Die Logistik im Zeitalter der Digitalisierung. Chancen und Herausforderungen der Logistik 4.0


Fachbuch, 2018

62 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Industrie 4.0 und Logistik 4.0
2.1 Definitionen
2.2 Merkmale und Anforderungen von Logistik 4.0
2.3 Cyber-Physical Systems und Internet der Dinge
2.4 Chancen und Herausforderungen

3 Umsetzungsfelder Logistik 4.0
3.1 Assistenzsysteme
3.2 Automatische Identifikationssysteme
3.3 Informationen und deren Verarbeitung
3.4 Autonome Systeme und Robotik
3.5 Weitere Entwicklungen

4 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Die Informationstechnologien durchdringen immer mehr die Logistik. Die Digitalisierung hat enorme Auswirkungen auf die Logistik und bewirkt einen Wandel. Die Logistik muss sich diesem Wandel stellen.

In dieser Arbeit wird gezeigt, dass die Prozesse in der Logistik mithilfe von Industrie 4.0 und Cyber-Physical Systems optimiert und die Effizienz und Effektivität verbessert werden können. Dies wird im Rahmen der Arbeit durch konkrete Umsetzungsfelder für Logistik 4.0 aufgezeigt.

Zu Beginn werden zunächst Begriffe wie Industrie 4.0 und Logistik 4.0 definiert und erläutert. Da Cyber-Physical Systems und das Internet der Dinge Veränderungen in der Logistik bewirken werden diese im ersten theoretischen Teil näher erläutert.

Darauffolgend werden die Umsetzungsfelder von Logistik 4.0, von welchen eine enorme Auswirkung auf die Logistik erwartet wird, näher untersucht:

- Assistenzsysteme,
- automatische Identifikationssysteme,
- Datenerfassung und -verarbeitung enormer Datenmengen,
- autonome Systeme und Robotics.

Die gefunden Umsetzungsfelder werden theoretisch auf Ihre Auswirkungen, anhand von praktischen Beispielen, auf Unternehmen untersucht. Dabei werden Chancen und Herausforderungen für betroffene Unternehmen herausgefiltert.

Die Auswirkungen von Industrie 4.0 und Logistik 4.0 auf das Personalmanagement und die Mitarbeiter sind nicht Gegenstand der Arbeit.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Definition von smarter Logistik

Abbildung 2: Vision Industrie 4.0

Abbildung 3: Schema eines Cyber-Physical Systems

Abbildung 4: Mixed Reality als Kontinuum zwischen realer und virtueller Umgebung

Abbildung 5: Automatisches Kommissionieren nach dem Ware-zu-Person-Prinzip bei Amazon

Abbildung 6: RFID-Umsetzung bei METRO Group

Abbildung 7: Struktur eines QR-Codes

Abbildung 8: Intelligenter Handschuh des Unternehmens ProGlove

Abbildung 9: Fahrerloses Transportsystem Weasel

Abbildung 10: Rollende Drohne Bin:Go

1 Einleitung

Die Informationstechnologien durchdringen mehr und mehr sämtliche Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle in der Logistik.[1] Die Digitalisierung und deren Auswirkungen werden nicht nur die gesamte Wertschöpfungskette betreffen, sondern auch einen Wandel in der Logistik bewirken. Von der Logistik wird eine hohe Anpassungsfähigkeit erwartet, gleichzeitig müssen die Aufgaben stabil und verlässlich ausgeführt werden. Die Digitalisierung kann die Logistikunternehmen bei der zuverlässigen Erfüllung der Aufgaben unterstützen, die Kundenzufriedenheit erhöhen und einen Wettbewerbsfaktor darstellen. Im Rahmen der Studie „Trends und Strategien in Logistik und Supply Chain Management“ des Bundesverbandes Logistik äußerten sich 73 % der befragten Unternehmen dahin gehend, dass sich durch die Digitalisierung hohe Chancen für ihr Unternehmen ergeben.[2]

