Der Mindestlohn in der BRD. Welche soziologischen Auswirkungen hat die Ausnahmeregelung bei Langzeitarbeitslosen?


Hausarbeit, 2018

24 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Mindestlohn

3 Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose

4 Integration von Langzeitarbeitslosen – Erkenntnisse bisheriger Studien

5 Das Einstellungsverhalten von Arbeitgebern

6 Theoretischer Kontext
6.1 Statische Modelle
6.2 Dynamische Modelle

7 Datenerhebung und Auswertung

8 Nutzen der Ausnahmeregelung

9 Alternative: Individuelle Förderung statt pauschaler Lohnsenkungen

10 Fazit

11 Bibliographie

1 Einleitung

In Deutschland gibt es erst seit 1996 den tariflichen Branchenmindestlohn, welches unter dem Namen des Arbeitnehmerentsendegesetzes erlassen worden ist. In Verbindung mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages im Bauhauptgewerbe, darf der Lohn der untersten Tarifgruppen nicht mehr unterschritten werden. Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD konnte sich 2007 darauf einigen, das mithilfe des Entsendegesetzes und der allgemeinen Verbindlichkeitserklärung der Mindestlohn auch für weitere Branchen festgelegt werden konnte. Seit dem 1. Januar 2015 gibt es in Deutschland einen allgemein verbindlichen Mindestlohn.

Die folgende Arbeit widmet sich der Thematik der Ausnahmeregelung des Mindestlohns im Falle von Langzeitarbeitslosigkeit aus soziologischer Sicht und analysiert die Gründe und Ziele und die tatsächlichen Auswirkungen dieser Politik. Die gesamte Analyse erfolgt im Rahmen der Qualitativen Sozialforschung. Mit der Verabschiedung des Mindestlohngesetzes wurde zum 1. Januar 2015 ein allgemeiner Mindestlohn in Deutschland eingeführt, der flächendeckend 8,50 Euro/Stunde beträgt. Für Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB III waren, gilt der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung allerdings nicht. Nach der Auffassung der Bundesregierung ist die Einführung der Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose darauf geschuldet, da man aufgrund der Schwierigkeiten der Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen auf den Arbeitsmarkte diesen nicht noch durch den Mindestlohn erschweren möchte. Auf der anderen Seite jedoch wird auch befürchtet, dass durch diese Ausnahmeregelung die Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen verschlechtert wird und diese nur kurzfristigen und instabilen Arbeitsmöglichkeiten bekommen (vgl. u. a. Amlinger et al. 2014).

Vor diesem Hintergrund hat der vorliegende Bericht zum Ziel, einen Überblick über die Erwartungen an die Ausnahmeregelung zu geben, ihre theoretischen Implikationen zu diskutieren und insbesondere ihre Folgen empirisch zu prüfen. Die Studie geht dabei qualitativ und quantitativ auf verschiedene Aspekte der Ausnahmeregelung ein. Die Analysen ergänzen sich hierbei inhaltlich und ermöglichen so einen breiten Blick auf die praktischen Implikationen. So wurden zunächst Expertinnen und Experten aus dem politischen Raum zur Intention sowie den Chancen und Risiken der Regelung befragt. Dabei wurden Vertreterinnen und Vertreter der am gesetzgebenden Prozess beteiligten Akteure eingebunden. Zudem werden die Folgen der Ausnahmeregelung auf die Vermittlungs- und Förderpraxis von Langzeitarbeitslosen untersucht. Dies ist notwendig, da die Regelung in die bereits existierenden Prozesse der Bundesagentur für Arbeit eingreift. Daher wurden Fach- und Führungskräfte ausgewählter Jobcenter zur Umsetzung der Ausnahmeregelung in der Praxis befragt. Zuletzt stehen die Übergänge von Langzeitarbeitslosen in Beschäftigung sowie ihre Entlohnung und ihre Beschäftigungsstabilität im Fokus. Hierbei werden insbesondere die Übergänge in Beschäftigung von Kurz- und Langzeitarbeitslosen vor und nach der Mindestlohneinführung verglichen, um Effekte des Mindestlohns sowie der Ausnahmeregelung identifizieren zu können. Diese Aspekte werden auf Basis von Prozessdaten und einer standardisierten Befragung von ehemals arbeitslosen Personen analysiert. Insbesondere die Daten aus der Personenbefragung erlauben es, die Nutzung der Ausnahmeregelung sowie die Nachfrage nach Bescheinigungen über Langzeitarbeitslosigkeit bei den Jobcentern zu ermitteln

