Ästhetisierung von Geschichte. Am Beispiel der "Ostalgie" und "Ostalgieshows"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Definition Ästhetisierung:

Symbole

Prägnanzen

Stereotype

Ästhetisierung der Geschichte

Nostalgie

Ostalgie

Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte

Was sind mögliche Gründe für die Ost-Shows, Woher kommt der Erfolg

Die Symbole

Ästhetische Strategien in den Shows

Zusammenfassung und Ausblick

Literatur

Ästhetisierung der Geschichte ?

Einleitung

„Ästhetisierung in geschichtlichen Aktionen ist belegt, z.B. durch Marx im 18. Brumaire des Louis Bonaparte, sie war zu beobachten in den „Wende- und Nachwende“ Zeiten, und sie findet auch Eingang in geschichtliche Auseinandersetzungen. Ob die kurze Welle der „Ostalgieshows“ dafür ein Beleg war, inwieweit hier Symbole, Prägnanzen, Stereotype auftreten“[1], soll in der vorliegenden Arbeit diskutiert werden.

Zunächst möchte ich einige Begriffe zum besseren Verständnis klären.

Was ist Ästhetisierung?

Was sind Symbole

Was sind Prägnanzen

Was sind Stereotype

Im zweiten Teil der Arbeit soll geklärt werden, ob es bei den „Ostalgieshows“ eine Ästhetisierung der Geschichte gegeben hat und mit welchen Strategien gearbeitet wurde.

Definition Ästhetisierung:

Ganz allgemein bedeutet Ästhetisierung eine Verschönerung des Gegebenen und ist damit ein Grundvorgang von Ästhetisierungsprozessen. Der Begriff lässt sich aber noch weiter fassen, denn auch Strategien des Hässlichen, Erhabenen, Komischen und Kolossalischen gehören zur Ästhetisierung. Geht man von der ursprünglichen Wortbedeutung von „aisthesis“, die Sinne betreffend aus, dann handelt es sich bei der Ästhetisierung um die Versinnlichung von Handlungen, Prozessen und Strukturen. In der Regel soll etwas den Sinnen angenehm gemacht werden und unter der „Logik der sinnlichen Wahrnehmung gestellt“ werden.

Ästhetisierung lässt sich objektiv und subjektiv betrachten. Subjektiv bedeutet Ästhetisierung, dass man sein Leben primär unter ästhetischen Gesichtspunkten gestaltet.

Ästhetisierung objektiv bedeutet, dass etwas ästhetisch wird, was originär nicht ästhetisch ist. Etwas wird in einem ästhetischen Kontext gestellt, was zuvor in einem anderen Kontext stand, es wird ästhetisch ‚in Szene’ gesetzt, also inszeniert.

Bereiche, die ursprünglich keiner ästhetischen Gestaltung unterliegen, werden ästhetisiert. Wortbildungen mit –sierung weisen auf solche Prozesse hin.[2]

Das bedeutet, dass Politik, Waren oder die Natur beispielsweise, neben ihrer bereits sinnlichen Zugänglichkeit, nochmals wahrnehmbar gemacht und gestaltet werden.

Dies erfolgt z.B. durch Inszenierung, durch Stellen in den Kunstraum, durch Prägnanzbildung, durch Überführung in den Zeichenstatus, durch Verschönerung der Oberfläche, durch Nutzung des Kolossalischen, Hässlichen oder Erhabenen. Es werden Vorstellungen, Wünsche oder Bedürfnisse als ästhetische Ausdrucksform bedient.[3]

