Die Mutter-Tochter-Beziehung im Roman "Die Klavierspielerin" von Elfriede Jelinek


Diplomarbeit, 2018

33 Seiten, Note: 1

Monika Krotoszynska (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1.Elfriede Jelinek – Leben und Werk
1.1 Lebensweise
1.2 Werk
1.3 „Klavierspielerin”- biographische Hintergründe

2. Das Frauenbild- feministische und psychologische Konzepte
2.1 Mutter
2.2. Tochter

3. Mutter und Tochter zwischen Macht und Symbiose
3.1. Erziehung zu Hause
3.2. Erikas Außenwelt
3.3. Dominanz der Mutter
3.4. Erika und Walter Klemmer

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

Einleitung

Es unterliegt keinem Zweifel, dass Mutter- Tochter – Beziehung oft problematisch sein kann. Die Mütter wollen perfekt sein. Dieser Perfektionismus kann jedoch irreführend sein, weil es sehr oft passiert, dass sich die Töchter dadurch nie losgelassen überbehütet fühlen. An dieser Stelle wäre es angebracht, festzustellen, dass die perfekte Mutter einer perfekten Tochter sein zu müssen ein Mythos ist, von dem wir uns befreien sollen, sonst kann es zu einem größeren Konflikt kommen. Die Vorstellung, dass man nur als "gute" Mutter etwas wert ist, bringt nur Missverständnisse mit sich. Viele Mütter verlangen von ihren Töchtern, dass sie ihre unerfüllten Wünsche verwirklichen, egal ob sie imstande sind oder nicht. Wichtig ist hier die Aussöhnung mit sich selbst und der eigenen Lebensgeschichte.

Es gibt auch Fälle, dass die Töchter von den Müttern vernachlässigt und abgewertet werden. Die Mütter versuchen ihnen das auf Schritt und Tritt zu beweisen, was auch schlimme Konsequenzen haben kann. Angesichts solcher Situation geben die Töchter die Rolle des bedürftigen Kindes auf und versuchen sich selbst eine gute Mutter zu sein, indem sie ihr "inneres Kind" liebevoll wahrnehmen und sich selbst das geben, was die Mutter "da draußen" ihnen nicht geben kann.

Auch sie Töchter sind oft daran schuld, dass etwas in der Mutter- Tochter –Beziehung schlief geht, indem sie ihre Mütter ignorieren und statt in ihr eine Freundin zu sehen, finden sie sie als einen Feind.

Man soll sich dessen bewusst sein, dass nicht jede Mutter-Tochter-Beziehung positiv gewandelt werden kann, was aber nicht bedeutet, dass es in dieser Hinsicht keine Ausnahmen gibt und dass es nie zu einer Versöhnung kommt. Man muss sich wirklich viel Mühe geben. Sehr oft werden im Endeffekt Erstarrungen gelöst. Tränen werden in Dankbarkeit gewandelt.

Auch in der Literatur wird das Thema Mutter-Tochter-Beziehung nach wie vor aktuell und es entstehen neue Werke, die sich mit diesem Problem auseinandersetzen. Ein von ihnen ist der Roman von Elfriede Jelinek, dessen Titel „Die Klavierspielerin“ ist. Die Darstellung der Mutter-Tochter-Beziehung und ihre Analyse bilden den Kernpunkt der vorliegenden Arbeit.

1.Elfriede Jelinek – Leben und Werk

Ich versuche, die Sprache selbst zu zwingen, die Wahrheit zu sagen, sozusagen die Wahrheit hinter sich selbst, wo sie versucht sich zu verstecken.