1.1 Problemstellung

Moderne Informations- und Kommunikationstechnik und IT-Trends wie die Bereitstellung von Informationen in Echtzeit (z. B. durch Tracking), Big Data, Integration digitaler Services, 3D-Druck und autonomes Fahren werden in den nächsten Jahren die Logistik nachhaltig verändern. Die Veränderungen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, müssen sich nicht negativ auf die Logistik auswirken, sondern es können neue Geschäftsmodelle und Services entstehen. Das Management in den Unternehmen muss sich jedoch diesen Veränderungen anpassen. Durch die Digitalisierung bieten sich den Logistikunternehmen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Deshalb ist es notwendig, dass die technologischen Entwicklungen, die die Logistik nachhaltig beeinflussen können, bekannt sind und aufgezeigt wird, wo und wie sie eingesetzt werden können. Nur so kann sich die Logistik zum Treiber von Innovationen entwickeln und Ihrer Bedeutung für die Wirtschaft gerecht werden.

1.2 Zielsetzung

Die o. g. Studie des Bundesverbandes Logistik erarbeitete folgende Technologiekonzepte, die für die Entwicklung der Logistik in den nächsten Jahren entscheidend sind:[3]

- Künstliche Intelligenz und prädiktive Analysen,
- mobile Computing,
- Einsatz von Sensorik,
- fahrerlose Transportsysteme,
- unternehmensübergreifende Maschine-zu-Maschine-Kommunikation und
- Augmented-Reality-Konzepte.

Anhand der aufgezählten Technologiekonzepte soll mit dieser Arbeit aufgezeigt werden, welche Einsatzmöglichkeiten sich daraus für die Logistik ergeben. Es soll eine Auswahl technischer Lösungen zu jedem Schwerpunkt herausgearbeitet werden.

1.3 Aufbau der Arbeit

Nach einer kurzen Einführung werden zunächst Begriffe wie Industrie 4.0 und Logistik 4.0 definiert und es wird eine Abgrenzung vorgenommen. Die Merkmale von Logistik 4.0 werden herausgearbeitet, die Chancen und Risiken dargestellt. Da Industrie 4.0 auf der zunehmenden Digitalisierung analoger Techniken und der Integration von Cyber-Physical Systems basiert, wird auf diese detaillierter eingegangen.

Die Grundlage des dritten Kapitels bilden die einzelnen Technologieschwerpunkte. Diese werden beschrieben und die Möglichkeiten für Logistik 4.0 herausgearbeitet. Vorhandene technische Lösungen werden vorgestellt.

2 Industrie 4.0 und Logistik 4.0

2.1 Definitionen

2.1.1 Industrie 4.0

Momentan findet die vierte industrielle Revolution statt. Im Gegensatz zu den vergangenen drei industriellen Revolutionen sind die Parameter, die die Neuerung bewirken, bereits bekannt.[4] Die Veränderungen und Weiterentwicklungen werden durch das Internet der Dinge ausgelöst, durch das es zu einer Verschmelzung von realer und virtueller Welt kommt.[5] Grundlage dafür bilden die Cyber-Physical Systems, auf die in einem späteren Kapitel detaillierter eingegangen wird. Moderne Informations- und Kommunikationstechnik durchdringt alle Prozesse und Produkte und Informationen werden zu einem wichtigen Wirtschaftsgut.

Industrie 4.0 bewirkt Veränderungen in der bisherigen Arbeits- und Produktionswelt, die sich somit besser an die Bedürfnisse des Kunden anpassen kann. Individualisierte Produkte in hoher Variantenzahl bei geringen Stückzahlen können so hergestellt werden, dass dies noch wirtschaftlich ist. Mit Industrie 4.0 können sich die Unternehmen an die veränderten Anforderungen durch den globalen Wettstreit besser anpassen. Industrie 4.0 wird in allen Bereichen Veränderungen bewirken. Beispiele dafür sind Smart Health oder Smart Logistic.

