Das Ziel der psychosozialen Diagnose ist es nicht nur auf die Persönlichkeit eines Menschen gerichtet zu sein, sondern sein soziales Umfeld mit in die Arbeit einzubeziehen. Um dem Menschen bei seinen Problemen helfen zu können muss, man ihn als Ganzes mit seiner Umwelt in einer Symbiose lebendes Individuum sehen.
Bei der Problem- und Ressourcenanalyse geht es darum die Probleme und Ressourcen von Individuen hinsichtlich ihrer einzelnen Komponenten (wie zum Beispiel psychische, kulturelle und soziale Faktoren) zu untersuchen und zu beschreiben, um dann Problemlösungen zu erarbeiten.
Die hermeneutische Fallarbeit bietet die Möglichkeit, menschliche Lebensäußerung in ihrer Bedeutung zu verstehen und zu fixieren. Außerdem ist sie ein diagnostisches Handlungsinstrument um wichtige individuelle Verhaltensaspekte von Einzelfällen möglichst einfach zu erfassen
Inhaltsverzeichnis
1. Psychosoziale Diagnostik
1.1 Definition
1.2 Geschichtliche Entwicklung
1.3 Beschreibung der psychosozialen Diagnostik
1.4 Ziele der psychosozialen Diagnose
1.5 Konzepte psychosozialer Diagnostik
2. Problem- und Ressourcenanalyse
2.1 Definition Problem
2.2 Definition Ressource
2.3 Begriffserklärung Problem- und Ressourcenanalyse
2.4 Aufgaben der Problem- und Ressourcenanalyse
2.5 Problembereiche in unserer Gesellschaft
2.6 Methoden der Problem- und Ressourcenanalyse
2.6.1 Die systemische Denkfigur
3. Hermeneutisches Fallverstehen
3.1 Definition Hermeneutik
3.2 Definition Fall
3.3 Erklärung hermeneutisches Fallverstehen
3.4 Ziele des hermeneutischen Fallverstehens
3.5 Praktische Vorgehensweise
Literaturverzeichnis
Internetverzeichnis
1. Psychosoziale Diagnostik
1.1 Definition
„Als psychosoziale Diagnostik oder auch sozialarbeiterische oder sozialpädagogische Diagnostik bezeichnet“, Viola Harnach-Beck „den durch Fachkräfte der sozialen Arbeit gestalteten und verantworteten Prozess der regelgeleiteten Ermittlung der für eine Entscheidung erforderlichen Sozialdaten.“[1]
Die psychosoziale Diagnostik, sowie die soziale Diagnose und die Diagnose werden im Buch von Viola Harnach-Beck als synonyme Begriffe beschrieben da sie, ob sie von Arzt, Psychologe oder Sozialarbeiter verwendet werden, immer das menschliche Erleben und Verhalten erkennen und Verstehen sollen.
1.2 Geschichtliche Entwicklung
Die Psychosoziale Diagnostik geht zurück auf Mary Richmond im Jahre 1917. Sie beschrieb als „soziale Diagnose“ „das Bemühen, zu einer möglichst exakten Definition der sozialen Situation und der Persönlichkeit eines Menschen, der in einer sozialen Notlage ist, zu gelangen – in Beziehung zu anderen Menschen, von denen er in irgendeiner Weise abhängt oder die von ihm abhängen, und auch in Beziehung zu den sozialen Institutionen seiner Gemeinde.“[2]
Mary Richmond forderte die Sozialarbeiter dazu auf, eine Problemkonstellation in ihren verschiedenen Komponenten zu untersuchen. Die auftretenden Schwierigkeiten, die soziale Situation, die Persönlichkeit der Klienten und die Ressourcen des Hilfesystems sollten nicht mit dem Ziel einer Etikettierung, sondern mit dem Anliegen, dass Problem in Bezug auf die Lebenslage der Klienten zu erfassen, um damit speziell auf den Klienten zugeschnittene Hilfemaßnahmen anbieten zu können. 1926 wurde der Begriff der „sozialen Diagnose“ von Alice Salomon in die deutsche Vorsorge eingeführt. Im Laufe der Zeit hat sich das Grundverständnis über das Verhältnis zum Klienten und über methodisches Vorgehen weiterentwickelt, insbesondere auch in der Psychosozialen Diagnostik. Besonders die sozialen Bewegungen (70er und 80er) haben die soziale Arbeit gelehrt, ihre Klienten als Menschen mit berechtigten Ansprüchen auf staatliche Unterstützung, mit eigenen Stärken und Lösungskompetenzen zu sehen. Die Klienten wurden nun als ernstzunehmende Gesprächspartner gesehen, denen gegenüber die Sozialarbeiter ihre Tätigkeiten zu legitimieren hatten.[3]
Seit das Thema Diagnostik und Diagnostikmodelle in der sozialen Arbeit immer mehr Aufmerksamkeit bekommt, besteht die Möglichkeit einer eigenständigen Diagnostik zur Professionalisierung des Berufes des Sozialpädagogen.
1.3 Beschreibung der psychosozialen Diagnostik
Sozialarbeiter arbeiten normalerweise in einem Umfeld das schwer durchschaubar ist. Somit ist eine Diagnose schwer zu erstellen und es muss daran gedacht werden, dass Handeln in komplexen, vernetzten, dynamischen und intransparenten Situationen nur erfolgreich sein kann, wenn die Mittel der Zielerreichung im Vorfeld genau abgeklärt worden sind.