Elfriede Jelinek

1.1 Lebensweise

Elfriede Jelinek, die erfolgreichste gegenwärtige österreichische Schriftstellerin, ist am 20. Oktober 1946 in Mürzzuschlag in Steiermark geboren. Als Kleinkind wurde sie in eine private Tanzschule zum Balletunterricht geschickt. Kleine Elfride war wirklich begabt, denn mit sechs Jahren begann sie Klavier zu spielen und sie lernte sehr schnell. Dazu kamen drei Jahre später die nächsten Instrumente, nämlich Blockflöte und Geige.1 Sie wollte die Berufsmusikerin werden und jeden Tag übte sie viele Stunden. Diese Lebensetappe spiegelt sich einigermaßen in ihrem Roman Die Klavierspielerin wider.

„Zweimal hat Elfriede Jelinek ihre musikalische Laufbahn zum Thema von Romanen gemacht. In Die Ausgesperrten und in Die Klavierspielerin.2

Elfride Jelinek interessierte sich schon seit ihrer Kindheit für die Kunst im wahrsten Sinne des Wortes. Im März 1971 legte sie die Abschlussprüfung im Fach Orgel ab. Im Laufe der Zeit änderte sich ein bisschen ihr Interesse und sie begann Gedichte zu schreiben. Von Bedeutung ist auch ihr Verhalten in dieser Zeit, das man auch in ihrem Werken bemerken kann.

An Anfang wollte sie Medizin oder Biologie studieren, aber im Herbst 1964 fang sie an an der Universität Wien zu studieren. Elfriede gab dieses Studium auf. Sie besuchte dann im Jahr 1971 das Konservatorium, aber sie gab es auch sowie die Universität auf. Sie widmete sich dem Schreiben der Gedichte und befasste sich dabei mit zwischenmenschlichen Beziehungen. Ein nächster Schlag in ihrem Leben war Krankheit ihres Vaters, der unter Alzheimer litt. Er war im Sanatorium untergebracht, wo er auch später starb. Ihr Vater Friederich Jelinek war sehr still und ihre Mutter Ilona Jelinek war eine patente und ehrgeizige Frau.

Elfriede wollte unabhängig von ihrer Mutter sein und alleine leben, deshalb verließ sie das Haus und begann die nächste Etappe ihres Lebens, in der sie sich völlig dem Schreiben widmete.

Den nächsten wichtigen Schritt machte Elfriede am 12. Juni 1974, indem sie Gottfried Hüngsberg heiratete.

Als sie klein war, verbrachte sie Samstagnachmittage in der psychiatrischen Kinderklinik, weil sie sehr hyperaktiv war. Elfriede hatte ein Problem weil sie Angst vor vollen Räumen hatte, und deshalb ging sie immer dahin mit ihrer Mutter. Dann kam noch dazu die Gesprächstherapie, an der sie teilnehmen musste. Im Jahr 1969 verbesserte sich ihr psychischer Zustand. Sie nahm sogar an dem Wettbewerb der Innsbrucker Jugendkulturwoche teil und sie gewann.

Zu ihren Preisen und Auszeichnungen gehören unter anderem das Österreichische Staatsstipendium für Literatur (1972), der Drehbuchpreis des Innenministeriums der BRD (1979), der Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln (1986), der Literaturpreis des Landes Steiermark (1987) und Deutschlands höchste Literaturauszeichnung: der Georg-Büchner-Preis (1998).

Am 7. Oktober 2004 wurde Elfriede Jelinek Literaturnobelpreisträgerin. „Für den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen“, so lautete die Begründung für die Preisvergabe 2004, als sie Literaturnobelpreis erhielt.

Die Reaktionen auf den Preis waren verschieden. Für manche war sie einfach Provokateurin. Mit Zustimmung oder Ablehnung wurde sie als die Sprachkünstlerin die Feministin, die Avantgardistin, die Pornografin, die Antifaschistin, die Nihilistin, die politische Mahnerin sowie die Kunstfigur beschrieben.3

Die internationale, nicht-deutschsprachige Rezeption der Werke Elfriede Jelineks gewann an Bedeutung in den1980er Jahren.4 Einen großen Einfluss hatte darauf eben der Roman

„Die Klavierspielerin“ von 1983 sowie die Verleihung des renommierten Heinrich-Böll-Preises der Stadt Köln im Jahre 1986. Als erste erschien 1986 eine Übersetzung der „Klavierspielerin“ ins Schwedische. Bis 1988 folgten Übersetzungen dieses Romans ins Niederländische, Englische und Französische.

