Depressionen gehören weltweit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Neben der medikamentösen und verhaltenstherapeutischen Behandlung von Major Depressionen wird die Bewegungstherapie immer wichtiger. Eine eindeutige Empfehlung für aerobes Training als Behandlungsmethode einer Depression gibt es bislang jedoch nicht.
Inwieweit kann aerobes Training die Schwere der Symptomatik einer Depression lindern? Wie lange halten die antidepressiven Effekte von aerobem Training an? Und was sind die Vorteile von aerobem Training im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden bei Depressionen?
Der Autor Johannes Wiegand klärt die wichtigsten Fragen zum Thema Depression und Bewegung. Anhand ausgewählter Studien erläutert er die antidepressiven Effekte von aerobem Training bei Major Depressionen. Dabei betont Wiegand vor allem die präventive Funktion von Bewegung und plädiert für einen vermehrten Einsatz des aeroben Trainings als Behandlungsmethode.
Aus dem Inhalt:
- Leistungsdruck;
- Remission;
- Antriebslosigkeit;
- Suizid;
- Psychotherapie
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung
1.1 Relevanz
1.2 Aktueller Forschungsstand
2 Begriffserklärung
2.1 Depressionen
2.2 Aerobes Training
3 Theoretischer Hintergrund
3.1 Epidemiologische Daten
3.2 Ursachen und Auslöser
3.3 Verlauf einer Major Depression
3.4 Symptomatik
3.5 Diagnose
4 Theoretische Fundierung
5 Darstellung der Methodik
5.1 Beschreibung der Literaturrecherche
5.2 Datenextraktion und Datendetails
5.3 Sicherstellung des Verzerrungsrisikos und der Qualität
5.4 Bewertung des Outcomes
6 Präsentation der Ergebnisse
6.1 Auswahl der Studien
6.2 Beschreibung der eingeschlossenen Studien
6.3 Verzerrungsrisiko und Qualität
6.4 Ergebnisse der einzelnen Studien
7 Diskussion
8 Fazit
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang 1: Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses
Anhang 2: Suchverläufe zur systematischen Literaturrecherche
Anhang 3: Auswertungsbögen zu den eingeschlossenen Studien
Anhang 4: Bewertungsbögen zur Feststellung der Schwere einer Depression
Anhang 5: Flussdiagramm zur Literaturrecherche
Anhang 6: Evidenztabelle zur qualitativen Studie
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Impressum:
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Abstract
Trotz, dass Bewegung mit Depressionslinderungen in Verbindung gebracht wird, wurden die Effekte von aerobem Training auf die Schwere der Symptomatik einer Depression bei Erwachsenen noch nicht eindeutig nachgewiesen. Das Ziel dieser systematischen Literaturarbeit ist es, die Auswirkung von aerobem Training auf die Schwere der Symptomatik einer Major Depression bei Erwachsenen (18-65 Jahre) im Vergleich zu Kontrollgruppen zu untersuchen. Sechs wissenschaftliche Datenbanken wurden systematisch nach Reviews, nach randomisierten kontrollierten und nach qualitativen Studien durchsucht. Es wurden ein systematisches Review, drei randomisierte kontrollierte und eine qualitative Studie identifiziert. Die Studien wurden unter Einbezug von geeigneten Bewertungsbögen (AMSTAR, PEDro-Skala, Critical Appraisal, NICE-Checkliste) auf ihre Qualität untersucht. Das zentrale Outcome, nämlich die Schwere der Symptomatik einer Major Depression, wird mit Hilfe von verschiedenen Tools zur Selbst- oder Fremdbewertung gemessen. Die förderfähigen Studien beinhalten insgesamt 606 Teilnehmende mit einer durchschnittlichen Interventionslänge von neun Wochen, einer Trainingsdauer von 47 Minuten und einer Trainingshäufigkeit von dreimal die Woche. Das eingeschlossene systematische Review und die qualitative Studie sind als qualitativ hochwertig zu bewerten, wobei nur eines der drei randomisierten kontrollierten Studien eine hohe Qualität aufweist. Ergebnisse aus den Studien beschreiben einen signifikanten Effekt von aerobem Training auf die Schwere der Symptomatik einer Major Depression innerhalb der Interventionsgruppe. Betrachtet man die Wirkung von aerobem Training im Vergleich zu den Kontrollgruppen so konnte zu 79% ein signifikanter antidepressiver Effekt auf die Schwere der Symptomatik beobachtet werden. Wie lange der positive Effekt anhält und welche Nebenwirkungen das Training mit sich bringt, ist jedoch unklar. Zudem wurde mit insgesamt 606 Teilnehmenden eine relativ kleine Studienpopulation eingeschlossen. Schlussendlich ist ein aerobes Training als antidepressive Behandlungsmethode zur Linderung der Schwere der Symptomatik einer Major Depression bei Erwachsenen zu empfehlen.
Despite exercise is associated with reduction of depression, the effects of aerobic training on the severity of depressive symptoms in adults have not yet been clearly proven. The aim of this systematic review is to investigate the effect of aerobic training on the severity of the symptoms of major depression in adults (18 – 65 years) compared to control groups. Six scientific databases were searched for systematic reviews, randomised controlled trials and qualitative studies. A systematic review, three randomised controlled trials and one qualitative study were identified. The studies were examined for their quality using appropriate assessment sheets (AMSTAR, PEDro scale, Critical Appraisal, NICE checklist). The key outcome, the severity of the symptoms of major depression, is measured with the help of various self- or clinical rating tools. The eligible studies include a total of 606 participants with an average intervention length of nine weeks, a training duration of 47 minutes and a training frequency of three times a week. The included systematic review and the qualitative study are assessed as of high quality. Only one of the three randomised controlled studies having a high quality. Results from the studies describe a significant effect of aerobic training on the severity of the symptoms of major depression within the intervention group. Considering the effect of aerobic training compared to the control groups, 79% observed a significant antidepressant effect on the severity of the symptoms. However, it is unclear how long the positive effect lasts and what side effects the training entails. In addition, a relatively small study population was included with a total of 696 participants. Finally, aerobic training is recommended as an antidepressant treatment method to relieve the severity of the symptoms of major depression in adults.
1 Einleitung
Im einleitenden Teil der Arbeit wird vorerst die Relevanz depressiver Erkrankungen aufgezeigt. Anschließend wird Bezug auf den momentanen Forschungsstand zur Bewegung als Therapieform bei Depressionen mit Augenmerk auf die Form der Major Depression genommen.
1.1 Relevanz
Zurzeit leiden etwa 322 Millionen Menschen weltweit (WHO 2017a: 7) und 6,5 Millionen Menschen innerhalb Deutschlands an Depressionen (Busch et al. 2013: 735). Das sind 4,4 % der gesamten Weltbevölkerung und 8,1 % der Bevölkerung in Deutschland. Damit sind Depressionen die häufigste psychische Erkrankung überhaupt. Depressive Störungen zählen somit zu den wichtigsten Volkskrankheiten auf der Welt und werden laut einer WHO-Studie zukünftig noch weiter an Bedeutung gewinnen (Murray; Lopez 1996: 741).
