Die Entwicklung der Graffitiszene in Deutschland, speziell in Ostdeutschland


Referat (Ausarbeitung), 2003

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung:

1. Einleitung

2. Vergangenheit des Graffitis
a. Der Film Style Wars
b. Formen und Zeichen

3. Die Entwicklung in Ostdeutschland

4. Auswertung der Gruppenarbeit

5. Die Gruppe 23G

6. Vergleich mit Westdeutschland

7. Graffiti als Kunstform

8. Fazit

9. Quellen

10. Anhang

1. Einleitung

Jeder, der durch Deutschland fährt, sieht Graffiti. Betrachtet man Häuserwände, Autobahnbrücken, Züge und ähnliches, so wird man sie nicht übersehen. Manch einer regt sich auf, über diese „Schmierereien“. Doch sind es nur Schmierereien? Hat Graffiti einen Sinn? Warum hat in den neuen deutschen Ländern das Sprühen solche Verbreitung erlangt?

Warum sprühen Jugendliche? Wie war die Entwicklung in Westdeutschland vor dem Fall der Mauer?

Diese Fragen dienten als Grundlage zum Aufbau der Präsentation und der Ausarbeitung. Die Präsentation soll hierbei als Vorlage für die Ausarbeitung dienen.

Um die Seminarteilnehmer mit dem Thema vertraut zu machen, wurde zuerst zusammengetragen, was über Graffiti und das Sprühen bekannt war. Dies wurde in Form eines Brainstormings durchgeführt. Will man die Problematik verstehen, so muss man sich mit der Geschichte des Graffiti und dem Sprühen vertraut machen. Überblick darüber soll ein einführender Teil geben. Der in der Präsentation gezeigte Filmausschnitt über die Entwicklung in New York vermittelt viele Details, die wichtig sind für das Verständnis. Auf Grundlage des Films wird die deutsche Entwicklung fortgeführt. Um speziell auf die Problematik Ostdeutschlands eingehen zu können wurde die Stadt Weißwasser ausgewählt und an einem Beispiel in dieser Stadt die Entwicklung seit 1990 aufgezeigt. Verglichen wurde dies mit Osnabrück, wo eine ähnliche Entwicklung zu beobachten war, allerdings fand diese schon einige Jahre vorher statt. Schließlich soll noch einmal die Abgrenzung zur Kunst deutlich gemacht werden, um anschließend im Fazit auf die Möglichkeiten und die Zukunft einzugehen.

2. Vergangenheit des Graffiti

Zunächst möchte ich auf die Vergangenheit und die Entwicklung des Graffitis eingehen.

Das Wort Graffiti hat seine Herkunft aus dem Griechischen. Dort bedeutet graphein ritzen. Im Italienischen bedeutet sgraffiare kratzen, was schließlich zur Bedeutung von Graffiti geführt hat.

Die eigentliche Bedeutung als „Botschaft des auftragenden Verfahrens[1] blieb mehr oder weniger erhalten.

Der Begriff Graffiti ist eigentlich nur noch ein Oberbegriff, der verschiedene Unterformen zusammenfasst. Die moderne Form wird als american graffiti bezeichnet. Den Akt an sich bezeichnet man als graffiti writing, wobei hier fälschlicherweise auch künstlerische Arbeiten mit einbezogen werden. Seinen historischen Ursprung hat das Graffiti in den alten Hochkulturen. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema begann aber erst um 1850. Damals beschäftigte man sich mit „Klograffiti“[2] und den Wandäußerungen von Gefangenen.

Gefangene ritzten fast immer Botschaften und Kritzeleien in Türen von Gefängnissen, oder an Wände. Noch heute kann man in den Originaltüren von Edinburgh Castle ablesen, welche Gefangenen dort waren, und was sie ausdrücken wollten. (siehe angehängte Photos)

In den USA begann man sich mit diesem Thema in den 20er Jahren zu beschäftigen. Der Sprachwissenschaftler Read stellte ein Lexikon von Ausdrücken und Stilen zusammen, das große Beachtung fand und schnell zu einem Standardwerk für viele Forscher wurde. Besonders ab 1960 hatte dieses Buch vermehrt Einfluss auf die Graffiti- Forschung.