Ein wesentliches Merkmal von Industrie 4.0 ist die Vernetzung. Kagermann und Kollegen (2012) sehen den Schwerpunkt von Industrie 4.0 in der „[…] Vernetzung von autonomen, sich selbst steuernden, sich selbst konfigurierenden, wissensbasierten, sensorgestützten und räumlich verteilten Produktionsressourcen (…) inklusive deren Planungs- und Steuerungssysteme.“[6] Sie verstehen unter Industrie 4.0 eine horizontale und vertikale Integration und digitale Durchgängigkeit über die gesamte Wertschöpfungskette.[7] Bei der horizontalen Integration kommt es durch die Integration der IT-Systeme zu einem Informations-, Material- und Energiefluss entlang der Wertschöpfungskette. Die vertikale Integration zeichnet sich durch eine Integration der IT-Systeme über die verschiedenen Hierarchieebenen (z. B. Sensorebene, Leitebene für Produktionssteuerung) aus. Die Automatisierung der Produktion erreicht ein hohes Niveau, da alle Prozesse eines Unternehmens gesteuert und miteinander verknüpft werden können. Mit Industrie 4.0 werden kommunizierende, intelligente, untereinander vernetzte und sich selbst steuernde Systeme bzw. Einheiten geschaffen.[8] Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten und Geschäftsmodelle. Es kommt zu einem Paradigmenwechsel in den Steuerungsarchitekturen und der Industrie. Informationen können in Echtzeit generiert und verarbeitet werden. Mechanismen wie Selbstorganisation, Selbstoptimierung und autonome Anpassungsfähigkeit können angewandt werden.[9] Bei Industrie 4.0 kommt es zur Verschmelzung von realer und digitaler Welt.

Hirsch-Kreinsen (2014) nennt mehrere Faktoren, die die Grundlage für Industrie 4.0 bilden. Dies sind u. a.:[10]

- die neuen Sensortechnologien,
- die mit Intelligenz ausgestatteten mechatronischen Komponenten,
- moderne Informations- und Kommunikationstechnik,
- eine umfassende Vernetzung dieser Komponenten und
- ein hoher Grad an Automatisierung.

2.1.2 Logistik 4.0

Wie bereits erwähnt, wirkt sich Industrie 4.0 auf alle Branchen aus. Die Veränderungen betreffen auch die Logistik. Vor allem in der Logistik wird durch Industrie 4.0 mit einem enormen Wandel gerechnet.[11] Grundlagen für die Logistik 4.0 bilden Themen wie umfassende Vernetzung, Automatisierung, Kooperation und Technologie.[12] Nur mit einer Anpassung der Logistik an die Paradigmenwechsel von Industrie 4.0 wie Selbststeuerung und umfassende Vernetzung kann Logistik 4.0 tatsächlich umgesetzt werden.[13] Straube (2017) versteht unter Logistik 4.0 die „[…] Planung und Steuerung von hochintegrierten und automatisierten Informations- und Warenströmen (…) von Wertschöpfungsnetzwerken.“[14]

Die Logistiksysteme des neuen Zeitalters weisen Skalierbarkeit, Mobilität, Flexibilität, Wandelbarkeit und Modularität auf. Mithilfe der eingebetteten Intelligenz werden die Prozesse in der Logistik dezentral geplant, selbst gesteuert und in Echtzeit mit kognitiven Fähigkeiten ausgeführt (siehe Abbildung 1).[15] Bei Logistik 4.0 wächst mit der Komplexität der logistischen Systeme das Maß der Selbstorganisation und Dezentralisierung.[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Definition von smarter Logistik (Quelle: Straube [2017], S. 1.)

Technische Grundlage für Logistik 4.0 bilden also selbststeuernde und selbstorganisierende Prozesse bzw. Objekte. Mit der smarten Logistik werden Prozesse, Objekte, Kunden und Teilnehmer der Wertschöpfungsketten miteinander vernetzt und integriert. Prozesse der Logistik werden durch Robotik, Sensorik, innovative Produktionssysteme und moderne Informations- und Kommunikationstechnik unterstützt. Augmented Reality, Cloud Computing und Big Data werden in der Logistik eine große Bedeutung erlangen.[17]

Die Selbststeuerung bei Industrie 4.0 verlangt ein neues Konzept der Flusssteuerung innerhalb des Unternehmens und über die gesamte Wertschöpfungskette.[18] Durch Industrie 4.0 kommt es zur Auflösung starrer Verknüpfungen innerhalb der Supply Chain.[19] Industrie 4.0 stellt also bisherige Ansätze in der Logistik infrage und wirkt bei der Gestaltung der neuen Prozesse mit.

