Biographie: Willy Brandt, Visionär und Realist 1913 - 1992


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II Biographie: Willy Brandt Visionär und Realist
1 Biographischer Abriss des Autors Peter Merseburger
2 Inhalt: Willy Brandt Visionär und Realist
3 Theoretischer Bezug
3.1 Aufbau der Biographie
3.2 Ansatz der Biographie
3.3 Einstellung des Autors zum Subjekt
3.4 Vorgehensweise des Autors

III Fazit

IV Literaturverzeichnis

I Einleitung

Die literarische Gattung Biographie hat eine lange Geschichte. Diese Geschichte begann bereits in der Antike. Schon Schrifttafeln und Inschriften der alten Kulturvölker enthalten biographische Elemente.

Seit der Antike hat die Gattung der Biographie einige Wandlungen durchlebt. Allgemein wird in der Biographie eine wissenschaftliche oder literarische Darstellung der Lebensgeschichte eines Menschen gesehen. In einer Biographie soll die Gesamtheit einer Person wiedergegeben werden. Biographische Daten, externe Lebensumstände und Ereignisse soziale und historische Bedingungen sowie die seelische Entwicklung der betreffenden Person sollen untersucht werden. Des weiteren werden diese Komponenten in Beziehung zueinander gesetzt.[1]

Hagen Schulze hat sich in seinem Aufsatz ‚Krise der Geisteswissenschaft’ die Frage gestellt, warum sich ein Historiker für einen Einzelnen interessieren soll und ob die Beschäftigung mit einem Einzelnen einer wissenschaftliche Bemühung wert sei.[2] In den Geschichtswissenschaften hat das Individualitätsideal immer eine große Rolle gespielt. Jahrelang war das Motto der meisten Biographien ‚Männer machen Geschichte’. In diesem Fall kann Geschichte als Biographie der Großen gesehen werden. Hier liegt die Begründung der Biographie in dem Interesse am Individuum.[3] Die entgegengesetzte Position meint, dass Geschichte als Prozess nicht existiere, sondern erst mit der Setzung des menschlichen Willens existiert.[4]

Um die Jahrhundertwende entstand um die Gattung Biographie ein Streit. Hier hatte der Historiker Karl Lamprecht „die Notwendigkeit der Erforschung gesetzmäßiger Prozesse in der Geschichte mit Hilfe sozialwissenschaftlicher Methoden“[5] verkündet. Hierbei war er auf große Kritik seiner Fachkollegen gestoßen. Deshalb wird dieser Streit der Lamprecht-Streit genannt. In den 20iger Jahren wurden oft Biographien verfasst, in dem sich die Seele des Subjekts veränderte und das Subjekt ein Heldenleben lebte.

Aber trotz öffentlichem Interesse an Biographien kann nicht von einer Konjunktur der Biographie gesprochen werden. Historiker zeigen Pessimismus gegenüber Biographien. In der Tat ist im letzten Vierteljahrhundert der „Anteil der Biographien an der Gesamtzahl der historischen Arbeiten außerordentlich stark zurückgegangen.“[6] Beim Analysieren des Rückgangs von wissenschaftlichen Biographien zeigt sich, dass bei Biographien auf die Gesamtdarstellung des Lebenslaufes verzichtet wird. Die Autoren verknüpfen einzelne biographische Aspekte mit systematischen verknüpft, um sich der Ebene der Sachmonographie zu nähern. Der Anschein einer Krise der wissenschaftlichen fundierten Biographien wird darin unterstrichen, dass angelsächsische Historiker in das entstandene Vakuum vordringen. Viele Bereiche der biographischen Forschung werden von amerikanischen, kanadischen und britischen Historikern monopolisiert. Des weiteren ist die Geisteswissenschaft seit Beginn der 50iger Jahre dem Konkurrenzdruck durch die Soziologie und politische Wissenschaft ausgesetzt. Seither wird von einer Krise der Geisteswissenschaft gesprochen.[7] Die subjektiven Anzeichen einer Krise werden dadurch deutlich, dass das Vordringen der Wissenschaftssprache in der Biographie „nur allzu häufig eine tiefe Unsicherheit der Methode und der Aussage verdecken soll, oder die aufsteigende Flut von Publikationen mit dem Ziel, dem Theoriedefizit der Geisteswissenschaft abzuhelfen.“[8] Aus diesem Grund muss die Frage der historischen Erkenntnis neu gestellt werden. Es hat sich allerdings nicht nur das wissenschaftliche Erkenntnisinteresse geändert, sondern es bestehen auch Zweifel an den Methoden, die zur „Zurückhaltung der Historiker gegenüber der herkömmlichen Biographie“[9] geführt haben. Hier bietet sich dem Biographen, der Skrupel vor den Methoden hat, eine Alternative an. Der Biograph kann sich mit der Psychologie, vor allem mit der Psychoanalyse, behelfen. Dabei stellt sich die Problematik, dass das Subjekt der Biographie zu meist nicht mehr lebt, um es zu befragen. Aus diesem Grund muss ein Biograph sein Wissen aus Quellen beziehen. Deswegen wurden verfeinerte Erklärungsmodelle entwickelt.