Eine Methode zur Informationssammlung ist ein Erstgespräch in dem Hintergrundinformationen des Klienten, wie die familiäre Situation, sein soziales Umfeld, Erkrankungen, Kulturhintergründe und persönliche Krisen ermittelt werden.
Die Diagnostik ist auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet, was bedeutet, dass jedes Ziel eine andere Diagnosemöglichkeit hat.
Im Gegensatz zur medizinischen Diagnostik wird in der psychosozialen Diagnostik verstärkt auf psychosomatische Zusammenhänge und soziale Einflussfaktoren eingegangen.
In der Sozialen Arbeit ist man auf die Mitarbeit und Motivation der Klienten angewiesen. Ein Vertrauensverhältnis ist wichtig. Durch die begrenzten Möglichkeiten, komplexes menschliches Handeln zu verstehen und menschliche Entwicklung vorherzusagen, sind sozialpädagogische Diagnosen ständig wieder zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Die Folgen diagnostischer Entscheidungen für die Klienten sind schwer vorhersehbar. Deshalb ist eine ständige evaluative Fallarbeit nötig.
1.4 Ziele der psychosozialen Diagnose
Das Ziel der psychosozialen Diagnose ist es nicht nur auf die Persönlichkeit eines Menschen gerichtet zu sein, sondern sein soziales Umfeld mit in die Arbeit einzubeziehen. Um dem Menschen bei seinen Problemen helfen zu können muss, man ihn als Ganzes mit seiner Umwelt in einer Symbiose lebendes Individuum sehen.
Diagnostik kann nicht nur der Datenerhebung dienen, sondern auch auf den Klienten eine verändernde Wirkung haben. Dadurch, dass er über Wahrnehmungen, Erlebnisse und Gefühle spricht, klärt er für sich Gedanken und Empfindungen. Somit beschäftigt er sich mit diesen Themen aus einem anderen Blickwinkel oder mit Themen die er vorher verdrängt hat. Er kann so seine Sichtweise von Vorgängen verändern und diese neu bewerten.
Ergebnisse der Diagnostik sollten dem Klienten mitgeteilt werden und können so die Ausgangsposition für Verhaltens-, Denk- und Gefühlsänderungen sein.
Es kann jedoch auch zu negativen Ergebnissen bei der Darstellung der Diagnostik kommen, wenn das Ergebnis für den Patienten eine „Welt zusammenstürzen lässt“.
1.5 Konzepte psychosozialer Diagnostik
Die verschiedenen Formen der psychosozialen Diagnostik in der Sozialen Arbeit lassen sich am ehesten anhand ihrer jeweiligen Funktion fassen. Psychosoziale Diagnostik kann fungieren als:
1. Orientierungsdiagnostik
Orientierungsdiagnostik ist, einen möglichst umfassenden Überblick über das gesamte
Bedingungsfeld der Probleme, die Lebenslage der Klienten und die verfügbaren Hilfsangebote zu bieten. Sie liefert eine Landkarte der möglichen Problemzusammenhänge, der Ziele und Ressourcen der Beteiligten mit möglichst vielen Sichtweisen und Interpretationen der Lage. Bei der Orientierungsdiagnostik muss zunächst umfassend erkunden werden, wer was als Problem erlebt und welche Anliegen damit verbunden sind, um dann aus fachlicher Sicht zu klären, was wessen Problem ist und was davon die zentralen Probleme sein könnten.
2. Beschlussdiagnostik
Die Beschlussdiagnostik soll die notwendigen Informationen für eine zeitliche Entscheidung liefern (z.B. das Herausnehmen eines Kindes aus der Familie, die Einweisung in die Psychiatrie). Grundlage für diese Entscheidung ist ein gesetzlich fundierter Auftrag, der meist von Mitarbeitern einer Verwaltung (Jugendamt, Sozialamt, Gesundheitsamt) wahrgenommen wird, aber im Delegationsverfahren teilweise auch von Beschäftigten bei Freien Trägern/Wohlfahrtsverbänden. Die Beschlussdiagnostik hat noch eine zweite Funktion. Sie dient auch der Fundierung pädagogischer Grundsatzentscheidungen nach einem solchen Verhaltensakt. Hierzu zählt z.B. der Beschluss eines Teams, einen Jugendlichen in eine betreute Jugendwohngruppe aufzunehmen (oder nicht) oder die Entscheidung, einen geistig Behinderten in eine andere Einrichtung zu "verlegen". Gemeinsam haben beiden Arten von Beschlüssen, dass sie die grundlegenden Rahmenbedingungen für die Lebenssituation der Betroffenen mittel- bis langfristig festlegen und daher einer formaleren Regelung bedürfen als die Gestaltungsdiagnostik.
[...]
[1] Harnach-Beck, Viola, (1995), Psychosoziale Diagnostik in der Jugendhilfe, Weinheim und München, Juventa Verlag S. 19
[2] Richmond, Mary (1917), Social Diagnosis, New York: Russel Sage Foundation S.357 in Harnach-Beck, Viola, (1995), Psychosoziale Diagnostik in der Jugendhilfe, Weinheim und München, Jeventa Verlag
[3] Richmond, Mary (1917), Social Diagnosis, New York: Russel Sage Foundation S.357f in Harnach-Beck, Viola, (1995), Psychosoziale Diagnostik in der Jugendhilfe, Weinheim und München, Jeventa Verlag
- Quote paper
- Martin Wiesbrock (Author), Simone Schwoch (Author), 2005, Hermeneutisches Fallverstehen,Psychosoziale Diagnostik, Problem- Ressourcenanlyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50651
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