Emotionsinduktion in Spendenmailings. Antrieb oder Hindernis für die Spendenmotivation?


Masterarbeit, 2019

87 Seiten, Note: 5.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1 Einleitung
1.1 Zweck der Arbeit und Themenabgrenzung

2 Theorieteil und Stand der Forschung
2.1 Begrifflichkeiten
2.3 Motivation
2.3.1 Verhaltensausrichtung, Persistenz und Verhaltensintensitat
2.3.2 Werbewirkungsmodelle und Einstellungsanderung
2.4 Emotion
2.4.1 Was sind Emotionen?
2.4.2 Wozu gibt es Emotionen?
2.4.3 Wie entstehen Emotionen?
2.4.3.1 Behaviorale Ansatze: Angeborene Reaktionsbereitschaft
2.4.3.2 Kognitive Ansatze: Psychologische Erklarungsansatze
2.4.4 Emotionsinduktion
2.5 Spendenmailing
2.5.1 Non-Profit-Organisationen
2.5.2 Fundraising
2.6 Spendenmotivation
2.7 Zusammenfassung & Konklusion

3 Methodenteil
3.1 Untersuchungen, Methodik & Operationalisierung
3.1.1 Untersuchung 1: Feldexperiment
3.1.2 Untersuchung 2: Befragung
3.2 Dokumentation und Ergebnisse
3.2.1 Untersuchung 1: Feldexperiment
3.2.2 Untersuchung 2: Befragung
3.3 Methodische Abgrenzung
3.3.1 Untersuchung 1: Feldexperiment
3.3.2 Untersuchung 2: Befragung

4 Auswertungsteil
4.1 Diskussion der Ergebnisse
4.1.1 Untersuchung 1: Feldexperiment
4.1.2 Untersuchung 2: Befragung
4.2 Handlungsempfehlungen
4.2.1 Untersuchung 1: Feldexperiment
4.2.2 Untersuchung 2: Befragung

5 Fazit und Ausblick

6 Quellenverzeichnis
6.1 Literatur
6.2 Internet

7 Abbildungsverzeichnis

8 Anhang
8.1 Fragebogen
8.2 Antworten

Abstract

In der Forschung gibt es zwei unterschiedliche Ansatze, die versuchen den Begriff und die Bedeutung der Emotion zu erklaren. Eine Theorie besagt, dass Emotionen natürliche Reakti- onen auf Ereignisse sind. Diese Emotionen lösen anschliessend unterschiedliche Gefühle, Verhalten und physiologische Veranderungen aus. Eine andere Theorie hingegen besagt, dass Ereignisse gewisse Gefühle, Verhalten und physiologische Veranderungen herbeiführen können. Diese drei Komponenten versuchen die Menschen anschliessend mit dem Begriff der Emotion zu erklaren. Dabeiist die Emotion lediglich ein soziales Konstrukt.

Unterschiedliche Forscher haben in ihren Arbeiten jeweils Grundemotionen definiert. Die be- kanntesten Forschungsarbeiten weisen alle folgende vier Grundemotionen auf: Freude, Angst, Àrger und Traurigkeit. Zwei dieser Grundemotionen, Freude als eine positive und Traurigkeit als eine negative Emotion, bilden die Grundlage für die Untersuchungen in dieser Arbeit.

Emotionen verfolgen handlungsleitende, informative und sozialkommunikative Funktionen und treten als Reaktion auf interne oder externe Reize auf. Diese Reaktion kann durch entspre- chende Emotionsinduktion in Form von Bildern, Filmen, Musik oder Text hervorgerufen wer­den. Non-Profit-Organisationen versuchen die Spendenmotivation von potenziellen Spende- rinnen und Spendern durch eben solcher Emotionsinduktionen zu wecken und so die Spen- deneinnahmen zu erhöhen. Die Spendenmotivation, welche sich als das Verhalten des Spen- dens zeigt, entsteht aus dem Zusammenspiel von personalen Faktoren wie Einstellungen, Ziele, Bedürfnisse und situativen Faktoren wie Gelegenheit und Anreiz.

Der Autor untersucht in dieser Arbeit die Hypothese, dass positive Emotionsindikatoren in Spendenmailings aktivierender auf die Spendenmotivation wirken als negative, indem er ei- nerseits ein Feldexperiment und andererseits eine Befragung mit Experten durchführt. Die Re- sultate der zwei Untersuchungen widersprechen sich.

Die Hypothese wurde im Feldexperiment falsifiziert. Das Ergebnis zeigte sogareher eine Ten- denz in Richtung starker aktivierender Wirkung von negativen Emotionsindikatoren auf. Eine differenziertere Betrachtung der Ergebnisse zeigt jedoch auf, dass positive Emotionsindikato- ren bei Frauen starker auf die Spendenmotivation wirken alsbei Mannern. Der Autor empfiehlt, dies durch Verfeinerung der Methodik weiter zu untersuchen.

In der zweiten Untersuchung wurden die 40 grössten zewozertifizierten Organisationen be- fragt. In den Resultaten ist eine klare Tendenz ersichtlich. 27 Organisationen haben an der Befragung teilgenommen. Sie sind der Meinung, dass positive Emotionsindikatoren starker aktivieren als negative. Die vom Autor definierte Differenz, welche zur Verifizierung der Hypo­these benötigt wird, wurde jedoch nicht erreicht. Es bestehen zudem wesentliche geschlech- ter-und funktionsspezifische Unterschiede, welche naher untersucht werden sollten.

1 Einleitung

Werbung gehört zum Alltag der Menschen. Sie ist inzwischen omniprasent und begleitet Jung und Alt im TV, auf Plakaten, in der Zeitung oder beim online Surfen auf dem Smartphone oder dem Computer. Sehr oft wird in der Werbung mit Emotionen gearbeitet oder versucht, beim Konsumenten Emotionen zu wecken. Dies geschieht über die Gestaltung der Werbung, den Text oder über Bildelemente. Nicht nur die Konsumgüterbranche arbeitet mit diesen Elemen­ten, sondern inzwischen viele andere wie die Non-Profit-Organisationen auch.

