Wie ist Erkenntnis möglich, auf welche Weise kann der Mensch zur Erkenntnis
gelangen? Immer wieder geht Platon in seinen Schriften auf diese Frage ein, auch gehört sie zu den behandelten Problemen in seiner Politeia. In dem wohl bekanntesten Teil des Werks, dem Höhlengleichnis, beschreibt er den Weg des Menschen aus der Unwissenheit zur Erkenntnis als Aufstieg in einer düsteren Höhle gefangener Mensch zum hellen Tageslicht an der Erdoberfläche. Vorbereitet wird dieser Vergleich von zwei vorangestellten Bildern: dem Sonnen- und dem Liniengleichnis. Sie definieren die höchste Erkenntnis und zeigen bereits die Methode auf, mit der sie erlangt werden kann.
Auch wenn die Textpassage 504a-511e das eigentliche Thema dieser Darstellung ist, werden ihr einige knappe Bemerkungen zur Struktur des Platonischen Idealstaates vorangestellt, die für die Einordnung der Gleichnisse in den Gesamtzusammenhang unabdingbar sind. Das sechste Buch der Schrift, das auch die beiden Gleichnisse beinhaltet , ist dabei Gegenstand einer detaillierteren Betrachtung. Auf der Grundlage der von Platon entwickelten Staatsform und der Annahme einer Philosophenherrschaft werden dann die Gleichnisse untersucht.
Diese Arbeit legt die Politeia-Übersetzung Schleiermachers zugrunde und verwendet ausnahmslos die Terminologie dieser Übertragung.
Inhalt
1. Einleitung
2. Platons Staat: die Notwendigkeit der Philosophenherrschaft
2.1. Die Analogie von Seele und Staat
2.2. Der Philosoph als Staatslenker
3. Die Gleichnisse
3.1. Die Idee des Guten als höchste Erkenntnis: das Sonnengleichnis
3.2. Das Liniengleichnis
4. Schlussbemerkung
Literatur
1. Einleitung
Wie ist Erkenntnis möglich, auf welche Weise kann der Mensch zur Erkenntnis gelangen? Immer wieder geht Platon in seinen Schriften auf diese Frage ein, auch gehört sie zu den behandelten Problemen in seiner Politeia. In dem wohl bekanntesten Teil des Werks, dem Höhlengleichnis, beschreibt er den Weg des Menschen aus der Unwissenheit zur Erkenntnis als Aufstieg in einer düsteren Höhle gefangener Mensch zum hellen Tageslicht an der Erdoberfläche. Vorbereitet wird dieser Vergleich von zwei vorangestellten Bildern: dem Sonnen- und dem Liniengleichnis. Sie definieren die höchste Erkenntnis und zeigen bereits die Methode auf, mit der sie erlangt werden kann.
Auch wenn die Textpassage 504a-511e[1] das eigentliche Thema dieser Darstellung ist, werden ihr einige knappe Bemerkungen zur Struktur des Platonischen Idealstaates vorangestellt, die für die Einordnung der Gleichnisse in den Gesamtzusammenhang unabdingbar sind. Das sechste Buch der Schrift, das auch die beiden Gleichnisse beinhaltet, ist dabei Gegenstand einer detaillierteren Betrachtung. Auf der Grundlage der von Platon entwickelten Staatsform und der Annahme einer Philosophenherrschaft werden dann die Gleichnisse untersucht.
Diese Arbeit legt die Politeia -Übersetzung Schleiermachers zugrunde und verwendet ausnahmslos die Terminologie dieser Übertragung.
2. Platons Staat: die Notwendigkeit der Philosophenherrschaft
Im ersten Buch der Politeia wirft Platon die Frage nach der universellen Gerechtigkeit auf. Um diese zu erlangen und langfristig zu erhalten, erscheint ihm eine bestimmte Form des Staates, die nicht der tatsächlichen entspricht, für notwendig.
2.1. Die Analogie von Seele und Staat
„Gerechtigkeit, sagen wir doch, findet sich an einem einzelnen Manne, findet sich aber auch an einer ganzen Stadt“, heißt es zu Beginn der Betrachtung des Gerechten in der Politeia (368e). Zwischen Staat und Seele besteht laut Platon also eine Analogie.
Jedem Menschen im Staat kommt seinen Fähigkeiten entsprechend eine bestimmte Tätigkeit zu, die er für die Gemeinschaft zu verrichten hat, so betreibt beispielsweise der Bauer Ackerbau, um Nahrung für die Menschen zu beschaffen. Platon scheidet die Gesellschaft in drei Stände, die unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Der erste Stand ist der herrschende, der Stand der Philosophen[2]. Der zweite Stand ist der der Wächter, die den Staat beschützen und verteidigen sollen. Für die Erziehung der Wächter entwirft Platon ein umfangreiches ‚Erziehungsprogramm’, das sowohl musische Bildung (Geschichten, Musik) als auch gymnastische Bildung (Sport, Kampfkunst, angemessene Ernährung) umfasst[3]. Dem dritten Stand, der unter anderem Handwerker, Handelsleute und Bauern umfasst, kommt die Versorgung der Menschen im Staat zu. Jedem der Stände ist dabei eine Tugend zugeordnet: Der herrschende Stand steht für die Weisheit, die Wächter verkörpern die Tapferkeit, der dritte Stand die Besonnenheit. In der Harmonie der drei Stände und dem Prinzip, dass „jeder das Seinige verrichtet“ (433b) besteht nach Platon die Gerechtigkeit.
