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Musik und Emotion, Urteilsbildung, Hörertypologien, musikalische Sozialisation, Triennale-Produktion „Sentimenti“, Musikwahrnehmung, psychologische und soziologische Ansätze, Analyse und Interpretation.
- Arbeit zitieren
- M.A. Barbara Mühlenhoff (Autor:in), 2003, Musikalische Urteils- und Meinungsbildung am Beispiel der Triennale-Produktion "Sentimenti", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41845