Der Lehrer an der Waldorfschule - Begleiter eines esoterischen Erkenntniswegs


Hausarbeit, 2005

14 Seiten, Note: bestanden/unbenotet

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Vorbemerkung

1. Einleitung: Anthroposophie

2. Waldorflehrer und Waldorfpädagogik
2.1 Grundlagen
2.2 Autorität
2.3 Methoden des Lehrers: Verbote und Strafen

3. Waldorfseminare: Ausbildung zum Anthroposophen

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

0. Vorbemerkung

Waldorfpädagogik und Anthroposophie, insbesondere das Bild des Waldorflehrers, werden im Folgenden überwiegend kritisch betrachtet. Positive Darstellungen kommen aus dem Grund weniger zu Wort, da sie ohnehin in jeder Behandlung des Themas zu finden sind. Insofern ist folgende Darstellung allein gelesen an manchen Stellen bewußt parteiisch, in den Kontext der gesamten Literatur gestellt aber eine Ergänzung, die umso kürzer ausfallen müsste, je öfter die häufig wiederholten positiven Aspekte einbezogen würden. Daher sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Arbeit keine einseitig pauschale Verurteilung der Waldorfpädagogik ist.

1. Einleitung: Anthroposophie

Nahezu alles, was an Waldorfschulen praktiziert und gelehrt wird, geht zurück auf den Theologen Rudolf Steiner. Steiner wird heute außerhalb der von ihm begründeten Anthroposophie kaum wahrgenommen. Einzig der Vorwurf des Rassismus - Steiner war Verfechter einer hierarchischen Rassenlehre[1], in der den Ariern die höchste Denkkraft zugeschrieben wurde - brachte Steiner in den letzten Jahren in eine öffentliche Diskussion. Sein Denken ist esoterischer Art[2]: Steiner glaubte in höheren Welten Wahrheiten gesehen zu haben, die nur durch einen von ihm entwickelten „Schulungsweg“ wahrgenommen werden können. Der emeritierte Erziehungswissenschaftler Klaus Prange von der Universität Tübingen kennzeichnet das Kernelement von Anthroposophie und Waldorfpädagogik folgendermaßen:

„These I: Die Anthroposophie ist eine Heilsbotschaft für Verlassene und Enttäuschte., für Sinnsuchende und Heimatlose.

These II: Die Waldorfpädagogik und die Waldorfschule sind der Versuch, diese Heilsbotschaft über Erziehung auf Dauer zu stellen.

These III: Die anthroposophische Pädagogik ist eine Mogelpackung für Herrschaft. Sie beutet das vielfach anzutreffende Orientierungsbedürfnis aus, um die Herrschaft einer selbsterwählten Elite zu begründen.“[3]

Auch in den esoterischen Grundzügen der Lehre Rudolf Steiners liegt ein Grund dafür, dass er in der pädagogischen Fachwelt kaum auf Interesse stoßen kann, während seine Ideen bei Praktikern, die sich nicht mit erkenntnistheoretischer Fundierung auseinandersetzen, populär sind. Aus Steiners totalitärem Wahrheitsanspruch resultiert eine Unkritisierbarkeit, die in der Geschichte der Waldorfpädagogik dazu geführt hat, dass sich seit Steiners Tod vor 80 Jahren nichts Wesentliches in der Waldorfpädagogik geändert hat. Sie ist ein starres System, was sich beispielhaft zeigen lässt an der Einordnung der Schüler in Temperamente (sanguinisch, melancholisch, phlegmatisch und cholerisch).

Steiners Pädagogik ist ein Antagonist moderner Erziehung und somit auch moderner Lehrerbilder. So schrieb Steiner beispielsweise über das öffentliche Schulwesen:

„Unser Zeitalter wünscht, unbewußt natürlich, die Kinder so zu erziehen, daß Ahriman möglichst stark in der Menschenseele kultiviert werden kann. Und wenn wir heute die Gangbaren Erziehungsmethoden durchnehmen, so sagen wir uns als Okkultisten: Diese Leute, die diese Erziehungsmethoden vertreten, sind nur Stümper.“[4]

Für die Praxis der Lehrer äußert sich die fehlende Modernität insbesondere in der inzwischen gesamtgesellschaftlich nicht mehr sehr verbreiteten Autorität gegenüber Höhergestellten. Mit dem Lehrer als absoluter Autoritätsperson beschäftigt sich das zentrale Kapitel dieser Arbeit.