Depressive Erkrankungen werden mit negativen persönlichen Folgen in Zusammenhang gebracht. Bei Betrachtung des psychischen und physischen Befindens beispielsweise, wurde festgestellt, dass die Lebensqualität der Betroffenen stark vermindert ist. 77% der depressiven Menschen fühlen sich körperlich und seelisch schlecht bis sehr schlecht. Darüber hinaus schränkt eine Depression die Betroffenen enorm in ihrer alltäglichen Lebensführung ein. So berichten PatientInnen davon, dass sie innerhalb des letzten Monats an insgesamt sieben Tagen schwer und an insgesamt zehn Tagen leicht durch ihre Erkrankung im Alltag beeinträchtigt wurden. Vergleichsweise kommt eine solche Beeinträchtigung bei nicht depressiven Menschen nur an 0,6 bzw. 1,5 Tagen vor (Wittchen et al. 2000: 4f.). Zudem geht mit der Erkrankung ein hoher Verlust an Lebensjahren einher. Unter Betrachtung des Indikators "Disability-adjusted Life Years"1 (DALYs), nimmt die unipolare Depression Platz vier auf der Weltrangliste ein (Lopez et al. 2006: 1753). Darüber hinaus nimmt die World Health Organisation an, dass den unipolaren depressiven Störungen bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu allen anderen bedeutenden lebensbeeinträchtigenden und -verkürzenden Volkskrankheiten die wichtigste Rolle zukommen wird (WHO 2008: 51) (siehe Abbildung 1). Zudem ist die Suizidrate bei depressiven Menschen um das 30-fache gegenüber der Suizidrate von nicht depressiven Menschen erhöht. Von den an einer Major Depression erkrankten Personen versterben ca. 15% durch Suizid. Das heißt, dass sich etwa jeder Siebte, der an einer schweren Depression leidet, umbringt (Paykel et al. 2005: 416). Depressive Störungen sind allerdings nicht nur für die Betroffenen selbst eine enorme Belastung. Auch für Familienangehöre und PartnerInnen stellt die Krankheit eine enorme Anforderung dar und erfordert eine Menge Geduld und Verständnis (DGPPN et al. 2015: 23). So kann beispielsweise eine Depression der Mutter oder des Vaters zu einer massiven Verunsicherung und Vernachlässigung der Kinder führen (Ramchandani; Stein 2003: 243).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Die zehn Hauptursachen für die Krankheitslast weltweit: Anteil an allen DALYs (%) im Jahr 2030
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an WHO 2008: 51)
Darüber hinaus zieht die Krankheit auch wirtschaftliche Probleme nach sich. Laut der Deutschen Angestellten Krankenkasse sind unter den psychischen Erkrankungen Depressionen der häufigste Grund für Fehltage (DAK 2015: 98 f.). Akut Betroffene haben doppelt so viele Arbeitsunfähigkeitstage, wie Menschen ohne Depression. Diese und weitere Faktoren führten dazu, dass sich 2015 die indirekten und direkten Krankheitskosten auf insgesamt 8,7 Milliarden Euro in Deutschland beliefen (Statistisches Bundesamt 2015).
Wie in der Abbildung 2 beschrieben führt jeder Dollar, der in die Behandlung von Depressionen investiert wird, zu einer finanziellen Rendite von vier Dollar in Form von einer besseren Gesundheit und einer höheren Arbeitsfähigkeit (WHO 2017b). An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig es ist, Bemühungen in die Erforschung von geeigneten Interventionsansätzen zu stecken. Somit können wirtschaftliche Folgen und vor allem auch persönliche negative Auswirkungen einer depressiven Erkrankung so gering wie möglich gehalten werden. Der bisherige Forschungsstand dazu soll im nächsten Kapitel aufgezeigt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Rendite durch Behandlung von Depressionen
(Quelle: WHO 2017b)
1.2 Aktueller Forschungsstand
Aktuelle Zahlen zeigen, dass Depressionen zu den häufigsten Formen psychischer Erkrankungen zählen. Wie in Kapitel 1.1 aufgezeigt, kommt ihnen aufgrund ihrer Häufigkeit, ihrer Folgen und Komplikationen eine übergeordnete Bedeutung sowohl klinisch, als auch gesundheitspolitisch und gesundheitsökonomisch betrachtet zu (Wittchen 2010: 7). Neben der standardpharmazeutischen und verhaltenstherapeutischen Behandlung von Major Depressionen (Severus; Bauer 2013: 2), hat die Bewegungstherapie in den letzten Jahren zunehmend an Wichtigkeit gewonnen. Dies ist beispielsweise daran zu erkennen, dass seit wenigen Jahren Bewegung als Bestandteil der Standartbehandlung von Depressionen in der WHO-Leitlinie aufgeführt ist (WHO 2010: 13). Ebenfalls wird seit der Neufassung der S3-Leitlinie „Unipolare Depressionen“ aus dem Jahr 2015 die Bewegungstherapie zur Behandlung von depressiven Störungen empfohlen. Laut letzterer empfiehlt sich entweder ein aerobes Training, ausgeübt mit geringer Intensität, mindestens fünfmal die Woche für wenigstens 20 Minuten oder ein aerobes Training, ausgeübt mit hoher Intensität, mindestens dreimal die Woche für wenigstens 20 Minuten (DGPPN et al. 2015: 125).
Verschiedene Beobachtungsstudien haben einen Zusammenhang zwischen wenig Bewegung und depressiven Erkrankungen feststellen können (Smith; Blumenthal 2013: 157). Mehrere aktuelle Metaanalysen haben ergeben, dass sich körperliche Aktivität positiv auf die Stärke von depressiven Symptomen auswirkt und die Stärke der Symptome lindern kann (Silveira et al. 2013: 46f. / Stanton; Reaburn 2014: 177 / Schuch et al. 2016: 43). Hingegen kamen andere Metaanalysen, die ausschließlich qualitativ hochwertige Studien berücksichtigten, zu dem Entschluss, dass sportlicher Aktivität keine signifikante Wirkung auf die Stärke der Depression nachgewiesen werden kann (Cooney et. al 2013: 2 / Krogh et al. 2017: 1). Dies lässt darauf schließen, dass trotz jahrelanger Forschung noch keine eindeutige Empfehlung bezüglich Bewegung als Behandlungsform für Betroffene mit einer Major Depression gegeben werden kann. Daraus ergibt sich ein bestehender Forschungsbedarf im Bereich der Alternativtherapie von Depressionen, um Klarheit über den Effekt der Bewegung auf depressive Störungen zu schaffen.
Unter Berücksichtigung aller in der Relevanz und des aktuellen Forschungsstandes genannten Probleme, besteht das Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit darin, die antidepressive Wirkung eines aeroben Trainings im Vergleich zu Kontrollgruppen, welche keinen Sport ausüben, bei erwachsenen ProbandInnen im Alter von 18 bis 65 Jahren, die an einer Major Depression erkrankt sind, zu untersuchen. Es sollen randomisierte kontrollierte Studien und systematische Reviews eingeschlossen werden, die zur Beurteilung der Schwere einer Depression Messmethoden zur Selbst- oder Fremdbewertung verwenden. Zudem sollen qualitative Studien mit eingebunden werden, um die Messergebnisse zu untermauern (siehe dazu Tabelle 1). Daraus ergibt sich die Forschungsfrage: „Welche Auswirkung hat aerobes Training auf die Schwere der Symptomatik einer Major Depression bei Erwachsenen?“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1 PICOS-Schema
(Quelle: Eigene Darstellung)
In der vorliegenden Arbeit werden vorerst die beiden wesentlichen Begriffe Depression und aerobes Training definiert. Anschließend werden Informationen über epidemiologische Daten, die Entstehung, den Verlauf, die Symptomatik und die Diagnosestellung von Depressionen gegeben, um ein umfassendes Hintergrundwissen über die Krankheitseigenschaften zu vermitteln. Als nächstes wird das Diathese-Stress Modell als theoretische Fundierung der Arbeit erläutert. Im Anschluss sollen die Vorgehensweise und die Methodik transparent und nachvollziehbar beschrieben werden. Daraufhin folgt die Darstellung der Studienauswahl, der Charakteristika, der Ergebnisse und der Qualität der Studien. Zuletzt werden die Ergebnisse und die Methodik kritisch diskutiert und der Autor trifft ein Fazit.
2 Begriffserklärung
Im Folgenden werden die zwei Begriffe Depression und aerobes Training, welche von herausragender Bedeutung für das Verständnis der vorliegenden Arbeit sind, genau definiert und beschrieben.