2.2 Merkmale und Anforderungen von Logistik 4.0

Aufgrund der globalen Veränderungen im Wirtschaften kommt es zu Verschiebungen von Logistik- und Wirtschaftsströmen.[20] Der gesellschaftliche Wandel bewirkt eine Individualisierung der Produkte, Produktion und Logistikströme. Die Komplexität der Wertschöpfungskette steigt überproportional an.[21] Weiterhin kommt es, wie bereits erwähnt, durch Industrie 4.0 zu Veränderungen in der Logistik. Die Logistik muss sich der Komplexität und Dynamik von Supply Chains anpassen. Ein überproportionales Anwachsen der Komplexität kann zu Instabilitäten führen.[22] Mithilfe von Logistik 4.0 kann die Komplexität hinsichtlich

- der Struktur (umfassende komplexe Vernetzung),
- der Daten (enormer Anstieg der Datenmenge),
- der Produktion (individualisierte Produktion bei geringer Losgröße) und
- E-Commerce (Steigerung der Auslieferungsmenge in immer knapperen Zeitfenstern) beherrscht werden.[23]

Komplexe Systeme können durch Selbststeuerung und Selbstorganisation beherrscht werden. Selbst organisierte Systeme sind komplex, da ihre Komponenten miteinander vernetzt sind und in Beziehungen zueinander stehen, die sich jederzeit ändern können.[24] Mit Selbststeuerung und Selbstorganisation wird eine Organisationsform erreicht, bei der keine Anweisungen von systemfremden Akteuren kommen, sondern die dynamischen Ordnungsmuster durch lokale Interaktionen hervorgerufen werden.[25] Dadurch entstehen auf Systemebene Muster und Strukturen. So bildet das Gesamtsystem Ordnungen heraus, die zwar durch die individuelle Verhaltensweise automatisch entstehen, aber nicht bewusst angestrebt wurden.[26] Das Verhalten des Gesamtsystems kann aufgrund der Komplexität kaum beschrieben werden, da es einerseits vom Anfangszustand abhängt und andererseits ein konvergentes, divergentes, zyklisches oder chaotisches Verhalten zeigen kann.[27]

Selbstorganisierende Systeme weisen folgende wichtige Eigenschaften auf:[28]

- Nichtlinearität,
- Redundanz,
- Multistabilität,
- Dynamik,
- Komplexität,
- Selbstreferenz,
- Autonomie und
- Emergenz.

Dadurch sind selbst organisierte und selbst gesteuerte Systeme robust und belastbar. Fällt eine Komponente bzw. ein Teilnehmer des Systems aus, wird das System nicht wesentlich beeinträchtigt. Die Kontrolle in selbstorganisierenden und selbststeuernden Systemen ist verteilt, da es keine zentrale Instanz gibt.[29] Innerhalb des lokalen Kontexts kann eine Weiterentwicklung und Anpassung an die Umwelt erfolgen.[30] Logistik 4.0 nutzt diese Prinzipien der Selbstorganisation und der Selbststeuerung. Im Rahmen von Logistik 4.0 wird auch Schwarmintelligenz eine große Rolle spielen.[31] Die Komplexität und die Dynamik können nur durch ein „[…] konsequentes Zusammenführen der digitalen und realen Welt“ beherrscht werden.[32]

Bei Logistik 4.0 erfolgt ein Wandel vom Prozess zum Service mit dezentralen Entscheidungsebenen.[33] Unflexible Logistiksysteme werden durch kleinere, autonome Transporteinheiten ersetzt.[34] Es können Transportleistungen genau dort angeboten werden, wo sie benötigt werden.[35] Durch den Einsatz von Intelligenz und durch prädikative Analysen können die Logistikprozesse der Wertschöpfungskette optimiert werden.