Weshalb und wofür werben Non-Profit-Organisationen? Einerseits suchen sie Kunden und Kli- enten für ihre Dienstleistungen, die sie anbieten und andererseits, und das ist vielen Organi- sationen noch viel wichtiger, betreiben sie Spendermarketing, Spenderwerbung oder wie es neudeutsch heisst Fundraising. Die Non-Profit-Organisationen finanzieren sich zu einem we- sentlichen Teil von privaten Spendengeldern. Diese flattern nicht von sich aus bei den Orga- nisationen ein, sondern müssen beworben werden. Bei der grossen Anzahl von Non-Profit- Organisationen in der Schweiz ist der Markt sehr umkampft. Einen wesentlichen Teil der Ein- nahmen generieren die Organisationen über sogenannte Spendenmailings per Direktmarke- ting. Hierfür setzen die Non-Profit-Organisationen professionelle Marketer, Fundraiser und Grafiker ein.

Die gesteigerte Professionalitat führt zu einem ebenso gesteigerten professionellen Auftritt ge- gen Aussen. Dies hat einen Einfluss auf die Spendenmailings und deren Inhalte. Storytelling, Bilder und Emotionen sind wesentliche Bestandteile der modernen Spendenmailings. Doch was kommt besser an? Ist es der hungerleidende, kleine, afrikanische Junge, der weinend am Boden sitzt oder ist es das glückliche Madchen, der es dank der Unterstützung der Organisa­tion nun besser geht? Gefühlt entwickelte sich die Branche in der letzten Zeit so, dass die Organisationen weg von negativen neu hin zu positiven Inhalten arbeiten und diese versuchen in der Kommunikation zu vermitteln. Aber kommen positive Bilder besser an als negative? Generieren Organisationen dadurch mehr Spendeneinnahmen? Gilt das für alle, nur für Frauen oder nur für Manner? Der Autor geht in dieser Arbeit diesen Fragen nach.

1.1 Zweck der Arbeit und Themenabgrenzung

Das Ziel dieser Arbeit ist es, anhand von zwei Untersuchungen aufzuzeigen, ob positive Emo- tionsindikatoren in Spendenmailings aktivierender auf die Spendenmotivation wirken als ne­gative. Im Theorieteil geht der Autor naher auf die Themen Motivation, Emotion, Spendenmai- ling und Spendenmotivation ein. In der ersten Untersuchung wird ein Feldexperiment durch- geführt und in der zweiten Untersuchung werden 40 Experten befragt.

Der Autor geht in dieser Arbeit folgender Kernfrage nach:

Wirken positive Emotionsindikatoren in Spendenmailings aktivierender auf die Spendenmoti- vation als negative Emotionsindikatoren?

Folgende Sekundarfragen sind Bestandteil dieser Arbeit:

Was sind Emotionen?

Welche positiven und negativen (Grund-)Emotionen gibt es?

Was sind Emotionsindikatoren?

Was bedeutet Aktivierung der Spendenmotivation?

Was sind Spendenmailings?

Das Feldexperiment soll eine möglichst nahe Abbildung der Realitat darstellen. Aufgrund von fehlenden finanziellen Ressourcen war es jedoch nicht möglich, das Feldexperiment mit einer grösseren Gruppe von Versuchspersonen durchführen zu können.

Die Arbeit kombiniert Themen wie Motivation, Emotion, Einstellungen und Non-Profit-Organi- sationen (Spendenmailings, Spendenmotivation). Aufgrund von formalen Rahmenbedingun- gen, aber auch zu Gunsten der Überschaubarkeit und Praxisorientierung, kann der Autor die Themen in dieser Arbeit nicht vertiefen, sondern lediglich anschneiden, sodass es insbeson- dere dienlich für die zwei Untersuchungen ist. Eine weitere, vertiefte Auseinandersetzung mit den Themen wird empfohlen.

2 Theorieteil und Stand der Forschung

Motivation, Emotion und Spendenmailings sind die elementaren Bestandteile dieser Arbeit. Der Autor zeigt anhand des Forschungsstands auf, was Motivation ist und wie die Motivation sich auf das Verhalten der Menschen auswirkt. Die Bedürfnisse, wie auch die Erwartungshal- tung und die Einstellung der Person beeinflussen die Motivation ebenso wie situative Faktoren (Gelegenheit, Anreiz). Anhand von Werbewirkungsmodellen zeigt der Autor anschliessend auf, wie durch Werbung (zum Beispiel Spendenmailings) die Einstellung und somit die Moti­vation und das Verhalten der Person beeinflusst werden kann.

Anschliessend widmet sich der Autor den Emotionen. Die Arbeit zeigt auf, was Emotionen sind.Nachdem die Unterschiede zwischen Emotionen und Stimmungslagen erlautert werden, erörtertder Autor dieFrage, wozu Emotionen dienen und wie sie entstehen. Das Thema wird abgeschlossen, indem der Autor aufzeigt, wie Emotionen induziert werden können.

Um das Spendenmailing und dessen Bedeutung für Non-Profit-Organisationen richtig einord- nen zu können, zeigt der Autor auf, was Non-Profit-Organisationen sind, welche Aufgaben sie in unserer Gesellschaft übernehmen und wie sie sich finanzieren. Nachdem der Autor einen Überblick übers Fundraising gibt, wird die Vertriebspolitik für das Fundraising mit Privatperso- nen naher erlautert. Die Spenderpyramide gibt einen guten Überblick über die Arten von Pri- vatspendern. Als wichtigster Fundraisingkanal für Non-Profit-Organisation wird der Postver- trieb (Spendenmailings) naher vorgestellt.

Im letzten Abschnitt dieses Kapitels vereint der Autor die eingehend behandelte Theorie als Übersicht im Modell der Spendenmotivation. Das Modell, welches an das Überblicksmodell von Heckhausen & Heckhausen angelehnt ist, zeigt das Zusammenspiel von peronalen Fak- toren (Einstellung, Bedürfnis, Ziele, Erwartungshaltung) und situativen Faktoren (Gelegenheit, Anreiz, Spendenmailing, Emotionsinduktion). Als Produkt dieser Faktoren entsteht die Spen- denmotivation.

Zunachst werden einige Begrifflichkeiten dieser Arbeit definiert.

2.1 Begrifflichkeiten

Emotionsindikatoren

Emotionen sind Reaktionen, die aufgrund interner oder externer Reize erfolgen. Diese Reize können auch willentlich durch Emotionsinduktion ausgelöst werden. Beispiele von Emotion- sindikatoren sind Bilder, Text, Filme, Musik oder Imagination.

Spendenmailings

Private Non-Profit-Organisationen finanzieren sich unter anderem aus Spendeneinnahmen von Privatpersonen. Der Hauptkanal für diese Einnahmen ist das Direktmarketing. Das Spen- denmailing ist ein individualisierter Brief, in welchem die Organisation den potenziellen Spen­der um eine Spende bittet.