Ästhetisierung ist eine Begleiterscheinung der Modernisierungsprozesse im 19. Jh. und beginnt mit der Ästhetisierung der Ware auf den großen Weltausstellungen.[4] Prozesse der Ästhetisierung erfahren eine Aufwertung, Ausbreitung und Spezifikation in der für die Moderne charakteristischen Massenprozessen, wie zum Beispiel im Warenaustausch, in der Technik, der Politik, der Massenkultur und der Werbung oder aber im Tourismus. Diese Prozesse zielen auf Erlebnisgewinn, auf Faszination der Sinne und /oder auf eine starke Emotionalisierung ab. Wenn von Ästhetisierung die Rede ist, tritt auch oft der Begriff der Anästhetisierung auf, denn Ästhetisierung kann auch ins Gegenteil umschlagen. Zu beobachten ist das z.B. in Werbe- und Modestrategien, bei denen nicht mehr nur „perfekte, makellose Menschen“ abgebildet werden, sondern ganz bewusst mit unästhetischen Elementen, wie z.B. mit schiefen Zähnen oder Narben[5] gearbeitet wird. Im Zeitalter von massenhaften Informationen und Reizüberflutungen durch Massenmedien muss man mit ausgefallenen Dingen arbeiten, um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erhalten.

Symbole

Ein Symbol ist ein Gegenstand oder ein Zeichen, das für etwas ganz bestimmtes steht, auf etwas verweist. Ürsprünglich stammt der Begriff „Symbol“ aus dem Griechischen „Symballein“ = „zusammenhalten“ und „Symbolon“ = „Merkmal, Wahrzeichen“.[6] Das Symbol „bezeichnet ein Zeichen, das über sich selbst hinausweist. Die Ursprungsbedeutung leitet sich von einem antiken Brauch ab: Ein Gast reichte seinem Gastgeber zum Abschied eine zerbrochene Tontafel oder einen Tonring. Sie dienten als Erkennungszeichen bei einem möglichen Gegenbesuch eines Mitglieds aus dem Gastgeberhaushalt. Durch das Zusammenfügen der beiden Bruchstücke konnte sich der ehemalige Gastgeber (oder einer aus seiner Familie) als solcher zu erkennen geben.“[7]

Davon abgeleitet sind Symbole Zeichen, aus denen man etwas schließen oder erkennen kann. Also: Kennzeichen, Wahrzeichen, Abzeichen, Sinnbild, (Erkennungs-)Marke,(Ausweis-) Karte, Bezeichnung. Auf für Ästhetisierungs- und Visualisierungsvorgänge sind Symbole ein wichtiges Instrument.

Prägnanzen

Prägnanzen sind knappe und genaue Darstellungen von Etwas. Der Begriff der Prägnanz wurde durch Ernst Cassierer geprägte. Bei ihm ist es die „symbolischen Prägnanz“, „die spezifische Leistung der menschlichen Wahrnehmung“.[8] Und bringt „ein Wahrnehmungserlebnis als ‚sinnliches’ Erlebnis (...) einen bestimmten nicht-anschaulichen ‚Sinn’ (...) zur unmittelbaren konkreten Darstellung.“[9] Prägnanzbildung ist somit „Sinnliches im Vorgang der denkenden Wahrnehmung mit Sinn und Bedeutung zu versehen (...) (und) ein unabdingbare Vorrausetzung für jegliches Wahrnehmen von Bildern“[10]

Es gibt drei verschiedene Ebenen von Prägnanzen: (1) Eigenschaft der Darstellung (2) Eigenschaft des Dargestellten und (3) Eigenschaft der Wahrnehmung.

Beispielsweise reicht eine auf einfachste Weise dargestellte Silhouette einer Stadt aus, um die Stadt als eine bestimmte Stadt wieder zu erkennen. Für Leipzig wäre das beispielsweise eine vereinfachte Darstellung des Völkerschlachtdenkmals, des ehemaligen Universitätshochhauses und des Messehochhauses am Bahnhof. Im kulturellen Gedächtnis hat sich dieses Muster für die Messestadt Leipzig eingeprägt. Allerdings ist zu beachten, dass Prägnanzen immer einen bestimmten gesellschaftlichen und kulturellen Hintergrund benötigen, um im richtig eingeordnet zu werden. Bildzeichen können sich über bestimmte Zeit- bzw. Kulturräume ändern und haben an anderen Orten bzw. zu anderen Zeiten eine ganz andere Bedeutung.

