Im Folgenden wird die These untermauert, dass Kischs Gefühl der Fremde nicht auf einer interkulturellen oder geographischen Distanz basiert, sondern auf sozioökonomischer. Dies zeigt sich in der Schilderung verschiedener Milieus in seinen literarischen Reportagen. Auf unterschiedliche Weisen schafft Kisch Abgrenzung zum beobachteten Andersartigen, um auf der einen Seite einen ästhetischen und auf der anderen Seite den Erkenntniswert der Reportagen zu steigern. Hierzu werden aus den 53 Werken einige ausgewählt (Stahlwerk in Bochum, vom Hochofen aus gesehen, Der Flohmarkt von Clignancourt, Unter den Obdachlosen von Whitechapel, Streifzug durch das dunkle London, Versteigerung von Castans Panoptikum am 24. Februar 1922, Das Nest der Kanonenkönige: Essen, Meine Tätowierungen und Erkundungsflug über Venedig), um zu untersuchen, wie sich der aus dem Bürgertum stammende Autor zu ihm fremden sozialen Milieus distanziert. Daraufhin wird bezugnehmend auf den Begriff des Exotischen diskutiert, wie die Technik der poetischen Unschärfe das Spannungsfeld zwischen dem Anspruch auf Realitätsabbildung und künstlerischer Freiheit vergrößert. Abschließend wird die Diskrepanz analysiert, die zwischen dem in überzeitlichen Parallelwelten koexistierenden Fremden und dem sich im Gegensatz dazu selbst zeithistorisch verortenden Reporter erzeugt wird.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Hinwendung vom räumlichen zum sozioökonomisch Fremden
- Zwischen Ent- und Verschleierung des Fremden
- Das Fremde als Spiegelbild in der Kunst der Reportage
- Überzeitlichkeit des Fremden
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Darstellung des Exotischen in Egon Erwin Kischs Reportagen. Sie untersucht, wie Kisch das Fremde in seinen literarischen Reportagen konzipiert und wie er seine eigene Position als Beobachter dazu nutzt, die Spannung zwischen Realitätsabbildung und künstlerischer Freiheit zu gestalten.
- Die Abgrenzung von Kischs Perspektive auf das Fremde zu einer rein interkulturellen oder geographischen Perspektive
- Die Rolle von sozioökonomischen Unterschieden in der Wahrnehmung des Exotischen
- Die Gestaltungstechnik der poetischen Unschärfe und ihre Auswirkungen auf die Darstellung des Fremden
- Die Verbindung von Realitätsabbildung und künstlerischer Freiheit in Kischs Reportagen
- Die Darstellung des Fremden als ein Spiegelbild der eigenen Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beleuchtet Kischs Verwendung des Begriffs "Exotisch" in seiner Reportagensammlung "Der rasende Reporter". Die These der Arbeit wird vorgestellt, dass Kischs Gefühl der Fremde nicht auf interkulturellen oder geographischen Distanzen basiert, sondern auf sozioökonomischen Unterschieden. Es wird erläutert, wie Kisch verschiedene Milieus in seinen Reportagen schildert und dabei Abgrenzungen zum beobachteten Andersartigen schafft, um sowohl den ästhetischen Wert als auch den Erkenntniswert seiner Reportagen zu steigern.
Hauptteil
2.1. Hinwendung vom räumlichen zum sozioökonomisch Fremden
In diesem Kapitel wird anhand von Kischs Reportage "Stahlwerk in Bochum, vom Hochofen aus gesehen" untersucht, wie er die Arbeiter als Angehörige eines fremden Naturvolks beschreibt. Der Synkretismus von Kultur und Natur sowie die Verwendung von aquatischen Bildern im Text werden analysiert. Die binäre Opposition zwischen Individuum und Masse wird herausgestellt, die Kischs Perspektive auf die Arbeiterklasse widerspiegelt.
2.2. Zwischen Ent- und Verschleierung des Fremden
Dieses Kapitel befasst sich mit der Technik der poetischen Unschärfe in Kischs Reportagen. Es wird untersucht, wie er das Spannungsfeld zwischen dem Anspruch auf Realitätsabbildung und künstlerischer Freiheit durch den Einsatz von Metaphern und poetischen Bildern vergrößert. Die Frage, wie Kisch den Leser zum kritischen Beobachter der eigenen Wahrnehmung macht, steht im Vordergrund.
2.3. Das Fremde als Spiegelbild in der Kunst der Reportage
Dieses Kapitel untersucht, wie das Fremde in Kischs Reportagen nicht nur als objektive Realität dargestellt wird, sondern auch als Spiegelbild der eigenen Zeit. Es wird gezeigt, wie Kisch die sozialen und politischen Verhältnisse seiner Zeit in seinen Reportagen reflektiert und wie er sich als zeitgeschichtlicher Beobachter positioniert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Exotismus, Fremdheit, soziale Reportage, Egon Erwin Kisch, Milieu, Arbeiterklasse, poetische Unschärfe, Realitätsabbildung, Kunst der Reportage und Zeitgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2018, Exotismus und Milieu. "Der rasende Reporter" (1925), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/427792