Spendenmotivation

Die Spendenmotivation wird als das gezeigte Verhalten des Spendens definiert und entsteht als Zusammenspiel von personalen (Einstellung, Ziele, Bedürfnisse usw.) und situativen Fak- toren (Gelegenheit, Anreiz usw.). Gemass dieser Definition ist eine Spendenmotivation vor- handen oder nicht vorhanden. Das bedeutet, dass eine Spende getatigt oder nicht getatigt wurde.

Aktivieren

Die Spendenmotivation kann aktiviert werden, indem gezielte Elemente in den situativen Fak- toren so angepasst werden, dass sie den personalen Faktoren entsprechen oder im Zusam- menspiel mit ihnen zu einer gesteigerten Spendenmotivation führen. Ein faktenbasierter Mensch kann beispielsweise gut über Zahlen, Ergebnisse und Fakten motiviert werden.

2.3 Motivation

Was ist Motivation? Woraus setzt sich Motivation zusammen und wie beeinflusst Motivation das Verhalten des Menschen? In diesem Abschnitt wird auf diese Fragen eingegangen. Die Forschung in der Motivationspsychologie befasst sich mit dem zielgerichteten Verhalten des Menschen. Dabei analysiert sie das Zielstreben des Menschen, welches sich aus Intensitat, Persistenz und Richtung zusammensetzt.

2.3.1 Verhaltensausrichtung, Persistenz und Verhaltensintensitat

Die Richtung oder auch Ausrichtung des Zielstrebens befasst sich mit den Beweggründen der Motivation. Weshalb verfolgt eine Person ein bestimmtes Ziel? Was ist für die Person interes­sant, wichtig oder attraktiv? Dabei wird in Fachkreisen von Anreiz gesprochen. Der Anreiz kann sich auf die Zielerreichung (Zweckanreize) oder aber auch auf die Tatigkeit (Tatigkeits- anreize) selbst beziehen. Bei einem Zweckanreiz ist die Konsequenz der Zielerreichung der motivierende Anreiz. Beispielsweise ist für die meisten Menschen das Anstehen an einem Skilift als Tatigkeit an sich nicht reizvoll, jedoch die anschliessende Abfahrt mit dem Ski oder Snowboard schon. Somit ist das Anstehen beim Skilift lediglich Mittel zum Zweck. Àhnlich geht es vielen Menschen beim Kochen, welches seinen Zweck in der anschliessenden Nahrungs- aufnahme hat. Ein Berufskoch hingegen oderauch ein Hobbykoch wird die reine Tatigkeit, die Handlung des Kochens bereits als befriedigend empfinden, sodass dies als Tatigkeitsanreiz beschrieben werden kann (vgl. Brandstatter, Schüler, Puca & Lozo, 2018; Rheinberg, 2010; Heckhausen & Heckhausen, 2010; Rheinberg & Vollmeyer, 2012).

In der Rechtsprechung und in der Umgangssprache wird in Zusammenhang mit den Beweg- gründen für ein Verhalten üblicherweise von Motiv gesprochen. Die Motive lassen sich in so- genannte Motivthemen oder anders Anreizklassen ordnen.Zu den am intensivsten erforschten Motivthemen zahlen die Leistungsmotivation, die Anschlussmotivation und die Machtmotiva- tion. Die Leistungsmotivation gehört zum am meisten untersuchten Themenfeld in der Motiva- tionspsychologie. Leistungsmotiviertes Verhalten verfolgt das Ziel, einen entsprechenden Gü- testandard zu erreichen, um so Emotionen wie Stolz und Zufriedenheit zu erlangen. Dabei kann sich der Leistungsvergleich auf die vergangene eigene Leistung beziehen oder im Wett- bewerb mit anderen Personen und deren Leistung stehen. Erfolgsmotivierte Menschen sind hinsichtlich der Bewaltigungschancen einer Aufgabe optimistischer als misserfolgsmotivierte Menschen. Die Anschlussmotivation bezieht sich auf das menschliche Bedürfnis nach sozia- len Kontakten. Die Wurzeln der Anschlussmotivation liegen in der evolutionsbiologischen Ent­wicklung und in der Wichtigkeit der Bindung an eine Bezugsperson. „Hoffnung auf Anschluss“- motivierte Personen beurteilen andere Menschen positiver, sind der Meinung, dass sie gemocht werden und mögen auch andere oft. Wohingegen „Furcht vor Zurückweisung“-moti- vierte Personen sich eher unbeliebt und einsam fühlen. Sie interpretieren mehrdeutige Signale in der Kommunikation öftersals Zurückweisung und verhalten sich in sozialen Situationen eher ungeschickt. Eine hohe Anschlussmotivation führt zudem dazu, dass eine erhöhte Sensibilitat für soziale Reize entwickelt wird. Menschen mit einer hohenAnschlussmotivation streben eher nach Harmonie, versuchen, Konflikte zu vermeiden oder entscharfen und zeigen haufig ein Verhalten von sozialer Kontaktaufnahme (Briefe schreiben, Besuche). Eine hohe Anschluss- motivation wirkt sich positiv auf den Gesundheitszustand in Form von starkerem Immunsystem oder normalem Blutdruck aus. Die Machtmotivation bezieht sich auf das Ziel, ein Gefühl von Starke und Überlegenheit zu erlagen. Dies geschieht oft in Folgen von emotionaler, mentaler oder physischer Einflussnahme auf andere Menschen. In der Machtmotivation wird zwischen Belohnungsmacht, Bestrafungsmacht, legitimierter Macht, Vorbildmacht, Expertenmacht und Informationsmacht unterschieden. Die Herausbildung des entsprechenden Machtmotivs geht auf die Erfahrungen inder frühen Kindheit zurück. Ein dauerhaft gehemmtes Machtmotiv wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus (vgl. Brandstatter, Schüler, Puca & Lozo, 2018; Heckhau­sen & Heckhausen, 2010, Rudolph, 2013).