Nachdem die grundsätzliche Entscheidung für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gefallen ist, dreht sich die aktuelle Debatte vor allem darum, ob bestimmte Beschäftigtengruppen vom Mindestlohn ausgenommen werden sollen. Würden alle zeitweilig erhobenen Forderungen nach Ausnahmeregelungen erfüllt werden, so blieben bis zu einem Drittel aller potenziellen Mindestlohnbezieher von der neuen Mindestlohnregelung ausgeschlossen (Amlinger u.a. 2014a). Um die Wirksamkeit des Mindestlohns nicht von vornherein stark einzuschränken, hat der nun vorliegende Entwurf der Bundesregierung für ein Mindestlohngesetz von Ausnahmeregelungen weitgehend Abstand genommen. Sieht man von Auszubildenden und Praktikanten ab, die nicht als Arbeitnehmer gelten und deshalb auch von dem Gesetz nicht oder nur eingeschränkt betroffen sind, so sind es nach dem Willen der Bundesregierung im Wesentlichen zwei Beschäftigtengruppen, die auch zukünftig unterhalb des Mindestlohns bezahlt werden dürfen. Hierbei handelt es sich zum einen um Jugendliche unter 18 Jahren, bei denen es sich in der Praxis hauptsächlich um hinzuverdienende Schülerinnen und Schüler handelt (Amlinger u.a. 2014b). Zum anderen geht es um die etwas mehr als eine Millionen Langzeitarbeitslose, bei denen die Ausnahmeregelung eine wesentlich größere Wirkung entfalten könnte. Konkret heißt es in § 22, Absatz 4 des aktuellen Entwurfs für ein Mindestlohngesetz: „Für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch waren, gilt der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung nicht.“ Als Langzeitarbeitslose werden demnach alle Arbeitslosen definiert, die ein Jahr und länger arbeitslos sind. 1 Begründet wird diese Ausnahmeregelung damit, dass „für Langzeitarbeitslose … der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben oftmals mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden (ist)“ und deshalb „den Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen … in besonderem Maße Rechnung“ getragen werden soll (Bundesregierung 2014: 51). Bei der Vorstellung des Mindestlohngesetzes sprach Bundesarbeitsministerin, Andrea Nahles, davon, dass mit der Möglichkeit, Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten auch unterhalb des Mindestlohns zu bezahlen, diesen eine „Brücke in den ersten Arbeitsmarkt“ gebaut werden soll (zit. n. Der Tagesspiegel vom 2.4.2014). In ähnlicher Weise argumentiert z.B. auch der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), FrankJürgen Weise, der davon ausgeht, dass „wenn jemand lange nicht gearbeitet hat und nicht so viel kann, … wir einen Übergang (benötigen), bis er seine 8,50 Euro wert ist“ (zit. n. Rheinische Post vom 19.4.2014). Für die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist dabei die geplante Übergangszeit von sechs Monaten sogar noch deutlich zu kurz und sollte ihrer Ansicht nach mindestens auf ein Jahr verlängert werden (BDA 2014). Die Begründung für die geplante Ausnahmeregelung basiert auf der These, dass sich mit dem Mindestlohn die Chancen für Langzeitarbeitslose auf einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt deutlich verschlechtern. Allerdings basiert diese These bislang im Wesentlichen auf Mutmaßungen, für die es keine wirklich gesicherte Evidenz gibt. Auffällig ist, dass Deutschland mit der Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose einen Sonderweg beschreitet, der in dieser Form aus keinem anderen europäischen Land mit einem gesetzlichen Mindestlohn bekannt ist. Noch bedenklicher ist die Tatsache, dass auch die hierzulande gemachten arbeitsmarktpolitischen Erfahrungen mit der Entwicklung und Förderung von Langzeitarbeitslosen in der Mindestlohndebatte nahezu vollständig ignoriert werden. Im Folgenden soll deshalb die geplante Ausnahmeregelung einmal im Kontext der Entwicklung und Struktur von Langzeitarbeitslosen und der in Deutschland bestehenden arbeitsmarktpolitischen Förderprogramme diskutiert werden.