2. Waldorflehrer und Waldorfpädagogik

2.1 Grundlagen

An Waldorfschulen gibt es keinen verbindlichen Lehrplan. Dies soll lebendigen Unterricht gewährleisten, kann andererseits aber auch dazu führen, dass der einzelne Lehrer unkontrolliert arbeitet und somit unverhältnismäßig mächtig wird. Es ist jedoch nicht so, dass ein Lehrer einer Waldorfschule vollständig frei agieren kann; er ist zumindest an anthroposophische Grundlagenliteratur gebunden. Beispielsweise ist es üblich, im Unterricht die anthroposophische Weltsicht vom Kind als reinkarnierendem Wesen in den Mittelpunkt zu stellen. Direkt auf den Unterricht wirkt auch die anthroposophische Annahme, das Kind durchlaufe in seinen Lebensabschnitten die Weltgeschichte, es sich also z.B. mit zehn Jahren wie ein Germane, mit elf wie ein Grieche, dann wie ein Römer, Ritter etc. fühle. Anthroposophie als Unterrichtsfach kommt an Waldorfschulen nicht vor, da ohnehin alle Fächer und alle Organisation nach anthroposophischer Weltanschauung gestaltet sind.

Dadurch, dass kein Lehrplan besteht, ist es Waldorfschulen möglich, bei vorgebrachter Kritik gegen Geschehnisse an Waldorfschulen darauf zu verweisen, dies seien Einzelfälle, keine Charakteristika. Die Waldorfbefürworter verteidigen den fehlenden Lehrplan mit der Begründung, nur der jeweilige Lehrer selbst könne feststellen, für welchen Unterricht seine Schüler gerade empfänglich seien; eine Schablone sei hier unangebracht. Ebenfalls aus den eigenen Reihen hört man die Behauptung, eine Überforderung des einzelnen Lehrers – neben dem Unterricht muss er für zahllose Konferenzen, Sprechstunden, Fortbildungen, Hausbesuche etc. zur Verfügung stehen – werde durch die Dankbarkeit der Schüler und Lehrer ausgeglichen.[5]

Ebenfalls überfordern kann den einzelnen Klassenlehrer die Fülle an Fächern, die er acht Jahre lang in Haupt- und Epochenunterricht zu lehren hat. Allseits gebildet, wie der ideale Waldorfpädagoge zu sein hat, sollte es ein Leichtes sein, durch Lesen eines Dramas gleichzeitig politische Situation, geographische Besonderheiten, Menschenkunde etc. zu erfassen und weiter zu geben. Eine fachliche Ausbildung wird nicht zwingend benötigt, wichtiger ist, dass der Lehrer Einblick in das Wesen des Kindes hat und intuitiv erkennt, was es will.

Die erwähnte Unterscheidung zwischen Haupt- und Epochenunterricht liegt darin, dass der Hauptunterricht (täglich von 8 bis 10 Uhr) in Fächern abgehalten wird, die ständigen Übens bedürfen (also Fremdsprachen, Mathematik, Heimatkunde, Rezitation etc.), der Epochenunterricht jedoch einem Projektunterricht gleichkommt. So unterrichtet der Waldorflehrer beispielsweise drei Wochen lang Physik, um bestimmte Phänomene zu untersuchen, ohne ständig durch den vorgeschriebenen Stundenplan und unzureichende Stundenlänge herausgerissen zu werden und damit die Konzentration der Kinder zu unterbrechen. Wann und in welchem Fach solch ein Epochenunterricht abzuhalten ist, liegt wiederum im Ermessen des Lehrers:

[...]


[1] Vgl. Strohm, Harald, Die Gnosis und der Nationalsozialismus. Eine religionspsychologische Studie, Aschaffenburg 2005, S. 63 ff. sowie Horst, Christoph, Knoten im Karma. Esoterik gegen Vernunft in: Asta der FH Münster (Hrsg.), Alle reden vom Weter- Wir nicht. Beiträge zur Förderung der kritischen Vernunft, Münster 2005, S. 129ff.

[2] Vgl. Keinath, Kurt, Kleine Sektenfibel, Essen 1961, S. 46 ff.

[3] Prange, Klaus, Curriculum und Karma: Das anthroposophische Erziehungsmodell in: Forum demokratischer AtheistInnen (Hrsg.), Mission Klassenzimmer, Aschaffenburg 2005, S. 87

[4] Steiner, Rudolf, Elemente der Erziehungskunst, Menschenkundliche Grundlagen der Waldorfpädagogik, Themen aus dem Gesamtwerk, Bd. 12, Stuttgart 1985, S. 134, Ahriman ist im anthroposophischen Glauben einer der beiden Teufel.