Verhalten ist das Produkt von Faktoren, die in der Person liegen und von Faktoren, die in der Umwelt liegen. Heckhausen (2010) zeigt im Überblicksmodell das Zusammenspiel zwischen Personfaktoren und Umweltfaktoren, welche zum Verhalten führen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Überblicksmodell eigene Darstellung in Anlehnung an Heckhausen & Heckhausen (2010), S. 3

In diesem Modell werden drei Personfaktoren unterschieden: Ziele, Bedürfnisse und Motive. Die Motivdispositionen, wie weiter oben aufgeführt, werden als implizite Motive verstanden. Nebst den Motivdispositionen zahlen auch die Bedürfnisse der Person zu den impliziten Moti- ven. Ziele und Zielsetzungen hingegen sind explizite Motive, welche durch den Menschen wil- lentlich und somit explizit gesetzt werden. Die Bedürfnisse in diesem Modell bilden sich aus den physiologischen Grundbedürfnissen wie Durst und Hunger. Die Motivdispositionen als im- plizite Motive bildeten sich zumeist in der Kindheit und weisen meist einen überdauernden Charakter auf. Die Ziele der Person, welche als explizite Motive zusammengefasst werden, zeigen die Werte, Interessen und persönlichen Ziele des Menschen auf, welche er sich selbst zuschreibt. Die Situationsfaktoren umfassen Gelegenheiten und Anreize. Dabei kann zwi- schen intrinsischen und extrinsischen Anreizen unterschieden werden. Liegt der Anreiz im Verhalten selbst oder im Ergebnis, spricht man von einem intrinsischen Anreiz. Falls der Anreiz jedoch in den Folgen des Ergebnisses liegt, spricht man von einem extrinsischen Anreiz. Wie in der Abbildung 1ersichtlich, macht erst das Zusammenspiel von Person-und Situationsfak- toren überhaupt erst das Verhalten möglich (vgl. Brandstatter, Schüler, Puca & Lozo, 2018; Heckhausen & Heckhausen, 2010).

Die Erwartungshaltung der Person beeinflusst die Motivation ebenfalls. Das erweiterte kogni- tive Motivationsmodell nach Heckhausen zeigt auf, wie die unterschiedlichen Erwartungshal- tungen die Motivation beeinflussen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Erweitertes kognitives Motivationsmodell eigene Darstellung in Anleh- nung an Rheinberg (2010), S. 374

Falls ein Ergebnis ohne eine Handlung einer Person sowieso eintrifft, bedeutet dies, dass eine hohe S-E-Erwartung vorliegt. Dies senkt die Motivation der Person zur Handlung, da das Er- gebnis ja ohnehin eintreffen wird. Auch ohne mein Hupen wird die Ampel mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit auf grün wechseln. So macht es, rational betrachtet, keinen Sinn, zu hupen. Je höher die S-E-Erwartung ist, desto geringer fallt die Handlungsmotivation aus. Eine hohe H-E-Erwartung hingegen wirkt sich positiv auf die Handlungsmotivation aus. Die Person erwartet, dass sie durch die eigene Handlung das Ergebnis beeinflussen uns so entsprechend den eigenen Vorstellungen, Wünschen und Zielen lenken kann. Wenn der Student der Mei- nung ist, dass das Lernen einen positiven Einfluss auf das Ergebnis haben könnte, wird er entsprechend auch sein Handeln danach richten und lernen. Falls der Student jedoch der Mei- nung ist, dass egal wieviel er lernt, dies keinen positiven Einfluss auf die Note haben wird, da zum Beispiel er davon ausgeht, dass der Dozent aus sympathiegründen ihn schlecht beurtei­len wird, mindert sich damit beim Studenten auch die Bereitschaft zum Handeln in Form von lernen. Àhnlich wie bei der H-E-Erwartung wirkt sich eine hohe E-F-Erwartung ebenfalls positiv auf die Handlungsmotivation aus. Die Verkoppelung von Ergebnis und Ergebnisfolge wird in der Psychologie Instrumentalitat genannt. Wenn ein Mitarbeiter davon ausgeht, dass eine er- folgreich abgeschlossene Aus- oder Weiterbildung in einem spezifischen Bereich (Ergebnis) ihm eine entsprechende Salarerhöhung (Folge) einbringt, wird er intensiver lernen (Handlung), um so das Ergebnis herbeizuführen, welche die positive Folge mit sich bringt (vgl. Brandstat- ter, Schüler, Puca & Lozo, 2018; Heckhausen & Heckhausen, 2010).

Das zweite Merkmal von zielgerichtetem Verhalten ist die Persistenz oder die Ausdauer beim Handeln. Einerseits erschweren Unterbrechungen, Ablenkungen und Störungen die Durchfüh- rung von Handlungen. Andererseits können auch auftretende Herausforderungen und Schwie- rigkeiten die Handlungsdurchführung erschweren und unterbrechen. Die Persistenz zeigt auf, ob und wie stark der Zielkurs trotz Widrigkeiten aufrechterhalten bleibt. Beispiele für solche Erschwernisse können sein: Regen erschwert die Motivation für das Joggen, Baularm er- schwert das Arbeiten im Büro, Hunger erschwert das Lernen, eine laute Party bei den Nach- barn erschwert das Schlafen. Diverse Redewendungen und Sprichwörter weisen eben auf diese Schwierigkeiten und die Wichtigkeit des Durchhaltevermögens hin (vgl. Brandstatter, Schüler, Puca & Lozo, 2018; Heckhausen & Heckhausen, 2010).Die Konzentration und An- strengung, welche eine Person bei der Zielverfolgung aufbringt, bilden gemeinsam die Verhal- tensintensitat. Die drei Merkmale Verhaltensintensitat, Persistenz und Verhaltensausrichtung sind die Bestandteile zielgerichteten Verhaltens.