„Vor allem Erick Erikson hat dadurch, daß er seine Interpretationsbasis vom frühkindlichen Trauma auf den jugendlichen Kampf um die Identität zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr verlegte, dem Biographen ein erheblich besser zu handhabendes Modell angeboten.“

Die psychoanalytische Methode kann keine Vermittlung zwischen der Einzelperson und ihrem historischen Umfeld leisten. Ohne diese Vermittlung bleibt diese sinnlos.

Ein anderer Ansatz ist der, dass bei einer Biographie nicht nur eine historisch herausragende Persönlichkeit beschrieben wird, sondern eine durchschnittliche Persönlichkeit, um Reaktionsweisen und Mentalitäten einer Schicht in einem bestimmten Zeitraum herauszuarbeiten.[10] In jedem Fall dient diese Anwendungsweise dazu, die Vielfalt der historischen Erfahrungen auf leicht verständliche Elemente zu reduzieren. Bei der Gruppenbiographie wird eine bestimmte Gruppe analysiert. Mit der Anwendung dieser Methode auf Gruppenprofile könnte die Grenze der Psychoanalyse überwunden werden. Es muss hierbei aber gelingen, Gemeinsamkeiten bei den Mitgliedern der zu untersuchenden Gruppe aufzufinden. Es gibt jedoch auch Ausnahmepersönlichkeiten in jeder Gruppe. Somit wird deutlich, dass die historische Wirklichkeit sich komplexer erweist als „jede vom Historiker systematisierte und vereinheitlichte Struktur.“[11] Biographie ist eine Möglichkeit, der Wahrheit in der Geschichte nahe zu kommen. Hier wird von der Struktur eines menschlichen Lebenslaufes ausgegangen und in der Verflechtung dieses Lebens mit seinem historischen Umfeld verzichtet. Diese biographische Darstellung rechtfertigt sich aus einer Schwäche der Strukturgeschichte. Die strukturelle Darstellungsweise besitzt nämlich die Tendenz, Geschichte als Wirkung bestimmter Umstände zu erfassen.[12] Somit wird klar, dass ein Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Struktur besteht. Allerdings verfehlt die Überbetonung der strukturalen Histographie „die zentrale Frage nach der Freiheit und Verantwortlichkeit der handelnden Kräfte.“[13]

Geschichte besteht also zugleich aus Situation, Abläufen und Zuständen, in denen sich die Entscheidungsfreiheit der Handelnden erweist.[14]

In dieser Arbeit möchte ich mich mit einer aktuellen Biographie beschäftigen. Willy Brandt, Visionär und Realist wurde von Peter Merseburger geschrieben und 2002 veröffentlicht. Diese Biographie ist der Focus der Arbeit.

Im ersten Unterpunkt soll ein kurzer Abriss des Autors Peter Merseburger der Biographie gegeben werden.

Danach soll im zweiten Unterpunkt der Inhalt der Biographie wiedergegeben werden, um einen Eindruck der Biographie zu schaffen.

Unterpunkt drei stellt den Schwerpunkt der Arbeit dar. Hier soll der theoretische Bezug zur Biographie hergestellt werden. Zunächst einmal soll in Unterpunkt 3.1. der Aufbau der Biographie erläutert werden. Darauf folgend werden Überlegungen zum Ansatz der Biographie angestellt. Ob Merseburger Willy Brandt sympathisch fand oder nicht, soll in Unterpunkt 3.3. behandelt werden. In diesem Zusammenhang soll auch geklärt werden, wie sich die Einstellung des Autors zum Subjekt in der Biographie zeigt. Im Unterpunkt 3.4. wird analysiert, wie Merseburger in der Biographie vorgeht. Zunächst einmal wird erläutert, wie der Autor inhaltlich vorgeht. Danach soll erläutert werden, wie er formal vorgeht. Es werden hierbei zahlreiche Beispiele genannt.

Am Ende der Arbeit sind ein Fazit und ein Literaturverzeichnis zu finden.

