Die „Reisen“ John de Mandevilles, deren Archetyp vermutlich aus dem Jahre 1357 stammt, gelten als erster mittelalterlicher Reiseroman und genießen in der Literatur einen besonderen Stellenwert.
Unter mentalitätsgeschichtlichem Aspekt verdienen sie insofern Beachtung, als sich hier das abendländische Weltbild des Mittelalters untersuchen läßt. Inwieweit fließen faktisches Wissen und traditionelle Mythen ineinander? Wie gingen die Gelehrten und Literaten mit den daraus entstehenden Widersprüchen um? Welche Konsequenzen wurden daraus für die Einschätzung von und den Umgang mit Fremden gezogen? Mandevilles „Reisen“ bieten in dieser Abhandlung einen geeigneten Ausgangspunkt für eine solche Untersuchung, zudem lassen sie aufgrund ihrer ausgedehnten Verbreitung rezeptionssoziologische Rückschlüsse auf die Leserschaft zu. Diese scheint ein großes Bedürfnis an Literatur gehabt zu haben, die half, mit den realen Umwälzungen und Neuerungen des alltäglichen Lebens zurechtzukommen.
Der Text ist in drei größere Sektionen gegliedert. Der erste Teil beschäftigt sich mit den uns bekannten Informationen zum Autor selbst, während der zweite sich dem Werk zuwendet. Der dritte Teil behandelt die Rezeptionsgeschichte und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen für das abendländische Weltbild im 14. Jahrhundert. Dabei wird die Frage nach der Motivation Mandevilles zur Abfassung des Werkes und dem Interesse der Leserschaft an dem Reiseroman durchgängig diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Autor
- Wer war Mandeville?
- Das Pseudonym
- Die Reisen
- Die Gattung Reiseliteratur
- Die „Reisen“ – typisch mittelalterliche Reiseliteratur?
- Mandevilles Quellen
- Die Quellenauswahl
- Der Umgang mit den Quellen
- Religion und Gottesbild in den Reisen
- Aufgeschlossenes Weltbild und traditionelle Wunderwesen
- Soziologie und Rezeption
- Mandevilles Leser
- Vorwissen und Sozialisation
- Tradition und Wissen in den „Reisen“ am Beispiel Chinas
- Zusammenfassung: Eine Motivationsbestimmung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Motivation hinter dem Interesse an der Welt in der Literatur, insbesondere in John de Mandevilles "Reisen". Der Roman, der für mittelalterliche Verhältnisse sehr erfolgreich war, soll als Spiegel der gesellschaftlichen Befindlichkeit verstanden werden. Die Rezeption des Werkes und ihre soziologischen Aspekte spielen eine zentrale Rolle bei der Beantwortung der Fragestellung.
- Das Interesse an der Welt im Mittelalter
- Die "Reisen" als Spiegel der gesellschaftlichen Befindlichkeit
- Die Rezeption von Mandevilles "Reisen" in Verbindung mit soziologischen Ansätzen
- Die Darstellung von Fremde und die daraus abzulesende gesellschaftliche Einstellung
- Der Einfluss von Wissen und Tradition auf die Rezeption der "Reisen"
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Forschungsfrage nach der Motivation für das Interesse an der Welt in der Literatur, speziell in John de Mandevilles "Reisen". Sie benennt die Relevanz der soziologischen Rezeption des Romans und gibt einen Überblick über die behandelten Aspekte.
- Der Autor: Dieses Kapitel befasst sich mit den bekannten Informationen zum Autor John de Mandeville. Es beleuchtet die spärlichen Informationen aus dem Werk selbst und präsentiert Thesen zur Herkunft des Autors, insbesondere basierend auf Michael Seymours Forschungen.
- Die Reisen: Dieses Kapitel untersucht die "Reisen" im Kontext der mittelalterlichen Reiseliteratur. Es analysiert den Stil und die typischen Elemente der Gattung und beleuchtet die Quellen, aus denen Mandeville schöpfte, inklusive der Auswertung seiner Umgangweise mit den Quellen und dem Einfluss von Religion und Gottesbild auf die Reisen.
- Soziologie und Rezeption: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Rezeption der "Reisen". Es analysiert die Leserschaft des Werks, das Vorwissen und die Sozialisation der Rezipienten, und betrachtet die Rolle von Tradition und Wissen am Beispiel Chinas.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: mittelalterliche Reiseliteratur, John de Mandeville, "Reisen", Fremde, gesellschaftliche Befindlichkeit, Rezeption, Soziologie, Tradition, Wissen, Weltbild, Gottesbild, Quellenkritik.
- Quote paper
- Evelyn Lehmann (Author), 2003, Weltbild und Literatur – Motivation für das Interesse an der Welt am Beispiel John de Mandevilles „Reisen“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46375