Der Herrschaftsbegriff des Max Weber


Studienarbeit, 2016

13 Seiten, Note: 15

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

A. Herrschaftsbegriff nach Max Weber
I. Formen der Herrschaft bei Max Weber
1. Traditionale Herrschaft
2. Charismatische Herrschaft
3. Legale Herrschaft
4. Vergleich der Herrschaftsformen Max Webers
II. Das Rechtsverständnis Max Webers
1. Das Rechtsverständnis Webers im Bezug auf die legale Herrschaft
2. Rechtspositivismus:
3. Antipositivismus
III. Max Webers Rechtsverständnis im Vergleich zu anderen Autoren
1. Das Rechtsverständnis Geigers
2. Vergleich des Rechtsverständnisses Webers und Geiger
3. Das Rechtsverständnis Eugen Ehrlichs
4. Vergleich des Rechtsverständnisses Webers und Ehrlichs

B. Die moralphilosophische Begründung der Legitimität Webers
I. Die moralphilosophische Begründung der Legitimität durch Weber
II. Die moralphilosophische Begründung der Legitimität durch Habermas
III. Vergleich der Legitimitätsmodelle von Weber und Habermas
IV. Ergebnis

A. Herrschaftsbegriff nach Max Weber

Zu klären ist zunächst was Max Weber unter seinem Herrschaftsbegriff versteht. In seinem Monumentalwerk „Wirtschaft und Gesellschaft“ definiert Max Weber Herrschaft als „die Chance [...] für spezifische Befehle bei einer angebbaren Gruppe von Menschen Gehorsam zu finden“1. Den Herrschaftsbegriff erläutert Weber hierbei in Abgrenzung zu Macht.2 Diese wird von Max Weber als die „Möglichkeit, den eigenen Willen dem Verhalten anderer aufzuzwingen“3 beschrieben. Andreas Anter beschreibt Webers Herrschaftsbegriff daher als eine institutionalisierte Form der Macht.4

Die Herrschaft bedarf nach Weber, im Unterschied zur Macht, der Legitimität.5 Diese ergibt sich aus der Zustimmung der Beherrschten.6 Demnach beruht Herrschaft bei Weber auf dem freiwilligen Gehorchen der Beherrschten. Dies wird von Max Weber in „Wirtschaft und Gesellschaft“ wie folgt beschrieben:„Ein bestimmtes Minimum an Gehorchenwollen, also: Interesse am Gehorchen, gehört zu jedem echten Herrschaftsverhältnis“7. Das Gehorchenwollen kann bei Weber auf affektuelle wert- oder zweckrationale Motive zurückgeführt werden.8

Einen weiteren Bestandteil der Legitimität bildet laut Weber der Legitimitätsglaube. Legitimitätsglaube meint den Glauben der Beherrschten an die legale und gerechtfertigte Herrschaft. Legitimität verleiht der Herrschaft im Unterschied zu einfacher Macht Dauerhaftigkeit, da die Herrschaft auf der Freiwilligkeit der Beherrschten beruht.9

I. Formen der Herrschaft bei Max Weber

Weber unterscheidet in seinem Werk zwischen drei verschiedenen Formen der Herrschaft, der traditionalen, legalen und charismatischen.10 Diese sind für ihn die drei reinen Typen legitimer Herrschaft.11

1. Traditionale Herrschaft

Traditional ist eine Herrschaft laut Max Weber, „wenn ihre Legitimität sich stützt und geglaubt wird auf Grund der Heiligkeit altüberkommener [...] Ordnungen und Herrengewalt.“12 In dieser Herrschaftsform unterscheidet er zwischen einem „Herren“, der durch traditionale Regeln bestimmt wird, seinem Verwaltungsstab, der aus „Dienern“ besteht und den Beherrschten, die entweder „Untertanen“ oder „traditionale Genossen“ sind.13 In einer traditionalen Herrschaft wird nach Weber nicht einer Satzung gefolgt, sondern den Anweisungen des Herrschers.14 Hieraus folgt, dass sich die Anweisungen nicht an rationale Regeln halten müssen, sondern der Herrscher sich lediglich an den Traditionen orientieren sollte, da sonst die Legitimität seiner Herrschaft fraglich würde.15