2.1 Depressionen
Depressionen sind psychische Störungen, welche durch Schlafstörungen, Interesselosigkeit und Verlust an Genussfähigkeit, Traurigkeit, Müdigkeit und Konzentrationsschwächen, Appetitlosigkeit, Schuldgefühle und geringes Selbstwertgefühl gekennzeichnet werden können. Eine Depression kann über einen längeren Zeitraum oder wiederkehrend auftreten und die Fähigkeit eines Menschen zu lernen, zu arbeiten oder zu leben beeinflussen. Im schlimmsten Fall endet eine Depression im Suizid (WHO Definition 2012).Depressionen gehören zur Gruppe der affektiven Störungen. Laut der aktuellen internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD-10) lassen sich die verschiedenen Formen der affektiven Störungen in sieben Hauptgruppen unterteilen (DIMDI 2019), welche in Tabelle 2 dargestellt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2 Gruppen der affektiven Störungen
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an DIMDI 2019)
In der vorliegenden Arbeit wird das Augenmerk vor allem auf die Gruppe der depressiven Episoden (F32.-) und auf die Gruppe der rezidivierenden depressiven Störungen (F33.-) gelegt, da diese beiden Gruppen die Formen der Major Depression repräsentieren.
2.2 Aerobes Training
Aerobes Training besteht aus körperlichen Übungen mit geringer bis hoher Trainingsintensität. Diese Art von Übungen sind von einer aeroben Energiegewinnung abhängig (Plowman; Smith 2007: 61). "Aerob" heißt in Verbindung mit, verwenden oder benötigen von freiem Sauerstoff (Nelson 1997: 40). Aerobes Training bedeutet, dass der Energiebedarf während des Trainings über den aeroben Stoffwechsel abgedeckt wird (McArdle et al. 2006: 204).
Training ist eine strukturierte und geplante Tätigkeit, welche mit kontinuierlichen Wiederholungen auf eine verbesserte Gesundheit, eine höhere Lebensfreude und erhöhte physische Fitness abzielt (Muster et al. 2006: 9). Im Allgemeinen können Aktivitäten mit geringer bis mittlerer Intensität, die durch den aeroben Stoffwechsel ausreichend unterstützt werden, über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden (Plowman; Smith 2007: 61). Typische aerobe Aktivitäten sind Laufen, Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen, Rudern, Inliner- oder Skateboard fahren.
3 Theoretischer Hintergrund
In diesem Kapitel sollen einige wesentliche Informationen über die Erkrankung Depression gegeben werden, wobei die Major Depression im Fokus steht. Vorerst werden epidemiologische Daten über der Krankheit präsentiert. Anschließend sollen Ursachen und Auslöser, der Verlauf einer Major Depression, die Symptome und die Diagnosestellung genauer beschrieben werden, um ein allgemeines Grundverständnis bezüglich der Krankheit zu vermitteln.
3.1 Epidemiologische Daten
Im Folgenden werden die weltweite und deutschlandweite Prävalenzrate von depressiven Erkrankungen aufgezeigt. Zudem werden in Bezug auf Deutschland auch die Zahlen zur Inzidenz genannt.
3.1.1 Prävalenz weltweit
Der prozentuale Anteil der Weltbevölkerung, der von Depressionen betroffen ist, wird im Jahr 2015 auf etwa 4,4% geschätzt. Dabei sind Frauen mit 5,1% häufiger betroffen als Männer mit 3,6%. In Zahlen bedeutet dies, dass rund 322 Millionen Menschen weltweit unter den Symptomen einer depressiven Störung leiden. Die Prävalenz unterscheidet sich dabei je nach Region (siehe Abbildung 3) und beträgt von 2,6% bei Männern im westpazifischen Raum, bis zu 5,9% bei Frauen im afrikanischen Raum. Ein weiterer Faktor, welcher die Prävalenzrate beeinflusst, ist das Alter. Die höchste Prävalenzrate kann bei Erwachsenen nachgewiesen werden. Dabei liegt die Prävalenzrate im Alter von 55 – 74 Jahren bezogen auf Frauen bei über 7,5% und bezogen auf Männer bei über 5,5%. Auch wenn Depressionen schon bei Kindern und Jugendlichen auftreten können, ist die Prävalenzrate bei diesen deutlich geringer als bei Erwachsenen (WHO 2017a: 7).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Anzahl depressiv Erkrankter bezogen auf die Region in Millionen
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an WHO 2017a: 7)
3.1.2 Prävalenz und Inzidenz in Deutschland
In Deutschland liegt die Prävalenz für eine Depression bei 8,1%. 10,2% der Frauen und 6,1% der Männer leiden aktuell bereits unter einer Depression. Hinsichtlich des Alters ist sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen die Prävalenz zwischen dem 18. und 29. Lebensjahr am höchsten und fällt mit steigendem Alter wieder (siehe Abbildung 4). Umso höher der sozioökonomische Status, umso seltener besteht eine depressive Störung. Die Lebenszeitprävalenz einer Depression liegt bei 11,6%, wobei 15,4% der Frauen und 7,8% der Männer betroffen sind. Hierbei ist die Lebenszeitprävalenz zwischen dem 60. und dem 69. Lebensjahr am höchsten. Des Weiteren ist die 12-Monats-Prävalenz mit 6,0% zu beziffern, wobei 8,1 % der Frauen und 3,8% der Männer davon betroffen sind. Hierbei ist die 12-Monats-Prävalenz zwischen dem 50. und dem 59. Lebensjahr am höchsten. Die Diagnoseprävalenz steigt bei Frauen im Gegensatz zu Männern mit höherem sozioökonomischem Status (Busch et al. 2013: 735).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 Prävalenz von depressiver Symptomatik nach Geschlecht und Altersgruppen in Prozent
(Quelle: Eigene Darstellung nach Bosch et al. 2013: 736)
Mit Augenmerk auf die Art der Depression nach der ICD-10 Klassifikation sind rund 2% der Bevölkerung von einer schweren, 2,8% von einer mittleren, 0,8% von einer leichten und 6,1% von einer anderen Form von depressiven Episoden betroffen. Somit leiden rund 5,6 % der Bevölkerung unter einer Major Depression. Zudem sind etwa 0,3% an einer Dysthymie2 erkrankt (Gerste; Rolck 2016: 315) (Siehe Abbildung 5).
Im Jahr 2012 gab es rund 80.000 schwere, etwa 159.000 mittlere, 64.000 leichte und ca. 326.000 sonstige depressive Neuerkrankungen in Deutschland. Insgesamt belief es sich 2012 auf 303.000 Menschen, die in Deutschland an einer Major Depression erkrankt sind (Gerste; Rolck 2016: 318).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 Prävalenzrate depressiver Erkrankungen in Deutschland nach Schwere der Depression
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an WIdO 2016: 315)
3.2 Ursachen und Auslöser
Eine Vielzahl verschiedener Bedingungen können sowohl als Ursache und Auslöser als auch als Faktor zur Aufrechterhaltung einer Depression wirken. Daher sind depressive Störungen als multifaktoriell bedingte Krankheiten zu verstehen. Nach dem psychobiologischen Modell der Depressionsentstehung können dabei genetisch-somatische Faktoren, lebensgeschichtlich-biographische Faktoren, schützende oder zusätzlich belastende psychosoziale Faktoren, auslösende Lebensereignisse, chronische Belastungen und deren Verarbeitung zur Entstehung der Krankheit beitragen (Wolfersdorf 2011: 37 f.) (siehe Abbildung 6). Bisher gibt es noch keine einheitliche und empirisch gestützte Theorie zur Erklärung der Entstehung einer Depression. Die vorhandenen Modelle unterscheiden sich meist nur angesichts des Ausmaßes, in dem soziale, psychologische oder biologische Merkmale bewertet werden und welche therapeutischen Konsequenzen daraus resultieren (RKI 2010: 14).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6 Psychologisches Modell der Depressionsentstehung
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wolfersdorf 2011: 38)
Im folgenden Teil der Arbeit soll näher auf die verschiedenen Ursachen und Risikofaktoren zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Depressionen eingegangen werden.