2 Der Mindestlohn

Insgesamt kann man drei Arten von Mindestlöhnen unterscheiden: nationale, regionale und branchenspezifische Mindestlöhne. Neben diesen lassen sich auch im internationalen Vergleich gewisse Sonderregelungen feststellen die meist Auszubildende, Jugendliche, Behinderte und bestimmte Berufsfelder betreffen (vgl. Schuster, 2013, S. 4). Auch kann der Mindestlohn sich am Familienstand des Erwerbstätigen oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientieren (vgl. Rycx/Kampelmann, 2012, S. 28 f.).

Ein weiter Möglichkeit Mindestlöhne zu unterscheiden bietet die rechtliche Grundlage. Es lassen sich hierbei drei verschiedene Formen unterscheiden: den gesetzliche, tarifvertraglichen und den allgemeinverbindlichen Mindestlohn. Nationale als auch regionale Mindestlöhne sind meist gesetzlich geregelt. Tarifliche Mindestlöhne auf der anderen Seite sind meist auf gewisse Branchen zugeschnitten und werden durch den jeweiligen Tarifvertrag festgelegt. Spricht man von einem allgemeinverbindlichen Mindestlohn, so kann sich dessen Geltungsbereich auf eine ganze Branche, auf alle Mitglieder eines gewissen Berufszweiges oder auch auf eine gesamte Region beziehen. Der allgemeinverbindliche Mindestlohn gilt auch dann, wenn sowohl Arbeitnehmer als auch -geber organisiert sind (vgl. Eldring/Alsos, 2012, S. 8).

Zwar gibt es unterschiedliche Modelle des Mindestlohns, doch teilen alle die Tatsache, dass sie versuchen eine Lohnuntergrenze zu definieren. Ob diese durchgesetzt wird oder nicht hängt in erster Linie von der Arbeitnehmermacht und seine Fähigkeit Tarifverträge durchzusetzen ab. Insbesondere in Deutschland leiden Gewerkschaften gewisser Branchen (meist handelt es sich hierbei um den Niedriglohn-Dienstleistungssektor) an einer gewissen Organisationsschwäche, wodurch sie nicht immer in der Lage sind die branchenüblichen Mindestlöhne durchzusetzen.

Um dieses Problem der Schwäche der Gewerkschaften umgehen zu können wurde das Mindestlohngesetz (MiloG) in Deutschland verabschiedet (vgl. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2014 Teil I Nr. 39, S. 1348). Das MiloG bildet das Kernstück des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie. Die Notwendigkeit zu Handeln ergab sich für den Gesetzgeber aus der Tatsache, dass die Zahl der tarifvertragsfreien Unternehmen stark zugenommen hatte. Das deutsche Modell des Mindestlohns beinhaltet verschiedene arbeitsrechtliche Komponenten, die eine Lohnuntergrenze, also Mindestlöhne definieren bzw. verbindlich machen sollen. Neben der bekanntesten Komponente, dem Mindestlohngesetz, welches seit dem 1. Januar 2015 verbindlich ist, existieren noch weitere Regelungen. Neben dem gesetzlichen Mindestlohn von € 8,50, der eine allgemeine Lohnuntergrenze darstellt, existieren branchenspezifische Mindestlöhne sowie Regelungen in verschiedenen Bundesländern.

Das Mindestlohngesetz wurde von der Bundesregierung im Rahmen des „Tarifautonomiestärkungsgesetzes“ beschlossen, welches eine 24 Artikel umfassende Gesetzesänderung sowie Erneuerungen beinhaltet (vgl. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2014 Teil I Nr. 39, S. 1348ff). Dieses Gesetzespaket, welches auch die rechtliche Umsetzung des Mindestlohns beinhaltet. In vier Abschnitten erfolgt die Festlegung des allgemeinen Mindestlohns, die zivilrechtliche Durchsetzung, die Kontrolle und Durchsetzung des Mindestlohns durch entsprechende staatliche Behörden sowie Schlussvorschriften. Konkret wurde der Einstiegswert des Mindestlohns auf 8,50 Euro festgelegt, welcher grundsätzlich gilt, es sei denn ein Arbeitnehmer ist von einer der verschiedenen Ausnahmeregelungen betroffen. Das Gesetz sieht ebenfalls die Gründung einer Mindestlohnkommission vor, welche auf Vorschlag der Spitzenverbände der Sozialpartner hin, von der Bundesregierung ernannt wird. Im Folgenden soll diese Institution näher betrachtet werden. Im Fokus dieser Arbeit stehen in erster Linie die Ausnahmeregelung im Falle eines Wiedereinstiegs in die Arbeitswelt nach einer Langzeitarbeitslosigkeit. Im Folgenden soll diese Ausnahmeregelung beschrieben werden.

