Kinderfreundschaften


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

14 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Definition von (Kinder-) Freundschaft

3 Freundschaftskonzepte

4 Formen und Merkmale von Kinderfreundschaften
4.1 Anzahl der Freunde
4.2 Enge – lockere Freundschaften
4.3 Mädchen – Jungen
4.4 Elterneinfluss

5 Entwicklung von Kinderfreundschaften
5.1 Beginn einer Freundschaft
5.1.1 Ähnlichkeit als Kriterium der Freundeswahl
5.1.2 Individuelle Voraussetzungen
5.1.3 Kontaktaufnahme
5.2 Freundschaft muss gepflegt werden
5.3 Konflikte und Streit
5.4 Abbruch der Freundschaft

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Freundschaften als zwischenmenschliche Beziehungen spielen bei Kindern wie auch bei uns Erwachsenen eine große und bedeutende Rolle. Möglicherweise bedeuten Freunde Kindern sogar noch mehr. Das kommt daher, dass Kinder in der Entwicklung ihres Selbstvertrauens Unterstützung brauchen und diese sicherlich durch Freundschaften erhalten können. Denn sie können mit Gleichaltrigen Erfahrungen machen, die mit Erwachsenen so nicht möglich sind, da unter Kindern ein symmetrisches Verhältnis besteht, sie stehen grundsätzlich auf der gleichen Stufe und sind so gleichberechtigt. Somit können sie Dinge lernen, die mit Erwachsenen nicht möglich wären.

„Im Umgang mit Freunden und Gleichaltrigen (Peers) erlernen Kinder Kooperation und Wetteifer, moralisches Urteilen und Handeln, Vertrauen, Sensibilität u.a.m.“[1]

Wagner beschreibt das Erlernen sozialer Kompetenz. Die Kinder lernen in der Zweierbeziehung Verhaltensweisen und Umgangsformen, die notwendig sind, um in unserer Gesellschaft zu leben.

Durch den Vergleich mit anderen Kindern, der ständig vorkommt, kann man sein Selbstbild entwickeln. Man sieht sich mit der Identität des anderen konfrontiert und nimmt sich selbst so genauer und anders wahr. Das stärkt das Selbstbewusstsein und gibt Sicherheit. Bachmann spricht von „einer Differenzierung und Intensivierung des Selbsterlebens.“[2]

Ganz grundsätzlich wird durch Freundschaften das Bedürfnis nach Nähe befriedigt. Menschen sind auf andere Menschen angewiesen, diese sind für das Überleben und das Wohlbefinden notwendig. Das Grundbedürfnis nach einem Menschen, dem man vertrauen kann, der einem zur Seite steht und mit dem man Spaß haben kann, wird in Freundschaften befriedigt.

2 Definition von (Kinder-) Freundschaft

Wir sind jetzt Freunde, weil wir uns mit Namen kennen. (Tony, dreieinhalb Jahre alt.)

Freunde nehmen sich nichts weg oder führen sich hochnäsig auf, und sie

streiten nicht oder sind anderer Meinung. Wenn du zu ihnen nett bist, sind sie auch nett zu dir. (Julie, acht Jahre alt.)

Eine Freundin ist jemand, mit der man um drei Uhr morgens mit Clearasil im Gesicht Geheimnisse austauschen kann. (Deborah, dreizehn Jahre alt.)[3]

Freundschaft ist ein Begriff, der sich nach eigenen Überlegungen nur sehr schwer definieren lässt. Man muss natürlich zwischen den Freundschaften unter Kindern oder Erwachsenen unterscheiden, aber auch das Alter und der Entwicklungsstand des Kindes spielt eine sehr große Rolle. Zusätzlich hat jeder eine andere Vorstellung, was Freundschaft ausmacht und auch eine Person kann zum Beispiel bezüglich der Intensität verschiedene Freundschaften führen.

Somit ist es schwierig, eine passende Definition, die alle Punkte berücksichtigt, zu finden. Auch in der Literatur wird häufig darauf verwiesen, dass solch eine Definition nie vollkommen sein kann oder es wird gar keine gegeben.