[5] Vgl. Weißert, Ernst, Der Waldorflehrer. In: Neuffer, Helmut (Hg.), Zum Unterricht des Klassenlehrers an der Waldorfschule. Ein Kompendium. Stuttgart 1997, S. 20ff.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Lehrer an der Waldorfschule - Begleiter eines esoterischen Erkenntniswegs
Hochschule
Universität Paderborn
Veranstaltung
Berufsfeld LehrerIn
Note
bestanden/unbenotet
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V49427
ISBN (eBook)
9783638458856
Dateigröße
513 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lehrer, Waldorfschule, Begleiter, Erkenntniswegs, Berufsfeld, LehrerIn
Arbeit zitieren
Anonym, 2005, Der Lehrer an der Waldorfschule - Begleiter eines esoterischen Erkenntniswegs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49427

Kommentare

  • Gast am 12.3.2007

    soso....

    "Abgesehen von den Klassenlehrern, die nur bis zur Klasse 8 unterrichten dürfen und keine Staatsexamen brauchen - haben Waldorflehrer eine ganz normale universitäre Schulausbildung und beide Staatstxamen in der Tasche." - das ist 1. falsch, siehe waldorfseminare (z.b. http://www.waldorfseminar.de/c-Konzept-Zusammenfassung.htm) und 2. kaum weniger schlimm, schließlich wird vom gesetzgeber nicht umsonst gefordert, dass _alle_ lehrer eine wissenschaftlich fundierte ausbildung benötigen, die der von staatlich ausgebildeten lehrern vergleichbar ist.

    "Waldorfschulen haben wie alle anderen Schulen auch einen schulinternen Lehrplan" - äh, das ist käse. rein "schulinterne" lehrpläne gibt es zumindest in deutschland nicht an staatlichen schulen. länderhoheit und so weiter, das möchte ich nicht weiter ausführen müssen.

    "Und die Behauptung, die Lehrer seien an anthroposophische Grundlagenliteratur gebunden ist schlicht falsch." - eine tatsachenbehauptung, die von mir bestritten wird und jeglicher quelle ihrerseits entbehrt.

  • Jürgen Göndör am 30.1.2006

    Kritik einer schlechten Kritik.

    Trotz der eingangs betonten Beschränkung auf eine kritische Sichtweise muß angemerkt werden, daß Waldorflehrer keine Begleiter eines esoterischen Erkenntnisweges sind. Abgesehen von den Klassenlehrern, die nur bis zur Klasse 8 unterrichten dürfen und keine Staatsexamen brauchen - haben Waldorflehrer eine ganz normale universitäre Schulausbildung und beide Staatstxamen in der Tasche.
    Von daher zeigt schon der Titel der Arbeit, daß es wohl nicht nur um kritische sondern mehr um ideologische Kritik geht, bei der weder Schule noch Lehrer eine echte Chance auf die Darstellung von Realitäten haben.
    Das zeigt sich auch in der 2. Platitüde: Nahezu alles was in der Waldorfschule geschehe gehe auf den alten Rudi zurück. Der Ärmste.
    Waldorfschulen haben - wie der Vergleich nach 3 Kindern dort mit richtigen Schulen zeigte - keinen anderen Englisch oder Deutsch oder Französischunterricht, die Vokabeln sind die gleichen, die Grammatik auch. auch in der Mathematik oder Physik gibt es keine Waldorfeigene/Steinereigenen Inhalte.
    Waldorfschüler haben nach ihrem Abschluß an der Uni die gleichen Chancen wie andere Kinder.

    Wer behauptet, die Waldorfpädagogik sei ein starres System, welches sich seit Steiner nicht Wesentlich verändert habe, der hat noch nie eine heutige Waldorfschule von Innen gesehen.

    Ebenso entbehrt die autoritäre Stellung der Waldoflehrer jeder Grundlage. Das ist einfach nur dummes Zeug. Die sind nicht autoritärer als andere Lehrer auch.

    Und dann die Behauptung, es gäbe keinen verbindlichen Lehrplan. das ist einfach nur Stuß.
    Waldorfschulen haben wie alle anderen Schulen auch einen schulinternen Lehrplan - das kann man sehr schön sehen, wenn man mehrere Kinder in der Schule hat. Da tauchen die gleichen Themen genauso wieder auf wie an der Staatschule.

    Und die Behauptung, die Lehrer seien an anthroposophische Grundlagenliteratur gebunden ist schlicht falsch.

    Ich kann nur empfehlen, das Geld nicht auszugeben. selbst für eine kritische Stellungnahme reicht es wohl nicht aus, weil von irrelevanten Grundlagen ausgegangen wird.

    Es gibt bessere Kritik an Waldorfschulen, allgemein und pädagogisch.

    Wie so ein Mist als bestanden zählen kann ist mir schleierhaft.

    Jürgen Göndör
    http://p

Blick ins Buch
Titel: Der Lehrer an der Waldorfschule - Begleiter eines esoterischen Erkenntniswegs



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden