Exegese zu Jesaja 7, 1-17

Über "Die Immanuel-Verheißung"


Hausarbeit, 2017

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Literarkritik
2.1 Äußere Abgrenzung des Textes
2.2 Ortsbestimmung eines Textabschnitts im Kontextzusammenhang
2.3 Feststellung der Einheitlichkeit eines Textes
2.4 Quellenkritik

3. Formkritik
3.1 Gattungsbestimmung
3.2 Sitz im Leben

4. Motiv- und Traditionsgeschichte

5. Redaktionskritik

6. Einzelexegese

7. Theologischer Skopus

8. Die Immanuel-Verheißung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Propheten sind Sprecher Gottes, die seine Botschaft an die Menschen verkünden. Sie er- mahnen, warnen oder ermutigen das Volk als Sprachrohr Jahwes und äußern sich häufig auch sozialkritisch. Ein solcher Prophet war auch Jesaja, der den Völkern das Gericht, aber auch das Heil ankündigte. Auch das Kapitel 7 im Jesajabuch, auf das sich die fol- gende Arbeit bezieht, fällt in die Kategorie der prophetischen Schriften im Alten Testa- ment. Wie alle Texte der Bibel weist auch diese Stelle inhaltliche, sprachliche und se- mantische Besonderheiten auf, die beim bloßen Lesen nicht sofort deutlich werden. Um dem Text, seinen Auffälligkeiten und seiner Botschaft näher zu kommen, werden in die- sen Ausführungen einige Methodenschritte der historisch-kritischen Exegese auf die Pas- sage Jes 7, 10-17 angewandt. Zunächst werden dafür die literakritischen Schritte, genauer die Abgrenzung und die Ortsbestimmung im Kontext vorgenommen. Zudem werden an dieser Stelle auch Spannungen oder Widersprüche aufgedeckt, bevor die Gattungskritik Aufschluss über die formalen Besonderheiten von Jesaja 7 geben wird. Nachfolgend wird die Tradition und redaktionelle Schritte behandelt und abschließend der theologische Skopus abgehandelt.

Das Zeichen des Immanuel und das Strafgericht durch die Assyrer (Luther 1984)

10 Und der HERR redete abermals zu Ahas und sprach:
11 Fordere dir ein Zeichen vom HERRN, deinem Gott, es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe!
12 Aber Ahas sprach: Ich will's nicht fordern, damit ich den HERRN nicht versuche.
13 Da sprach Jesaja: Wohlan, so hört, ihr vom Hause David: Ist's euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen?
14 Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.
15 Butter und Honig wird er essen, bis er weiß, Böses zu verwerfen und Gutes zu erwäh- len.
16 Denn ehe der Knabe lernt Böses verwerfen und Gutes erwählen, wird das Land verödet sein, vor dessen zwei Königen dir graut.
17 Der HERR wird über dich, über dein Volk und über deines Vaters Haus Tage kommen lassen, wie sie nicht gekommen sind seit der Zeit, da Ephraim sich von Juda schied, nämlich durch den König von Assyrien.