2. Charismatische Herrschaft

Charisma wird von Max Weber als eine „außeralltäglich geltende Qualität einer Persönlichkeit [...], um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen, nicht jedem anderen zugänglichen Kräften oder Eigenschaften oder als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als ,Führer’ gewertet wird“16, definiert. Zur Bestimmung der Qualität des charismatischen Führers kommt es hiernach alleine auf die Perspektive der Beherrschten an.17

Der Verwaltungsstab des charismatischen Herrschers besteht aus so genannten „Vertrauensmännern“18, die dieser nach ihren charismatischen Qualitäten auswählt.19 Stefan Uecker bezeichnet die charismatische Herrschaft als per se instabil20, da nach dem Tod des charismatischen Führers häufig eine „Veralltäglichung des Charismas“21 einsetzt22. Diese führt nach Weber dazu, dass die charismatische Herrschaft langfristig in eine legale oder traditionale Herrschaft umgeformt wird.23

3. Legale Herrschaft

Als Grundlage einer legalen Herrschaft sieht Weber eine „positive Satzung an deren Legalität geglaubt wird“24. Herrschaft beruht nach Weber auf dem Recht, welches „durch Paktierung oder Oktroyierung rational, zweckrational oder wertrational orientiert, gesatzt werden könne“25.

Die legale Herrschaft beruht nach Weber auf verschiedenen zusammenhängenden Vorstellungen: Es kann zum einen beliebiges Recht geschaffen werden, welches auch zu achten ist. Zum anderen soll jedes Recht eine absichtsvoll gesatzte Regel, die auf den Einzelfall angewandt wird, sein. Des Weiteren orientiert der Vorgesetzte seine Anordnungen an der unpersönlichen Ordnung. Hinzu kommt, dass der einzelne dem Recht als „Genosse“26 gehorcht, was bedeutet, dass er als Mitglied der jeweiligen Herrschaft dem in ihr geltendem Recht gehorcht wird. Die „Genossen“27 befolgen Recht, indem sie den Anweisungen eines Vorgesetzten folgen. Sie gehorchen auf diese Weise jedoch nicht der Person des Vorgesetzten, sondern der unpersönlichen Ordnung, da der Vorgesetzte seine Anweisungen wiederum an der unpersönlichen Ordnung orientiert. Die Genossen sind daher nur zum Gehorsam innerhalb der ihnen von der Ordnung zugewiesenen Zuständigkeit verpflichtet.28

Der reinste Typ der legalen Herrschaft ist nach Weber die Bürokratie.29 Dieser Form liegt die Vorstellung zu Grunde, dass „beliebiges Recht durch eine durch formal korrekt gewillkürte Satzung geschaffen und abgeändert werden kann“30. Formal ist die Bürokratie nach Weber die rationalste Form der Herrschaftsausübung, da diese durch „Präzision, Stetigkeit, Disziplin, Straffheit und Verläßlichkeit“ berechenbar ist.31

4. Vergleich der Herrschaftsformen Max Webers

Zu prüfen sind nachfolgend die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Herrschaftsformen Webers. Der größte Unterschied zwischen denen von Weber konstruierten Herrschaftsformen besteht in der Legitimation des Rechts. Während bei der charismatischen Herrschaft das Recht durch einen charismatischen Führer legitimiert wird, begründet sich die Legitimation der traditionellen Herrschaft in der Übertragung und Wahrung der Traditionen. Im Unterschied dazu wird das Recht der legalen Herrschaft durch den Glauben an die legale Herrschaft, welche die Rechtsordnung erzeugt hat, legitimiert. Die Herrschaft wiederum wird durch den Glauben an die Legalität des Rechts legitim. Somit beruht die Legitimation der legalen Herrschaft bei Max Weber auf einem Zirkelschluss.32