Technologische Veränderungen wie beispielsweise mobile Endgeräte, Sensorik und Assistenzsysteme werden in der Logistik 4.0 eine große Rolle spielen und Veränderungen bewirken. In den nächsten Jahren werden Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Schnelligkeit und Qualität die zentralen Wettbewerbsfaktoren in der Logistik.[36] Mit Logistik 4.0 werden neue Märkte und Geschäftsmodelle entstehen. IT-Lösungen und Logistik werden miteinander verschmelzen, sodass hybride Lösungen (Anbieter von IT-Dienstleistungen und Logistik) entstehen werden.[37] Die klassischen Mensch-Maschine-Schnittstellen verändern sich.[38] Doch nicht nur durch die Digitalisierung wird sich die Logistik verändern, sondern es werden kundengetriebene und durch Analytics getriebene Innovationen und Geschäftsmodelle notwendig.[39]

Mit Industrie 4.0 und Logistik 4.0 kommt es zu einem Wandel der Arbeitswelt. Die Mitarbeiter müssen sich mit den neuen Technologien beschäftigen und es besteht ein Bedarf nach höheren Qualifikationen. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen für einen Umgang mit der modernen Informations- und Kommunikationstechnik fit gemacht werden. Außerdem benötigt das Unternehmen eine Vision, wie mit den enormen Datenmengen umgegangen werden soll. Dazu sind geeignete Kompetenzen notwendig.

2.3 Cyber-Physical Systems und Internet der Dinge

Veränderungen in der Logistik werden vor allem durch Cyber-Physical Systems und das Internet der Dinge bewirkt (siehe nachfolgende Abbildung).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Vision Industrie 4.0 (Quelle: Volkmann [2015], S. 6.)

2.3.1 Cyber-Physical Systems

Cyber-Physical Systems bilden die technologische Basis für Industrie 4.0 und Logistik 4.0. Sie sind in der Lage, die Umwelt zu erfassen und gemeinsam mit dem Nutzer das Verhalten an die jeweilige Situation anzupassen.[40] Gemäß Broy (2010) umfassen Cyber-Physical Systems „[…] eingebettete Systeme zur Überwachung und Steuerung physikalischer Vorgänge mittels Sensoren und Aktuatoren über Kommunikationseinrichtungen mit den globalen digitalen Netzen (…).“[41] Cyber-Physical Systems bestehen also aus vernetzten, informatischen und softwaretechnischen Komponenten, die in mechanische und elektronische Teile eingebettet sind.[42] Sie können über das Internet selbstständig kommunizieren und sich koordinieren. Wichtigstes Hauptaugenmerk liegt bei Cyber-Physical Systems auf der Vernetzung und der gemeinsamen Nutzung von vorliegenden Daten und Prozessen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Schema eines Cyber-Physical Systems (Quelle: Englert [2016], S. 1.)

Wie in obiger Abbildung zu sehen ist, wird mithilfe der Sensoren die Umwelt erfasst und die Aktoren wirken auf die Systeme ein. Digitale und physikalische Welt sind direkt miteinander verbunden.[43] Dadurch können die Cyber-Physical Systems ortsunabhängig im entsprechenden Kontext Dienste und Funktionen erbringen, die Merkmale wie Autonomie, Adaptivität, Automatisierung, Vernetzung, Verteilung und Multifunktionalität aufweisen.[44]

Die Cyber-Physical Systems können Bestandteil der verschiedensten Objekte (z. B. von Logistik- und Managementprozessen oder Produktionsanlagen) sein.[45] Durch den Einsatz von Cyber-Physical Systems können Anlagen, Maschinen und einzelne Werkstücke sowie Produktions- und Logistikprozesse untereinander Informationen austauschen (siehe Abbildung 3).[46] Informationen können in Echtzeit verarbeitet werden. Die Prozesse können über große Entfernungen und Unternehmensgrenzen hinweg in Echtzeit gesteuert und koordiniert werden.[47] Damit ist eine Dezentralisierung und autonome Organisation der Prozesssteuerung möglich. Mithilfe der Daten in Echtzeit können die Prozesse über den gesamten Lebenszyklus bis hin zum Kunden optimiert werden.[48]

Cyber-Physical Systems weisen einige charakteristische Eigenschaften auf, die besonders für Logistik 4.0 interessant sind:[49]

- Vernetzung (über das Internet und die Nutzung von global vorliegenden Daten und Diensten, weltweite Lokalisierbarkeit, Vernetzung innerhalb und außerhalb des Systems),
- Robustheit (langfristig hohe Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit auch bei schwierigen physikalischen Randbedingungen und Ausfällen von Subsystemen),
- eingebettete, lokale Intelligenz (Bewertung der vorhandenen Umgebungsdaten und der Situation und angepasste autonome Entscheidung),
- problemloses Anpassen an sich ändernde Rahmenbedingungen mithilfe von Selbstorganisation,
- lose und dynamische Koppelung der Komponenten (ermöglicht autonomes Handeln und eine aktive Echtzeitsteuerung),
- umfangreiche Interaktionen mit Umwelt, anderen Netzen und innerhalb der Netze über Sensoren und Aktuatoren,
- Ablaufoptimierung durch selbstständige Organisation und Zuordnung der notwendigen Ressourcen (z. B. Bestellung von Wartungsaufträgen) und
- neue Systemfunktionalitäten durch das Zusammenspiel von Software, Nutzung digitaler Netze und Nutzungsschnittstellen.

Für die Logistik bedeutet dies, dass durch die Cyber-Physical Systems eine Koordination des Wertschöpfungsnetzwerks über die Unternehmensgrenzen hinweg möglich ist. Damit kann dieses an die veränderten Marktbedingungen besser angepasst und Wandlungsfähigkeit erreicht werden. Durch die Datenintegration stehen dem Unternehmen Informationen über den Zustand und Aufenthaltsort jedes einzelnen Elements eines Produktionssystems zur Verfügung.[50] Daraus ergeben sich völlig neue Möglichkeiten der Nutzung und Auswertung von Daten, vor allem im Bereich der Logistik.

2.3.2 Internet der Dinge und smarte Objekte

Eine weitere Voraussetzung für Logistik 4.0 ist das Internet der Dinge. Gemäß Ashton (1999) ist das Internet der Dinge eine Vision von vernetzten, miteinander selbstständig agierenden Gegenständen und Prozessen.[51] Charakteristische Merkmale für das Internet der Dinge sind:

- Verschmelzung realer physischer Objekte mit der digitalen Welt und
- Selbstorganisation.[52]

Durch die vorhandenen Sensortechnologien kann die Umwelt erfasst und analysiert werden, ohne dass der Mensch diese Daten beeinflussen oder einschränken kann.[53] Internet der Dinge umfasst also einerseits die mit Technik und Intelligenz ausgestatteten physischen Objekte, die eine eindeutige Identifizierung und weitere Anreicherung mit Daten ermöglichen. Andererseits bezieht sich Internet der Dinge auch auf die Integration der Objekte in das Internet und ermöglicht so eine dauerhafte Erreichbarkeit. Mit der Definition von Atzori und Kollegen (2010) kommt eine semantikorientierte Sichtweise hinzu, die die semantische Erfassung der Daten aus verschiedenen Datenquellen und das Generieren von neuem Wissen umfasst.[54]

Beim Internet der Dinge handelt es sich um eine dynamische, globale Netzwerkinfrastruktur mit selbstkonfigurierenden Fähigkeiten.[55] Über intelligente Schnittstellen werden virtuelle und reale Objekte ohne Bruchstellen in das Informationsnetzwerk integriert und werden so ein Teil des Prozesses bzw. der Produktion.[56] Beim Internet der Dinge werden reale Objekte mit digitalen Funktionen angereichert. Wie in Abbildung 3 dargestellt, schaffen Sensoren und Aktoren die Verbindung zwischen realer Welt und dem Internet. Damit sind Interaktionen zwischen den technischen Systemen, aber auch Interaktionen mit dem Menschen möglich. Dadurch können smarte Objekte innerhalb eines Systems oder auch vernetzt mit anderen Systemen auftreten.[57]

Neben Cyber-Physical Systems spielen diese smarten Objekte bei Industrie 4.0 und Logistik 4.0 eine große Rolle. Smarte Objekte sind Objekte, die elektrische, informationstechnische, mechanische, elektrische und sensorische Bestandteile kombinieren und miteinander vernetzt sind.[58] Smarte Objekte sind alltägliche Objekte, die um die Bestandteile Kommunikation und Computing ergänzt werden.[59] Smarte Objekte sind also reale Objekte, die mit künstlicher Intelligenz verknüpft sind und Informationen austauschen können. Da smarte Objekte mit Aktoren und Sensoren ausgestattet sind, können sie selbstständig Umgebungsinformationen sammeln und auswerten. Gemäß Siegmund (2004) können smarte Objekte ihre Umgebung und deren Veränderungen selbstständig wahrnehmen und erfassen.[60]

Da die smarten Objekte miteinander und mit einer übergeordneten Dateninfrastruktur kommunizieren können, kann es sich bei einem smarten Objekt um viele verschiedene Objekte handeln (z. B. intelligente Produkte oder Anlagen, Dienstleistungen).[61] Gemäß Kawsar (2009) können durch smarte Objekte die menschliche Wahrnehmung und die Erfassung der betrieblichen Situationen verbessert werden.[62] Entsprechend seiner Definition sind smarte Objekte durch folgende Merkmale gekennzeichnet:[63]

- Wahrnehmungsvergrößerung,
- geringe Größe mit geringem Stromverbrauch,
- geräteorientiertes Situationsbewusstsein und
- ergänzende Dienstleistungen.

Diese Merkmale sind auch für die Umsetzung bei Logistik 4.0 wichtig. Es ist davon auszugehen, dass auch zukünftig Computer immer weiter in den Hintergrund treten und die smarten Objekte diese Funktionen übernehmen werden. Durch die fortschreitende Miniaturisierung werden die Computer in die Alltagsgegenstände eingebettet und somit deren Funktionalitäten wesentlich erweitert sodass überall Informationen erfasst werden können.

Damit können die Computer in das Arbeitsumfeld integriert werden, ohne dass sie wahrgenommen werden, da sie über keine Komponenten zur Visualisierung verfügen.[64] Die Mitarbeiter werden bei ihren Tätigkeiten unterstützt, sind sich aber der Integration der intelligenten Komponenten nicht mehr bewusst.[65] Unabhängig davon muss der Mitarbeiter jedoch die Funktionalitäten nutzen und bedienen können.

Durch die smarten Objekte wird die Entwicklung immer mehr in Richtung autonomer Entscheidungen und Handlungen gehen, da auf untersten Ebenen ständige Interaktionen stattfinden. Es kommt zu reinen Maschine-Maschine-Interaktionen, bei denen die Nutzer nicht mehr direkt eingebunden werden müssen.[66]

Bei der Vernetzung der smarten Objekte kann zwischen folgenden Varianten unterschieden werden:[67]

- Verbindung des zentralen Systems mit mehreren smarten Objekten (beispielsweise zum Bereitstellen von Updates),
- Verbindung von smarten Objekten mit anderen oder mit dem Nutzer bzw. Hersteller (z. B. für Diagnosezwecke) und
- Verbindung der smarten Objekte mit anderen Objekttypen.

[...]


[1] Vgl. Kersten et al. [2017], S. 8.

[2] Vgl. Kersten et al. [2017], S. 9.

[3] Vgl. Kersten et al. [2017], S. 12.

[4] Vgl. Spath et al. [2013], S. 24.

[5] Vgl. Kagermann et al. [2012], S. 17.

[6] Kagermann et al. [2012], S. 24.

[7] Vgl. Kagermann et al. [2012], S. 24.

[8] Vgl. Kagermann et al. [2012], S. 24.

[9] Vgl. Hirsch-Kreinsen [2014], S. 5.

[10] Vgl. Hirsch-Kreinsen [2014], S. 5.

[11] Vgl. ten Hompel/Henke [2014], S. 615.

[12] Vgl. Czaja [2016], S. 7.

[13] Vgl. Meinhardt et al. [2011], S. 128 ff.