2. Literarkritik

2.1 Äußere Abgrenzung des Textes

Die Erzählungen des gesamten Kapitel 7 bestehen nach einer Überschrift aus zwei Epi- soden V. 2-9 und V. 10-17, jeweils mit offenem Ende. „Ahas antwortet zunächst nicht auf die Ermahnung zum Glauben (V. 7) und ebenso wenig auf die Ankündigung des „Im- manuel“ (V. 17).[1] Die zweite, für diese Arbeit relevante, Episode beginnt mit V. 10. Es könnte durch die Wendung im ersten Vers „und der Herr redete abermals zu Ahas und sprach:“ der Eindruck erweckt werden, der Textabschnitt behandelt eine neue Situation, denn durch diese Zäsur zwischen V.9 und 10 ergibt sich eine zeitliche und örtliche Tren- nung zu dem Vorausgehenden.[2] Sachlich gehören die beiden Textabschnitte aber dennoch zusammen. Denn Neuartiges wird ansonsten mit einem einfach „und Jahwe sprach“ (8,1) eingeleitet wird, während die Wendung aus V. 10, die auch mit „er fuhr fort zu reden“ übersetzt werden kann, auch in 8,5 eine enge Verbindung mit dem Vorhergehenden her- stellt. Auch die Anrede des Davidhofes (V.13) ist bereits in V. 2, V.6 und 9 vorbereitet und lässt somit auf eine Zugehörigkeit schließen.[3] Für eine Einheit des Ortes und der Zeit des Abschnittes 1-17 spricht weiterhin, dass mit V.9 die Erzählung der ersten Episode thematisch noch offen liegt.[4] Die Auswirkungen der Botschaft Jesajas kommen bis zum Schluss nicht zur Ausführung, Ahas antwortet nicht auf die Mahnung zum Glauben (V. 7) es bedarf damit eine Reaktion. Deshalb ist davon auszugehen, die zweite Episode (V. 10-17) bildet die notwendige Fortsetzung der ersten.[5] Konkret skizziert die zweite Epi- sode den Unglauben, des davidischen Könighauses, wovor die erste Episode bereits ge- warnt hatte.[6] Stilistisch beginnt allerdings mit V.10 tatsächlich ein neuer Abschnitt. Wo- hingegen in V.3-9 nur Jahwes Auftrag an Jesaja berichtet war, ergeht in V.10.17 das Jahwewort an Ahas, das wiederum eine Antwort von dem König herausfordert.[7] Das Ende ist mit V.17 ein weiteres Mal offen, von Ahas kommt auch an dieser Stelle keine Reak- tion.[8] Stattdessen schließen drei abschließende Orakel (V. 18-25) das Kapitel, in denen der Prophet das Strafgericht herausarbeitet. Diese werden meist als Zusätze angesehen, gelten aber als unverzichtbar für die Ausarbeitung von V.17: Was werden die Tage brin- gen?[9] Eine voneinander unabhängige Herkunft wird allerdings angenommen, da sich das jeweilige Geschehen mit „an jenem Tag“ einleitet.[10] „Eine redaktionelle Bearbeitung (aus dem 7. Jahrhundert) könnte die Sprüche zusammengefügt und die Formel wiederholt ha- ben, um den Zusammenhang mit V. 17 zu unterstreichen.“[11] Somit ist der Textabschnitt auch eng mit dem darauffolgenden verbunden. Zudem kennzeichnet V.15 und V.22 eine Verbindung. „Immanuel“ wird als der im Land übriggebliebene interpretiert: Wie er, so ernähren auch sie sich von „Sahne/Rahm und Honig“, was wohl andeuten soll, dass sie auf diese Weise lernen „das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen“ (V 15-16). Der Text der Perikope dürfte ziemlich sicher auf Jesaja zurückgehen.[12] Denn als Verfas- ser gilt zumindest bei den Selbstberichten in der Immanuelschrift bei den meisten Ausle- gern der Prophet selbst.[13]

2.2 Ortsbestimmung eines Textabschnitts im Kontextzusammenhang

Der Textabschnitt befindet sich in der Denkschrift Jesajas (6,1-9,6) im ersten Teil des Jesajabuches (1-12). Umgeben von zwei sogenannten Ich-Berichten (Jesaja 6; 8) stellt Kapitel 7 eine Erzählung in 3. Person Singular, also in Form eines Fremdberichts dar. Die Denkschrift bildet den Kern des ersten Teils des Jesajabuches (Protojesaja 1-39), der in die Einheiten Jes 1-12, Jes 13-23, Jes 24-27, Jes 28-32, Jes 33-35 und Jes 36-39 unterteilt werden kann. Jes 1-12 lässt sich wiederum einteilen in:

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten[14]

Zunächst findet sich in Jes 1,2-4,6 eine erste Komposition, die aus einem unheilstheolo- gischen Kern und einer heilstheologischen Rahmung besteht. In ähnlicher Weise ist dann der Abschnitt Jes 5,1-10,4 gestaltet. Den Kern dieser Sammlung bildet die Denkschrift Jes 6,1-9,6, die dreifach gerahmt ist: Den inneren Rahmen bildet das Kehrversgedicht, den mittleren bilden Weheworte und den äußeren Untergangsansagen an Juda und an As- sur.[15] Die Ankündigung des Immanuel bildet das Kernstück des literarischen Gebäudes von Jes 5,30-8,18 („Immanuelschrift“).[16] „Der geheimnisvolle Charakter dieser Gestalt und seines Namens gehört zum Hauptthema des Jesajabuches, d.i. das Verhältnis von JHWH und Israel.“[17] Gerade an der Stelle, nach den Kapiteln 1-6, in denen die Beziehung zu zerbrechen drohte, verleiht das Motiv des Immanuel dieser Relation einen neuen Im- puls. Es wirkt nach in den folgenden Kapiteln, und zwar sehr stark, obschon der Name Immanuel nicht mehr fällt, denn ein „sachlicher Progress von „Ankündigung- Geburt - heilvoller Herrschaft des Messias“ verknüpft das Kapitel 7,9 und 11 synchron gesehen zu einem „messianischen Triptychon.[18] Desweiteren besteht ein Spannungsbogen zwischen Jes 7 und Jes 36-38. Die Person Ahas aus der Erzählung stellt ein Gegenbild zum vor- bildhaften König Hiskija, der in Jes 36-38 beschrieben wird, als König von Juda, der sich während einer Belagerung Jerusalems durch das Vertrauen auf JHWH auszeichnet, Kon- takt zu Jesaja hält, und in seiner Krankheit von sich aus um ein Zeichen bittet.[19] Ahas ist hingegen ein typischer Repräsentant des davidischen Königshauses: „Er zittert vor der Bedrohung durch die heranstürmenden Heere (7,2), reagiert nicht auf Jesajas Aufruf standhaft zu bleiben (Jes 7,9) und bedient sich eines Vorwandes, um von JHWH kein Zeichen erbitten zu müssen, wodurch er Gottes Willen und Macht, Jerusalem wirkungs- voll beschützen zu können (7,12) in Zweifel zieht“[20] Dieser bestehende Spannungsbogen zwischen diesen Kapiteln bildet den Hintergrund für weitere Texte in Protojesaja über das Haus David und legt den Grundstein für die Erwartung eines guten Königs aus diesem Geschlecht.