2.3.2 Werbewirkungsmodelle und Einstellungsanderung

Die Werbung, zu dem auch das Spendenmailing zahlt, dient dazu, beim Empfanger durch einen Reiz eine entsprechende Reaktion auszulösen. Reaktionsbeispiele sind Kauf eines Pro- dukts, Tatigung einer Spende oder auch ein Umdenken und eine positive Beurteilung der Marke, des Produkts oder der Organisation. Zu den berühmtesten dieser hierarchischen Stu- fenmodellenzahlt das AIDA-Modell. AIDA steht für die englischen Begriffe Attention, Interest, Desire und Action. Das Modell beschreibt den Werbewirkungsprozess in vier Stufen. Die Auf- merksamkeit gilt als Voraussetzung dafür, dass Interesse und anschliessend der Wunsch/Drang geweckt werden kann, sodass abschliessend eine Aktion wie Kauf oder Spende erfolgen kann. Das AIDA-Modell ist ein vereinfachtes und zusammengefasstes Mo- dell, welches dienlich für den Alltag ist. McGuires Ebenen der Wirksamkeit einer persuasiven Kommunikation hingegen ist eine Vertiefung und Erweiterung des AIDA-Modells. McGuire un- terscheidet zwischen 12 Ebenen der Wirksamkeit: 1) Zunachst muss man sich einer Kommu- nikation aussetzen, 2) dann Aufmerksamkeitgenerieren, 3) das Interessewecken, 4) den In­halt verstehen, 5) und verknüpfte Kognitionen generieren, 6) relevante Fertigkeiten erwerben, 7)sowie einer Position zustimmen (Einstellungsanderung), 8) die Veranderung im Gedachtnis abspeichern, 9) unddas relevante Material im Gedachtnis abspeichern, 10) auf der Grundlage des erinnerten Materials entscheiden, 11) und entsprechend der Entscheidung handeln, 12) sowie das neue Verhaltensmuster konsolidieren. Demnach wird gemassden Zweifaktorenmo- dellen die Botschaft als erstes rezipiert und anschliessend entsprechend akzeptiert (vgl. Mo­ser, 2002; Moser, 2015).

Beim Elaboration Likelihood Model (ELM) entscheidet das Involvement der Person über den Verarbeitungsweg. Das ELM geht dabei von der zentralen und peripheren Route aus. Das Involvement ergibt sich aus der Fahigkeit der Person, die Informationen zu verarbeiten und dessen Motivation, die Information überhaupt aufnehmen und verarbeiten zu wollen. Falls die Fahigkeit und die Motivation zur Verarbeitung der Information gegeben sind, kommt es auf die Art der kognitiven Verarbeitung an. Positive Gedanken führen zu einer positiven Einstellung, welche resistent und überdauernd ist. Negative Gedanken hingegen führen zu einer negativen Einstellung, welche ebenfalls resistent und überdauernd ist. Dies ist die zentrale Route der Informationsverarbeitung bei hohem Involvement. Falls das Involvement jedoch gering ist, also keine Motivation oder Fahigkeit vorhanden ist, die Information zu verarbeiten, kommt die peri- phere Route zur Einstellungsanderung zum Tragen. Die Anzahl der Argumente, die Attraktivi- tat oder der Expertenstatus der Modelle oder die Anzahl der Wiederholungen sind entschei- dend für die Einstellungsanderung auf dem peripheren Weg (Petty & Cacioppo, 1986, S. 4 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Elaborationswahrscheinlichkeitsmodell Eigene Darstellung in Anlehnung an Petty & Cacioppo (1986), S. 4

Àhnlich wie das Elaborationswahrscheinlichkeitsmodell geht auch das heuristisch-systemati- sche Modell von zwei verschiedenen Wegen der Informationsverarbeitung aus. Anstelle von zentral und peripher werden die Routen im heuristisch-systematischen Modell von Chaiken, wie der Name bereits andeutet, systematisch und heuristisch genannt. Chaikens Modell je- doch ist der Meinung, dass nicht entweder der eine Weg oder der andere Weg eingeschlagen wird, sondern dass sich die zwei Routen vermischen. So können bereits vor dem Involvement periphere Reize die Einstellung so verandern, dass überhaupt erst ein Involvement entsteht (vgl. Felser, 2015; Moser, 2015).

Batra und Ray gehen in ihrem Alternative-Wege-Modell ebenfalls von zwei unterschiedlichen Routen der Informationsverarbeitung aus. Àhnlich wie beim Elaboration Likelihood Model un- terscheidet das Alternative-Wege-Modell zwischen geringem und hohem Involvement der Per­son. Als Involvement verstehen Batra & Ray die Motivation, Fahigkeit und Gelegenheit, auf Behauptungen über Produktmerkmale zu reagieren. Bei hohem Involvement sind gute Argu­mente wichtig, denn der Empfanger verarbeitet die aufgenommenen Informationen entspre- chend und ist offen für eine rationale Verarbeitung der Informationen. Bei geringem Involve­ment hingegen spielen Faktoren wie Sympathie oder die Darbietungshaufigkeit eine grössere Rolle bei der Einstellungsbildung und dem anschliessenden Verhalten (vgl. Moser & Dörig, 2008; Batra & Ray, 1985).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Alternative-Wege-Modell der Werbewirkung Eigene Darstellung in Anlehnung an Batra und Ray (1985)

2.4 Emotion

2.4.1 Was sind Emotionen?

Bei Wissenschaftlern ist die Auffassung verbreitet, dass Emotionen natürliche “Dinge” sind. Vergleichbar ist dies mit den Atomteilchen in der Physik oder den chemischen Elementen in der Chemie. Die Theorie besagt, dass Ereignisse Emotionen auslösen können. Die Emotionen hingegen lösen anschliessend Gefühle, Verhalten oder physiologische Veranderungen aus (vgl. Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Barrett, Mesquita, Ochsner & Gross, 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Emotionen als natürliche Phänomene Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler (2014), S. 19

Andere Wissenschaftler vertreten eine gegenteilige Position. Sie betrachten Emotionen nicht als natürliche “Dinge”, sondern als Schöpfung des Menschen. Der Mensch sucht nach Erlau- terung und Erklarung für bestimmte Reaktionen. Für Reaktionen des Menschen,wie zum Bei- spiel Gefühle, Verhalten oder physiologische Veranderungen werden im Nachhinein Emotio- Der Autor ist der Meinung, dass sich diese zwei Theorien nicht widersprechen, sondern eher erganzen. Emotionen als natürliche Phanomene, welche durch die soziale Konstruktion/Defi- nition auf die drei Komponenten (Gefühl, Verhalten, physiologische Veranderung) wirken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Emotionen als soziale Konstruktion Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler (2014), S. 19

Gemass Barrett existieren Emotionen, weil Menschen bestimmte Verhaltensweisen, Gefühle usw. analysieren, in Gruppen, wie zum Beispiel “Àrger”, “Freude” oder “Ekel” zusammenfas- sen und so Gegebenheiten damit versuchen zu erklaren. Solche Emotionskonzepte können nur bestehen, wenn eine Gruppe von Menschen sich einig ist und diese so definiert. Somit kann es auch kulturspezifische Differenzen in Emotionskonzepten geben (vgl. Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Barrett, 2006).