3 Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose

Um im Übergangsprozess zum gesetzlichen Mindestlohn keine Arbeitsplätze zu gefährden und der Lohnanpassung eine entsprechende Vorlaufzeit gewähren zu können, hat der Gesetzgeber gewisse Übergangsregelungen geschaffen, die eine Abweichung vom Mindestlohn erlauben. Von dieser Ausnahmeregelung sind insbesondere Langzeitarbeitslose betroffen. Als langzeitarbeitslos gilt jemand, der bei der Bundesagentur für Arbeit für mehr als ein Jahr als arbeitssuchend registriert ist. Die Ausnahmeregelung des Mindestlohns für dies Gruppe besagt, dass diese erst nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten ein Recht auf den Mindestlohn besteht. Hierbei verweist das IAB auf eine Haushaltsbefragung des Panels „Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung“, wonach die Hälfte der Arbeitsaufnahmen in Beschäftigungsverhältnissen unter dem Wert des beschlossenen Mindestlohns (€ 8,50) aus dem Niedriglohnsektor mit Einstiegslöhnen im Durchschnitt bei € 5,90 brutto ausfällt. Daher wird die Ausnahme mit der dadurch erhöhten Attraktivität für Arbeitgeber begründet. Statisch beträgt der Anteil der Langzeitarbeitslosen zwischen 31% - 46% aller Arbeitslosen. Dies stellt insofern ein Problem dar, da Arbeitslosigkeit aus sozial Perspektive nur übergangsweise akzeptiert wird. Erwerbslose mit längeren Phasen in der Beschäftigungslosigkeit werden hingegen stigmatisiert, da dieser Zustand als Schwäche in der Lern- und Leistungsfähigkeit gedeutet wird, womit Chancen auf eine Eingliederung mit der Dauer der Arbeitslosigkeit immer unwahrscheinlicher werden (vgl. sozialpolitik-aktuell, IAQ, 2014). Die Regierung verfolgt mit der Ausnahmeregelung das Ziel Langzeitarbeitslose so schnell wie möglich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn über niedrigere Einstiegsgehälter sollen Erwerbslose in eine Beschäftigung geführt werden. Was zuvor bereits bei den Hartz Reformen unter „Fördern und Fordern“ versäumt wurde, wird hier fortgeführt. Dass man das Problem z.B. über Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungsangebote auch anderweitig angehen könnte, nämlich durch die Beseitigung der Beschäftigungshemmnisse dieser Gruppe, wird nicht aufgegriffen. Denn vielfach sind Langzeitarbeitslose in fortgeschrittenem Alter in die Beschäftigungslosigkeit geraten und werden durch ihre geringen Qualifikationen dem Wandel in der Erwerbswelt nicht mehr gerecht. (vgl. Knuth 2015, S. 3.).

Ist eine Person langzeitarbeitslos, so kann sie die Ausnahme vom Mindestlohn in Anspruch nehmen (§ 22 Abs. 4 MiloG in Verbindung mit § 18 Abs.1 des Dritten Sozialgesetzbuchs/SGB III). „Langzeitarbeitslos“ bedeutet hier konkret, dass die betreffende Person seit mindestens einem Jahr arbeitslos gemeldet ist und in dieser Zeit keine Weiterbildungsmaßnahme besucht sowie keine Arbeitsgelegenheit oder vorübergehende Beschäftigung ausgeübt hat. Der oder die Arbeitslose kann sich bei der zuständigen Arbeitsvermittlung ein Dokument ausstellen lassen, welches den Status ihrer Langzeitarbeitslosigkeit bescheinigt. Diese Bescheinigung kann jedoch nur von den Arbeitslosen selbst, nicht etwa vom (potenziellen) Arbeitgeber, beantragt werden und ist nur zum Zeitpunkt der Ausstellung gültig. Eine Pflicht zur Ausstellung gibt es nicht. Die Einstellung einer langzeitarbeitslosen Person unterhalb des Mindestlohns ist zwar prinzipiell auch ohne eine solche Bescheinigung möglich, allerdings besteht dann die Gefahr, dass der vorherige Status der Langzeitarbeitslosigkeit bei einer etwaigen Kontrolle des Arbeitgebers durch den Zoll nicht belegt werden kann (vgl. IAB 2017).