3.2.1 Genetische Ursachen
Eine der Ursachen für depressive Störungen liegt in der genetischen Veranlagung zur Depression (RKI 2010: 15). Es konnte festgestellt werden, dass Kinder von depressiven Eltern ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko aufweisen (siehe Tabelle 3). Die Risikoerhöhung wird zudem durch Faktoren, wie Schweregrad der Erkrankung der Eltern, Erkrankungstyp und Ersterkrankungsalter beeinflusst. Beispielsweise entwickeln 61 % der Kinder von Eltern, die an einer Major Depression leiden, im Laufe ihrer Kindheit/Jugend eine psychische Störung (Mattejat; Remschmidt 2008: 414).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3 Zusammenhang zwischen elterlicher Depression und depressiven Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mattejat; Remschmidt 2008: 416)
3.2.2 Psychologische Ursachen
Psychologische Ursachen sind ein weiterer Faktor und werden vor allem mit Hilfe von drei verschieden Modellen beschrieben. Zum einen mit dem tiefenpsychologischen Modell für die Entstehung einer Disposition zur Depression von Wolfersdorf. Zum anderen mit dem Konzept von Seligman „der gelernten Hilflosigkeit“. Des Weiteren beschreibt Beck die psychologischen Ursachen mit dem Modell der Depression als Ausdruck einer kognitiven Störung. Im Folgenden werden die Kernaussagen der Modelle zusammenfassend beschrieben.
Die Entstehung einer Depression kann auf einer fehlerhaften Erziehung in der Kindheit basieren. Eine erlernte Hilflosigkeit durch einen ängstlich-fürsorglichen Erziehungsstil, genauso wie mangelnde Stressbewältigungsstrategien, können zur Entstehung einer Depression beitragen. Ebenso kann eine gestörte Mutter-Kind-Beziehung, ein verfrühter Verlust des Vaters oder der Mutter, sowie fehlendes Selbstwertgefühl in der Kindheit in einer erhöhten Vulnerabilität gegenüber Enttäuschung resultieren. Verlusterlebnisse, wie beispielsweise Traumata durch sexuellen Missbrauch oder Katastrophen, können in neuen Krisensituationen Depressionen auslösen. Typischerweise treten depressive Störung nach belastenden, negativen oder kritischen Geschehnissen, wie dem Verlust von oder Probleme mit nahestehenden Bezugspersonen, Trennung oder Änderungen der regulären Lebensweise auf. Personen, die an Depressionen erkranken, sind allgemein mit drei Eigenschaften zu charakterisieren. Sie sind überdurchschnittlich leistungsorientiert, übermäßig normbezogen und übermäßig beziehungsabhängig (Wolfersdorf 2011: 39 ff.).
3.2.3 Biologische Ursachen
Im Rahmen der biologischen Faktoren spielen vor allem die Neurotransmitter, welche im zentralen Nervensystem des Gehirns, besonders im Zwischenhirn, lokalisiert werden können, eine tragende Rolle. Dabei sind die Botenstoffe Noradrenalin und Serotonin, welche zur Informationsübertragung dienen, zu nennen. Denn bei depressiven Personen besteht sowohl ein Serotonin-, als auch ein Noradrenalinmangel, welcher die Entwicklung einer Depression begünstigen kann (Wolfersdorf 2011: 44). Zum leichteren Verstehen ist das neurobiochemische Modell zur Entstehungsursache von Depression in Abbildung 7 zu sehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7 Neurobiochemisches Modell zur Entstehungsursache von Depression
(Quelle: Eigene Darstellung nach Wolfersdorf 2011: 45)
3.2.4 Psychologische Auslöser
Typische psychologische Auslöser sind fehlerhafte Kompensationsmechanismen von emotionaler Selbstwertproblematik bzw. Überbedürftigkeit. Eine Depression kann also ausgelöst werden, wenn vollzogene, angedrohte oder aber erwartete Verluste, bzw. andere Kränkungen einer symbiotischen Beziehungsgestaltung nicht frühzeitig mit Hilfe von protektiven Mechanismen kompensiert werden können. Ebenso kann das Gefühl dem Leistungsdruck nicht gewachsen zu sein, als auch die negative Bewertung der eigenen Leistung und die Infragestellung der Fremdeinschätzung zu einem depressiven Ausbruch führen. Depressive Menschen haben große Angst vor Verlust einer nahestehenden Bezugsperson, vor dem Herausfallen aus der Geborgenheit und dem Verlust der Anerkennung von außen. Treffen diese Ereignisse ein, so bringen sie unverzüglich Gefühle von Schuld, von Hilflosigkeit, von Nicht-mehr-gemocht-Werden, von Existenzunfähigkeit, von Ohnmacht, von Scham, von Nichtmehranerkannt- oder von Nicht-mehr-geliebt-werden mit sich. Um diesen schmerzhaften Gefühlen aus dem Weg zu gehen, vermeiden Betroffene jegliche Art von Konflikt, Kritik, Streit und scheuen sich davor, eigene Ideen zu entwickeln. Sie nehmen dafür beispielsweise sogar physische oder psychische Überlastungen in Kauf, sowie Überstunden ohne Bezahlung und setzen sich gegen ungerechtes Handeln nicht zur Wehr. Daher lässt sich ein depressiver Mensch als jemand bezeichnen, der Aggressionen, Individuation, Eigeninitiative und Distanzierung vermeidet (Wolfersdorf 2011: 46).
3.2.5 Biologische Auslöser
Zu den typischen biologischen Auslösern zählen körperliche Erkrankungen, chronische Überbelastungen, die Jahreszeit oder ein Wechsel im Hormonsystem. Es gilt allerdings zu beachten, dass trotz eines biologischen Auslösers, wie einer Krankheit, eine psychische Bewertung einhergeht. Somit spielen normalerweise biologische und psychische Faktoren gemeinsam eine tragende Rolle. Beispielsweise tritt häufig eine Post-Stroke Depression nach einem biologisch bedingten Schlaganfall ein. Der Schlaganfall führt anschließend aufgrund der psychologischen Verarbeitung der Krankheit zu einer Depression (Wolfersdorf 2011: 46 f.).
3.3 Verlauf einer Major Depression
Im folgenden Abschnitt wird der Verlauf einer Major Depression beim Erstauftreten und der Verlauf in weiteren Phasen beschrieben.
3.3.1 Erstauftreten
Depressive Episoden können in unterschiedlicher Art und Weise auftreten. Der Beginn einer Major Depression kann ebenso akut, als auch schleichend über Wochen oder Monate ausbrechen. Normalerweise dauert die erste Episode ca. 3-4 Monate bis eine Remission eintritt, wenn die Krankheit nicht behandelt wird. Das Auftreten einer Episode einer Major Depression ist in jedem Alter möglich, wobei das mittlere Alter, in welchem die Krankheit bei Erwachsenen beginnt, bei 25 – 35 Jahren liegt (Beesdo-Baum; Wittchen 2011: 889).