Stereotype

Stereotype sind „gleichbleibendes oder häufig vorkommendes Schema. (...) Ein Stereotyp kann als eine griffige Zusammenfassung von Eigenschaften oder Verhaltensweisen aufgefasst werden, die häufig einen hohen Wiedererkennungswert hat, dabei aber in aller Regel für sich genommen den gemeinten Sachverhalt sehr vereinfacht.“ Im sozialwissenschaftlichen Kontext „sind Stereotype Komplexe von Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die Personen aufgrund ihrer Zuordnung zu bestimmten Gruppen zugeschrieben werden. Stereotype sind dabei vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie bestimmte Eigenschaften karikierend hervorheben und falsch verallgemeinern.[11]

Ästhetisierung der Geschichte

Im zweiten und nun folgenden Teil möchte ich auf das Phänomen der „Ostalgie“ eingehen. Zunächst soll der Begriff und dessen Ursprünge erklärt werden und im Anschluss wird diskutiert welche Symbole, Prägnanzen oder Stereotypen es gibt und welche ästhetischen Strategien in den „Ostalgieshows“ genutzt werden.

Nostalgie

Bei dem Begriff „Ostalgie“ handelt es sich um eine Analogiebildung zum Begriff „Nostalgie“. Zunächst möchte ich auf diesen Begriff näher eingehen. Nostalgie kommt aus dem Griechischen von „nóstos“ gleich „Rückkehr“ (in die Heimat) und von „álgos“ gleich „Schmerz“. Im Brockhaus wird Nostalgie als ein „Sehnsüchtiges Verlangen nach einer vergangenen Zeit; v.a. nach den darin vorgestellten Lebens- und Erfahrungsräumen sowie den damit verbundenen Geselligkeits- und Einsamkeitsformen“[12] beschrieben. Der ursprüngliche Begriff Nostalgie stammt vom Basler Arzt Johannes Hofer („Dissertatio medica de Nostalgia oder Heimwehe“ 1688). Nostalgie wird dort als die „durch unbefriedigte Sehnsucht nach der Heimat begründete Art von Melancholie oder Monomanie“[13] beschrieben.

[...]


[1] Kösser, Uta: Einleitung in das Thema „Ästetisierung von Geschichte“ im Seminarreader, SS04

[2] Kösser, Uta: Ästhetisierung, in: Köhnke, Klaus Christian / Kösser, Uta: Prägnanzbildung und Ästhetisierung in Bildangeboten und Bildwahrnehmungen, Leipzig 2001, S. 193.

[3] Mitschriften, Seminar Ästhetisierung und Visualisierung, SS 2004

[4] Erste Weltausstellung am 1. Mai 1851

[5] Narben werden in der jüngsten Werbekampagne von „Dove“ genutzt.

[6] Thuleen, Nancy. "Referat: Symbol und Symbolismus." Website Article. 15 April 1998. http://www.nthuleen.com/papers/940Breferat.html>.

[7] Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Symbole, 14.09.2004

[8] Cassierer, Ernst: Philosophie der symbolischen Formen, 3. Teil: Phänomenologie der Erkenntnis, 8. unv. Aufl. Darmstadt, 1982, S. 235.

[9] Ebd.

[10] Köhnke, Klaus Christian, Kösser, Uta: Prägnanzbildung und Ästhetisierung in Bildangeboten und Bildwahrnehmungen, Leipzig 2001, S.148.

[11] http://de.wikipedia.org/wiki/Stereotype, 14.09.2004

[12] Vgl. Brockhaus, 1998

[13] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Ästhetisierung von Geschichte. Am Beispiel der "Ostalgie" und "Ostalgieshows"
Hochschule
Universität Leipzig  (Kulturwissenschaft)
Veranstaltung
Ästhetisierung und Visualisierung
Note
2,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V46568
ISBN (eBook)
9783638437318
ISBN (Buch)
9783640673247
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschichte, Beispiel, Ostalgie, Ostalgieshows, Visualisierung
Arbeit zitieren
Karin Aldinger (Autor:in), 2004, Ästhetisierung von Geschichte. Am Beispiel der "Ostalgie" und "Ostalgieshows", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46568

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