4 Integration von Langzeitarbeitslosen – Erkenntnisse bisheriger Studien

Eine weitere Begründung für die Etablierung der Ausnahmenregelung für Langzeitarbeitslose ist darin zu sehen, dass der Gesetzgeber die Arbeitsmarktsituation für die Gruppe nicht verschlechtern will durch die Einführung eines allgemeinverbindlichen Mindestlohns. Langzeitarbeitslose müssen sich bereits mit verschiedenen Hürden auseinandersetzen, wenn sie versuchen eine neue Arbeitsstelle zu finden; dies soll durch die Einführung des Mindestlohns für Langzeitarbeitslose nicht verschlimmert werden (vgl. IAB-Forschungsbericht 2016, S. 15).

Es gibt viele Gründe für den Verbleib in der Langzeitarbeitslosigkeit, doch lassen sich einige Integrationshürden nennen, die man als charakteristisch für Langzeitarbeitslose nennen kann. So lässt sich feststellen, dass für das Jahr 2014 ca. 51 Prozent der registrierten Langzeitarbeitslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen konnten (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2015a). Auch lässt sich ein deutlicher Unterschied erkennen, was das Alter dieser Gruppe betrifft. Im Jahr 2014 lag der Anteil von Arbeitslosen im Alter von über 55 Jahren, die bereits länger als 12 Monate arbeitslos waren bei fast 49 Prozent. Für die gleiche Altersgruppe, die sogar länger als zwei Jahre arbeitslos gemeldet waren lag der Anteil sogar über 27 Prozent. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit einer Person unter 25 Jahren länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet zu sein liegt unter elf Prozent. Die Unterschiede was das Geschlecht betrifft sind nur von marginaler Natur. Mit ca. 52 Prozent ist der Anteil der langzeitarbeitslosen Männer leicht überpräsentiert. Ein häufiger Grund in Fällen von Langzeitarbeitslosigkeit sind verschiedene individuelle Vermittlungshemmnisse. Die Bundesagentur für Arbeit kommen zu dem Ergebnis, dass „nach dem Eintritt der Arbeitslosigkeit das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit besonders für diejenigen Menschen hoch ist, die über (mehrere) vermittlungshemmende Merkmale verfügen“ (Bundesagentur für Arbeit 2015a, S. 8). Im Gesetz gibt es keine formale Definition von Vermittlungshemmnissen bei der Arbeitssuche, so dass die Bundesagentur für Arbeit folgendermaßen definiert: „Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Bewerbern“ (Bundesagentur für Arbeit 2014, S. 2). Nach dieser Ansicht sind die Umstände, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen in der Person des Langzeitarbeitslosen zu finden. Es kann sich hierbei um folgende Umstände handeln (vgl. IAB-Forschungsbericht 8/2016, S. 56):

- Fehlende Fachkenntnisse.
- Fertigkeiten und Fähigkeiten.
- Defizit an persönlichen Kompetenzen.
- Mangelnde Mobilität.
- Dauer der Arbeitslosigkeit.
- Hohes Alter.

...

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Details

Titel
Der Mindestlohn in der BRD. Welche soziologischen Auswirkungen hat die Ausnahmeregelung bei Langzeitarbeitslosen?
Autor
Jahr
2018
Seiten
24
Katalognummer
V454007
ISBN (eBook)
9783668873803
ISBN (Buch)
9783668873810
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mindestlohn, welche, auswirkungen, ausnahmeregelung, langzeitarbeitslosen
Arbeit zitieren
Volkan Baydinc (Autor:in), 2018, Der Mindestlohn in der BRD. Welche soziologischen Auswirkungen hat die Ausnahmeregelung bei Langzeitarbeitslosen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/454007

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