In der charismatischen Herrschaft wird das Recht durch den Herrscher gesetzt, welcher somit faktisch über dem Recht steht.33 Dies ist ein grundlegender Unterschied zur legalen Herrschaft, in der sich jeder dem Recht unterordnen muss, da die jeweilige Stellung des einzelnen auf den legalen Kompetenzen beruht, die ihm durch das Recht zugewiesen werden.34

Das Recht der traditionalen Herrschaft basiert auf traditional überkommenen Normen, welche abänderbar sind, aber durch das traditionale Recht legitimiert werden müssen.35 In einer legalen Herrschaft, ist das Recht unabhängig von überkommenen Normen und erlangt seine Gültigkeit allein durch eine formal korrekte Satzung. Formal rationales Recht ist laut Weber in einer traditionalen Herrschaft nicht möglich, da die Legitimität dieser auf den bestehenden Prinzipien beruht.36 Die Legale Herrschaft ist laut Weber die stabilste Form der Herrschaft, sofern „die Bürokratisierung der Verwaltung einmal restlos durchgeführt ist“37.

II. Das Rechtsverständnis Max Webers

Weiterhin stellt sich die Frage, was Max Weber unter Recht versteht. Im Allgemeinen unterscheidet Weber zwischen der soziologischen und der rechtswissenschaftlichen Herangehensweise an Recht.38 Für letztere ist allein die ideelle Geltung des Rechts von Interesse.39 Demnach wird untersucht, welcher normative Sinn einer Rechtsnorm zukommen soll.40 Die soziologische Herangehensweise Webers an Recht hingegen ist durch eine mittels Zwang durchgesetzte Rechtsordnung und einen eigens dafür bestimmten Zwangsapparat gekennzeichnet.41 Die Besonderheit des Rechts „im Vergleich zu anderen Ordnungsgefügen“42 ist laut Weber, dass Recht ein Zwangsinstrument ist, welches durch einen bestimmten Stab durchgesetzt wird.43 Das Recht im soziologischen Sinne kennzeichnet sich nach Weber durch einen Zwangsapparat, der die „Chance“44 hat psychischen oder physischen Zwang auszuüben.45 Folglich ist Weber Vertreter einer Zwangstheorie.46

Weber stellt in seinem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ die Hypothese der Rationalisierung des Rechts auf. Aus dieser geht hervor, dass Recht einem dauerhaften Rationalisierungsprozess unterliegt. Unter Rationalität des Rechts versteht Weber dessen systematischen Charakter, also die Hierarchie der Normen und die allgemeine Lückenlosigkeit.47 Die höchste Entwicklungsstufe des Rechts ist für Weber die formelle Rationalität, da sie die gemeinrechtliche Jurisprudenz erreicht habe.48 Diese Stufe nennt er auch die „logische Rationalität“49.Das Rechtsdenken ist dadurch rational, dass es Begründungen heranzieht, die nicht ausschließlich den Einzelfall betreffen und sich auf eindeutige Regeln berufen. Formal ist es, weil die Entscheidungskriterien dem Rechtssystem selbst entstammen und logisch ist es insoweit als die Rechtsgrundsätze absichtlich konstruiert werden und ein System von Regeln zum Ziel haben.50

1. Das Rechtsverständnis Webers im Bezug auf die legale Herrschaft

Für Weber beruht Recht in einer legalen Herrschaft auf absichtsvollen Entscheidungen von Rechtssätzen. Der Inhalt des Rechts kann beliebig sein und ist veränderbar. Das Recht in einem legalen Herrschaftssystem muss auf einer formal-logischen Rationalität beruhen. Nur ein solches Rechtssystem ist geeignet generelle Regeln aufzustellen, mittels derer sich die rechtlichen Entscheidungen steuern lassen. In einer logischen Herrschaft wird gehorsam nur den gesatzten Regeln geschuldet, weshalb nur ein „logisches System abstrakter Regeln“ die Herrschaft aufrechterhalten kann. Das Recht wird durch eine rationale Satzung legitimiert, die wiederum von einer rechtmäßig etablierten Autorität durch logische Denkmethoden erlassen wird. Rechtssprechung findet durch die Anwendung der abstrakten und formalen Regeln statt.51