Die Zahl der Übersetzungen von Jelineks Werken stieg enorm vor allem durch die Zuerkennung des Nobelpreises im Jahre. Bis 2008 wurde das Werk in 37 Sprachen übersetzt.

Wichtig ist auch die internationale Rezeption der Werke Jelineks in solchen Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien und USA .

2004 gründete Elfriede Jelinek an der Universität Wien sogar ein Forschungszentrum.

1.2 Werk

Die Thematik, mit der sich Elfriede Jelinek in ihren Werken befasst, ist sehr umfangreich. Elfriede Jelinek schreibt über Missstände sowohl im öffentlichen, politischen, als auch im privaten Leben der österreichischen Gesellschaft. So steht sie einigermaßen im Mittelpunkt ihrer literarischen Interessen.

In vielen ihren Werken beruft sie sich auf Themen, Motive und Texte der griechischen und römischen Antike. Die Rezeption antiker Stoffe ist besonders in ihren Theaterstücken zu beobachten.5

Ihr Repertoire beschränkt sich jedoch nicht nur auf sie. Jelinek ist auch Autorin von zahlreichen Essays und Romanen. Aktuelle Themen sind ihr natürlich auch nicht fremd.

Ihre kritische Haltung gegenüber den Medien charakterisiert ihr Drama "Stecken, Stab und Stangl – Eine Handarbeit" .Die Vielfalt ihrer literarischen Themen zeigte Jelinek den Lesern am Bespiel des Romans "Die Kinder der Toten", in dem solche Motive wie Heimat, Mutter-Tochter-Verhältnis, Leben und Tod ans Licht kommen. Die österreichische Schriftstellerin schrieb den ersten Poproman in deutscher Sprache unter dem Titel wir sind lockvögel, baby! (1970) Ihre kritische Haltung gegenüber den Medien brachte sie mit dem Drama Stecken, Stab und Stangl. Eine Handarbeit (uraufgeführt 1996) zum Ausdruck. Sie verfasst aber auch die Schauspiele Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte (ua. 1979), Clara S. (ua. 1982) oder Krankheit oder Moderne Frauen (uraufgeführt 1987).2000 erschien der Roman Gier. Ein Unterhaltungsroman.6

Ihr Leitmotiv sind Frauen, die in der von Männern dominierten Gesellschaft leben und die von ihnen sexuell unterdrückt werden. Jelinek fürchtet sich nicht und bringt tabuisierte Aspekte menschlicher Beziehungen ans Licht. Das Problem von Gewalt und Macht in der Familie ist ihr auch nicht egal.

Sehr wichtig ist für sie immerhin die Abschaffung der Klassengesellschaft, was auch ziemlich oft ihn ihren Werken zum Ausdruck kommt.

In ihren Romanen konzentriert sie sich mehr auf private Unterdrückung der Frau durch den Mann, der immer als brutal dargestellt wird als auf Benachteiligung der Frau in der Gesellschaft.7

Die Frauen werden hilflos und gesellschaftsorientiert dargestellt. Sie versuchen sich dem vorbeigehenden Leben anzuschließen. Von Bedeutung ist auch die Tatsache, dass sie die Frau als Objekt des Mannes darstellt, die ihm unterworfen ist.

So setzt sie sich ziemlich intensiv mit der Rolle der Frau auseinander. Dasselbe bezieht sich auch auf die Auswirkung von Gewalt und Macht im weitesten Sinne dieser Worte.