Ende der 70er begann die Forschung in Europa das Thema aufzugreifen und sich mit dem Phänomen zu beschäftigen, wohl auch, weil Anfang der 80er Jahre ein regelrechter Boom einsetzte, der ausgehend von New York schnell nach Europa überschwappte. Dort entstand durch den Hip-Hop eine neue Kulturszene, die zusammen mit Breakdance und dem schriftlichen Ausdrucksmittel, dem Graffiti (später american writing) eine Dreierkombination bildete, von der sich vor allem die in Nordamerika lebenden afroamerikanischen Jugendlichen Freiheit versprachen das auszudrücken, was sie bewegt.

Seit 1990 geht die Anzahl derjenigen, die aktiv Graffiti sprühen leicht zurück, in Deutschland allerdings vermehrte sich das Sprühen von Graffiti nach der Wiedervereinigung, vor allem in den neuen deutschen Bundesländern.[3]

a) Der Film „Style Wars“

Seit 1971 nahm das „american writing“ ständig zu. TAKI 123 war der erste in New York. Das „Malen“ begann in den Slums von Brooklyn, Bronx und Harlem. Fast ausschließlich Schwarze waren die „Writer“. Die bekanntesten von ihnen (SEEN, CRASH, DAZE, BLADE) wurden von Henry Chalfant teilweise gefilmt, als er den Film „““Style Wars“ drehte. Dieser Film beschäftigt sich mit dem Wesen von Graffiti in der amerikanischen Großstadt New York. Im Vortrag waren die ersten zehn Minuten zu sehen, in denen die Hauptmerkmale des Graffiti in seiner heutigen Form erklärt werden. Besonderes Augenmerk legten die „Writer“ auf Züge von S- Bahnen. Da diese durch die ganze Stadt fuhren, sprühte man sein „Tag“ (Schriftzug) auf den Wagen, um in allen Stadtteilen bekannt zu werden. (Fame). Einer der Sprecher im Film weist darauf hin, dass diese Form von Graffiti keine Kunstform darstellt, sondern dass es vor allem das Illegale ist, weswegen so etwas getan wird. In Verbindung mit Breakdance und Rap, aus dem sich der Hip-Hop entwickelt, schaffen sich die Schwarzen eine ganz eigene Kultur, um alltägliche Dinge wie Sex, Gewalt, Drogen, Probleme auszudrücken. Die Dreierkette zwischen Hip- Hop, Breakdance und Graffiti tritt fast immer zusammen auf. Nirgendwo lässt sich die Entwicklung losgelöst voneinander betrachten. Selbst heute auf deutschen Veranstaltungen wie zum Beispiel dem „SPLASH“ (größtes Hip-Hop Event in Europa), werden Wettbewerbe im Sprühen ebenso ausgetragen, wie im Breakdance, oder im Freestyle Rap.

Auch wer die Täter sind, wird recht deutlich gemacht. Die Jugendlichen beginnen mit dem Sprühen wenn sie zwischen 15 und 16 Jahre alt sind und sprühen bis sie maximal 30 sind. Jeder „Writer“ besitzt ein soganntes „Blackbook“, in dem Skizzen gemalt werden, und Kommentare zu den einzelnen Entwürfen stehen. Es wird außerdem angesprochen, dass die meisten von ihnen später entweder aufhören, oder professionell arbeiten. Auch die Zugehörigkeit zu einer Crew wird deutlich gemacht.[4]

b) Formen und Zeichen

Nicht jedes Graffiti sieht gleich aus. Alle Sprüher versuchen ihren eigenen Style zu kreieren um sich aus der Masse abzuheben. Dennoch lassen sich verschiedene Grundformen, Motive und Zeichen erkennen, die in unterschiedlichen Stilen existieren aber immer wieder auftauchen. Vom „PEACE“- Zeichen, bis hin zum Hakenkreuz können alle Symbole auftreten. Meist werden diese bildnerisch aber umgesetzt, bzw. verändert. Zum Beispiel gibt es auf einem Graffiti von einem Hip- Hop Label einen Mercedes, der statt des Sterns ein „PEACE“- Zeichen trägt.

