„Eher eine epigone als eine moderne Art von Dichtung“, die in der romantischen Tradition Heines stehe – so lautet Herman Hesses Urteil zum lyrischen Frühwerk Mascha Kalékos in den Neuen Deutschen Büchern 1935-1936 (76):
Aber diese kleinen Dichtungen haben dennoch einen echten Liebreiz, sie sind auf eine graziöse und sympathische Weise verspielt und tändelnd, sie sind von echter Jugendlichkeit, uns so sind sie uns willkommen in ihrer Anmut und Schlichtheit, hinter der soviel Traurigkeit und Sehnsucht nach einem echteren und edleren Leben steckt.
Lassen sich wohl in einer Lyrik, von männlicher Intellektualität als „kleine Dichtung“ bezeichnet und mit dem Prädikat „von echtem Liebreiz“ versehen, Aspekte ‘weiblichen Schreibens’ entdecken? Die vorliegende Arbeit wird versuchen, dieser Frage auf den Grund zu gehen.
In einem ersten Teil wird deshalb eine Annäherung an den Begriff ‘weibliches Schreiben’ zu unternehmen sein; hier soll eine Grundlage für die nachfolgende Untersuchung von Gedichten aus Kalékos ersten beiden Lyrikbänden, Das lyrische Stenogrammheft und Kleines Lesebuch für Große, geschaffen werden. Gedichte, die nach Kalékos Emigration entstanden sind, können im Rahmen dieser Arbeit leider nicht mit berücksichtigt werden. Die Person und Dichterin Mascha Kaléko wird in einem zweiten Teil dieser Arbeit im Mittelpunkt stehen. Da nicht unbedingt von einer detaillierten Kenntnis der Vita der Autorin ausgegangen werden kann, erscheint eine etwas umfangreichere Darstellung ihrer Biographie sinnvoll. Leben und Sozialisation Kalékos, ihr weibliches (Selbst-) Bewusstsein, stellen zudem eine wichtige Grundlage für die zu untersuchenden Aspekte ‘weiblichen Schreibens’ dar. Ein letzter Teil dieser Arbeit wird sich schlussendlich mit der Zusammenführung der zuvor heraus-gearbeiteten Erkenntnisse zu beschäftigen haben: einer detaillierteren Untersuchung von frühen Gedichten Mascha Kalékos hinsichtlich Aspekten ‘weiblichen Schreibens’.
Angesichts einer sich teilweise sehr differierend präsentierenden feministischen Literaturwissenschaft und einer wenig umfangreichen Forschungsliteratur zu Werk und Person Mascha Kalékos sei darauf hingewiesen, dass diese Arbeit nicht mehr leisten kann als den Versuch, das genannte Thema in den Blick zu nehmen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- Was meint 'weibliches Schreiben'?
- Das Phänomen 'Weiblichkeit'
- Zur Annahme einer „weiblichen Ästhetik“
- Überblick der Theorien
- Definition
- Mascha Kaléko
- Biographisches
- Selbstwahrnehmung und -darstellung
- Kalékos (frühe) Lyrik in zeitgeschichtlichem und literarischem Kontext
- 'Weibliches Schreiben' und Kalékos frühe Lyrik
- Aspekten 'weiblichen Schreibens' auf der Spur
- Eine Abwägung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob sich in der frühen Lyrik Mascha Kalékos, die von männlicher Intellektualität als „kleine Dichtung“ bezeichnet und mit dem Prädikat „von echtem Liebreiz“ versehen wurde, Aspekte „weiblichen Schreibens“ entdecken lassen. Ziel ist es, eine Annäherung an den Begriff „weibliches Schreiben“ zu unternehmen und diese Erkenntnisse auf die Gedichte aus Kalékos ersten beiden Lyrikbänden, „Das lyrische Stenogrammheft“ und „Kleines Lesebuch für Große“, anzuwenden.
- Der Begriff „weibliches Schreiben“ und seine Konstruiertheit
- Die Rolle des Patriarchats in der Definition von „weiblichem Schreiben“
- Die Lebenserfahrungen und -bedingungen von Frauen als Einflussfaktor auf ihre literarische Produktion
- Die Frage nach einer spezifischen „weiblichen Ästhetik“
- Die frühe Lyrik von Mascha Kaléko im Kontext der zeitgeschichtlichen und literarischen Entwicklungen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich einer Annäherung an den Begriff des „weiblichen Schreibens“. Es werden die Konzepte von „Weiblichkeit“, „weiblicher Ästhetik“ und die verschiedenen Theorien zum „weiblichen Schreiben“ untersucht. Das zweite Kapitel befasst sich mit Mascha Kaléko, ihrer Biographie, Selbstwahrnehmung und der Einordnung ihrer frühen Lyrik in den zeitgeschichtlichen und literarischen Kontext. Das dritte Kapitel analysiert die frühe Lyrik Mascha Kalékos im Hinblick auf Aspekte des „weiblichen Schreibens“ und versucht, die gewonnenen Erkenntnisse aus den vorherigen Kapiteln zusammenzuführen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen „weibliches Schreiben“, „Mascha Kaléko“, „frühe Lyrik“, „Geschlechterdifferenz“, „Patriarchat“, „feministische Literaturwissenschaft“, „Ästhetik“ und „Lyrik“. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der frühen Gedichte von Mascha Kaléko und der Suche nach Aspekten des „weiblichen Schreibens“ in diesen Texten.
- Quote paper
- Silvia Bannenberg (Author), 2004, Aspekte weiblichen Schreibens in der frühen Lyrik Mascha Kalékos, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50308