Dank ihrem umfangreichem und anspruchsvollem schriftstellerischem Schaffen hat sie sich einen relativ festen Platz in der deutschsprachigen Literatur garantiert. Ihre Werken gehören bestimmt nicht zu den einfachsten. Schon die Sprache selbst ist manchmal ziemlich„ rätselhaft“.8

Dazu kommt noch die Vielschichtigkeit der Problematik, die sie in ihren Werken darstellt. So sollte man sie auch betrachten, was bei ihrer Analyse behilflich sein kann. Global kann man in diesem Fall gar nicht vorgehen, weil die literarische Verwicklung in Jelinek Werken sehr tief ist.

Nicht ohne Bedeutung sind also auch bei der Interpretation ihrer Werke charakteristische Sprachmittel sowie inhaltliche Komponenten.9

Was die Darstellung ihrer Themen betrifft, verwendet Jelinek eine besondere Technik. Sie spielt einfach mit Sprache und experimentiert mit ihr. Man merkt aber dabei, dass ihr das wirklich Spaß macht. Typisch für sie sind doch ziemlich merkwürdige Wortzusammensetzungen, sowie stereotype ironische Formulierungen. Auch sie haben ihre bestimmte Funktion. Manchmal sind sie einfach komisch und manchmal können sie sogar das Publikum schockieren.

Das literarische Schaffen von Elfriede Jelinek bezieht sich also auf ziemlich breite Palette, was sowohl Thematik, als auch die Sprache betrifft. Die Sprache, die in den Werken von Elfriede Jelinek vorkommt, ist ziemlich merkwürdig und man sollte sie auch analysieren.

In ihren Werken findet man ansonsten einige Gemeinsamkeiten bei der Verwendung der Sprache. Es tauchen ähnliche sprachliche Mittel sowie ihre besonderen Anwendungen auf. Oft hat man einfach den Eindruck, dass Elfriede Jelinek eine neue Sprache konstruiert.

In den Texten von Elfriede Jelinek spielt das Verhältnis von Sprache und Realität, Literatur und Wirklichkeit eine wesentliche Rolle. Schestag hat dieses Verhältnis zwischen Sprache und Realität in Jelineks Werken so resümiert: “Es handelt sich bei ihren Texten um eine radikale Umkehrung jenes Abbildungsverhältnisses, in dem Widerspiegelungstheoretiker das Verhältnis von Sprache und Realität, Literatur und Wirklichkeit gesehen haben. […] Die Sprachspiele, die Jelinek in ihren Texten inszeniert, variieren Möglichkeiten. Sie verändern Perspektiven und beleuchten Zusammenhänge neu, so daβ der Blick auf vorhandene Realitäten sprachlicher wie außersprachlicher Art sich verändert, Probleme in anderem Licht erscheinen und neue Kontexte gebildet werden“.10

Elfriede Jelinek selbst sagt über ihre Sprache Folgendes: „Meine Texte sind ja eher nach kompositorischen Prinzipien gebaut, wo das Wort selbst eben das Klangmaterial ist. Das sind eigentlich Sprachkompositionen, was viel zu wenig erkannt worden ist in der Rezeption.11

Was den in den Romanen angewandten Stil angeht, kann festgestellt werden, dass er in einigen Bereichen gewisse Veränderungen aufweist. Besonders betreffen sie aber die stilistische Ebene des Textes. Typisch sind hier ironische Skizzen sowie der Gebrauch der Sprichwörter, die von Jelinek sehr oft modifiziert werden. Der rasche Wechsel von Perspektiven ist eine der charakteristischen Erzählweisen Jelineks. Auch das Sprachspiel der Ironie ist in den Romanen präsent.12

Zu ihren Schwerpunktthemen zählten nun Frauen in der von Männern dominierten Gesellschaft und die sexuelle Unterdrückung der Frau. In der Darstellung ihrer Themen verwendet Jelinek eine besondere Technik der Sprache: Sie setzt unterschiedliche Textsorten, wie zum Beispiel aus der Werbung oder aus Schubertliedern ein, oder sie verwendet stereotype Formulierungen auf ironische Weise, um ihre wahren Bedeutungen zu enthüllen.