2.3 Feststellung der Einheitlichkeit eines Textes

„Der Abschnitt Jes 7,1-7 hat eine spätere Überarbeitung erfahren. Zunächst ist anzuneh- men, dass er ursprünglich als Ich-Bericht abgefasst war und erst sekundär in einen Er- Bericht umgestaltet wurde.“[21] Dazu waren nur kleine Textveränderungen in V. 10 und 13 nötig, die möglicherweise von Jesaja-Schülern vorgenommen wurden. Geht man von solch einer Überarbeitung aus, liegt die Vermutung nahe, dass weitere kleine Ergänzun- gen, im Sinne von Verständnishilfen, zu dem ursprünglichen Jesajatext hinzugefügt wur- den.[22] So findet in Vers 10 ein Wechsel des Berichtsstiles statt. Zuvor war in V. 3-9 nur Jahwes Auftrag an Jesaja berichtet. In V. 10 ergeht dagegen das Jahwewort nun an Ahas und dabei ist es unwahrscheinlich, dass dieser im Originalwortlaut vorliegt; denn sonst würde Jahwe in V.11 von sich in 3. Person reden.[23] Es wird ab hier nun nicht mehr die Beauftragung des Propheten behandelt, sondern ihre Ausführung seiner Auseinanderset- zung mit dem König. Eine seltene Erscheinung ist diese Art des gleichzeitigen Berichtes eines Auftrages an den Propheten und seine Ausführung (Hos. 1,2f.).[24] Ab V.13 wechselt das Reden Jahwes wieder in das Reden des Propheten (V. 13-17). Nun ergeht das Jahwe- wort an Ahas durch den Mund des Propheten. Höchstwahrscheinlich ist V. 15 dabei ein Fremdkörper innerhalb der ursprünglichen Erzählung. Die auffallende Namengebung in Vers 14 erfordert in unmittelbarer Folge eine Begründung, (Gen 16,11) die durch V. 15

[...]


[1] Beuken: Jesaja 1-12, 2003, S.187.

[2] Vgl. Kaiser: Der Prophet Jesaja, 1960, S.71.

[3] Vgl. Wolff: Immanuel, 1959, S.22.

[4] Vgl. Wildenberger: Biblischer Kommentar, 1972, S.268.

[5] Vgl. Beuken: Jesaja 1.12, 2003, S.188.

[6] Ebd.

[7] Vgl. Wolff: Immanuel., 1959, S.22.

[8] Vgl. Berges / Beuken: Das Buch Jesaja, 2016, S.66.

[9] Beuken: Jesaja 1-12, 2003, S.187.

[10] Vgl. Beuken: Jesaja 1-12, 2003, S.190.

[11] Ebd.

[12] Vgl. Kilian: Die neue Echter Bibel, 1968, S.14.

[13] Vgl. Berges/ Beuken: Das Buch Jesaja, 2016, S.18.

[14] Vgl. Berges/ Beuken: Das Buch Jesaja, 2016, S.31.

[15] https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/dasbibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/jesaja- denkschrift/ch/56e92c1520b99bc50e6d764cc8539a4f/ Stand: 01.08.2017

[16] Vgl. Beuken: Jesaja 1-12, 2003. S.187.

[17] Beuken: Jesaja 1-12, 2003. S.187.

[18] Ebd.

[19] Vgl. Beuken: Jesaja 1-12, 2003, S.187.

[20] Ebd.

[21] Kilian: Die neue Echter Bibel, 1968, S.14.

[22] Ebd.

[23] Ebd.

[24] Vgl. Wolff, S.22.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Exegese zu Jesaja 7, 1-17
Untertitel
Über "Die Immanuel-Verheißung"
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Religionspädagogik)
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V446679
ISBN (eBook)
9783668844117
ISBN (Buch)
9783668844124
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jesaja, Immanuelverheißung Altes Testament
Arbeit zitieren
Lena Smikale (Autor:in), 2017, Exegese zu Jesaja 7, 1-17, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/446679

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