Einig ist man sich in der Wissenschaft bei der Definition von Emotion bis heute noch nicht. Kleinginna und Kleinginna haben bereits 1981 92 unterschiedliche Definitionen von Emotion vorgestellt. Dieses Ergebnis zeigt deutlich auf, dass viele Menschen das Gefühl haben, die Definition von Emotion zu kennen, doch wenn es drauf ankommt, sich in der Definition schwer- tun. Werden die Definitionen analysiert und nach der Auftretenshaufigkeit gewisser Definitio- nen kategorisiert, ergeben sich folgende 11 meistgenannten Kategorien (Kleinginna und Klein- ginna, 1981, S. 354).

- Affektiv: in diesem Zustand erlebt die Person Gefühle
- Physiologisch: Dies wird hauptsachlich durch Reaktionen beeinflusst, die das Körper- innere betreffen (viszeral)
- Kognitiv: Bewertungen
- Ausdruck: Emotion und ihr Ausdruck bilden eine existentielle Einheit
- Multiple Aspekte: Komplexes Konzept, das unterschiedliche Aspekte miteinschliesst
- Motivational: Zustande, welche motivational sind
- Externe Reize: werden in der Regel durch externe Reize ausgelöst
- Abgrenzend: primar Gefühlszustand, wahrend Motivation
- Adaptiv: Ein Signal, das den Organismus vorbereitet
- Disruptiv: führt zur Unterbrechung der üblichen Verhaltensmuster

Das Komponentenmodell der Emotion nach Rothermund und Eder (2011, S. 167 ff.) unter- scheidet zwischen fünf Komponenten, welche im Folgenden naher erklart und in der Abbildung 7grafisch dargestellt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Das Komponentenmodell der Emotion Eigene Darstellung in Anlehnung an Rothermund & Eder (2011), S. 168

1. Erleben: Emotionen sind in der Wahrnehmung und auch in der Beschreibung subjek- tiv. Oft werden Emotionen mit den entsprechenden Gefühlen gleichgesetzt. Die Unter- suchung dessen erwies sich als herausfordernd, da es schwierigist, subjektive Bewer- tungen objektiv zu erfassen. Gefühle werden in Form von Selbstberichten erfasst. Diese bringen mehrere Herausforderungen mit sich. Interpersonelle Unterschiede in Wortschatz und sprachlicher Gepflogenheit können zu grossen Diskrepanzen bei der Verbalisierung der Emotionen führen. Die Gefühle pragen die Emotionen(Rothermund & Eder, 2011, S. 168 ff.).
2. Kognition: Nebst den Gefühlen werden Emotionen jedoch auch von Kognitionen (Werturteile und Bewertungen) gepragt. Diese Bewertungen sind subjektive Kategori- sierungen des Erlebten bezüglich der Auswirkungen auf sich selbst. Positive Bewer- tungen lösen andere Emotionen aus als negative Bewertungen (vgl. Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Rothermund & Eder, 2011).
3. Physiologie: Eine Veranderung der Physiologie, beispielsweise erhöhte Aktivitat des autonomen Nervensystems, ist für Emotionen charakteristisch. Angst kann zu einer erhöhten Leitfahigkeit der Haut, zu einer beschleunigten Atmung und einem erhöhten Herzschlag führen. Diese Aktivierung wirkt vorbereitend für oder unterstützend bei der nachsten Handlung. In diesem Beispiel könnte es Flucht vor einer oder Kampf gegen eine Bedrohung sein (vgl. Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Rothermund & Eder, 2011).
4. Ausdruck: Sehr ausgepragt sichtbar werden Emotionen in der Mimik und in der Stimme. Emotionsausdrücke wie Traurigkeit, Freude, Überraschung, Àrger und Ekel sind universell und somit kulturübergreifend in Gesichtern erkennbar.Die Facial-Feed- back-Theorie zeigt, dass das emotionale Erleben durch die Mimik einer Person beein- flusst werden kann. Durch die Manipulation der Mimik (Bleistift zwischen den Zahnen) wird ein entsprechender Gesichtsausdruck (Lacheln) samt Beanspruchung der ent- sprechenden Muskeln hergestellt. Werden die Muskeln eine gewisse Weile (zehn Se- kunden) korrekt beansprucht, löst dies ein entsprechendes Gefühl aus (vgl. Schmidt- Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Rothermund & Eder, 2011, Ekman, 1988).
5. Motivation: Unter dem Punkt Physiologie wurde bereits darauf hingewiesen, dass die emotionale Aktivierung vorbereitend und unterstützend bei Handlungen wirkt. Dies ist die motivationale Komponente von Emotionen. Emotionen werden als evolutionshisto- risch geeignete Verhaltensstrategien gesehen, welche sich zur Bewaltigung der mate- riellen, aber auch sozialen Umwelt herausgebildet haben. Als Verhaltensstrategien werden eher abstrakte Verhaltensfunktionen wie Vergeltung oder Vermeidung verstan­den, als denn spezifische und konkrete Verhalten. So werden je nach Spezies sowie Person und auch insbesondere je nach Situation unterschiedliche Verhaltensweisen gezeigt.

Rothermund und Eder nehmen mit dem Komponentenmodell an, dass sich hinter Emotionen unterschiedliche Reaktionsprofile verbergen, welche sich zur Bewaltigung von bestimmten Er- eignissen im Leben als hilfreich bewahrt haben (Rothermund & Eder, 2011, S. 174 f.).

In unserer Sprache verwenden wir das Wort Emotion in zwei unterschiedlichen Situationen. Dies führt dazu, dass das Wort Emotion im sprachlichen Alltag zwei unterschiedliche Bedeu- tungen annehmen kann. Die eine Bedeutung bezieht sich auf das vom Menschen Erlebte,wie zum Beispiel“Ich habe Angst”. Hier sollte idealerweise das Wort Gefühl anstelle von Emotion benutzt werden. Die zweite Bedeutung ist umfassender und bezieht sich nebst dem Gefühl auch auf den physiologischen Zustand des Menschen und den Ausdruck dessen (Schmidt- Atzert, Peper & Stemmler, 2014, S. 20 ff.).

Auf externe Einflüsse folgt als Reaktion eine Emotion. Aber eine Emotion bedingt nicht stets einen externen Einfluss. Gedanken, Vorstellungen sowie Erinnerungen an Erlebnisse oder Er- eignisse können emotionale Reaktionen auslösen. Somit können externe wie auch interne Reize der Auslöser von Emotionen sein. Der Autor zahlt auch physiologische Veranderungen (beispielsweise hormonelle Veranderungen nach einer Schwangerschaft) ebenso zu den in­ternen Reizen (Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014, S. 23). Emotionen werden oft auf den drei Ebenen 1.) beobachtbares Verhalten, 2.) verbale Beschreibung und 3.) physiologi- sche Reaktionen beschrieben. Die Auspragung der jeweiligen Ebenen kann variieren, bis hin dazu, dass eine Ebene kaum existent ist. Somit ist es nicht ideal, wenn alle drei Ebenen als vorausgesetzt gelten (Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014, S. 23f.).

Das Wort Emotion wird vom lateinischen emotio „das Fortbewegen“ beziehungsweise emo- vere „herausbewegen, herausschaffen, um und um bewegen, aufwühlen“ abgeleitet (https://www.wissen.de/wortherkunft/emotion, 17.7.2019). Emotionen bewegen das Indivi- duum durch Erregung in eine Richtung. Die Wirkung von Emotion ist somit ahnlich wie die der Motivation. Sie energetisiert das menschliche Verhalten und wirkt somit als Motivator. Sie kann die Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung lenken, Verhaltensstrategien aktivieren und das Verhalten in der Umsetzung unterstützen. Nebst der motivationalen Funktion haben Emo- tionen auch eine Signalfunktion und sind somit mit der Motivation verknüpft. Positive Emotio- nen beispielsweise signalisieren die Zielerreichung oder einen Erfolg in der Verhaltensweise, sodass diese entsprechend fortgesetzt werden kann. Im Gegenzug signalisieren negative Emotionen Misserfolge oder mögliche Warnhinweise, sodass das Verhalten entsprechend an- gepasst werden muss (Rothermund & Eder, 2011, S. 165 ff.).

Im Vergleich zu Stimmungslagen und emotionalen Dispositionen können Emotionen in etwa wie folgt beschrieben werden:

1. Emotionen sind affektiv. Der Mensch empfindet unterschiedliche Empfindungen wie Freude, Angst, Àrger oder andere. Diese Empfindungen, wie auch deren Ursachen sind dem Menschen nicht immer bewusst.
2. Emotionen sind objektgerichtet. Der Mensch freut sich über etwas, hat Angst vor etwas oder argert sich über etwas. Das „Etwas“ kann real oder auch gedanklich vorgestellt sein.
3. Emotionen sind unwillkürlich. Emotion wird als Reaktion automatisch ausgelöst. Der Mensch kann zwar versuchen bestimmte Situationen zu meiden, um so die Emotion zu regulieren, aber kann die Auslösung nicht direkt beeinflussen.
4. Emotionen sind zeitlich begrenzt. Die zeitliche Dauer der Emotion ist an das Objekt und dessen Auftreten gekoppelt. Anschliessend flacht die Emotion wieder ab. Bei gedanklicher Vorstellung (Erinnerung) der Situation kann hingegen die Emotion erneut aktiviert werden (Rothermund & Eder, 2011, S. 166 f.).

Emotionen können sich im Vergleich zu Motivation auch auf vergangene Ereignisse beziehen. Motivation hingegen bezieht sich auf einen Zielzustand und ist somit zukunftsgerichtet. So können wir Emotionen wie Freude erleben, die sich auf Situationen vor über 20 Jahren bezie- hen.

Wissenschaftler wie Izard (2009, 2011), Ekman und Cordaro (2011), Levenson (2011) sowie Panksepp und Watt (2011) haben auf unterschiedliche Weise versucht Grundemotionen zu definieren. Besonders hervorzuheben sind dabei die Arbeiten von Izard und Ekman. Izard be- trachtet Grundemotionen als grundlegend für die menschliche Mentalitat. 2011 hat er neun Kriterien definiert, die gegeben sein müssen, damit eine Emotion als Grundemotion bezeichnet werden kann. Ekman hat hingegen gemeinsam mit Cordaro 13 Kriterien definiert, welche mit denjenigen von Izard nur gering übereinstimmen. Trotz der unterschiedlichen Herangehens- weise hinsichtlich der Konzeption einer Grundemotion kommen beide auf eine grosseÜber- lappung bei der Auswahl von Grundemotionen. Für Ekman sind bei sieben Grundemotionen seine 13 Kriterien komplett erfüllt. Fünf dieser sieben Grundemotionen sind auch bei Izards Kriterien gegeben.

Die vier Arbeiten der oben erwahnten Wissenschaftler kommen auf vier gleiche Grundemotio- nen: Freude, Angst, Àrger und Traurigkeit. Zwei dieser Grundemotionen, Freude und Traurig- keit, bilden die Grundlage für die Untersuchungen in dieser Arbeit (vgl. Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Ekman & Cordaro, 2011; Izard, 2009; Levenson, 2011; Panksepp & Watt, 2011).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Einstufung der Grundemotionen in negativ und positiv Eigene Darstellung

2.4.2 Wozu gibt es Emotionen?

Die Sichtweise auf Emotionen hat sich mit der Zeit stark gewandelt. Früher wurden emotionale Zustande eher als störend und irrational betrachtet. Die heutige Forschung hingegen geht da- von aus, dass Emotionen als Reaktion auf sich wiederholende Herausforderungen der Umwelt geltenund drei wichtige Funktionen besitzen: handlungsleitende, informative und sozial-kom- munikative Funktion.

Handlungsleitende Funktion

Die motivationale, oder anders handlungsleitende Funktion der Emotion unterstützt den Men- schen bei der Bewaltigung eines Ereignisses oder einer Herausforderung. Bei einer Bedro- hung beispielsweise übernimmt die Emotion Furcht oder Angst eine Schutzfunktion und führt zu Flucht- oder Vermeidungsverhalten.

Informative Funktion

Der Mensch erhalt durch Emotionen Informationen über seine Umwelt und dessen Verande- rungen. So können Emotionen, die Aufmerksamkeit des Menschen und somit seine Orientie- rung lenken. Durch Emotionen erhalt der Mensch zudem Rückmeldung hinsichtlich seiner Rückschlage oder auch Fortschritte in Zusammenhang mit seiner Zielverfolgung. Rückmel- dungen zum Verhalten wie auch zu Entscheidungen gehören ebenso zur informativen Funk- tion von Emotionen, wodurch der Mensch sein Verhalten entsprechend regulieren kann.

Sozialkommunikative Funktion

Durchdas Zeigen von Emotionen kommunizieren Menschen miteinander. Zum einen gibt der Sender seine Befindlichkeiten preis und zum anderen löst es beim Empfanger Befindlichkeiten und entsprechend Emotionen aus. Emotionsausdrücke werden zudem bewusst eingesetzt, um eine erwünschte Reaktion beim Gegenüber herbeizuführen. So kann ein gut eingesetztes Lacheln beim Gegenüber Vertrauen und Sympathie wecken(Rothermund & Eder, 2011, S. 175 ff.).

2.4.3 Wie entstehen Emotionen?

2.4.3.1 Behaviorale Ansatze: Angeborene Reaktionsbereitschaft

Es gibt unterschiedliche Erklarungsansatze für die Entstehung von Emotionen. Ein nahelie- gender Ansatz besagt, dass die Emotionen angeboren sindund durch Lernen verandert wer- den.Bereits Neugeborene zeigen Gesichtsausdrücke,wie zum Beispiel ein Lacheln oder Ekel als Reaktion auf bestimmte Reize. Auch wenn die Neugeborenen nicht viele oder gar alle Emotionen zeigen können, ist dies ein Hinweis darauf, dass Emotionen „vorprogrammiert“ sind und in den ersten Jahren entwickelt werden. Denn auch blinde Neugeborene zeigten als Re- aktion auf Geruchs- und Geschmacksreize sehr ahnliche Gesichtsausdrücke wie sehende Neugeborene. Die Emotionen haben sich durch natürliche Selektion entwickelt, sodass heute jene Emotionen vorhanden sind, welche für das Überleben wichtig waren. Dieser evolutions- psychologische Ansatz wird mit den Prinzipien der Lernpsychologie kombiniert. Lernprinzipien wie Modelllernen sowie operantes und klassisches Konditionieren geltenfür das Erlernen von Emotionen bzw. zum Zeigen von Emotionen ebenso wie für sonstige Verhaltensweisen (vgl. Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Rothermund & Eder, 2011).

2.4.3.2 Kognitive Ansatze: Psychologische Erklarungsansatze

Der kognitive Ansatz vertritt die Überzeugung, dass die subjektive Einschatzung einer Situa­tion oder eines Ereignisses relevanter ist für die emotionale Reaktion als die objektive Situa­tion. Werte, Ziele und Wünsche des Menschen beeinflussen die Einschatzung der Situation. Die wichtigsten Variablen des kognitiven Ansatzes sind Zielrelevanz, Zielkongruenz und Attri­bution. Die Zielrelevanz besagt, wie relevant das Ereignis für die bewertende Person in Bezug auf seine Werte, Ziele, Bedürfnisse und Wünsche ist.Die Starke der Zielrelevanz beeinflusst direkt die Intensitat der Emotion. Die Zielkongruenz besagt, wie stark das Ereignis mit den Werten, Zielen, Bedürfnissen und Wünschen des Betroffenen übereinstimmt. Eine starke Übereinstimmung führt zu positiven Emotionen, hingegen eine geringe Übereinstimmung zu negativen Emotionen führt. Die Attribution bezieht sich auf die Verantwortlichkeit und Kontrol- lierbarkeit des Ereignisses. Lag es in der Verantwortung des Betroffenen und hatte er das Ereignis kontrollieren können? So können je nach Bewertung in denselben Situationen unter- schiedliche Reaktionen ausgelöst oder auch in unterschiedlichen Situationen dieselben Emo- tionen ausgelöst werden (Rothermund & Eder, 2011, S. 186 ff.).

Auf einen Reiz folgt eine Reaktion des Menschen, wobei zwischen Reiz und Reaktion etwas beim Menschen passiert. Folgende drei Erklarungsansatze beschaftigen sich mit dem Reiz (1), der Reaktion(2)oder mit beiden bzw. mit dem Fokus der Emotionsregulation (3).

1) Die emotionale Reaktion eines Menschen hangt nicht vom Ereignis selbst ab. Wenn dem so ware, würden alle Menschen auf die gleichen Ereignisse auf dieselbe Art und Weise reagieren. Das bedeutet, dassfür die emotionale Reaktion nicht die objektiven Merkmale des Ereignisses von Bedeutung sind. Relevanter für die Reaktion des Men- schen ist die subjektive Interpretation. Wie bewertet der Mensch ein Ereignis? Doch bewertet der Mensch das Ereignis zunachst, sodass anschliessend eine Emotion als Reaktion folgt oder tritt zunachst die Emotion auf, welche infolgedessen bewertet wird?

Oder entstehen Emotion und Bewertung völlig losgelöst und unabhangig voneinander?

In der folgenden Abbildung werden die drei möglichen Prozesse veranschaulicht (Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014. S. 134 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Kausalmodelle des Emotionsentstehungsprozesses Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler (2014), S. 136

Lazarus und Arnold sind der Meinung, dass nicht nur eine einfache, sondern sogareine dop- pelte Bewertung vollzogen wird. Arnold beispielsweise ist der Meinung, dass die primare Be- wertung das Gefühl auslöst, worauf eine physiologische Reaktion folgt. Die sekundare Bewer- tung bezieht sich auf die physiologische Reaktion und kann somit die primare Bewertung, also die Emotion verstarken. Lazarus' primare Bewertung bezieht sich ebenfalls wie Arnolds Be- wertung auf Umweltereignisse. Die sekundare Bewertung hingegen zielt auf die eigenen Mög- lichkeiten wie problematische Situationen bewaltigt werden können. Nach Lazarus kann die sekundare Bewertung auch unbewusst geschehen, was irrationale Àngste, wie zum Beispiel Flugangst, Angst vor Spinnen usw. erklaren würde. Bewusst weiss ich, dass die Spinne mir nichts antut, doch die unbewusste Bewertung signalisiert eine potenzielle Gefahr (vgl. Schmidt-Atzert, Peper & Stemmler, 2014; Arnold, 1970; Lazarus, 1966).

[...]

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Emotionsinduktion in Spendenmailings. Antrieb oder Hindernis für die Spendenmotivation?
Hochschule
Kalaidos Fachhochschule Schweiz
Note
5.0
Autor
Jahr
2019
Seiten
87
Katalognummer
V507087
ISBN (eBook)
9783346074041
ISBN (Buch)
9783346074058
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Note 6 ist die Bestnote in der Schweiz.
Schlagworte
Mailings Spenden Motivation Emotion
Arbeit zitieren
Erkan Cokicli (Autor:in), 2019, Emotionsinduktion in Spendenmailings. Antrieb oder Hindernis für die Spendenmotivation?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507087

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