In den literarischen Werken von Elfriede Jelinek lässt sich wirklich eine sehr interessante Persönlichkeitsdarstellung der Protagonisten beobachten. Der Ausgangspunkt ist in dieser Kreation der Kampf zwischen den Geschlechtern, der Kampf des männlichen gegen das weibliche Prinzip.13

Was die Frauen betrifft, sind sie da sowohl ökonomisch als auch emotional von den Männern abhängig. Diese Abhängigkeit spiegelt sich doch sehr deutlich in ihrem Handeln wider.

Von Bedeutung ist dabei auch ist Tatsache, dass die Frau durch ihr Handeln ein spezifisches Wesen ist. Einerseits scheitert sie an dem Konflikt zwischen ihrer Sexualität und ihrer Kreativität, andererseits aber an dem Verstand als Gegensatz zu ihrer Emotionalität. So ist sie zwar in der Gesellschaft präsent, was aber geistigen Werte leider nicht betrifft.14 Durch solche Figurenkonstellation versucht Jelinek die Leser zu überzeugen, was ihr auch immerhin gelingt, dass die Frau nie als ein Subjekt, sondern immer nur als ein Objekt auftritt. Dieses gewisse Konflikt mit der Gesellschaft trägt oft dazu bei, dass die Frauen wegen des Unrechts, das die Männer antun sowie wegen Stereotypen, denen sie sich anpassen müssen, sehr leiden. In der Beziehung zwischen dem Mann und Frau gibt es viele Konventionen, die Degradation der Frau verursachen und die laut Jelinek den Grund des unvermeidbaren „Untergangs“ bedeutet. Dazu kommt noch die völlig verkehrte, krankhafte Sexualität, die der Frau nichts anderes als ihre absolute Vergegenständlichung garantiert.15

Die Kritik der zwischenmenschlichen Beziehungen ist bei Jelinek mit der Kritik der kapitalistischen Gesellschaft sowie des Konsumlebens eng verbunden. Jelinek Kritik bezieht sich auf die kapitalistisch-patriarchalisch orientierte Gesellschaft bezieht. Dabei ist aber ihr Blick im die ganze Zeit auf die schlechten gesellschaftlichen Bedingungen und auf Frauen gerichtet ist. Jelinek zeigt in ihren Romanen ganz bewusst die ganze Problematik auf, die das Schicksaal junger Frauen begleitet.

Natürlich gibt es Jelinek Befürworter, als auch Gegner. Per Wästberg, der Sprecher der Nobelpreisjury sagte Folgendes über sie: „Sie ist eine Autorin, die mit ihrem Zorn und mit Leidenschaft ihre Leser in den Grundfesten erschüttert.“

„Das Besondere an Jelineks Werk ist die politische Brisanz ihrer Themen und die ästhetische Sprengkraft ihrer Texte. … Als eine der bekanntesten und umstrittensten Autorinnen im deutschsprachigen Raum schreibt sie Prosa und Dramen, die keine zentrale Interpretation, die das Herz ihrer Texte träfe, zulassen. Vielmehr entwickelt sie eine Struktur, die dezentriert. Für diese Struktur weidet sie verschiedene Textkörper aus, zerlegt sie und fusioniert Partikel neu. Die Worte der anderen, Trivialpartikel, Literatur und Theoriediskurse, zerlegt sie und montiert sie zu einem Textgewebe, das zersetzt, aber auch konstruiert“.16

„Ihre Literatur sei Lesefolter, sei Pornographie, findet die Kritik, und ihr Leserpublikum neigt dazu, von der Bösartigkeit des Geschriebenen auf die Bösartigkeit der Schreiberin kurzzuschließen: Man verfällt oft dem Irrtum, die Autorin für unmenschlich, lieblos und zynisch zu halten, weil sie die Unmenschlichkeit und Lieblosigkeit so zynisch beschreiben kann“.17

Dank diesem Phänomen ist aber die Autorin selbst sowie ihre Werke immer präsent. Ansonsten erfreuen sie sich einer gewissen Popularität, die man aber nicht nur dem Nobelpreis verdankt.