II Biographie: Willy Brandt Visionär und Realist

1 Biographischer Abriss des Autors Peter Merseburger

Peter Merseburger wird am 9. Mai 1928 in Zeitz, Thüringen, geboren. Er studiert Germanistik, Geschichte und Soziologie. Merseburger beginnt seine Karriere in den 50iger Jahren bei der Hannoveranischen Presse. Er wechselt zum Spiegel, für den er von 1960 – 1965 in Brüssel und Berlin arbeitet. Ab 1967 wird er als Chef und Moderator des Politik Magazins ‚Panorama’ einem breiten Fernsehpublikum bekannt. Das Magazin zeichnet sich dadurch aus, dass es zu einer Plattform für aufklärungsfreudigen Journalismus wurde. Als Moderator von ‚Panorama’ war der Geistes- und Sozialwissenschaftler Merseburger an der Entstehung eines kritischen und investigativen Journalismus in der Bundesrepublik beteiligt.

1969 wird er Chefredakteur des Norddeutschen Rundfunks. Ab 1977 ist Merseburger ARD – Korrespondent und Studioleiter in verschiedenen Hauptstädten der Welt. Von 1977 bis 1982 arbeitet er in Washington D.C., in Ost-Berlin von 1982 – 1987 und in London von 1987 bis 1991. Er wird der Öffentlichkeit in beiden deutschen Staaten durch seine Berichtserstattung aus Ostberlin bekannt. Diese Berichtserstattung zeigte das Bild eines sozialistischen Staates in seiner alltäglichen Existenz. Nachdem Merseburger als Korrespondent arbeitete, geht er vorzeitig in Pension und lebt seither in Berlin und Südfrankreich. Dort arbeitet er als freier Publizist. Er veröffentlicht auch zahlreiche Bücher. 1995 erscheint Der schwierige Deutsche - Kurt Schumacher und 1998 Mythos Weimar – Zwischen Geist und Macht.[15]

Merseburger erhält 2003 den Deutschen Bücherpreis für die Biographie Willy Brandt Visionär und Realist. Diese Biographie ist zu einem Bestseller geworden. Das bewegte Leben Willy Brandts wurde auch Gegenstand eines Dokumentarfilms, dessen Dreharbeiten Anfang Februar 2003 begannen. Peter Merseburger ist an der Produktion beteiligt.

2 Inhalt: Willy Brandt Visionär und Realist

Das erste Kapitel der Biographie handelt von der proletarischen Prägung Brandts. Er wird als Herbert Karl Frahm am 18. Dezember 1913 geboren. Seine Erziehung geschieht im sozialdemokratischen Sinne. Er ist ein uneheliches Kind und wächst hauptsächlich bei den Großeltern auf. Mit 15 Jahren wird er zum Vorsitzenden einer SAJ – Gruppe, die sich die Roten Falken nannten, gewählt. Frahm wandte sich einer linksrevolutionären Gruppe zu, da sich die SPD nicht genug gegen Hitler stellte. Diese Gruppe wollte im außerparlamentarischen Kampf den Vormarsch der SPD stoppen. Da die Parteizeitung der SAP nach dem Reichtagsbrand am 27. Februar 1933 nicht mehr erscheinen durfte, löste der Parteivorstand die Partei auf. Aus diesem Grund legte sich Herbert Frahm den Kampfnamen Willy Brandt zu.

[...]


[1] Vgl. ‚Biographie’ Encarta Enzyklopädie. 1998. 1993 – 1997 Microsoft Corporation. Köln 1997

[2] Vgl. Schulze, Hagen: Die Biographie in der ‚Krise der Geisteswissenschaft, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 28 (1978), S. 508 – 518, S. 508.

[3] Ebd. S. 508.

[4] Ebd. S. 508.

[5] Ebd. S. 509.

[6] Ebd. S. 509.

[7] Ebd. S. 510.

[8] Ebd. S. 510.

[9] Ebd. S. 311.

[10] Ebd. S. 513.

[11] Ebd. S. 516.

[12] Ebd. S. 516.

[13] Ebd. S. 317.

[14] Ebd. S. 316.

[15] Vgl. Merseburger, Peter: Willy Brandt, Visionär und Realist 1913 - 1992, Stuttgart 2002, S. 2.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Biographie: Willy Brandt, Visionär und Realist 1913 - 1992
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Veranstaltung
Historische Biographien
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
25
Katalognummer
V45998
ISBN (eBook)
9783638432849
ISBN (Buch)
9783638687591
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Biographie, Willy, Brandt, Visionär, Realist, Historische, Biographien
Arbeit zitieren
Janine Diedrich (Autor:in), 2005, Biographie: Willy Brandt, Visionär und Realist 1913 - 1992, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45998

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