Man kann aber sicher von gewissen Kriterien ausgehen, die vorhanden sein müssen, damit man von einer Freundschaft sprechen kann.[4] Zum einen handelt es sich um eine „persönliche Beziehung zwischen zwei Menschen“[5], zum anderen ist die Freiwilligkeit eine Grundvoraussetzung für eine Freundschaft. Gegenseitige Sympathie und der positive Charakter dieser Beziehung spielen auch eine wichtige Rolle, da sonst die Beziehung auf Dauer nicht bestehen kann. Als letzten Punkt führt Zühlke noch die Gegenseitigkeit an.

Aber besonders bei dem letzten Punkt wird klar, dass man diese Kriterien nicht ohne weiteres auf Kinder übertragen kann. Vor allem jüngere Kinder bezeichnen andere Kinder als ihre Freunde, was aber öfter nicht auf Gegenseitigkeit beruht. So sind diese Kriterien einer Freundschaft sehr vom Alter und dem jeweiligen Entwicklungsstand der Kinder abhängig.

3 Freundschaftskonzepte

Es gibt einige empirische Untersuchungen zu Freundschaftskonzepten, also zu der Vorstellung, die Kinder von einer Freundschaft haben.

Ich stelle das Stufenmodell von Selman vor, da dieses gut strukturiert und nachvollziehbar ist. Selman geht davon aus, dass die Perspektivenübernahme nach Piaget Basis für jede Freundschaft ist. Man muss von sich absehen können, um auf andere eingehen zu können. 1979 interviewte Selman Kinder im Alter von drei bis 14 Jahren, was zu folgender Einteilung in Stufen führte.

Stufe 0: „Freundschaft als momentane physische Interaktion“

Auf dieser Stufe der Drei- bis Siebenjährigen werden vor allem äußere Merkmale beachtet, wie eine gewisse Ähnlichkeit oder eine räumliche Nähe wie Nachbarschaft. Die Freundschaften sind noch nicht sehr stabil und bestehen eigentlich nur durch die gemeinsame Aktivität. Falls Konflikte auftreten, geht es dabei nicht um persönliche Gefühle, sondern meist um Spielsachen.

Stufe 1: „Freundschaft als einseitige Hilfestellung“

Bis zum Alter von neun Jahren befinden sich Kinder auf dieser Stufe. Sie kennen bereits die Bedürfnisse ihres Freundes, sind aber noch nicht fähig, sich vollkommen in den Partner hineinzuversetzen und so die beiden Sichtweisen aufeinander zu beziehen. „Ein Freund ist jetzt derjenige, der das tut, was man selber will.“[6] Konflikte werden einseitig verursacht angesehen und können auch nur einseitig gelöst werden wie durch Rücknahme.

Stufe 2: „Freundschaft als Schönwetterkooperation“

Freundschaft ist auf dieser Stufe der Neun- bis Zwölfjährigen eine wechselseitige Beziehung, die Kinder kennen nun auch die Sichtweise des Partners, schaffen es aber immer noch nicht, die verschiedenen Standpunkte aufeinander zu beziehen. Bei Streit muss eine für beide Seiten akzeptable Lösung gefunden werden, ansonsten wird die Freundschaft beendet, sie ist nur eine „Schönwetterkooperation“.

Stufe 3: „Freundschaft als intime und gegenseitig gestützte Beziehung“

Im frühen Jugendalter werden Freundschaften vertieft und die gegenseitige Unterstützung und der Austausch spielen eine große Rolle. Die Freundschaften sind jetzt ein stabiles und fortdauerndes System, die Freunde sorgen dafür, dass sie erhalten bleibt. Nicht mehr die eigenen Interessen, sondern die andere Person steht jetzt im Mittelpunkt.

Stufe 4: „Freundschaft als Autonomie und Interdependenz“

Diese Stufe tritt erst bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen auf, ich erwähne sie aber der Vollständigkeit halber.