Die zweite Ausdrucksform wird mit der Schrift erreicht. Das reicht von ganz einfachen Sprüchen, wie „Ausländer raus.“, bis hin zu den Namen der Crews (23G). Die Buchstaben werden dabei oft sehr abstrakt dargestellt, so dass ihre Lesbarkeit teilweise nur „Geübten“ leicht fällt. Um das Graffiti zu untermalen, oder ihm einen Blick zu geben, werden oft Figuren verwendet, oder man positioniert die Schrift, ähnlich wie eine Mauer, vor ein Hintergrundbild. Das kann so ziemlich alles darstellen. Strände, Weltraum, eine Mauer, aus der die Buchstaben heraus bröseln. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Bilder werden oft nur verwandt, wenn ausreichend Zeit vorhanden ist, diese auch zu malen. Schließlich dauert das Anbringen seine Zeit. Für die verschiedenen Formen gibt es wiederum verschiedene Stile auch Styles genannt. Im Comicstil (Comic- style) zum Beispiel wird ein Genre aufgegriffen, comicartige Männchen werden an den Rand gemalt, oder das Graffiti sieht aus, wie frisch aus einem Loony Toons Cartoon. Hier hat sich bei einigen in den letzten Jahren eine Vorliebe für Manga entwickelt, bunte japanische Comics, bei denen die Figuren runde Köpfe und riesige Augen haben. Im Bubble- Style sehen die Buchstaben teilweise wie Seifenblasen aus, alles ist rundlich und wird mitunter sogar glänzend gemacht, um den Eindruck noch zu verstärken. 3D- Style wird von den meisten Writern gemalt. Hier werden die Buchstaben wie eine Mauer, oder Kugel dargestellt, in dreidimensionaler Ansicht.

Dazu werden kleine „Gimmicks“ in das Graffiti eingebaut, wie Schatten, heruntertropfende Bilder, Pfeile, kleine Sterne oder auch blitzende Eckkanten, wie bei einem silbernen Bilderrahmen. Die künstlerische Umsetzung spielt dabei eine große Rolle. Das einfache Tag, welches als Erkennungszeichen gilt, wird meist auch sehr verschnörkelt, bzw. sind die Buchstaben miteinander verschmolzen. So entstehen Logos, die zugeordnet werden können, deren eigentliche Bedeutung aber geheim bleibt.[5]

3. Die Entwicklung in Ostdeutschland

Die Entwicklung in Ostdeutschland muss man gesondert betrachten.

Vor 1990 kam man in den Teilen Ostdeutschlands mit Graffiti kaum in Berührung. Das Stadtbild wurde nicht geprägt von bunten Bildern oder Werbetafeln, sondern die Städte trugen eher ein ernüchterndes Grau.

Durch das Erleben zweier konträrer Gesellschaftssysteme verlebten viele ihre Kindheit unter „realsozialistischen“ Bedingungen.

Die Adoleszenzphase wiederum erlebten sie in der sozialen Marktwirtschaft. Damit war eine Trennung von alten Gedanken verbunden. Galt in der DDR die Familie als Zentrum des Lebens und die Schaffung bzw. Erhaltung von gesicherten Verhältnissen in Bezug auf Wohnraum, Einkommen, Arbeit, so wandelte sich das Bild zusehends. Die Standardfamilie in der DDR bestand aus zwei Eltern und zwei Kindern, die Eltern waren beide vollbeschäftigt, die Kinder wurden schon früh in Kinderkrippen und dann in Kindergärten untergebracht. Da der Staat seine Bürger lenkte, gab es nur wenige „ökologische Nischen“, in die sich die Kinder flüchten konnten. Der Schulprozess war vorhersehbar, ebenso die Eingliederung in Jugendgruppen, wie die FDJ, oder „Junge Pioniere“. Statt Individualisierung wurde der Jugendliche im Osten geformt, um guter Staatsbürger werden zu können. Eine gesellschaftliche Wende trat ein. Die Familie stellte nicht mehr das dar, was sie bis 1990 war. Kinder und Jugendliche suchen mehr Bezug zu ihrer eigenen Freiheit, wollen sich nicht widerspruchslos unterordnen und identifizieren sich durch Cliquen.