3.3.2 Weiterer Verlauf
Eine Major Depression verläuft meist phasenhaft bzw. episodisch. Ein Drittel der Erkrankten weist ausschließlich eine einzige depressive Phase auf. Bei einem Drittel verläuft die Krankheit rezidivierend mit vollständigen Remissionen im Intervall. Bei dem letzten Drittel treten Depressionen in langjährigen, chronischen Verläufen ohne jegliche Remission oder aber nur mit partiellen Remissionen auf (Paykel et al. 2005: 416). Umso häufiger eine Episode einer Major Depression eintritt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine weitere Episode folgt. Nach der ersten abgelaufenen Episode liegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine erneute Episode aufkommt bei ca. 60%, nach der zweiten steigt die Wahrscheinlichkeit auf ca. 70% und nach der dritten auf ca. 90%. Verläufe der rezidivierenden Störungen sind vielfältig. Dabei leiden einige Betroffene in relativ kurzen Zeiträumen gehäuft unter Episoden, wohingegen bei anderen nur gelegentlich Episoden eintreten und über Jahre hinweg keine Symptome aufkommen. Des Weiteren ist zu beobachten, dass bei steigendem Alter und mehr erlebten Episoden, die Schwere der einzelnen Episoden zunimmt. Als negative Einflussfaktoren auf die Schwere und Art des Verlaufs einer Major Depression zählen eine Prädisposition zu Depressionen in der Familie, Substanzstörungen, ein massiver Schweregrad einer depressiven Phase, ein frühes Erstauftretensalter, medizinische Krankheitsfaktoren, komorbide Angststörungen, eine vorausgehende Dysthymie und nur partielle Remissionen zwischen den einzelnen Episoden zu erwähnen (Beesdo-Baum; Wittchen 2011: 889). Die unterschiedlichen Verlaufsformen sind in Abbildung 8 abgebildet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8 Typische Verlaufsformen einer Major Depression über den Lebensverlauf
(Quelle: Beesdo-Baum; Wittchen 2011: 889)
3.4 Symptomatik
Im folgenden Abschnitt werden die Haupt- und Nebensymptome, welche laut ICD-10 mit einer depressiven Episode einhergehen, zur übersichtlichen Darstellung genannt und anschließend genauer beschrieben.
3.4.1 Hauptsymptome
Die Hauptsymptome einer depressiven Störung sind laut der Welthilfsorganisation bzw. der ICD-10 (WHO 1993: 100):
- Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit (häufig schon nach minimaler Anstrengung) und Einschränkung in der Aktivität
- Freudlosigkeit und Interessenverlust
- Gedrückte, depressive Stimmung
Eine leichte Ermüdbarkeit und Energielosigkeit werden mit Antriebslosigkeit in Zusammenhang gebracht und spiegeln das Selbsterleben der Betroffenen wider. PatientInnen fühlen sich schnell überfordert und kaum mehr belastbar. Alltägliche Aktivitäten, wie Waschen und Anziehen oder soziale Kontakte führen zur Erschöpfung. Oftmals ziehen sich Betroffene zurück.
Freudlosigkeit und Interessenverlust (Anhedonie) ist ebenfalls ein typisches Symptom einer depressiven Episode. Dieses führt zu einer Reduktion des Aktivitätsniveaus, welchem nur bei leichten depressiven Phasen und unter enormen Anstrengungen entgegengewirkt werden kann. Dabei werden häufig Bereiche des Alltags, wie Beruf und Haushalt, vernachlässigt. Aber auch Freizeitaktivitäten und Hobbies, welche bislang als anregend und erfreulich empfunden wurden, werden nicht mehr ausgeübt.
Eine gedrückte, depressive Stimmung wird von Betroffenen oftmals unterschiedlich beschrieben. Teilweise wird von Verzweiflung, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit gesprochen. Andere hingegen charakterisieren ihre Empfindungen stärker mit dem Gefühl der Gefühllosigkeit. Erkrankte sind weder fähig sich über positive Ereignisse zu freuen, noch über negative Ereignisse zu trauern. Zudem leiden die Patienten häufig unter Angstgefühlen (70% - 80%), in Form von Zukunftsangst und Unsicherheit, ohne erkennbaren Grund. Dadurch fühlen sich Erkrankte schnell irritiert und mit Anforderungen überfordert. Die depressive Stimmung verändert sich von Tag zu Tag kaum. Auch die Lebensumstände haben meist keinen Einfluss auf die Stimmung. Morgens tritt typischerweise ein ausgeprägtes „Tief“ auf, was sich allerdings im Laufe des Tages zurückbildet. Die Stimmung ist dann abends deutlich besser. Jedoch ist auch eine umgekehrte Reihenfolge möglich.
(DGPPN et al. 2015: 29f.)
3.4.2 Zusatzsymptome
Zu den Zusatzsymptome von depressiven Episoden zählen (WHO 1993: 100):
- Gefühle von Wertlosigkeit und Schuldgefühle
- Reduziertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration
- Pessimistische und negative Zukunftsperspektiven
- Schlafstörungen
- Verminderter Appetit
- Suizidgedanken, Suizidhandlungen oder erfolgte Selbstverletzung
Gefühle von Wertlosigkeit und Schuldgefühle, ebenso wie ein vermindertes Selbstvertrauen und ein enormer Selbstwertmangel treten auch bei Erkrankten auf, welche außerhalb depressiver Episoden ein stabiles Selbstwertgefühl besitzen. Dabei verlieren die PatientInnen die normalerweise selbstverständliche Gewissheit über ihre bisherigen Kompetenzen, beispielsweise in Freizeitaktivitäten, im Beruf, in sozialen Kontakten oder in der Haushaltsführung.
Sowohl eine mangelnde Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit, als auch die damit hervorgerufenen Entscheidungsschwierigkeiten und Einschränkungen im Denkvermögen reflektieren sich darin, dass sich depressive Personen nicht fähig fühlen, sonst selbstverständliche Aktivitäten und Aufgaben zu bewältigen, da sie sich nicht auf äußere Anforderungen fokussieren können. Mit dieser Einschränkung des Denkvermögens gehen häufig Selbstzweifel, Ängste und krankhafte Grübeleien einher.
Pessimistische und negative Zukunftsperspektiven sind ein weiteres Zusatzsymptom von depressiven Episoden. Die Betroffenen erwarten die Zukunft pessimistisch verzerrt und unrealistisch negativ. Dies führt zudem häufig dazu, dass Erkrankte glauben, dass sich ihre Depression nicht mehr bessern wird. Die negative und pessimistische Sicht lässt die Patienten jeden Tag als Belastung und die Zukunft als aussichtslos erleben.
Ein weiteres Zusatzsymptom sind Schlafstörungen. Diese lassen sich bei Betroffenen meist mit Schlaflosigkeit charakterisieren. Primär kommt es zu entweder Früherwachen oder Durchschlafstörungen. Allerdings treten auch Einschlafstörungen auf, während hingegen längerer nächtlicher Schlaf (Hypersomnie) oder vermehrter Schlaf über den Tag verteilt selten ist.
Verminderter Appetit lässt sich dadurch beschreiben, dass sich Erkrankte zur Nahrungsaufnahme überwinden oder regelrecht zwingen müssen. Ist das verminderte Verlangen nach Essen stark ausgeprägt, ist ein beträchtlicher Gewichtsverlust möglich.
Suizidalität, vor allem Suizidgedanken, sind häufig bei depressiven Menschen anzutreffen. Betroffene wünschen sich von einer möglichst schnell zum Tod führenden Krankheit heimgesucht zu werden oder an einem Unfall zu sterben. Oder aber Erkrankte machen sich Gedanken, wie sie ihr Leben aktiv beenden können. Zum Teil treten Halluzinationen und Wahnsymptome in Kombination mit Suizidgedanken auf.
(DGPPN et al. 2015: 30)
3.5 Diagnose
Im Folgenden soll beschrieben werden, welche Kriterien erfüllt werden müssen, um eine Diagnose nach der ICD-10 für eine Major Depression zu stellen (siehe dazu auch Abbildung 9). Häufig wird sich auch an der amerikanischen Klassifikation DSM-V (Diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen, 5. Version) orientiert. Diese Klassifikation ist ähnlich, allerdings fordert das DSM-V wenigsten fünf Symptome, anstatt nur vier, um eine depressive Episode zu diagnostizieren (DGPPN et al. 2015: 34).