2. Rechtspositivismus:

Das Rechtsverständnis Max Webers ist nun im Zusammenhang mit dem Rechtspositivismus zu erläutern. Der Rechtspositivismus stützt sich überwiegend auf zwei Thesen. Zum einen ist Recht strikt von Moral zu trennen. Folglich müssen Recht und Gerechtigkeit nicht zwangsläufig übereinstimmen. Zum anderen resultiert die Geltung des Rechts aus einem willentlichen und förmlichen Rechtssetzungsakt von einem Souverän, der als politischer Gesetzgeber legitimiert ist.52 Der Rechtspositivismus versucht den Inhalt des Rechts zu relativieren, indem er metaphysische Annahmen vermeidet und Recht mittels wertneutraler Merkmale zu bestimmen versucht.53

[...]


1 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.122.

2 Weber, Max; Herrschaft; S.128.

3 Weber, Max; Herrschaft; S.128.

4 Anter, Andreas; Theorien der Macht; S.56.

5 Weber, Max; Herrschaft; S.726

6 Anter, Andreas; Theorien der Macht; S.56.

7 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.122.

8 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.122.

9 Kruse/Barrelmeyer; Max Weber; S.98.

10 Rolshausen, Klaus; Macht und Herrschaft; S.104.

11 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft, S.124.

12 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft, S.130.

13 Zu alledem: Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft, S.130.

14 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft, S.130.

15 Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts; S. 41f.

16 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft, S.140.

17 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft, S.140.

18 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft, S.141.

19 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft S.140 f.

20 Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts, S. 43.

21 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.142.

22 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.142 f.

23 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.143.

24 Weber, Max; Soziologische Grundbegriffe; S.30.

25 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.125.

26 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.125.

27 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.125.

28 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.125.

29 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.126.

30 Weber, Max; Herrschaft; S.726.

31 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.126ff.

32 kritisch hierzu: Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts; S.47 ff.

33 Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts; S.44.

34 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.126.

35 Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts; S.42.

36 Trubek, David M.; Max Weber über das Recht und die Entstehung des Kapitalismus; S.172.

37 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.570

38 Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts; S.11.

39 Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts; S.12 f.

40 Ott, Walter; Der Rechtspositivismus; S.78.

41 Uecker, Stefan; Die Rationalisierung des Rechts; S.28 f.

42 Seelmann/Demko; Rechtsphilosophie; S.81.

43 Seelmann/Demko; Rechtsphilosophie; S.80 f.

44 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.17.

45 Weber, Max; Wirtschaft und Gesellschaft; S.17.

46 Ott, Walter; Der Rechtspositivismus; S.80.

47 Röhl, Klaus F.; Rechtssoziologie; S.36.

48 Röhl, Klaus F.; Rechtssoziologie; S.37.

49 Trubek, David M.; Max Weber über das Recht und die Entstehung des Kapitalismus; S.167.

50 Trubek, David M.; Max Weber über das Recht und die Entstehung des Kapitalismus; S.167.

51 Trubek, David M.; Max Weber über das Recht und die Entstehung des Kapitalismus; S.170ff.

52 Kunz/Mona; Rechtsphilosophie, Rechtstheorie, Rechtssoziologie; S.84 f

53 Ott, Walter; Der Rechtspositivismus; S. 102 f.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Der Herrschaftsbegriff des Max Weber
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
15
Jahr
2016
Seiten
13
Katalognummer
V504862
ISBN (eBook)
9783346095015
Sprache
Deutsch
Schlagworte
herrschaftsbegriff, weber
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Der Herrschaftsbegriff des Max Weber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/504862

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