Das alte System begann zu zerbrechen, die sozialen Beziehungen änderten sich. Nicht selten wurde ein Elternteil arbeitslos, viele trennten sich sogar. Der drohenden Arbeitslosigkeit versuchten viele durch zusätzliche Lasten, wie Schichtarbeit oder Pendeln zu entgehen. Die Jugendlichen erhielten damit nur noch begrenzt Aufmerksamkeit durch die Eltern. Dies bedingt eine Flucht in eine „andere Welt“. Aufmerksamkeit bekommen die Jugendlichen in Cliquen, oder auch kleinen Gruppen, die familienähnliche Strukturen tragen. Durch diese Cliquen begannen viele neue soziale Beziehungen zu knüpfen. Hierbei hatten die Medien großen Anteil an der Verbreitung der amerikanischen Kultur. Hip- Hop und Breakdance hielten Einzug. Auch eine Art von Ghettobildung ließ sich in vielen Stadtteilen nicht vermeiden. Neubausiedlungen wie Jena- Lobeda, Dresden- Klotzsche, oder in Chemnitz „Fritz Heckert“[6] waren der ideale Nährboden für die „schutzlosen“ Jugendlichen, die sich durch das Anderssein ausdrücken wollten. Die Jugendlichen wollten eine eigene Identität entwickeln. Das an sich ist nicht unbedingt etwas, was man nur auf Grund der veränderten politischen und territorialen Situation vorfindet. Zu jeder Zeit versuchen Jugendliche sich selbst darzustellen und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Die Graffiti- Szene ist davon nur ein kleiner Teil. In vielen ostdeutschen Städten bildeten sich zuerst andere Gruppierungen. Sehr bekannt wurden hier vor allem die „Zenti- kids“ in Chemnitz, welche sich ausgehend vom Wohngebiet „Fritz Heckert“ in der linken Szene einen Namen machten.[7]

Um die Entwicklung speziell in der Graffiti- Szene zu betrachten, wurden in einer Gruppenarbeitsphase im Vortrag verschieden Zeitungsartikel ausgewertet.

[...]


[1] siehe Internet. 4.

[2] siehe Internet, 3.

[3] siehe Internet, 4.

[4] siehe auch Internet, 16.

[5] siehe Schlobinski, S. 30ff

[6] siehe auch, Thiele, S.70ff

[7] vgl. Thiele, S.70ff

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung der Graffitiszene in Deutschland, speziell in Ostdeutschland
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg
Veranstaltung
Auffällige Jugendliche
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V46166
ISBN (eBook)
9783638434171
Dateigröße
595 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der Graffitiszene in Deutschland, wobei besonders an einem Beispiel der Aufbau der Szene beschrieben wird. Dabei geht es im Besonderen um Aauffälligkeiten bei den Jugendlichen.
Schlagworte
Entwicklung, Graffitiszene, Deutschland, Ostdeutschland, Auffällige, Jugendliche
Arbeit zitieren
Karsten Hertel (Autor:in), 2003, Die Entwicklung der Graffitiszene in Deutschland, speziell in Ostdeutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46166

Kommentare

  • Gast am 16.8.2014

    Ich wollte fragen ob sie in ihrer Arbeit auch wissenschaftliche Quellen verwendet haben. Primärquellen etc? LG

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Titel: Die Entwicklung der Graffitiszene in Deutschland, speziell in Ostdeutschland



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