Zur Diagnosestellung einer Major Depression und ihrer Schweregradbestimmung nach der ICD-10 sind die folgenden diagnostischen Kriterien maßgeblich: Man spricht von einer leichten Episode (F32.1), wenn mindestens zwei Hauptsymptome (vergleiche Kapitel 3.4.1: Hauptsymptome) und mindestens zwei Zusatzsymptome (vergleiche Kapitel 3.4.2: Zusatzsymptome) zutreffen. Treten mindestens zwei Hauptsymptome und mindestens drei bis vier Zusatzsymptome auf, so handelt es sich um eine mittelschwere Episode (F32.2). Weist ein/e Betroffene/r jedoch mindestens drei Hauptsymptome und dazu noch mindestens vier Zusatzsymptome auf, so wird eine schwere Episode (F32.2) diagnostiziert. Die entsprechenden Hauptsymptome müssen mindestens zwei Wochen andauern, wobei kürzere Zeitspannen, falls die Symptomatik ungewöhnlich stark oder schnell aufgekommen ist, berücksichtigt werden können. Darüber hinaus kann eine schwere depressive Störung mit psychotischen Symptomen (F32.3) eingestuft werden, wenn ein depressiver Stupor, Halluzinationen oder Wahnideen aufkommen. Symptome können als rezidivierende depressive Episoden verschiedener Schweregrade klassifiziert werden, wenn vor der aktuellen depressiven Episode mindestens eine weitere aufgetreten ist (F33.X) (DGPPN et al. 2015: 32).
Zur Diagnosestellung von Depressionen gibt es zwei Kernfragen. Diese lauten wie folgt: „Gab es in ihrem Leben einmal eine Zeitspanne von zwei Wochen oder länger, in der Sie sich fast täglich, die meiste Zeit über traurig, niedergeschlagen oder deprimiert fühlten?“ und „Gab es (jemals) eine Zeitspanne von zwei Wochen oder länger in der Sie ihr Interesse an fast allen Dingen verloren haben? Ich meine damit zum Beispiel Hobbys, Freizeit, Zusammensein mit Freunden, also Dinge, die Ihnen gewöhnlich Freude bereiteten?“ (Beesdo-Baum; Wittchen 2011: 885).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9 Kriterien zur Diagnosestellung einer Depression
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an DGPPN et al. 2015: 33)
4 Theoretische Fundierung
Im Folgenden soll aufgezeigt werden, weshalb die Annahme besteht, dass sich ein aerobes Training auf die Schwere der Symptomatik einer Major Depression auswirkt. Dazu sollen vorerst einige Annahmen und Theorien genannt werden und anschließend ein konkretes Modell, das Diathese-Stress Modell, genauer in Bezug auf Depression und Bewegung beschrieben werden.
Lippke und Vögele (2006: 214) geben an, dass sich regelmäßige Bewegung gesundheitsförderlich sowohl auf den Körper, als auch auf die Psyche auswirkt. Zum einen kann kontinuierliche physische Aktivität als primär- und sekundärpräventive Maßnahme und zum anderen als geeignete Therapieunterstützung bei einer Vielzahl von chronischen Krankheiten eingesetzt werden. Laut des Robert-Koch Instituts kann physisches Training als Antidepressivum fungieren, Symptome abschwächen und das physische und psychische Wohlbefinden fördern (Langguth 2012: 55). Der Annahme, dass Bewegung einen positiven Effekt auf depressive Symptome hat, liegen viele verschiedene Theorien zu Grunde. Diese beziehen sich sowohl auf biologische als auch auf psychische Mechanismen. Psychische Modelle hypothesieren beispielsweise, dass körperliche Aktivität Betroffene vor unangenehmen Verhaltensweisen, Gefühlen und Gedanken ablenken würde oder die Selbstregulationsfähigkeit und das Selbstvertrauen verbessere (Plante; Rodin 1990: 16 f.). Biologische Theorien nehmen hingegen an, dass durch die Bewegung die Neurotransmission gesteigert würde oder mehr Endorphine ausgeschüttert würden (Plante; Rodin 1990: 16).
Zur theoretischen Erklärung des Zusammenhangs zwischen einer Major Depression und einem aeroben Training wird sich in dieser Arbeit auf das Diathese-Stress Modell, auch Vulnerabilitäts-Stress Modell genannt, bezogen. Dazu sollen die Bestandteile des Modells vorerst kurz erklärt und anschließend auf Depressionen und Sport übertragen werden. In Anbetracht von Depressionen als multifaktorielle Erkrankung mit unzähligen Einflüssen, wird das Modell nur mit einzelnen Beispielen beschmückt.
Die Diathese umfasst alle Faktoren eines Menschen, welche ihn anfällig dafür machen, an einer bestimmten Störung zu erkranken. Diese sogenannten Dispositionen können sowohl biologischen als auch psychosozialen Ursachen zugrunde liegen. Der Stress als weiterer Hauptfaktor kann entweder durch die Lebenssituation oder durch belastende Umweltereignisse ausgelöst werden. Wenn Dispositionen und Stressoren eine gewisse Grenze überschritten haben und groß genug sind, hängt es von projektiven Faktoren und Risikofaktoren ab, ob eine Störung auftritt oder nicht bzw. ob es zu einer Linderung oder vollständige Remission der Störung kommt (Rey 2011: 832 f.).
Überträgt man das Modell auf Depressionen, so ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit einer Person erhöht, eine genetisch bedingte depressive Störung zu entwickeln, wenn beide Elternteile an einer Depression leiden (1 biologische Prädisposition) (siehe dazu Kapitel 3.2.1: Genetische Ursachen oder Kapitel 3.2.3: Biologische Ursachen). Zudem erhöht sich beispielsweise die Wahrscheinlichkeit durch negative Lebenserfahrungen (2 psychosoziale Prädisposition) (siehe dazu Kapitel 3.2.2: Psychische Ursachen). Diese beiden Prädispositionen münden in einer erhöhten (3) Vulnerabilität. Wirkt nun noch (4) Stress auf diese Person ein, so ist es von den (5) projektiven Faktoren, bzw. den (6) Risikofaktoren abhängig, ob eine (7) Depression ausbricht. Als projektiver Faktor kann (5) Sport angesehen werden, welcher sich positiv auf eine Reihe von Stressoren auswirkt (Reinhard; Klaperski 2018: 210). Wenn also aerobes Training als projektiver Faktor bei einer Major Depression als Interventionsmaßnahme eingesetzt wird, so ist es möglich, dass die Maßnahme sich so positiv auf die depressive Störung auswirkt, dass eine vollständige Remission oder eine Linderung der Stärke der Symptomatik eintreten (siehe dazu auch Abbildung 10).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10 Diathese-Stress Modell
(Quelle: Eigene Darstellung)
5 Darstellung der Methodik
Die systematische Übersichtsarbeit wurde in Übereinstimmung mit der Checkliste „Preferred Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses“ (PRISMA) erstellt (Anhang 1), welche die Qualität des Reviews durch eine Standardliste von 27 Items sicherstellt. Dabei ist die PRISMA-Checkliste in erster Linie für randomisierte kontrollierte Studien konzipiert worden, kann allerdings auch für andere Studiendesigns verwendet werden (Altman et al. 2009: 1009). Im folgenden Abschnitt wird zu Beginn die Methode zur Studienauswahl beschrieben. Daraufhin werden Informationsquellen und Suchstrategie aufgezeigt, welche verwendet wurden. Im Anschluss wird das Vorgehen zum Auswahlprozess, zur Datenextraktion und zu den Datendetails erklärt. Schließlich zeigt der Autor auf, wie er das Verzerrungspotential und die Qualität der Studien misst und wie mit den Outcomes im Rahmen der Arbeit umgegangen wird.
