Die Stimme ist unser wichtigstes Kommunikationsmittel. Mit Hilfe der Stimme können wir direkt oder indirekt miteinander kommunizieren, denn sie ist die Basis für Sprache als primäre Oralität. Stimme kann Emotionen ausdrücken, Wissen tradieren und ist als direkte Relation von Gefühlsausdrücken auch Träger der Seele des Menschen. Gerade deshalb kann uns die Stimme aber auch betören. Nicht umsonst ist die Musikindustrie eine der größten Branchen, nicht umsonst strömen Massen in Musicals, Konzerte, oder Opern. Eine wohlklingende Stimme, ein schöner Gesang übt eine große Faszination aus. Jeder kennt die Situation, wenn einem eine Gänsehaut über den Rücken läuft oder man zu Tränen gerührt ist, bloß, weil man ein bezaubernd schönes Gesangstück gehört hat.
Auch in die Literatur hat die Stimme und der damit verbundene Gesang Einzug gefunden. Literarische Werke wie Goethes „Der Fischer“ oder Heinrich Heines „Loreley“ haben die Stimme und ihre Macht zum Thema. Von der Antike bis hin zur heutigen Zeit taucht das Phänomen der Stimme immer wieder in Texten auf und wird unter verschiedenen Aspekten betrachtet. Dabei befassen sich Autoren aber nicht immer nur mit Stimme als direktes Kommunikationsmittel oder Sangesstück einer spezifischen Person. Oft geht es um die Präsenz einer körperlosen Stimme, die fast immer weiblich konnotiert ist und eine Verlockung darstellt. Eine Verlockung ohne Körperlichkeit, nur über den Klang der Stimme, ist auch der Fokus des homerischen Odysseus Abenteuers, das wiederum als Vorlage für Franz Kafkas Text „Das Schweigen der Sirenen“ diente. Umso verblüffender ist es, dass bei Kafka die Hauptthematik nicht der Gesang selbst ist, sondern vielmehr die Abwesenheit dessen. Während die homerischen Sirenen singen und mit ihrem Gesang Odysseus bezwingen wollen, nutzen Kafkas Sirenen das „nicht - Einsetzen“ ihrer Stimme als Waffe. Inwiefern diese Stille und das Schweigen Macht ausüben kann, und ob die Abwesenheit des Gesangs sogar machtvoller sein kann, als der Gesang selbst, soll in dieser Arbeit untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Macht des Gesangs und die Macht des Schweigens
- Die Sirenen bei Homer: Ein Text über die Macht des Gesangs
- Kafka - Das Schweigen der Sirenen: Die Macht des Schweigens im Vergleich zur Macht des Gesangs
- Mythische Sirenen
- Definition von Sirenen
- Definition von Sirenengesang
- Interpretation
- Das Machtverhältnis zwischen Odysseus und den Sirenen bei Homer
- Das Machtverhältnis zwischen Odysseus und den Sirenen bei Kafka
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Sirenenmythos und dessen Bedeutung für die deutsche Literatur. Besonderes Augenmerk liegt auf Franz Kafkas Text „Das Schweigen der Sirenen“ und dem Vergleich mit der homerischen Version. Ziel ist es, die unterschiedlichen Funktionen der Sirenen im Werk Kafkas und bei Homer zu untersuchen und die Macht des Gesangs sowie die Macht des Schweigens zu beleuchten.
- Die unterschiedlichen Funktionen der Sirenen bei Homer und Kafka
- Die Macht des Gesangs im Homerischen Epos
- Die Macht des Schweigens in Kafkas „Das Schweigen der Sirenen“
- Das Verhältnis von Stimme und Schrift in der Literatur
- Der Sirenenmythos als Metapher für die Verführungskraft der Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit dar und erläutert den Fokus auf das Schweigen der Sirenen in Kafkas Text. Des Weiteren werden die verwendeten Literaturquellen und das Vorgehen der Arbeit vorgestellt.
Im ersten Kapitel wird die Macht des Gesangs im Homerischen Epos anhand der Sirenenepisode analysiert. Dabei wird das Sirenenabenteuer des Odysseus als ein Beispiel für die Überwindung mythischer Gewalt betrachtet.
Das zweite Kapitel beleuchtet Kafkas „Das Schweigen der Sirenen“ und stellt die Macht des Schweigens als Waffe der Sirenen heraus. Der Vergleich mit dem Homerischen Epos soll die unterschiedlichen Funktionen der Sirenen in beiden Texten verdeutlichen.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Definition von Sirenen und Sirenengesang und analysiert den Mythos der Sirenen als Symbol für die Verführungskraft der Kunst.
Das letzte Kapitel untersucht das Machtverhältnis zwischen Odysseus und den Sirenen in beiden Texten. Dabei wird der Einfluss des Gesangs und des Schweigens auf die Handlung und die Interpretation der Texte analysiert.
Schlüsselwörter
Sirenen, Gesang, Schweigen, Homer, Kafka, Verführung, Macht, Stimme, Schrift, Mythos, Literatur, Interpretation, Kunst
- Arbeit zitieren
- Jennifer von Glahn (Autor:in), 2005, Kafka: Das Schweigen der Sirenen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49066