Mit der Zeit wird auch die Rezeption ihrer Werke im internationalen Ausmaß immer größer. Ihre Konstellation der Figuren ist doch sehr spezifisch, was aber nicht bedeutet, dass man ihrer Analyse keine Zeit widmen kann. Ganz im Gegenteil, nur genaue Analyse ermöglicht dem Leser ihre Werke zu verstehen und objektiv zu beurteilen.

Literatur ist ein bisschen so wie Mode. Das was gestern „in“ war, kann schon heute „out“ sein, obwohl wir es wollen oder nicht und Jelinek richtet sich wirklich nach der These, indem sie neue Werke schreibt.

Ein wichtiges Thema, mit dem sich Jelinek auch in ihren Texten konfrontiert ist Mutter- Tochter – Beziehung, die den Kern der vorliegenden Arbeit bildet.

1.3 „Klavierspielerin”- biographische Hintergründe

Von großer Bedeutung scheint die Tatsache zu sein, dass im Roman autobiographische Elemente von Jelinek auftreten. Sie hat ihn selbst als „eingeschränkte Biographie“ bezeichnet.18

Die Figur des Walter Klemmer sollte die Persönlichkeit ihres Lektors widerspiegeln. „In die Figur der Erika brachte Elfriede Jelinek ihr Leben in einem Maße ein, wie sie es in keinem anderen Buch getan hat.“19

Das nächste Bespiel dafür, dass man im Falle des Roman „Die Klavierspielerin“ mit biographischen Hintergründen zu tun hat, ist das Studium vom Jelinek am Konservatorium der Stadt Wien. Auch sie selbst wie ihre Protagonistin im Roman Erika Kohut wollte unabhängig von der Mutter leben. Ihr Vater hat an der Technischen Hochschule in Wien studiert, die im Roman Walter Klammer auch absolvierte. In „Die Klavierspielerin“ schilderte auch Elfriede Jelinek den Weg ihres Vaters in das Sanatorium.20

Die Berücksichtigung autobiographischer Züge beeinflusst die Rezeption des Romans von den Lesern. Es unterliegt keinem Zweifel, dass sie aufgrund solcher Informationen Jelinek mir Erika identifizieren. Sie sind auch sich dessen bewusst, dass sie mit den realen Situationen konfrontiert werden.

2. Das Frauenbild- feministische und psychologische Konzepte

Die Rolle und Position der Frau in der Gesellschaft war im Laufe der Zeit unterschiedlichen Wandlungen unterworfen und sie änderte sich mit der Zeit. Im 19. Jahrhundert galten die Männer fähiger als die Frauen und sie waren in vielen Bereichen tätig. Der Mann als der Kopf der Familie ging an die Arbeit, verdiente Geld und sorgte für die Familie. Was die Frau anbetrifft war sie für den Haushalt verantwortlich. Zu ihren Aufgaben gehörten Putzen, Kochen, Waschen und Kinderbetreuung. Den Frauen standen nicht dieselben Bildungsmöglichkeiten wie Männern offen und ihre Berufschancen waren deswegen begrenzt. Sie wurden als schwaches Geschlecht bezeichnet und angesehen. 1820 entstanden Mädchenpensionate und Schulen, deren Ziel es war die Frauen auf die Rolle der Mutter vorzubereiten.21

Universitätsbesuche waren für die Frauen nicht möglich. Wegen mangelnder Bildung begannen die Frauen in der Jahrhundertwende für eine Chancengleichheit zu kämpfen. Ihre Bemühungen , auch Frauen ein Studium zu gestatten, brachten leider keine Erfolge. Letztendlich gelang es einzelnen Frauen Ausnahmeregelungen durchzusetzen, indem sie als "Gasthörerinnen" an Universitätsvorlesungen teilnehmen durften. Einen Abschluss konnten sie jedoch zunächst nicht machen. Erst nach einiger Zeit wurde es auch Mädchen erlaubt, einen höheren Schulabschluss zu erwerben.