5.1 Beschreibung der Literaturrecherche
Die Auswahl förderfähiger Studien basiert auf den PICOS-Kriterien, welche sich auf Teilnehmende (P), Art der Interventionen (I), Vergleiche (C), Ergebnismaßnahmen (O) und Studiendesign (S) beziehen. Die Studien mussten folgende Merkmale erfüllen: (1) Teilnehmende sind zwischen 18 und 65 Jahren alt und an einer Major Depression erkrankt, welche diagnostiziert wurde (P). Dabei können die ProbandInnen entweder unter Medikation stehen oder nicht. Darüber hinaus dürfen die TeilnehmerInnen während der Intervention keinen regelmäßigen Sport außerhalb der Intervention privat ausüben; (2) Intervention findet in Form von aerobem Training statt (I). Hierbei sollte die Intervention ausschließlich aus aeroben Training bestehen (inklusive Aufwärm- und Cool-down-Programm) und keine Ausführung von Sportarten mit einer anderen Intensität beinhalten; (3) Kontrollgruppe wird keinem Training oder nur Dehnübungen als minimale Bewegungsintensität unterzogen (C); (4) Die Schwere der Major Depression wird gemessen durch Selbstbewertungs- oder Fremdbewertungsbögen (O); (5) Studiendesigns entsprechen einer randomisierten kontrollierten Studie, einer qualitativen Studie oder einem systematischen Review (S). Zudem wurden nur Studien eingeschlossen, welche zwischen dem Jahr 2014 und 2019 und in der deutschen und englischen Sprache veröffentlicht wurden. Unveröffentlichte Studien fanden in keiner Weise Beachtung.
Zur Sichtung von geeignetem Datenmaterial wurde eine umfangreiche systematische Literaturrecherche auf sechs elektronischen Datenbanken nach relevanten Studien durchgeführt. Dabei durchsuchte der Autor die wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, PsychInfo, CINAHL, Embase und Medline, Cochrane Library ab dem 15.05.2019 nach brauchbaren Studien. Zusätzlich wurde eine Freihandsuche über die Suchmaschine Google.Scholar getätigt. Der letzte Suchvorgang fand am 24.05.2019 statt. Ziel der Suche war es, Studien zu finden, welche die Fragestellung „Wie wirkt sich aerobes Training auf die Schwere der Symptome einer Major Depression bei Erwachsenen aus?“ beantworten können.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage und zur Gewinnung von informationsreichen Studien wurde eine eigene Suchstrategie entwickelt und unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet, welche im Folgenden beschrieben werden. Wenn möglich wurden zunächst Medical Subject Headings (MESH-Terms) verwendet. Es wurde nach allen Begriffen im Titel und Abstrakt gesucht, und falls möglich auch in den von den AutorInnen angegebenen Schlüsselwörtern. Die Begriffe „Major depressive disorder“, „Major depression“ und „MDD“ wurden genutzt, um Studien mit Teilnehmern zu identifizieren, welche unter den Symptomen einer Major Depression leiden. Diese drei Beschreibungen einer Major Depression wurden mit einem „oder“ im Rahmen der Suche verknüpft. Als nächstes wurden Begriffe zum aeroben Training verwendet, welche Studien mit einer aeroben Trainingsintervention ausmachen sollten. Darunter fielen die Begrifflichkeiten „aerobic training“, „aerobic program“, „aerobic exercise“ und „aerobic activity“, welche anschließend miteinander durch ein „oder“ verknüpft wurden. Des Weiteren wurden Unterformen des Sammelbegriffes aerobes Training benutzt, wie „bicycling“, „swimming“, „running“, „walking“ und „jogging“, um ein möglichst umfangreiches Suchergebnis zu generieren. Diese Begrifflichkeiten wurden miteinander und mit den Überbegriffen der aeroben Bewegung durch ein „oder“ verbunden. Schließlich wurden alle Begriffe der Major Depression mit den Begrifflichkeiten der aeroben Bewegung durch ein „und“ verknüpft, sodass Datenmaterial generiert wurde, welches sowohl die Major Depression, als auch aerobes Training beinhaltete. Darüber hinaus wurde der Suchverlauf auf randomisierte kontrollierte Studien, qualitative Studien und systematische Reviews/ Metaanalysen begrenzt. Zusätzlich erfolgte eine Spezifizierung des Suchergebnisses mit Hilfe einer zeitlichen Eingrenzung. Um Aktualität der Studien zu gewährleisten, wurde das Erscheinungsdatum auf die letzten fünf Jahre begrenzt. Die exakten Suchstrategien sind dem Anhang 2 (Anhang 2.1 – 2.3) zu entnehmen. Zudem wurde eine Freihandsuche über die Suchmaschine Google.Scholar und eine weitere Suche nach relevanten Reviews auf der Cochrane Library (siehe dazu Anhang 2.4) durchgeführt.
Im Auswahlprozess wurden die Studien ausgeschlossen, bei welchen der Titel und/oder das Abstrakt darauf schließen ließen, dass die jeweiligen Studien nicht zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen. Zusätzlich wurde das Suchergebnis auf Duplikationen überprüft und entsprechend bereinigt. Im weiteren Schritt wurden die restlichen Studien einem Volltext-Screening unterzogen. Dabei schieden die Studien aus, welche sich ein anderes Ziel gesetzt hatten, eine andere Art und Weise von Intervention durchführten, andere Outcomes als die Beurteilung des Schweregrads einer Major Depression auswerteten oder andere Unstimmigkeiten aufwiesen. Des Weiteren wurde keine randomisierte kontrollierte Studie mit in die systematische Übersichtsarbeit aufgenommen, welche bereits in dem Review von Morres et al. (2019) behandelt wurde.
5.2 Datenextraktion und Datendetails
Der Autor hat die in der systematischen Übersichtsarbeit eingeschlossenen Studien anhand studienspezifischer Checklisten ausgewertet. Dabei wurden die wesentlichen (Qualitäts-) Merkmale randomisierter kontrollierter Studien in eine passende Checkliste eingetragen. Wesentliche Informationen zur qualitativen Studie wurden hingegen in der NICE-Checkliste (2009) festgehalten. Genauere Informationen zu den Tools sind Kapitel 5.3: Sicherstellung des Verzerrungsrisikos und der Qualität zu entnehmen.
Aus jeder eingeschlossenen Studie wurden für den Fließtext folgende Informationen extrahiert: (1) Eigenschaften der ProbandInnen (einschließlich Alter, Geschlecht, Schwere der Depression nach Score und klinischer Relevanz); (2) Charakteristika der Intervention (Art der Ausübung, Interventionsdauer, Trainingsdauer, Häufigkeit der Übungseinheiten, Setting, Betreuungsstatus); (3) Vergleich der Interventionsgruppe zur Kontrollgruppe; (4) Ergebnismessung (Selbst- oder Fremdbewertung, Art des Fragebogens).
5.3 Sicherstellung des Verzerrungsrisikos und der Qualität
Im Folgenden soll beschrieben werden, welche Bewertungsbögen verwendet wurden, um die Qualität und das Verzerrungspotential in den Studien sicherzustellen. Dabei wird auf die Eigenschaften und soweit möglich auf die Qualität der Bewertungsbögen eingegangen.
Zur Bewertung der systematischen Übersichtsarbeit wurde „A Measurement Tool for the Assessement of Multiple Systematic Reviews“, kurz AMSTAR, verwendet. Dieses Tool zeigt eine gute Konstrukt-Validität und Reliabilität auf. Zudem ist der Bewertungsbogen schnell und einfach durchführbar (Shea et al. 2009: 1015 f.). AMSTAR beinhaltet insgesamt elf Fragen, welche entweder mit „Ja“, „Nein“, „Unklar“ oder mit „Nicht zutreffend“ beantwortet werden können. Die Fragen zielen auf Informationen zur Methodik, zur Datenextraktion und -präsentation, zur verwendeten Literatur, zu Studiencharakteristika, zur methodischen und wissenschaftlichen Qualität und zu Interessenkonflikten ab (siehe Anhang: 3.1). Wird ein Item mit „Ja“ beantwortet, vergibt man einen Punkt. Die Qualität der systematischen Reviews lassen sich durch AMSTAR in drei mögliche Kategorien einstufen: Eine Bewertung von null bis drei Punkte lässt auf eine niedrige, von vier bis sieben Punkte auf eine mittlere und von acht bis elf Punkte auf eine hohe Qualität der Studie schließen (Sharif et al. 2013: 11 f.).