Freunde schöpfen „Kraft aus der Beziehung und erweitern ihre eigene Identität durch die Identifikation mit dem anderen.“[7] Autonomie (Selbstständigkeit) und Interdependenz (wechselseitige Abhängigkeit) nehmen beide ausgeglichen Raum ein. Innerhalb einer Freundschaft können sich die Partner weiterentwickeln, sie werden auch mit ihren Eigenheiten völlig akzeptiert.

Diese fünf Stufen bauen alle aufeinander auf, die Reihenfolge ist festgelegt. Allerdings können sich Kinder auch zum gleichen Zeitpunkt mit ihrem Freundschaftsverständnis innerhalb verschiedener Stufen befinden.

Über das Alter, das Selman den Stufen zugeordnet hat, lässt sich streiten, aber als Orientierung ist es hilfreich.

4 Formen und Merkmale von Kinderfreundschaften

4.1 Anzahl der Freunde

Die Anzahl der Freunde ist abhängig vom Freundschaftsbegriff des jeweiligen Kindes. Manche Kinder bezeichnen ihre ganze Klasse als ihre Freunde, andere auch ihre Haustiere oder ihre Eltern, wieder andere – auch schon sehr junge Kinder – können genau eingrenzen.

Einer Untersuchung von Krappmann[8] zufolge haben Kinder in der 4. Klasse durchschnittlich drei enge und fünf schwache Beziehungen und zwei Jahre später im Schnitt vier enge und sieben lockere Beziehungen. Krappmann schloss bei seiner Untersuchung auch die Freundschaften außerhalb der Schulklasse mit ein, was meiner Meinung nach sehr sinnvoll ist, weil sonst das Bild verfälscht werden könnte, denn einige Kinder haben vielleicht innerhalb der Schulklasse nur sehr wenige Freunde, aber dafür außerhalb mehr.

Individuelle Bedingungen der Kinder spielen bei der Anzahl der Freunde eine große Rolle. So müssen sie über gewisse soziale Fertigkeiten verfügen, um Beziehungen eingehen zu können. Auch Kontaktbereitschaft muss vorhanden sein.

Allerdings ist die Anzahl der Freunde nicht nur vom Kind abhängig, sondern auch von nicht beeinflussbaren Gegebenheiten. Zum Beispiel ist es für Kinder in einer Wohngegend mit vielen Familien einfacher, Spielgefährten und so auch Freunde zu finden. Auch können die Eltern Einfluss haben auf die Beziehungen ihrer Kinder. Sie können diese fördern oder bei Nicht- Gefallen (zumindest bei jüngeren Kindern) unterbinden.

[...]


[1] Wagner, Jürgen: Kinderfreundschaften. Wie sie entstehen. Was sie bedeuten. Berlin Heidelberg: Springer- Verlag 1994. S.14

[2] Bachmann, Helen I.: Kinderfreundschaften – Start ins Leben. Freiburg: Herder 1996. S.37

[3] Rubin, Zick: Kinderfreundschaften. Das Kind und seine Entwicklung. Stuttgart: Klett- Cotta 1981, S.33

[4] Zühlke, Tilla: Kinderfreundschaften in der Grundschule: die Sicht von Schülern und Lehrern. www.ph-heidelberg.de/org/phb/FREUN.html - Stand 12/03

[5] ebd

[6] Rubin (1981) S.28

[7] Wangart, Sabine: Kinderfreundschaften im Grundschulalter: eine empirische Untersuchung mit Viertklässlern. (Zula PH Freiburg). 2001 S.6

[8] Krappmann L./Oswald H. Alltag der Schulkinder. Beobachtungen und Analysen von Interaktionen und Sozialbeziehungen. Weinheim: Juventa 1995. S.71ff

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Kinderfreundschaften
Hochschule
Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau
Veranstaltung
Erziehungswissenschaftliche Inhalte und Kompetenzen für die Grundschule und den Anfangsunterricht
Note
1,4
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V48107
ISBN (eBook)
9783638448994
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kinderfreundschaften, Erziehungswissenschaftliche, Inhalte, Kompetenzen, Grundschule, Anfangsunterricht
Arbeit zitieren
Carolin Löffler (Autor:in), 2004, Kinderfreundschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48107

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