Es ist eine der Besonderheiten Thomas Manns, dass sich dem Leser bei der Lektüre der Mann`schen Texte eine Vielfalt an Interpretationsmöglichkeiten bietet. Das liegt vor allem daran, dass sich das epische Werk auf mehreren Ebenen erschließen lässt.
Die Erzählung „Der Tod in Venedig“ ist dafür ein gutes Beispiel, denn hier vereinen sich psychologische, philosophische, moralistisch-ästhetische und mythologische Aspekte und Gedanken. Es existiert neben der Erzählebene eine oft kryptische, symbolisch-mythologische Verweisung.
In meiner Ausarbeitung werde ich den Fokus auf diese Verweisungen richten, denn gerade im Bezug auf das Gesamtwerk Thomas Manns stellt „Der Tod in Venedig“ in dieser Hinsicht einen Wendepunkt dar, denn „die Erzählung ist [...] die erste seiner Dichtungen mit deutlich sichtbaren mythologischen Motiven, die man von nun an bis ins Spätwerk verfolgen kann“1.
Im Folgenden sollen diese mythologischen Verweise transparent gemacht werden, indem einige der wichtigen mythologischen Aspekte und Motive dargestellt werden.
In meiner Ausarbeitung fasse ich die wichtigsten Forschungsergebnisse der Sekundärliteratur zusammen und suche nach Belegen in der direkten Textarbeit. Ziel ist es, eine knappe und prägnante Darstellung wesentlicher Aspekte der Mythologie für das Gesamtverständnis der Novelle zu liefern. Es werden zunächst die wichtigsten entstehungsgeschichtlichen Aspekte im Hinblick auf die Mythologie vorgestellt. Anschließend wird untersucht, auf welche Art und in welchem Umfang Thomas Mann hier mit der Mythologie gearbeitet hat und wo sich am Text konkrete Hinweise finden und mythologische Motive nachweisen lassen.
Daneben wird in dieser Untersuchung der mythologisch-philosophische Gegensatz von Apollinischem und Dionysischem als antipodische Lebens- und Kunstprinzipien thematisiert. Dieser, durch die Philosophie Nietzsches geprägte Gegensatz wird erläutert und anhand von Beispielen am Text transparent gemacht.
Abschließend werde ich der Frage nachgehen, ob der Tod Aschenbachs aus mythologisch-philosophischer Sicht unausweichlich ist und warum Thomas Mann seine Novelle darin gipfeln lässt.
1 Karthaus, Ulrich: Thomas Mann. Literaturwissen für Schule und Studium, Stuttgart 1994, S. 71 (hinfort zitiert als Karthaus 1994)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Entstehungsgeschichtliche Grundlagen im mythologischen Kontext
- 1.1 Leitmotiv und Verweisungstechnik – Der Einfluss Richard Wagners
- 1.2 Die Philosophie Nietzsches – Das Apollinische und das Dionysische
- 1.3 Die Neuklassik als literaturhistorischer Kontext
- 2. Mythologische Motive in „Der Tod in Venedig“
- 3. Der Sieg des Dionysischen über das Apollinische
- 3.1 Die Darstellung von Apollinischem und Dionysischem in der Erzählung
- 3.2 Der Tod als Konsequenz
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung analysiert die mythologischen Verweisungen in Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“. Der Fokus liegt darauf, die Relevanz dieser Verweisungen für das Gesamtverständnis der Novelle zu beleuchten und zu zeigen, wie Thomas Mann die Mythologie als Mittel zur Gestaltung seiner Gedanken und zur Vermittlung von Ironie einsetzt.
- Entstehungsgeschichtliche Hintergründe der mythologischen Verweise in „Der Tod in Venedig“
- Analyse der mythologischen Motive in der Novelle
- Darstellung des Gegensatzes zwischen Apollinischem und Dionysischem als Lebens- und Kunstprinzipien
- Interpretation der Rolle des Todes als Konsequenz aus der Konfrontation mit dem Dionysischen
- Einordnung der Novelle im Kontext des Gesamtwerks Thomas Manns
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Vielschichtigkeit des Werks von Thomas Mann heraus und betont die Bedeutung mythologischer Verweisungen in „Der Tod in Venedig“. Sie skizziert die Zielsetzung der Ausarbeitung, die darin besteht, die wichtigsten mythologischen Aspekte zu identifizieren und deren Bedeutung für das Gesamtverständnis der Novelle zu analysieren.
Das erste Kapitel befasst sich mit den entstehungsgeschichtlichen Grundlagen der mythologischen Verweise in der Novelle. Dabei wird der Einfluss Richard Wagners auf Thomas Mann und die Abwendung vom germanischen Mythos zugunsten der antiken Mythologie betrachtet. Weiterhin wird die Philosophie Nietzsches und das Konzept des Apollinischen und Dionysischen in den Kontext der Novelle gestellt.
Das zweite Kapitel untersucht die konkreten mythologischen Motive in „Der Tod in Venedig“ und analysiert, wie Thomas Mann diese in seiner Erzählung einsetzt.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Gegensatz zwischen Apollinischem und Dionysischem und analysiert, wie dieser Gegensatz in der Novelle dargestellt wird. Es wird untersucht, inwiefern der Tod Aschenbachs aus mythologisch-philosophischer Sicht unausweichlich ist und warum Thomas Mann die Novelle darin gipfeln lässt.
Schlüsselwörter
Mythologie, Thomas Mann, „Der Tod in Venedig“, Leitmotiv, Richard Wagner, Nietzsche, Apollinisches, Dionysisches, Neuklassik, Symbolismus, Ironie, Allegorie, Tod, Aschenbach
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- Anonym (Author), 2004, Mythologische Aspekte in Thomas Manns Novelle 'Der Tod in Venedig', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50102