Des Weiteren wurden randomisierte kontrollierte Studien anhand der PEDro-Skala und eines fachbereichseigenen Bewertungsbogens bewertet. Der Grund weshalb der Autor zwei Bewertungsbögen für die RCTs verwendet, ist, dass nur zu der PEDro-Skala wissenschaftlich definierte und erprobte Cut-Off Werte zur Beurteilung der Qualität einer Studie (niedrige/ hohe Qualität) vorliegen und somit eine wissenschaftliche Grundlage für die Beurteilung des Qualitätniveaus vorliegt. Allerdings ist das hochschuleigene Tool umfassender und bezieht im Gegensatz zur PEDro-Skala nicht nur die interne Validität der RCTs mit ein, sondern viele weitere Studienmerkmale, wie im Folgenden beschrieben. Die PEDro-Skala ist eine 10-Punkte-Skala, welche häufig bei der Bewertung von RCTs, welche eine Bewegungstherapie als Intervention beinhalten, verwendet wird. Sie zeigt eine gute Inter-Rater-Reabilität auf (Maher et al. 2003: 717). Die interne Validität der RCTs wird auf der PEDro-Skala anhand eines Punktesystems bewertet, das Vergleiche und Punktschätzungen/ Variabilitätsmessungen zwischen Gruppen ermöglicht und vereinfacht. Die RCTs werden nach den Kriterien randomisierte Zuordnung, Concealment, ähnliche prognostische Indikatoren, Verblindung von ProbandInnen/ TherapeutInnen/ UntersucherInnen, der Dropout-Rate, der Intention-to-treat-Analyse, dem statischem Vergleich zwischen den Gruppen und der Punkt- und Streuungsmaße bewertet. Die maximale Punktzahl für die internen Gültigkeitskriterien beträgt 10. In der vorliegenden Studie lag die maximale Punktzahl bei acht, da es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, Patienten/Therapeuten in Bewegungsstudien für Depressionen zu verblinden. Um eine randomisierte kontrollierte Studie mit einer hohen Qualität und somit einem geringen Verzerrungspotential zu klassifizieren, wurde ein Cut-Off-Wert von 6 verwendet. Wenn sechs oder mehr Punkte auf der PEDro-Skala erreicht werden, deutet dies auf eine qualitativ hochwertige Studie hin (Maher et al. 2003: 719). Zudem werden die RCTs mit dem Critical Appraisal Tool bewertet. Dieser Bewertungsbogen ist ein fachbereichseigenes Tool der Hochschule Fulda und eignet sich insbesondere für primäre, interventionelle Studien. Mit Hilfe des Tools werden vorerst Informationen, wie Zielsetzung und Selektionskriterien, Angaben zu den StudienteilnehmerInnen, Outcomes, statistische Verfahren und Ergebnissen gesammelt. In den letzten Abschnitten wird die Qualität der Studie kritisch bewertet (siehe Anhang 3.2).
Zur Bewertung der qualitativen Studie wird die Checkliste der National Institute for Health and Care Excellence (NICE) herangezogen. Der Bewertungsbogen umfasst sechs Teile mit insgesamt 14 Fragen. Anschließend ist eine Evidenztabelle auszufüllen. Mit Hilfe des Tools werden Informationen zum verwendeten theoretischen Ansatz, zum Studiendesign, zur Datenerhebung, zur Validität, zur Analyse und zur Ethik abgerufen (siehe Anhang 3.3).
5.4 Bewertung des Outcomes
Die Schwere der Symptomatik einer Major Depression ist das zentrale Outcome in der vorliegenden Arbeit. Dieses wird mit Hilfe des Becks Depression Inventory I oder II, kurz BDI, der Montgomery Asberg Depression Rating Scale (MADRS) oder Self-Rating Scale (MADRS-S) und der Hamilton Rating Scale of Depression mit 17 Items, kurz HAMD-17 oder HRSD-17, gemessen.
Fragebögen bieten ein diagnostisches Hilfsmittel zur frühzeitigen Erkennung oder zur Verlaufskontrolle von Depressionen. Dabei kann der Schweregrad einer Depression mit Hilfe der Fragebögen effektiv und schnell zu Beginn und im Verlauf einer Therapie festgestellt werden (DGPPN et al. 2015: 38). Die vier unterschiedlichen Messinstrumente, die in dieser Arbeit von Bedeutung sind, dienen der Feststellung der Schwere einer Depression anhand von Fragen, welche sich auf das Wohlbefinden des Erkrankten beziehen. Die Fragen sind dabei an die internationalen Kriterien der ICD-10 oder des DSM-V bezogen auf Depressionen (siehe dazu auch Kapitel 3.4: Symptomatik) angelehnt. Dabei beurteilt der Betroffene entweder die Ausprägung seiner Depression selbstständig oder eine andere Person fragt den depressiven Zustand eines Erkrankten ab. Die Schwere der Depression wird hierbei mit Hilfe von zehn bis 21 Items erfragt. Als Ergebnis liegt der minimale Wert bei null und der maximale Wert zwischen 51 und 63 je nach Art der Skala. Um die klinische Relevanz der erreichten Punktzahl anschließend zu bewerten, dienen Cut-Off Werte, welche der S-3 Leitlinie von 2011 entnommen wurden (DGPPN et al. 2011: 184). Diese unterteilen das mögliche Ergebnis in (1) keine Depression bzw. klinisch unauffällig oder remittiert, (2) leichtes depressives Syndrom, (3) mittelschweres depressives Syndrom und (4) schweres depressives Syndrom. Die Bedeutungen der jeweiligen Kategorien sagt laut der National Institute for Health and Care Excellence (2009: 53) folgendes aus:
- Keine Depression: Es liegen keine oder weniger als fünf Symptome vor.
- Leichte Depression: Es liegen wenige, wenn überhaupt mehr Symptome, als die fünf, die für eine Diagnosestellung erforderlich sind vor. Die Symptome führen nur zu einer geringfügigen Funktionsstörung.
- Mittelschwere Depression: Symptome oder funktionelle Beeinträchtigungen liegen zwischen "mild" und "schwer".
- Schwere Depression: Es liegt der Großteil der Symptome vor. Die Symptome führen zu einer starken Funktionsstörung. Sie treten mit oder ohne psychotische Symptome auf.
Somit lassen sich die Messergebnisse der unterschiedlichen Skalen anhand ihrer klinischen Relevanz vergleichen. Welche die genauen Cut-Off Werte für die jeweiligen Skalen sind, kann der Tabelle 4 entnommen werden. Die genauen Fragen, welche Verwendung finden, können den jeweiligen Fragebögen im Anhang 4 entnommen werden. Im folgenden Ergebnisteil werden die in den verschiedenen Studien erzielten Veränderungen bzw. Ergebnisse der Schwere der depressiven Symptomatik in der klinischen Relevanz angegeben. Zudem werden die Veränderungen des Scores unter Einbezug des Konfidenzintervalls in Punkten und in Anbetracht des Effektes in Prozent dargestellt (siehe dazu Tabelle 5). Die Ergebnisse der qualitativen Studie werden hingegen in Bezug auf die Symptome einer Depression nach ICD-10 betrachtet.
[...]
1 Maß zur Quantifizierung der Belastung durch eine Krankheit: Anzahl verlorener Lebensjahre durch Tod und gelebte Jahre mit Behinderung oder Krankheit. 1 DALY = 1 verlorenes gesundes Jahr
2 Eine Dysthymie geht mit einer leichten depressiven Verstimmung einher. Diese depressive Stimmungslage muss an den meisten Tagen mindestens 2 Jahre lang bestehen.
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