Was die Frauenbewegung angeht, entstand sie nicht aus Ideen sondern aus Erfahrungen. Die Revolte der 60er Jahre, dieser erste Versuch einer Kulturrevolution, hatte zum Ziel den Frauen ihre ökonomischen auch ihre kulturelle Ausbeutung bewusst zu machen, was nicht nur in ihrem öffentlichen sondern auch in ihrem privaten Leben widergespiegelt wurde. Gabriele Dietze spricht sogar von der „politische Revolte des Privaten, aus der eine fruchtbare Verknüpfung von Leben und Denken erwuchs.“22

[...]


1 Mayer, V., Koberg, R., Elfriede Jelinek: Ein Porträt, Reinbek bei Hamburg 2006, S. 11.

2 Ebd., S. 18.

3 Ebd., S. 19.

4 Bartens, D., Pechmann, P., ElfriedeJelinek: die internationale Rezeption, Graz 1997, S. 43.

5 Mathä, J., Fortschreibung desantiken Botenberichts in Elfriede Jelineks Rechnitz (Der Würgeengel), Wien 2007, S.1.

6 Janz, M., Elfriede Jelinek, Stuttgart 1995, S.98.

7 Ebd. S.100.

8 Janke, P., Neuwirth, O., Spiel mit Formen und Bedeutungsebenen. Olga Neuwirth (Wien) im Gespräch mit Pia Janke . In: Janke, Pia (Hg.): Elfriede Jelinek: „Ich will kein Theater“. Mediale Überschreitungen. Wien 2007, S. 410.

9 Ebd., S.411.

10 Schestag, U., Sprachspiel als Lebensform. Strukturuntersuchungen zur erzählenden Prosa Elfriede Jelineks. Bielefeld 1997, S. 31.

11 Glenk, E., Die Funktion der Sprichwörter im Text. Eine linguistische Untersuchung anhand von Texten aus Elfriede Jelinkes Werken. Wien 2002, S. 65.

12 Schestag, U., Sprachspiel als Lebensform. Strukturuntersuchungen zur erzählenden Prosa Elfriede Jelineks. Bielefeld 1997, S.33.

13 Burger, R. Der böse Blick der Elfriede Jelinek. – In: Gürtler, Christa: Gegen den schönen Schein. Texte zu Elfriede Jelinek, Frankfurt 2005, S. 17.

14 Ebd., S.20.

15 Ebd., S.29.

16 Dagmar von Hoff, Professorin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

17 Sigrid Löffler, Literaturkritikerin, in Emma 10/1985

18 Mayer, V., Koberg, R., Elfriede Jelinek: Ein Porträt, Reinbek bei Hamburg 2006, S.56.

19 Ebd., S.56.

20 Mayer, V., Koberg, R., Dieser unentwegte Spaziergänger. Der Vater im Werk von Elfriede Jelinek.- In: Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.): Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur.- München 2007, S. 62.

21 Marchart, O., Cultural Studies, Stuttgart 2007, S. 134.

22 Dietze, G., Die Überwindung der Sprachlosigkeit. Texte aus der neuen Frauenbewegung, Darmstadt 1997, S. 12.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Die Mutter-Tochter-Beziehung im Roman "Die Klavierspielerin" von Elfriede Jelinek
Hochschule
Uniwersytet Rzeszowski
Note
1
Autor
Jahr
2018
Seiten
33
Katalognummer
V499096
ISBN (eBook)
9783346031655
ISBN (Buch)
9783346031662
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mutter-tochter-beziehung, roman, klavierspielerin, elfriede, jelinek
Arbeit zitieren
Monika Krotoszynska (Autor:in), 2018, Die Mutter-Tochter-Beziehung im Roman "Die Klavierspielerin" von Elfriede Jelinek, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/499096

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