[14] Straube [2017], S. 1.

[15] Vgl. Straube [2017], S. 1.

[16] Vgl. ten Hompel/Henke [2014], S. 618.

[17] Vgl. Czaja [2016], S. 7.

[18] Vgl. ten Hompel/Henke [2014], S. 618.

[19] Vgl. ten Hompel/Henke [2014], S. 618.

[20] Vgl. ten Hompel [2014], S. 3.

[21] Vgl. Kersten et al. [2017], S. 117.

[22] Vgl. ten Hompel [2013], S. 4.

[23] Vgl. ten Hompel [2014], S. 11.

[24] Vgl. Luxenhofer [2010], S. 7.

[25] Vgl. Schumann [2014], S. 2.

[26] Vgl. Kosch [2005], S. 19.

[27] Vgl. Kosch [2005], S. 19 f.

[28] Vgl. Kosch [2005], S. 19 f.

[29] Vgl. Luxenhofer [2010], S. 7.

[30] Vgl. Schumann [2014], S. 2.

[31] Vgl. ten Hompel [2014], S. 21.

[32] Kagermann, zit. in ten Hompel [2013], S. 2.

[33] Vgl. ten Hompel [2013], S. 9.

[34] Vgl. ten Hompel [2014], S. 21.

[35] Vgl. ten Hompel [2014], S. 21.

[36] Vgl. Kersten et al. [2017], S. 13.

[37] Vgl. ten Hompel [2014], S. 10.

[38] Vgl. ten Hompel [2013], S. 9.

[39] Vgl. Kersten et al. [2017], S. 13.

[40] Vgl. Geisenberger/Broy [2012], S. 22.

[41] Broy [2010], S. 17.

[42] Vgl. Fiedler [2012], S. 4.

[43] Vgl. Broy [2010], S. 21.

[44] Vgl. Vogel-Heuser et al. [2012], S. 9.

[45] Vgl. Vogel-Heuser et al. [2012], S. 9.

[46] Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung [2013], S. 6.

[47] Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung [2013], S. 6.

[48] Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung [2013], S. 6.

[49] Vgl. Gronau [2015], S. 282 f.; Broy [2010], S. 21 f.; Lee [2008], S. 2; Geisenberg/Broy [2012], S. 62 ff.

[50] Vgl. Gronau [2015], S. 285.

[51] Vgl. Ashton [1999], S. 97.

[52] Vgl. Ashton [2009], S. 1.

[53] Vgl. Ashton [2009], S. 1.

[54] Vgl. Atzori et al. [2010], S. 2789.

[55] Vgl. IERC [2017], S. 1.

[56] Vgl. IERC [2017], S. 1.

[57] Vgl. Porter/Heppelmann [2014], S. 5.

[58] Vgl. Schlenker [2014], S. 1.

[59] Vgl. Beigl et al. [2001], S. 403.

[60] Vgl. Siegmund [2004], S. 1.

[61] Vgl. Schlenker [2017], S. 1.

[62] Vgl. Kawsar [2009], S. 15.

[63] Vgl. Kawsar [2009], S. 15; ITWissen [2017], S. 1.

[64] Vgl. Botthof/Bovenschulte [2011], S. 4.

[65] Vgl. Botthof/Bovenschulte [2011], S. 4.

[66] Vgl. Porter/Heppelmann [2014], S. 5.

[67] Vgl. Porter/Heppelmann [2014], S. 5.

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Die Logistik im Zeitalter der Digitalisierung. Chancen und Herausforderungen der Logistik 4.0
Autor
Jahr
2018
Seiten
62
Katalognummer
V429143
ISBN (eBook)
9783956875397
ISBN (Buch)
9783956875410
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Logistik, Digitalisierung, Industrie 4.0, Logistik 4.0, BWL, Transport, Distribution, Big Data, Cyber-Physical Systems, Internet der Dinge, Internet of Things, Informationstechnik
Arbeit zitieren
Sven Kraußer (Autor:in), 2018, Die Logistik im Zeitalter der Digitalisierung. Chancen und Herausforderungen der Logistik 4.0, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/429143

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