Die unsterbliche Seele[4] besteht ebenso aus drei Teilen, die gleichen Tugenden wie zuvor den Ständen des Staates werden nun diesen Seelenteilen zugeordnet. Dem herrschenden Stand im Staat kommt die Weisheit zu, in Bezug auf die Seele wird sie der Vernunft zugerechnet. So wie die Tapferkeit im Staat mit dem Wächterstand zusammensteht, gehört sie mit dem Seelenteil des Mutes. Als dritten Teil der Seele versteht Platon die Begierde, das mit „Lüsten Befreundete“ (439e). Sie korrespondiert mit dem dritten, versorgenden Stand im Staat. Die Tugend, die der Begierde zugeordnet wird, ist dementsprechend die Besonnenheit. Das Zusammenklingen der Seelenteile bedingt wie im Staat die Gerechtigkeit:
„In Wahrheit aber war die Gerechtigkeit, wie sich zeigte, zwar etwas dieser Art, aber nicht an den äußeren Handlungen in bezug auf das, was dem Menschen gehört, sondern an der wahrhaft inneren Tätigkeit in Absicht auf das selbst und das Seinige, indem einer jegliches ihm nicht Fremdes verrichten läßt, noch die verschiedenen Kräfte seiner Selle sich gegenseitig in ihre Geschäfte einmischen, sonderm jeglichem sein wahrhaft Angehöriges beilegt und sich selbst beherrscht und ordnet und Freund seiner selbst ist und die drei in Zusammenstimmung bringt, ordentlich wie die drei Hauptglieder jedes Wohlklangs, den Grundton und den höchsten und den mittleren, und wenn noch etwas zwischen diesen liegt, auch dies alles verbindet und auf alle Weise einer wird aus vielen, besonnen und wohlgestimmt […].“[5]
2.2. Der Philosoph als Staatslenker
Wer soll nun in Platons Staat zum herrschenden Stand gehören? Wer ist in der Lage, den beschriebenen Staat adäquat zu führen? In der Politeia wird diese Frage, im vorigen Kapitel bereits angedeutet, klar beantwortet: Nur der Philosoph kann eine solche Aufgabe erfüllen, denn er ist in der Lage, „das sich immer gleich und auf dieselbe Weise Verhaltende“ (484a) zu fassen, und kann somit das gerechte Leben vom ungerechten unterscheiden. Daher kann er das Bestehende hüten, indem er die Gesetze und Bestrebungen des Staates aufrechterhält. Auch die Frage nach der Wesensbeschaffenheit des Philosophen wird klar beantwortet. Eine philosophische Natur liebt die Wahrheit und strebt nach ihr und der Weisheit, möglichst schon von Jugend an (485c), zudem soll sie maßvoll und besonnen, wissbegierig und gelehrig sein, ein gutes Gedächtnis haben, weder habsüchtig noch prahlerisch, sondern sittsam und edel sein. So beschaffen erweist er sich für Platon als der ideale Herrscher:
„Kannst du wohl irgendwie ein solches Geschäft tadeln, dem sich niemals jemand gründlich widmen kann, wenn er nicht von Natur aus von gutem Gedächtnis ist, gelehrig, edelmütig, anmutig, der Wahrheit Freund und verwandt, so wie der Gerechtigkeit, der Tapferkeit und der Besonnenheit? […] Und, sprach ich, solchen, wenn sie nun durch Erziehung und Alter vollendet sind, wolltest du nicht allein den Staat überlassen?“[6]
Der Einwand, dass selbst der vortrefflichste Philosoph untauglich für das politische Geschäft sei, wird zurückgewiesen und im Gegenzug die schwierige gesellschaftliche Situation des Philosophen angeprangert. Zum einen werde der Philosoph zu wenig geachtet, zum anderen gäbe es zu viele Menschen (und hier richtet sich die Kritik klar gegen die Sophisten), die sich den Titel des Philosophen anmaßen und somit der wahren Philosophie schaden:
[...]
[1] Sämtliche Angaben beziehen sich auf folgende Ausgabe: Platon: Politeia. In: Platon. Sämtliche Werke in vier Bänden. Übersetzt von Friedrich Scheiermacher. Auf Grundlage der Bearbeitung von Walter F. Otto, Ernesto Grassi und Gert Plamböck neu herausgegeben von Ursula Wolf. Bd.2: Lysis, Symposion, Phaidon, Kleitophon, Politeia, Phaidros. Reinbek: Rowohlt 1994. (= rowohlts enzyklopädie 55562).
[2] Eine ausführliche Darstellung der Rolle des Philosophen im Staat findet sich in Kap. 2.2 dieser Arbeit.
[3] Vgl. 376e-412b. Eine nähere Untersuchung dieser Textpassage wird an dieser Stelle nicht geleistet, da sie für die Analyse der Gleichnisse nicht von prominenter Bedeutung ist.
[4] Vgl. dazu z.B. Phaidon, 105e-106d.
[5] 443c-d.
[6] 487a.
- Arbeit zitieren
- Jasmin Ostermeyer (Autor:in), 2005, Platons "Politeia": Sonnen- und Liniengleichnis (Kurzreferat), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45295
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